Einleitung
Die vorliegende Arbeit möchte den Versuch machen, handlungs - und produktionsorientierten Literaturunterricht mit seinen facettenreichen Schwerpunkten, die in der Thematik zu verzeichnen sind, darzustellen. Die Darstellung ihrerseits, basierend auf Erfahrungen mit Schülern einer Primarstufe, zeigt sich in einer experimentellen Präsentationsweise. Gewissermaßen eine Art Meta-Darstellung der verschiedenen Schwerpunkte mit Hilfe eines Gedichtes. In erster Linie wird das Produkt, welches mit den Schülern erarbeitet wurde, als Arbeitsgrundlage vorgestellt. Auf dieser eben genannten kommen namhafte Vertreter des fachdidaktischen Konzeptes zu Worte.
Es folgt ein Vergleich zweier wichtiger Autoren: Gerhard Hass und Günter Waldmann. Meines Erachtens sind es bedeutende Autoren, denn letztgenannter erklärt die Notwendigkeit dieses fachdidaktischen Konzeptes durch die Tatsache, Schüler bekämen einen leichteren Literaturzugang, indem sie selbst handelnd und produzierend auf vorhandene literarische Texte reagieren. Gerhard Haas begründet seine Vorstellung mit der Heterogenität der Individuen unserer gegenwärtigen Zeit nicht nur in der Gesellschaft, sondern der Gesellschaft folgend, in der Schule. Mit der Vorstellung eines sinnlich-individuellen Konzeptes glaubt er, viele Schüler erreichen zu können. Der Vergleich der beiden Autoren motivierte mich, ein Schema zu erstellen, welches dem Leser ihre Konzeptherangehensweise veranschaulicht.
Um den Kreis letztendlich zu schließen folgt die genannte Meta-Darstellung. Diese meint, dass mit Hilfe des Gedichtes, welches mit den Schülern erarbeitet wurde, und der daran anschließenden Vorstellungsweise der Schwerpunkte, meine Art der Textauseinandersetzung mit der Fachliteratur präsent wird. Karlheinz Fingerhut spricht vom „Umerzählen“, d.h. der Rezeption eines literarischen Textes, welcher nicht aus dem „Nichts“ komme, sondern auch selbst wiederum eine Reaktion auf einen anderen literarischen Text darstelle. Die angekündigte Entlastung literarischer Texte durch produktive Arbeitsweisen ist somit angesprochen, auf die später eingegangen werden soll.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hinführung
II. 1. Schwerpunkte
II.1.1. Gerhard Haas
II.1.1.a. Übertragen auf das Gedicht
II.1.1.b. Kritik
II.1.2. Wolfgang Menzel
II.1.3. Kaspar H. Spinner
II.1.4. Karlheinz Fingerhut
II.1.5. Harro Müller- Michaels
II.1.6. Gerhard Rupp
II.1.7. Günter Waldmann
II.2. Schema Waldmann / Haas
II.3. Begründungen des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts
II.3.1. Konstruktivistische Begründung
II.3.2. Literaturtheoretische Begründung
II.3.3. Kognitionspsychologische Begründung
II.3.4. Sozialisationstheoretische Begründung
II.3.5. Begründungen aus der Gehirnforschung
II.3.6. Fächerübergreifende Begründung
II.3.7. Reformpädagogische Begründung
III. Zusammenfassung
IV. Literatur
I. Einleitung
Die vorliegende Arbeit möchte den Versuch machen, handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht mit seinen facettenreichen Schwerpunkten, die in der Thematik zu verzeichnen sind, darzustellen. Die Darstellung ihrerseits, basierend auf Erfahrungen mit Schülern einer Primarstufe, zeigt sich in einer experimentellen Präsentationsweise. Gewissermaßen eine Art Meta-Darstellung der verschiedenen Schwerpunkte mit Hilfe eines Gedichtes. In erster Linie wird das Produkt, welches mit den Schülern erarbeitet wurde, als Arbeitsgrundlage vorgestellt. Auf dieser eben genannten kommen namhafte Vertreter des fachdidaktischen Konzeptes zu Worte. Es folgt ein Vergleich zweier wichtiger Autoren: Gerhard Hass und Günter Waldmann. Meines Erachtens sind es bedeutende Autoren, denn letztgenannter erklärt die Notwendigkeit dieses fachdidaktischen Konzeptes durch die Tatsache, Schüler bekämen einen leichteren Literaturzugang, indem sie selbst handelnd und produzierend auf vorhandene literarische Texte reagieren. Gerhard Haas begründet seine Vorstellung mit der Heterogenität der Individuen unserer gegenwärtigen Zeit nicht nur in der Gesellschaft, sondern der Gesellschaft folgend, in der Schule. Mit der Vorstellung eines sinnlich-individuellen Konzeptes glaubt er, viele Schüler erreichen zu können. Der Vergleich der beiden Autoren motivierte mich, ein Schema zu erstellen, welches dem Leser ihre Konzeptherangehensweise veranschaulicht.
