Im Sommer 2007 ersteigerte der Stadthistoriker John Maloof eine Kiste mit 30000 Negativen, da er frühere Aufnahmen von Chicago und Umgebung suchte. Was er jedoch durch Zufall fand, sollte eine Sensation werden. Nach ersten Sichtungen erstellte er einen Blog mit den Aufnahmen und verlinkte diesen mit einem Fotografie-Forum auf Flickr, um professionelle Meinungen zu bekommen. Hunderte Reaktionen innerhalb kürzester Zeit waren nur der Anfang der weltweiten Faszination für das geheime Genie des Kindermädchens Vivian Maier.
Über die eigenwillige Einzelgängerin ist bis heute nicht viel bekannt, doch die faszinierenden Fotografien von Menschen auf den Straßen Chicagos und New Yorks schafften es in zahlreiche bekannte Museen und Galerien. Ein Buch mit einigen ihrer Aufnahmen hat ihre Arbeiten einem noch größeren Publikum bekannt gemacht und die Dokumentation „Finding Vivian Maier“ wurde erst vor wenigen Wochen vorgeführt.
Die Straßenfotografie stellt ein interessantes Genre in der Geschichte- und Theorie der Fotografie dar. Der faszinierendste Aspekt besteht darin, dass Aufnahmen von alltäglichen Situationen an realen Orten gemacht werden und dem Betrachter erst auffällig erscheinen, sobald er einen Abzug davon anschaut. „In their spontaneous and often subconscious reaction to the fecundity of public life, street photographers elevate the commonplace and familiar into something mythical and even heroic.“
Walter Benjamin geht in seiner Arbeit Kleine Geschichte der Photographie von 1931 sogar noch einen Schritt weiter und erklärt, dass die Fotografie mit ihren Hilfsmitteln, wie den Vergrößerungen und Zeitlupen, dem Betrachter einige unbewusste optische Aspekte erschließt. „Von diesem Optisch-Unbewußten erfährt er erst durch sie, wie von dem Triebhaft-Unbewussten durch die Psychoanalyse.“
Ziel der Bachelorarbeit wird es sein, eine Analogie zwischen dem Straßenfotografen und dem Psychoanalytiker herzustellen und zu versuchen, aufgenommene und damit bewusst gemachte Motive mit dem Übergang vom Unbewussten zum Bewussten in der Psychoanalyse zu erklären. Texte wie Das optisch Unbewusste von Rosalind Krauss und Theorien von Sigmund Freud über unbewusste Inhalte, die sich zu Träumen entwickeln und damit über das Vorbewusste das Bewusstsein erreichen, werden dabei als Grundlage dienen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Vivian Maier
- 2.1 Vom Finden und Sammeln, Pt.1
- 2.2 Ihre Fotografien
- 2.2.1 Bildthemen
- 2.2.2 Kamera
- 2.2.3 Komposition
- 2.2.4 Einordnung ihrer Arbeiten in die Straßenfotografie
- 2.3 Biografie und Charakter
- 2.4 Selbstporträts
- 3. Rosalind Krauss: Das Photographische
- 3.1 Schatten und Verdopplungen
- 3.2 Schatten und die Seh-Prothese
- 4. Technologien des Unbewussten
- 4.1 Der seelische und der fotografische Apparat
- 4.2 Sigmund Freud und der Wunderblock
- 4.3 Freud und Platon in der dunklen Höhle
- 5. Susan Sontag: Über Photographie
- 5.1 In Platos Höhle
- 5.2 Vom Finden und Sammeln, Pt. 2
- 6. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Werk der Fotografin Vivian Maier, insbesondere ihre Selbstporträts. Ziel ist es, das Mysterium um ihre Person und ihr Werk zu ergründen und ihre Fotografien im Kontext der Fotografie-Theorie zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet die Biografie Maiers, den Fund und die Rezeption ihrer Fotografien, sowie die Einordnung ihrer Arbeiten in die Straßenfotografie.
- Die Biografie und der Charakter Vivian Maiers
- Die Entdeckung und Rezeption ihres fotografischen Werkes
- Analyse der Bildthemen und Komposition in Maiers Fotografien
- Einordnung in die Straßenfotografie und Bezug zu Fotografie-theoretischen Ansätzen
- Detaillierte Untersuchung der Selbstporträts und ihrer surrealistischen und unbewussten Elemente
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Entdeckung der Fotografien von Vivian Maier durch John Maloof und die darauf folgende weltweite Begeisterung. Sie führt in die Thematik ein und skizziert den Ansatz der Arbeit, der darin besteht, das Werk Maiers mithilfe fotografie-theoretischer Literatur zu analysieren und den Menschen Vivian Maier besser zu verstehen.
2. Vivian Maier: Dieses Kapitel bietet einen umfassenden Überblick über Vivian Maiers Leben und Werk. Es beschreibt den Fund ihrer Fotografien, analysiert ihre Bildthemen, Komposition und Technik, ordnet ihre Arbeiten in die Straßenfotografie ein und beleuchtet ihre Biografie und ihren Charakter anhand von Berichten ehemaliger Arbeitgeber. Der Fokus liegt auf der detaillierten Darstellung ihrer fotografischen Praxis und ihres individuellen Stils, unter Berücksichtigung von biografischen Informationen, die Aufschluss auf ihre künstlerische Vision geben.
