Bis zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts waren Schutzregelungen von Minderheitsaktionären weitestgehend unbekannt. Entscheidungen der Unternehmensführung konnten durch Mehrheitsaktionäre über das Mehrheitsprinzip bei Abstimmungen in den Hauptversammlungen beeinflusst werden. Somit war es Mehrheitsaktionären sehr leicht möglich, ihre Interessen ungehindert zum Nachteil der Minderheitsa ktionäre durchzusetzen. Im Aktiengesetz1 von 1965 wurden erste Abfindungsregelungen verfasst. Das moderne Kapitalmarktrecht wurde in Deutschland seit den 1970er Jahren entwickelt und regelt in einigen Bereichen den Schutz der Anleger, der zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland eine wichtige Bedeutung hat.2
Mit der Einführung des Squeeze-out in das deutsche Recht zum 1. Januar 2002 wurde ein Rechtsinstitut geschaffen, das es dem Hauptaktionär einer Gesellschaft ermöglicht, Minderheitsaktionäre vollständig aus der Gesellschaft auszu schließen. Hinsichtlich seiner Stellung lässt sich das Ausschlussrecht gemäß §§ 327a ff. AktG als Schnittstelle zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem Kapitalmarktrecht einordnen.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Einführung
1. Teil: Rechtslage bis zur Einführung des Squeeze-out
A. Darstellung der gesetzlichen Ausschlussmöglichkeiten
I. Mehrheitseingliederung
II. Verschmelzung
III. Übertragende Auflösung
IV. Formwechsel
V. Zusammenfassung
2.Teil: Squeeze-out als aktienrechtliche Erneuerung
A. Das Squeeze-out im Überblick
I. Motivation des Gesetzgebers
1. Die Nichtübernahme des freiwilligen Übernahmekodex als Problemimpuls
2. Weitere Squeeze-out Gründe
II. Rechtliche Einordnung
B. Vereinbarkeit der §§ 327a ff. AktG mit höherrangigem Recht
I. Europarecht
II. Verfassungsrecht
1. Die Garantie des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG)
a. Eingriff in den Schutzbereich
b. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
aa. Geeignetheit
bb. Erforderlichkeit
cc. Angemessenheit
dd. Zusammenfassung
C. Ergebnis
Literaturverzeichnis
Angerer, Lutz: Der Squeeze-out, BKR 2002, 260 ff.
Baums, Philipp A.: Ausschluss von Minderheitsaktionären, Frankfurt am Main 2001.
Böhmer, Till: Der Schutz der Minderheitsaktionäre bei Übernahmen börsenorientierter Ge-
sellschaften in Europa, München 2004.
Emmerich, Volker/ Habersack, Mathias: Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl.,
München 2003.
Gampenrieder, Peter: Squeeze-out: Die Verbindung von Trennungseffekt und angemesse-
ner Abfindung – Überlegungen auch aus empirischer Sicht – , WPg 2003, 481 ff.
ders.: Squeeze-out – Rechtsvergleich, empirischer Befund und ökonomische Analyse,
Frankfurt am Main 2004.
Grunewald, Barbara: Die neue Squeeze-out-Regelung, ZIP 2002, 18 ff.
Habersack, Mathias: Der Finanzplatz Deutschland und die Rechte der Aktionäre:
Bemerkung zur bevorstehenden Einführung des „Squeeze out“, ZIP 2001, 1230 ff.
Halm, Dirk: „Squeeze-Out“ heute und morgen: Eine Bestandsaufnahme nach dem
künftigen Übernahmerecht, NZG 2000, 1162 ff.
Hanau, Hans: Der Bestandsschutz der Mitgliedschaft anlässlich der Einführung des
„Squeeze Out“ im Aktienrecht – Zur Verfassungsmäßigkeit des Zwangsauschlusses,
NZG 2002, 1040 ff.
Hüffer, Hans Uwe: Kommentar zum Aktiengesetz, 6. Aufl. München 2004.
ders.: Gesellschaftsrecht, 6. Auflage, München 2003.
Kakies, Anna: Der Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger im faktischen Konzern
unter besonderer Berücksichtigung der Sonderprüfung gemäß § 315 AktG,
Frankfurt am Main 2003.
Krieger, Gerd: Squeeze-Out nach neuem Recht: Überblick und Zweifelsfragen,
BB 2002, 53 ff.
Küting, Karlheinz: Der Ausschluss von Minderheiten nach altem und neuem Recht – unter
besonderer Berücksichtigung des „Squeeze Out“, DStR 2003, 840 ff.
Lenz, Christofer/ Leinekugel, Rolf: Eigentumsschutz beim Squeeze out, Köln 2004.