Um den Kreis letztendlich zu schließen folgt die genannte Meta-Darstellung. Diese meint, dass mit Hilfe des Gedichtes, welches mit den Schülern erarbeitet wurde, und der daran anschließenden Vorstellungsweise der Schwerpunkte, meine Art der Textauseinandersetzung mit der Fachliteratur präsent wird. Karlheinz Fingerhut spricht vom „Umerzählen“, d.h. der Rezeption eines literarischen Textes, welcher nicht aus dem „Nichts“ komme, sondern auch selbst wiederum eine Reaktion auf einen anderen literarischen Text darstelle. Die angekündigte Entlastung literarischer Texte durch produktive Arbeitsweisen ist somit angesprochen, auf die später eingegangen werden soll.
II. Hinführung
Im Februar diesen Jahres absolvierte ich mein Unterrichtspraktikum an der Europaschule Deutsch - Polnisch in Berlin - Wilmersdorf. Ich hatte die Möglichkeit meine theoretischen Kenntnisse in einer 6. Klasse in praktische umzusetzen. In Rücksprache mit der Geographielehrerin erfuhr ich Einzelheiten über die Arbeitsweise am besonderen Schultyp der Berliner Schullandschaft: Naturwissenschaftliche Fächer fänden in der polnischen Sprache statt und dementsprechend müsse der Wortschatzaufbau dieser Fächer in der deutschen Sprache angeschlossen werden, so dass Schüler, die mit polnischem Vokabular in den Naturwissenschaften konfrontiert wurden, auch Entsprechungen in der deutsch Sprache erhielten. Dies war meine Chance und mein Ansatzpunkt.
Die Schüler beschäftigten sich in der letzten Zeit mit dem Thema Moor und Sumpf im Geographieunterricht und diesem Thema ging ich im Deutschunterricht nach.
In einigen Stunden näherten wir uns dem Thema von verschiedenen Seiten: Die Schüler schrieben Moorgeschichten, beschäftigten sich mit der Moorsage und vervollständigten ein Moorgedicht. Am Ende sollte eine Moorwanderung mit dem Klassenlehrer stattfinden. Die Schüler hatten bereits einen Bezug zum Thema, da sie ein Jahr vorher eine Moorwanderung machten und der Fuß eines Schülers im Moor steckenblieb. Aus diesem Grunde nahmen sie das Thema emotional auf und hatten viele Fragen.
Das Moorgedicht soll nun die Arbeitsgrundlage meiner Arbeit sein. Es wurde von einem unbekannten Verfasser geschrieben und meinerseits auf die Belange der Klasse modifiziert.
Eine Winternacht im Moor (Verfasser unbekannt, 1999)
Den Winter hat leise in der Nacht
Der Wind über das Moor gebracht.
Tief gefroren Wald, Feld und Flur
Am Waldrand zieht sich eine Spur.
Von Tieren, die jetzt leise wandern
Von einem Futterplatz zum andern.
Stille herrscht, kalt ist die Luft.
Moorgeruch, in dieser Kluft.
Stumm und starr, die Welt erstarrt
Gras und Sträucher wirken zart.
Eiskristalle hängen an Bäumen.
Das Moor träumt Winterträume.
Die Erde in weißer Glitzerpracht.
Nur das Eis, es knackt und kracht.
II. 1. Schwerpunkte
Die Literatur zum Thema „Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht“, von dem nur in diesem Zusammenhang gesprochen wird, liefert eine Fülle an Begründungen zur Realisierung dieses fachdidaktischen Konzeptes. Namhafte Vertreter sind: Haas, Menzel, Spinner, Fingerhut, Waldmann, Müller- Michaels, Rupp und Gudjons.
