Bordwell/Thompson begründeten in einem ihrer filmanalytischen (Lehr-)Bücher ihre Entscheidung, „Citizen Kane“ (1941) als Referenzfilm für eine Filmanalyse heranzuziehen, indem sie diesem Film „unusual in form and varied in style“ attestierten. Aus genau demselben Grund habe ich den Entschluss gefasst, eine Analyse von „Once Upon a Time in America“ zu wagen. Ich betrachte diesen Film seit vielen Jahren als herausragendes Kunstwerk in der Filmgeschichte und ich wollte schon lange einen analytischen Überblick über die anspruchsvolle Erzählstruktur in diesem Werk erlangen. Seine Komplexität erhielt der Film u.a. durch die unüblich lange Vorlaufzeit. Zwischen dem Moment, als Leone die Vorlage („The Hoods“ von Harry Grey) entdeckte und dem Drehbeginn vergingen aus rechtlichen, organisatorischen und künstlerischen Gründen ca. 15 Jahre – Jahre, in denen quasi als „work in progress“ an dem Script gefeilt wurde.
Als der Film im Jahr 1984 in den US-amerikanischen Kinos anlief, wurde er ein finanzieller Flop. Einer der Gründe war zweifelsohne die Tatsache, dass Szenen auf insgesamt 2 ½ Stunden gestrafft und die gesamte Erzählstruktur geändert wurde. Vor allem Gewalt- und Sexszenen fielen der Schere zum Opfer. Weiters wurde die Geschichte chronologisch erzählt, obwohl gerade in diesem Film die Zeitsprünge ein wesentliches künstlerisches Element darstellen. Diese Schnitte wurden gegen Leones Willen realisiert, der gerichtlich dagegen vorzugehen versuchte. Es ist daher wichtig klar zu stellen, dass sich diese Analyse ausschließlich auf den heute im allgemeinen Umlauf befindlichen Sergio Leone-Cut auf 220 Minuten bezieht (der Regisseur wünschte sich eine „ideale“ Länge zwischen 250 und 265 Minuten).
In Anlehnung an die oben erwähnte Untersuchung von Bordwell/Thompson möchte ich in dieser Arbeit zunächst auf die Frage nach dem Genre und den damit verbundenen Erwartungen sowohl beim Rezipienten als auch auf der Seite der Filmindustrie eingehen. Danach erfolgt der Versuch, den Plot zu segmentieren, um einen Überblick über die Erzählweise zu ermöglichen. Da bei Filmen von Leone die Erzählung zu einem wichtigen Teil über den Sound und die Mise-en-scene erfolgt, werden diese Komponenten in einem gesonderten Kapitel behandelt...
Inhaltsverzeichnis
- 1. Der Film und das Ziel dieser Arbeit
- 2. Das Genre und die Erwartungen
- 3. Der Plot und die Story
- 3.1. Kausalität
- 3.2. Die Zeit im Film und des Films
- 3.3. Motivation
- 4. Sight and Sound
- 5. Parallelen zu „Citizen Kane“ (1941)
- 6. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Erzählweise Sergio Leones in seinem Film „Once Upon a Time in America“ (1984). Ziel ist es, einen Überblick über die komplexe Erzählstruktur zu geben, insbesondere im Hinblick auf die nicht-chronologische Darstellung der Zeit und die Interaktion von Bild und Ton. Die Arbeit berücksichtigt auch die Genreaspekte des Films und die Erwartungen des Publikums.
- Analyse der komplexen Erzählstruktur von „Once Upon a Time in America“
- Untersuchung der Genreeigenschaften des Films und der damit verbundenen Erwartungen
- Behandlung der Rolle von Bild und Ton in der Erzählung
- Vergleich mit anderen Filmen, insbesondere „Citizen Kane“
- Betrachtung der Auswirkungen der gekürzten Kinofassung auf die Erzählweise
Zusammenfassung der Kapitel
1. Der Film und das Ziel dieser Arbeit: Der Einleitungskapitel begründet die Wahl von „Once Upon a Time in America“ als Analyseobjekt aufgrund seiner ungewöhnlichen Form und seines variantenreichen Stils. Es wird auf die lange Entstehungsgeschichte des Films und die kontroversen Änderungen für die Kinofassung eingegangen, die zu einem finanziellen Misserfolg führten und die Erzählstruktur erheblich veränderten. Die Analyse konzentriert sich auf den heute gängigen Schnitt des Films (ca. 220 Minuten). Der Autor kündigt seinen analytischen Ansatz an, der sich auf Genre, Plotsegmentierung, sowie die Bedeutung von Bild und Ton konzentriert.