Orlopp, Bettina: Abfindung von Minderheitsaktionären, Frankfurt am Main 2003.
Quandt, Christopher: Squeeze-out in Deutschland, Frankfurt am Main 2003.
Rühland, Philipp: der Ausschluss von Minderheitsaktionären aus der Aktiengesellschaft
(Squeeze-out), Baden-Baden 2004.
Vetter, Eberhard: Squeeze-out – Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre aus der Aktien-
gesellschaft nach den §§ 327a-327f, in AG 2002, 176 ff..
ders.: Squeeze-out nur durch Hauptversammlungsbeschluss?, in DB 2001, 743ff.
ders.: Squeeze-out in Deutschland, ZIP 2000, 1817 ff.
Weber, Martin: Die Entwicklung des Kapitalmarktrechts im Jahre 2003, NJW 2004, 28 ff.
Rechtsprechungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einführung
Bis zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts waren Schutzregelungen von Minderheitsaktionären weitestgehend unbekannt. Entscheidungen der Unternehmensführung konnten durch Mehrheitsaktionäre über das Mehrheitsprinzip bei Abstimmungen in den Hauptversammlungen beeinflusst werden. Somit war es Mehrheitsaktionären sehr leicht möglich, ihre Interessen ungehindert zum Nachteil der Minderheitsaktionäre durchzusetzen. Im Aktiengesetz[1] von 1965 wurden erste Abfindungsregelungen verfasst. Das moderne Kapitalmarktrecht wurde in Deutschland seit den 1970er Jahren entwickelt und regelt in einigen Bereichen den Schutz der Anleger, der zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland eine wichtige Bedeutung hat.[2]
Mit der Einführung des Squeeze-out in das deutsche Recht zum 1. Januar 2002 wurde ein Rechtsinstitut geschaffen, das es dem Hauptaktionär einer Gesellschaft ermöglicht, Minderheitsaktionäre vollständig aus der Gesellschaft auszuschließen. Hinsichtlich seiner Stellung lässt sich das Ausschlussrecht gemäß §§ 327a ff. AktG als Schnittstelle zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem Kapitalmarktrecht einordnen.[3]
In Deutschland wird der Begriff „Freeze-out“ (wörtlich „hinausfrieren“) und teilweise der Begriff „Squeeze-out“ (wörtlich „hinausquetschen“)[4] verwendet. Beide Begriffe entstammen dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht und werden dort als Synonyme gebraucht. Da die Terminologie im US-amerikanischen Schrifttum nicht einheitlich ist, wird im Rahmen dieser Arbeit der mittlerweile eingebürgerte Begriff „Squeeze-out“ als Synonym für das Ausschlussrecht verwendet.[5]
Nach dem Squeeze-out-Verfahren kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft oder einer KGaA auf Verlangen eines Aktionärs, dem Aktien von 95% des Grundkapitals gehören, die Übertragung der Aktien der übrigen Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen.[6]
Alleine im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 28. November hat es in Deutschland 154 Squeeze-out-Verfahren bei Aktiengesellschaften gegeben. Darunter befanden sich namenhafte Unternehmen wie die Dresdener Bank AG, die Nestlé Deutschland, die Vodafon AG (ehemals Mannesmann AG) und die Volksfürsorge Holding AG.[7]
Im Nachfolgenden soll immer von einer „Obergesellschaft“ gesprochen werden, wenn die Hauptaktionäre einer Aktiengesellschaft gemeint sind, wohingegen sich der Begriff der „Zielgesellschaft“ auf die Minderheitsaktionäre bezieht.[8]
Die vorliegenden Seminararbeit behandelt das neu geschaffene Recht, Minderheitsaktionäre gegen ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft ausschließen zu können (Squeeze-out).
Vorab wird analysiert, welche Möglichkeiten es vor der Normierung des Ausschlussrechts in den §§ 327a ff. AktG gegeben hat, Minderheitsaktionäre aus einer Aktiengesellschaft auszuschließen (1. Teil).
Gegenstand des zweiten Teils (2. Teil A) ist hierauf aufbauend die Einführung des Squeeze-out als aktienrechtliche Erneuerung. Dargestellt werden die wesentlichen Motivationsgründe des Gesetzgebers.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird Vereinbarkeit des Ausschlussrechts mit höherrangigem Recht thematisiert (2. Teil B).
Am Schluss der Arbeit steht ein Fazit über die neue Regelung des Squeeze-out..