II.1.1. Gerhard Haas
Haas spricht vom Pluralismus, wenn er unsere Gesellschaft meint. Durchflochtene Kulturen und ihre Kinder, sagt SPINNER[1], die gemeinsam auf engem Raum leben, scheinen einen starken Drang nach Individualismus zu verspüren. Menschen haben das Bedürfnis so gesehen zu werden, wie sie sich sehen und wie sie sind und wollen keine „Klischeekonstrukte“ aufgestülpt bekommen.[2]Es ergibt sich auch eine Problemstellung, ob das So-Sein der Individuen auf ihre Kultur oder auf das Individuum selbst zu beziehen sei. Die Grenze scheint in dieser Hinsicht schwer zu ziehen zu sein.[3]Konsequenz dieser Gesellschaftsausrichtung ist die Heterogenität, die sich in den Schulen niederschlägt. Es sind nicht nur gesellschaftliche Veränderungen, die ans Tageslicht dringen, sondern auch familiär bedingte. In ihrem Artikel spricht von GROEBEN[4]von der Ungleichartigkeit der Teile in einem zusammengesetzten Ganzen. Sie meint damit unterschiedliche biographische Hintergründe und Lebensschicksale der Schüler, verschiedene Werteerfahrungen und Normsysteme, zahlreiche soziale Umwelten, in denen Kinder aufwachsen, bis sie schließlich in HAAS´ MENZELS und SPINNERS[5]Auffassung mündet, Schüler brängen verschiedene Lernvoraussetzungen und -erfahrungen mit und müssen auch dementsprechende Förderung erhalten und Konzepte erfahren können, um eine Berechtigung ihres Daseins zu erfahren. Die drei Autoren, in ihrem bereits erwähnten Basisartikel der Praxis Deutsch, sprechen von nicht nur kognitiv - strukturierten und auch nicht nur von analytisch - begabten Schülern. Ihnen wird im „werkimmanenten Literaturunterricht“[6](analytischer Unterricht) gerecht, sie bekommen einen Zugang zur Literaturwelt und vollziehen eine Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Schüler, die es nicht sind, KERN[7]spricht auch von „langsamen Lernern“ und entfernt sich von der Etikettierung zu „Schwachen“, müssen anderes Handwerkzeug und andere Möglichkeiten zum Eintauchen in die Literaturwelt bekommen, um ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.
Um möglichst allen Schülern: Schülern mit verschiedenen Lernerfahrungen, unterschiedlichen Vorkenntnissen und Lernvoraussetzungen, verschiedenen Lerntypen, unterschiedlichen Sprachniveaus und Schülern mit zahlreichen kreativen Lernstrategien, einen berechtigten Zugang zur Literatur ermöglichen zu können, sollte Schülern nach HAAS[8]handlungs- und produktionsorientierter Unterricht angeboten werden. SPINNER[9]vertritt die Meinung, dass handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht nicht nur eine hübsche Zutat zum Normal unterricht sei, sondern ein grundlegendes Erfordernis für einen zeitgemäßen Deutschunterricht.
HAAS sieht den Schüler nicht als abstrakte Bezugsgröße, oder als einen Durchschnittslerner, sondern den konkreten Schüler mit seinen Begabungen und Bedürfnissen. Ziel seines Ansatzes ist ein lebenslanges und positiv getöntes Leseinteresse und eine Lernbereitschaft, die über die Schule hinausgehen.
Im Umgang mit literarischen Texten soll der Schüler einen intensiveren Kontakt mit dem Text durch handelndes Reagieren auf ihn und produktives Agieren mit ihm erfahren. Kognitive Einsichten sind nicht auszuschließen. Der Schwerpunkt bei HAAS liegt auf dem Schüler, dem Zugang zur Literatur gewährt werden soll und zwar langfristig.
Ziel des Literaturunterrichts nach Gerhard HAAS[10]ist es, dem Schüler eine imaginative Welt- und Weltallerkundung auf der Raumfahrt durch den Simulationsraum der Literatur zu ermöglichen. WELLERSHOFF[11]hat dieses Beispiel geprägt. Literatur kann auch als ein imaginatives Spielfeld des Möglichen angesehen werden. Literatur soll auch HAAS´ Meinung nach ein Element sein, welches eine Verbindung zwischen Bildung und Unterhaltung nach sich zieht. Ebenfalls als ein Instrument zur Aufklärung der inneren Befindlichkeit und der Erfahrungen der Menschen. An dieser Stelle wird die Richtung weg von der kognitiven zur emotionalen Intelligenz offenbar. Dieser Ansatzpunkt wird auch bei SPINNER wiedezufinden sein. Dem Konstruktivismus nach liefert Literatur Ausdrucksformen und sprachliche Bilder und poetische Grammatik, in denen der Leser seine eigenen Erfahrungen und Gedanken und Gefühle widerspiegeln kann.