3. Rosalind Krauss: Das Photographische: Dieses Kapitel untersucht die Fotografien Vivian Maiers durch die Linse der Theorien von Rosalind Krauss. Es analysiert die Rolle von Schatten und Verdopplungen in Maiers Bildern und untersucht, wie diese Elemente mit Krauss' Konzept des Fotografischen zusammenhängen. Die Bedeutung von Licht und Schatten als Mittel der Bildgestaltung und der Ausdruck von Ambivalenz und Geheimnis werden im Detail beleuchtet.
4. Technologien des Unbewussten: Dieses Kapitel untersucht den Zusammenhang zwischen dem Unbewussten, der Psychologie (Freud) und dem fotografischen Prozess. Es analysiert, wie Maiers Fotografien unbewusste Aspekte ihrer Persönlichkeit und die unbewussten Aspekte der abgebildeten Realität widerspiegeln. Die Verbindung zwischen dem "seelischen Apparat" und dem "fotografischen Apparat" wird im Detail erörtert, unter Bezugnahme auf Freud's Theorien zum Wunderblock und Platons Höhlengleichnis.
5. Susan Sontag: Über Photographie: Dieses Kapitel interpretiert Maiers Werk im Lichte von Susan Sontags Theorie der Fotografie. Es untersucht, wie Maiers Fotografien Sontags Konzepte von "Finden und Sammeln" und die Auseinandersetzung mit der Realität in Platons Höhle widerspiegeln. Die Analyse konzentriert sich auf die Art und Weise, wie Maier die Welt beobachtet und dokumentiert und wie diese Beobachtungen in ihren Fotografien zum Ausdruck kommen.
Schlüsselwörter
Vivian Maier, Straßenfotografie, Selbstporträt, Surrealismus, Unbewusstes, Rosalind Krauss, Susan Sontag, Sigmund Freud, Fotografie-Theorie, Bildanalyse, Chicago, Alltag, Beobachtung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit über Vivian Maier
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit analysiert das fotografische Werk von Vivian Maier, insbesondere ihre Selbstporträts. Sie untersucht ihre Biografie, die Entdeckung ihrer Fotografien und die Einordnung ihrer Arbeiten in die Straßenfotografie im Kontext der Fotografie-Theorie von Rosalind Krauss und Susan Sontag, sowie psychoanalytischen Ansätzen (Sigmund Freud).
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Vivian Maiers Biografie und Charakter, die Entdeckung und Rezeption ihres Werkes, die Analyse ihrer Bildthemen und Komposition, die Einordnung in die Straßenfotografie, eine detaillierte Untersuchung ihrer Selbstporträts, die Anwendung fotografie-theoretischer Ansätze (Krauss, Sontag) und die Verbindung zwischen dem Unbewussten und dem fotografischen Prozess (Freud).
Welche Fotografie-Theoretikerinnen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit bezieht sich auf die Theorien von Rosalind Krauss ("Das Photographische") und Susan Sontag ("Über Photographie"). Ihre Ansätze werden verwendet, um das Werk von Vivian Maier zu interpretieren und zu analysieren.
Welche Rolle spielt die Psychoanalyse in der Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen dem Unbewussten, der Psychologie (insbesondere Sigmund Freud und sein Konzept des Wunderblocks) und dem fotografischen Prozess. Es wird analysiert, wie Maiers Fotografien unbewusste Aspekte ihrer Persönlichkeit und der abgebildeten Realität widerspiegeln.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: 1. Einleitung: Einführung in die Thematik und den Ansatz der Arbeit. 2. Vivian Maier: Umfassender Überblick über Leben und Werk Maiers. 3. Rosalind Krauss: Das Photographische: Analyse von Maiers Fotografien durch Krauss' Theorie. 4. Technologien des Unbewussten: Zusammenhang zwischen Unbewusstem, Psychologie und Fotografie. 5. Susan Sontag: Über Photographie: Interpretation von Maiers Werk durch Sontags Theorie. 6. Schluss: Zusammenfassung und Schlussfolgerung.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Vivian Maier, Straßenfotografie, Selbstporträt, Surrealismus, Unbewusstes, Rosalind Krauss, Susan Sontag, Sigmund Freud, Fotografie-Theorie, Bildanalyse, Chicago, Alltag, Beobachtung.
Wo liegt der Fokus der Arbeit?
Der Fokus liegt auf der detaillierten Analyse von Vivian Maiers Fotografien, insbesondere ihrer Selbstporträts, und der Interpretation ihres Werkes im Kontext der Fotografie-Theorie und der Psychoanalyse. Ziel ist es, das Mysterium um ihre Person und ihr Werk zu ergründen.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für alle gedacht, die sich für Vivian Maier, Straßenfotografie, Fotografie-Theorie, Psychoanalyse und Bildanalyse interessieren. Sie eignet sich besonders für akademische Zwecke.
- Quote paper
- Silvia John (Author), 2014, Über das Surrealistische und Unbewusste in Vivian Maiers Selbstportraits, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/421699