1. Teil: Rechtslage bis zur Einführung des Squeeze-out
A. Darstellung der gesetzlichen Ausschlussmöglichkeiten
In der Vergangenheit waren vergleichbare Rechtsinstitute bis zur Einführung des Squeeze-out, die es erlaubten einen Minderheitsaktionär gegen Barabfindung vollständig auszuschließen, dem deutschen Rechtssystem unbekannt. Es bestand lediglich die mittelbare Möglichkeit einen solchen Ausschluss von Minderheitsaktionären aus einer Gesellschaft vorzunehmen.[9]
Mittelbare Ausschlussmethoden zeichnen sich dadurch aus, dass der Zweck der verwendeten Regelung nicht auf den Aktionärsauschluss gerichtet ist, sondern eher als Nebenfolge den Verlust der Aktionärsminderheit zur Folge hat.[10]
I. Mehrheitseingliederung
Als eine Ausschlussvariante lässt sich die Mehrheitseingliederung gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 AktG anführen. Demnach wird es der Obergesellschaft ermöglicht, die verbleibenden 5 % der Aktien einer Gesellschaft zwangsweise zu erwerben.[11] Dieses Prinzip basiert auf dem Gedanken, dass die Eingliederung der Tochtergesellschaft, die der Hauptgesellschaft die umfassende Leitung der Tochtergesellschaft ermöglicht, nicht dadurch behindert werden soll, dass noch eine Minderheit von Aktien von teilweise unbekannten Aktionären gehalten wird. Die Eingliederung (sog. Mehrheitseingliederung) wird deshalb auch dann erlaubt, wenn den zukünftigen Mehrheitsaktionären mindestens 95 % des Grundkapitals gehören.[12]
Probleme ergeben sich jedoch in der Praxis durch die weitreichende Haftung der Obergesellschaft für alle Verbindlichkeiten noch bis 5 Jahre nach Eintragung der Beendigung der Eingliederung (§§ 321, 322, 324 AktG).[13] Darüber hinaus erhalten die ausgeschlossenen Aktionäre in der Regel eine Abfindung nur in Form von Aktien, so dass sie oftmals nicht ausgeschlossen, sondern auf eine höhere Ebene der Konzernstruktur gehoben werden.[14] Schließlich ist noch anzumerken, dass diese Verfahrensweise nach § 320 AktG nur inländischen Aktiengesellschaften vorbehalten ist.[15]
II. Verschmelzung
Bei der Verschmelzung, die nach den allgemeinen Regeln der §§ 2 ff. UmwG erfolgt, erlischt das Vermögen der übertragenden Gesellschaft und geht sodann gemäß § 20 Abs. 1 UmwG auf die Hauptgesellschaft über.[16]
Hierfür bedarf es der Durchführung eines Hauptversammlungsbeschlusses der übertragenden Gesellschaft, der gemäß §§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG mit einer Drei-Viertel-Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst werden muss.[17] Auch hier müssen die verbleibenden Minderheitsaktionäre, die nicht freiwillig gegen Barabfindung aus der Gesellschaft ausscheiden, Anteile der übernehmenden AG erhalten.
[...]
[1] Im Weiteren mit AktG abgekürzt
[2] Orlopp, Abfindung von Minderheitsaktionären, S. 11.
[3] Rühland, Ausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out), S. 23.
[4] Hanau, NZG 2002, 1040 (1041).
[5] Rühland, Ausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out), S. 25.
[6] Habersack, ZIP 2001, 1230 (1232).
[7] Quandt, Squeeze-out in Deutschland, S. 19.
[8] Gampenrieder, Squeeze-out S. 23; Küting, DStR 2003, 838 (840).
[9] vernachlässigt wird an dieser Stelle die Technik der Zusammenlegung von Aktien, die nur in Ausnahmefällen angewendet wird. Aktionäre, die weniger als 1000 Aktien besaßen, mussten im Rahmen der Aktienzusammenlegung zwischen dem Verkauf ihrer Aktien und einem Neuerwerb von Aktien entscheiden. Hiergegen hat sich jedoch der BGH in seiner „Hilgers“-Entscheidung II ZR 126/98 v. 05.07.1999 mit der Begründung ausgesprochen, dass ein die Hauptversammlung beherrschender Hauptaktionär auch anderen Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft die Möglichkeit eröffnen muss, in der Gesellschaft zu verbleiben.
[10] Rühland, Ausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out), S. 27.
[11] Küting, DStR 2003, 838 (839).
[12] Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, S. 140.
[13] Küting, DStR 2003, 838 (841).
[14] Vetter, ZIP 2000, 1817 (1819).
[15] Gampenrieder, Squeeze-out, S. 34.
[16] Halm, NZG 2000, (1164).
[17] Gampenrieder, Squeeze-out S. 29.
- Quote paper
- Stephan Haberkamp (Author), 2005, Ausschluss von Minderheitsaktionären ('Squeeze-out'), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42126
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.