Daraus ergibt sich für die Vermittlung im Literaturunterricht folgendes:
a). Literatur öffnet die Tür für die fiktionale Welt.
b). Literaturunterricht vermittelt Impulse zum intensiveren Verweilen im Raum der Literatur. Sie ist nicht nur Transportmittel für Haltungen und Überzeugungen, Meinungen und Äußerungen, sondern auch Spielraum, in dem Phantasie ausprobiert werden kann.
c). In der Begegnung mit Handlung, Figuren und Konflikten wird Imagination und Problembewusstsein aktiviert.
d). Schließlich vermittelt Literatur Kompetenzen[12], die es dem Schüler ermöglichen, sich in unserer Welt zurechtzufinden.
II.1.1.a. Übertragen auf das Gedicht
In der Klasse, in der ich tätig war, zeigte sich mir eine breite Heterogenität der Schüler. Diese schlug sich in unterschiedlichen Sprachniveaus nieder. Schüler, deren Muttersprache deutsch und deren Zweitsprache polnisch war oder umgekehrt und auch Schüler, die erst eine kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland vorwiesen, summierten sich zur Heterogenität. Zum handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht erschien mir innere Differen-zierung als eine geeignete Möglichkeit, um allen Schülern gerecht werden zu können. Für diesen Arbeitsauftrag hielt ich Einzelarbeit für geeignet.
Innere Differenzierung vollzog sich auf der didaktischen Ebene, d.h. nach dem Lerntempo. Alle Schüler erhielten einen vierstrophigen Text, den sie mit Moorwörtern füllen sollten. Alle Schüler sollten mindestens zwei Strophen bearbeiten, besonders schnelle Schüler bearbeiteten alle vier Strophen und ganz besonders schnelle Schüler erhielten noch einen zusätzlichen Arbeitsauftrag, in einem Rätsel nach Moorwörtern zu suchen und diese in die dafür vorgesehenen Felder einzutragen. Aus der richtigen Buchstabenkombination ergab sich der Lob „Gut gemacht“. Alle Schüler, die die letzte spielerische Aufgabe zu Hause machen wollten, erhielten am Ende der Stunde den Arbeitsbogen. Schülern wurde offen gelassen, ob sie im vorgefertigten Gedicht die dafür vorgesehenen Lücken befüllten oder neben dem lückenhaften Gedicht ihre Version ganz abschrieben. Auch eine organisatorische Differenzierung fand statt, d.h. im Hinblick auf die Zielsetzung. Der Schwierigkeitsgrad durfte von den Schülern selbst gewählt werden. Schülern wurde die Möglichkeit eingeräumt, mindestens die Lücken zu füllen, aber auch andere auf den Text bezogene Veränderungen vorzunehmen, z.B. den Vers zu verändern, was auch von einigen Schülern genutzt wurde.
Hier am Beispiel von Konrad: Die beiden unterstrichenen Wörter wurden ins Gedicht integriert und sind somit verändert worden.
Moorfrösche, die jetzt leise wandern
Von einem Futterplatz zum andern, wo
Stille herrscht, wo es kalt ist und diese Luft
Etwas in dieser Kluft sucht.