2. Das Genre und die Erwartungen: Dieses Kapitel untersucht die Genrezugehörigkeit des Films. Während der Titel an ein Märchen erinnert, wird der Film als „Gangsterepos“ vermarktet. Die Arbeit diskutiert die Abgrenzung zu Mafiafilmen und die Einbeziehung verschiedener Genres wie Komödie, Western und Melodram. Es wird betont, dass Leone den Film selbst als Hommage an den Film Noir und das Kino im Allgemeinen sah, was die Vielfalt der Genres erklärt. Schließlich wird der Einfluss von Leones Namen und des Hauptdarstellers Robert De Niro auf die Erwartungen des Publikums erörtert.
Schlüsselwörter
Sergio Leone, Once Upon a Time in America, Gangsterepos, Erzählstruktur, Film Noir, Bild und Ton, Mise-en-scène, Zeitsprünge, Genre, Erwartungshaltung, Citizen Kane, Filmanalyse.
Häufig gestellte Fragen zu „Once Upon a Time in America“-Filmanalyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese akademische Arbeit analysiert die komplexe Erzählstruktur von Sergio Leones Film „Once Upon a Time in America“ (1984). Der Fokus liegt auf der nicht-chronologischen Darstellung der Zeit und der Interaktion von Bild und Ton. Die Analyse berücksichtigt auch die Genreaspekte des Films und die Erwartungen des Publikums.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Analyse der komplexen Erzählstruktur, Untersuchung der Genreeigenschaften und der damit verbundenen Erwartungen, die Rolle von Bild und Ton in der Erzählung, Vergleich mit anderen Filmen (insbesondere „Citizen Kane“), und die Auswirkungen der gekürzten Kinofassung auf die Erzählweise.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert: Einleitung (Der Film und das Ziel dieser Arbeit), Genre und Erwartungen, Plot und Story (inkl. Kausalität, Zeit und Motivation), Sight and Sound, Parallelen zu „Citizen Kane“, und Schlussbetrachtung. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
Welche Aspekte des Plots werden analysiert?
Die Analyse des Plots konzentriert sich auf die Kausalität, die Darstellung der Zeit (sowohl innerhalb des Films als auch im Bezug auf die Erzählstruktur), und die Motivation der Charaktere.
Welche Rolle spielen Bild und Ton?
Die Arbeit untersucht die Interaktion von Bild und Ton als zentrale Elemente der Erzählung. Die Analyse beleuchtet, wie Bild und Ton zusammenwirken, um die komplexe Geschichte zu vermitteln.
Wie wird der Film im Kontext anderer Filme eingeordnet?
Die Arbeit zieht Parallelen zu „Citizen Kane“ (1941) und diskutiert die Einordnung des Films in verschiedene Genres wie Gangsterepos, Film Noir, Komödie, Western und Melodram.
Welche Bedeutung hat die Kinofassung?
Die Arbeit berücksichtigt die kontroversen Änderungen für die Kinofassung und deren Auswirkungen auf die Erzählstruktur und den finanziellen Misserfolg des Films. Die Analyse konzentriert sich jedoch auf die heute gängige, längere Fassung (ca. 220 Minuten).
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Sergio Leone, Once Upon a Time in America, Gangsterepos, Erzählstruktur, Film Noir, Bild und Ton, Mise-en-scène, Zeitsprünge, Genre, Erwartungshaltung, Citizen Kane, Filmanalyse.
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- Mag. Stephan Burianek (Author), 2005, Sergio Leones Erzählweise in "Once Upon a Time in America", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42144