Einleitung
Gellert ist ein Autor, der so widersprüchlich ist wie das Jahrhundert, in dem er gelebt und gewirkt hat: „[E]r ist denkfreudiger Aufklärer und rührender Herzensapostel, er ist Transzendentalist und Pietist, er wirkt gütig und demütig, ist aber auch eitel, kritisch und voll ironischer Anspielungen“1.
In der hier vorliegenden Arbeit soll aufgezeigt werden, welches Idealbild der vernünftigen Liebe Gellert in seinem Roman „Das Leben der schwedischen Gräfin von G***“ entwirft und wie er es an seine Leserinnen weitergibt. Denn im wesentlichen waren die Frauen das von Gellert angesprochene Publikum. Um dies aufzuzeigen, werde ich im ersten Teil der Arbeit darauf eingehen, wie das Gellertsche Liebesideal aussieht und welche Voraussetzungen die Frau dafür erfüllen muß, um dann im weiteren Verlauf der Arbeit darauf einzugehen, inwieweit Gellert dieses Konzept in seiner Figur der schwedischen Gräfin umgesetzt hat.
Dabei ist zu bedenken, daß Gellerts Roman als ein Werk des „Überganges“ zu betrachten ist, der, indem er die Grundprobleme seiner Epoche thematisiert, das Lebensgefühl des aufstrebenden Bürgertums widerspiegelt:
Liebe, Verstand und die beginnende Loslösung der Frau aus ihrer „verordneten Unmündigkeit“2 spielen eine immer größere Rolle im Leben der Menschen, aber die alten Werte der barocken Zeit sind noch in den Köpfen lebendig. Um diese Problematik zu verdeutlichen, stellt Gellert seinem Liebesideal weitere Liebeskonzepte gegenüber, die ich im letzten Teil der Arbeit genauer untersuchen werde.
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1 Spaethling, Robert H.: Gellerts “Leben der schwedischen Gräfin von G.”,in: Fisher, John Hurt (Hrsg.): Publications of the Modern Language Association of America, Menasha 1966, S. 230.
2 Maier, Hans- Joachim : Zwischen Bestimmung und Autonomie, Erziehung, Bildung und Liebe im Frauenroman des 18. Jahrhunderts, Hildesheim u.a. 2001, S. 14.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Liebe als moralisches Erziehungskonzept bei Gellert
- Die schwedische Gräfin von G*** - Gellerts Roman als Wegbereiter der Neigungsehe
- Erziehung zur Ehe
- Werbung und Heirat
- Erziehung in der Ehe
- Weitere Liebeskonzepte in Gellerts Roman
- Caroline
- Mariane
- Das Kosakenmädchen
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Idealbild der vernünftigen Liebe, das Christian Fürchtegott Gellert in seinem Roman „Das Leben der schwedischen Gräfin von G***“ entwirft. Der Fokus liegt darauf, wie Gellert dieses Ideal an seine Leserinnen weitergibt und welche Voraussetzungen die Frau dafür erfüllen muss. Die Arbeit betrachtet dabei den Roman als Werk des „Überganges“, das die Grundprobleme der Epoche thematisiert und das Lebensgefühl des aufstrebenden Bürgertums widerspiegelt.
- Gellerts Idealbild der vernünftigen Liebe
- Die Rolle der Frau in Gellerts Roman
- Die Umsetzung des Liebesideals in der Figur der schwedischen Gräfin
- Weitere Liebeskonzepte in Gellerts Roman
- Die Bedeutung des Romans im Kontext der Aufklärung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Gellert als einen widersprüchlichen Autor dar, der sowohl Aufklärer als auch Pietist war und sowohl Güte und Demut als auch Eitelkeit und Kritik verkörperte. Sie beschreibt den Roman als einen Wegbereiter der Neigungsehe und betont die Bedeutung von Vernunft, Verstand und der beginnenden Loslösung der Frau aus ihrer „verordneten Unmündigkeit“ in Gellerts Werk.
Das zweite Kapitel analysiert Gellerts Erziehungsmodell, das auf Tugend, Gottesfürchtigkeit, Menschenliebe und Strebsamkeit basiert. Die Moral wird dabei als die wichtigste Voraussetzung zur Erkenntnis des göttlichen Willens gesehen und ihre Ausübung als der Schlüssel zum Glück. Frauen werden als besonders empfänglich für dieses Erziehungsmodell angesehen, da sie sich durch das Lesen guter Bücher den Verstand aufheitern und das Herz edler bilden können.
Kapitel 3 untersucht Gellerts Roman „Das Leben der schwedischen Gräfin von G***“ und zeigt, wie er das Idealbild der vernünftigen Liebe in der Figur der schwedischen Gräfin umsetzt. Es beleuchtet die Aspekte der Erziehung zur Ehe, Werbung und Heirat sowie der Erziehung in der Ehe.
Kapitel 4 präsentiert weitere Liebeskonzepte in Gellerts Roman, insbesondere die Figuren der Caroline und Mariane sowie das Kosakenmädchen. Es analysiert die unterschiedlichen Liebesbeziehungen und die damit verbundenen Wertvorstellungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Idealbild der vernünftigen Liebe in der Aufklärung, dem Erziehungsmodell von Christian Fürchtegott Gellert, dem Frauenbild des 18. Jahrhunderts, der Neigungsehe, der Bedeutung von Verstand und Tugend sowie der Rolle des Romans als Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklungen.
- Quote paper
- Aline Wisniewski (Author), 2005, Erziehung zur vernünftigen Liebe in Gellerts Leben der schwedischen Gräfin von G, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42015