Konrad
Diese Aufgabenstellung war für eine Unterrichtsstunde gedacht, die auch von den Schülern mit guten Ideen gemeistert wurde. An dieser Stelle sei angemerkt, dass nach dieser Phase noch nicht die Kriterien für handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht erfüllt sind. Im bereits erwähnten Basisartikel[13]ist die Sprache von Befürchtungen im Bezug auf die Realisierung dieses fachdidaktischen Konzeptes. Es wurde erwähnt, dass kreative Methoden sich verselbständigen könnten und Schülern nicht klar würde, welchen Hintergrund ihre kreative Arbeit hätte. Schülern muss bewusst werden, dass sie, indem sie mit Literatur spielen, sie nachvollziehen und Rezeption erfahren. Konsequenz davon ist das bessere Verständnis, dieses führt wiederum zur Motivation auf dem Gebiet der Literatur und diese wiederum führt zur weiteren Beschäftigung mit ihr und spricht somit für Wissensaufbau. Die Auseinandersetzung bildet die Grundlage menschlichen Daseins aufgrund der Möglichkeit, sich mitzuteilen, ihre Gefühle und Ideen zu äußern, miteinander zu kommunizieren und des Wissensaustausches - um es in SPINNERS Worten zu sagen „(…) sich ihrer selbst bewusst zu werden und eine selbstverantwortliche Lebensorientierung zu finden.“[14]
An dieser Stelle sei nochmal angemerkt, dass bis zu dem Zeitpunkt „nur“ der kreative Aspekt erfüllt wurde. In einer nächsten Stunde wurden die Schülertexte vorgelesen und besprochen. Es hat sich auch gezeigt, dass es auch Schüler im Klassenverband gab, die ihre Arbeit nicht vorlesen wollten, dies war aber nur eine Ausnahmeerscheinung bei einer Schülerin. Ich versuchte durch Lob und Anerkennung die Schülerin zu überzeugen, sie könne es der Klasse präsentieren. Freinets` Ansatz zum Öffentlichkeitscharakter gefällt mir da sehr gut. Es gibt Möglichkeiten, Texte am Elternabend vorlesen zu lassen, oder durch Klassen- oder Schulausstellungen, weniger wie Freinet es realisieren konnte, da es an den wenigsten Schulen Druckereien gibt, indem er in der selbigen mit seinen Schülern tätig war und jede Arbeit vervielfältigte und somit der Öffentlichkeit präsentierte. Auf diese Weise erfahren Schüler Lob und Anerkennung öffentlich, und es bietet sich weiterer Anreiz, mehr Texte zu produzieren und sich mehr Mühe zu geben.
Mir bot sich nicht die Möglichkeit zum Basteln, da mein Praktikum viel zu kurz war. Ich erledigte diese Bastelarbeit selbst und fertigte für jeden Schüler ein kleines Büchlein mit dem Originaltext und mit den Schülerarbeiten an. Um die persönliche Arbeit eines jeden einzelnen Schülers zeigen zu können, wurden die eingesetzten bzw. veränderten Lücken besonders gekennzeichnet.
Um aus dem „kreativen“ Unterricht ein handlungs- und produktionsorientiertes Konzept zu gestalten, musste noch der Kreis zum Originaltext geschlossen werden. Wie schon in der Einleitung angesprochen, sagt FINGERHUT[15], es gäbe keine originalen Texte, die aus dem Nichts kämen, denn die nachfolgenden wären Reaktionen ihrerseits auf die vorherigen. In meinem Fall war es nicht anders, denn vor der Realisierung der Stunde bereitete ich das Moorgedicht vor und schnitt es auf die Bedürfnisse der Schüler zu und reagierte somit auf den originalen Text.
Diese Schließung des Kreises erfolgt, um auf das Eigentliche zu sprechen zu kommen. Hier war es die Erarbeitung des Reimschemas.
Auf der Basis der eigenen Texte haben Schüler einen individuellen Bezug zum Thema bekommen und arbeiteten motivierter an ihnen und auch am Originaltext. Schülern wurden auf einer OH-Folie ihre Texte präsentiert. Ausgehend von ihren Beobachtungen, dass nicht in allen Gedichten Reime zu verzeichnen wären, machten wir uns auf die Suche nach Reimen und nach einer (regelmäßigen) Struktur, die sowohl bei einigen Schülertexten zu finden und auch im sogenannten Originalgedicht, welches im Grunde genommen keins mehr war (siehe oben).
Die Erde in weißer Glitzerpracht
Nur das Eis ist aufgewacht.
Maximilian
Die Erde in weißer Glitzerpracht
Nur das Eis, es kracht…
Natalie
Schüler freuten sich, wenn es ihnen gelungen war, einen Reim in „ihrem“ Gedicht einzubauen. In der Fachliteratur wird an der Stelle Vorsicht geboten, denn Schülertexte sollen nicht entwertet werden.[16]Vor Beginn einer solchen Unterrichtseinheit sollte mit den Schülern besprochen werden, dass es nicht darum geht, solch einen literarischen Text zu schreiben, wie es dem Dichter gelungen ist, sondern darum, mit Sprache umgehen zu lernen. Im Bezug auf diesen Kritikpunkt erachte ich die Meinung FREDERKUNGs[17]als sehr angemessen. Er bezieht sich auf RUDOLFF und sagt, der Dichter sei kein göttliches Genie. Dichtkunst sei erlernbar und der handlungs- und produktionsorientierte Unterricht biete Möglichkeiten zur Erprobung.
[...]
[1]Spinner, Kaspar, H.: Von der Notwendigkeit produktiver Verfahren im Literaturunterricht (1993). In: Spinner, Kaspar, H.: Kreativer Deutschunterricht. Identität – Imagination – Kognition. Kallmeyersche Vertragsbuchhandlung 2001. S. 96 – 107.
[2]Eigene Meinung – keine literarische Fundierung
[3]Nguyuen (Dozentin an der Humboldt-Uni)
[4]von Groeben, Annemarie: Lernen in heterogenen Gruppen. Chance und Herausforderung. In: PÄDAGOGIK. 55. Jg.(9)2003. S.6-9.
[5]Haas, Gerhard; Menzel, Wolfgang; Spinner, Kaspar, H.: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht. In: PRAXIS DEUTSCH
[6]Schuster Karl:
[7]Kern, Artur: Rechtschreiben als Funktion des Sprachunterrichts. Freiburg 1973. In: Haas, Gerhard: Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht. Theorie und Praxis eines „anderen“ Literaturunterrichts für die Primar- und Sekundarstufe. Kallmeyersche Vertragsbuchhandlung 2004. S. 16.
[8]Ebd.
[9]Schuster, Karl:
[10]Haas, Gerhard: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht. Theorie und Praxis eines „anderen“ Literaturunterrichts für die Primar- und Sekundarstufe. Kallmeyersche Vertragsbuchbindung 2004.
[11]Ebd. S.25
[12]Ebd. S. 35-36
Literarische K.: Ermöglicht den Kontakt zur Literatur und eine Verbindung zwischen Kognition und Emotion einzugehen.
Emotive K.: Ermöglicht im Zusammenhang mit der Literatur Gefühle zu zeigen. Er deutet an, dass emotionale Intelligenz neuerdings als wesentliche Aufgabe der Erziehung und Bildung stärker ins Bewusstsein gerückt ist. Begründung ist in der Gehirnforschung zu finden, d.h. rationales Denken läßt sich auch von Gefühlen leiten und ist auf emotionale Rückkoppelung angewiesen.
Kreative K.: Kreativität ist ein elementares Bedürfnis, weil der Mensch sich als Schöpfer erfährt.
Emanzipatorische K.: Schüler lernen Verantwortung zu übernehmen, indem sie sich beteiligen und Texte aussuchen und Arbeitsbögen vorbereiten. Auf der Basis entwickeln sie eine literarische Position.
Projektionskompetenz: Schüler erfahren in literarischen Texten Möglichkeiten des Seins. Dies eröffnet ihnen ein Diskussionsforum.
Ästhetische K.: Schüler lernen Baumittel der Texte kennen und schätzen ihre Funktionen ein.
Kritische K.: Angeklungen in der Projektionskompetenz läßt sich die Aussage des literarischen Textes kritisch hinterfragen.
An der Stelle muß auf die Projektionskompetenz eingegangen werden. Wichtig ist meines Erachtens der Schwerpunkt auf den Möglichkeiten des Seins und nicht auf dem Sein. Jedes Individuum, wenn dem Gedanken des Konstruktivismus gefolgt wird, liest im Text sich selbst. Der Text hat keine textuelle Bedeutung, bzw. nichts identisch Gegebenes, sonder er besteht nur in der Beziehung des literarischen Textes zum jeweiligen Leser, sagt Waldmann.
[13]Ebd.
[14]Spinner, Kaspar, H.: Von der Notwendigkeit produktiver Verfahren (1993)
[15]Waldmann, Günter: Produktiver Umgang mit Literatur im Unterricht. Grundriss einer produktiven Hermeneutik. Theorie – Didaktik – Verfahren und Modelle. Hohengehren 2004. S. 61
[16]Haas, Gerhard; Menzel, Wolfgang; Spinner, Kaspar, H.: Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht. In: PRAXIS DEUTSCH
[17]Ebd.
- Quote paper
- Kamila Urbaniak (Author), 2005, Handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42293
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