Die Rahmenbedingungen der Energiemärkte haben sich durch die Liberalisierung für Versorgungsunternehmen und Politik fundamental verändert. Die Monopolstellung der Energieversorgungsunternehmen (EVUs), in den ihnen ursprünglich zugeteilten Versorgungsgebieten, wurde hierdurch mit einer geringen Übergangsfrist, in kürzester Zeit, vollständig aufgehoben. Sie stehen somit untereinander im direkten Wettbewerb um den Kunden.
Durch die Liberalisierung hat der Verbraucher seitdem die Möglichkeit seinen Lieferanten frei zu wählen und ist nicht mehr zwangläufig an sein bisheriges EVU gebunden. Der frühere gebundene Abnehmer hat sich zu einem Kunden mit vielfältigsten Ansprüchen entwickelt.
Am 29. April 1998 trat das „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“ in Kraft. Ohne Übertreibung lässt sich feststellen, dass sich die europäische und deutsche Energiewirtschaft seit dem Inkrafttreten dieses Gesetztes in einer fortdauernden Phase des Umbruchs befindet.
Durch die enorm abnehmenden Margen bei nur sehr moderat steigendem Energieverbrauch stieg der Druck zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei den Versorgern. Binnen weniger Monate reduzierte sich das Marktvolumen durch Strompreissenkungen. 1
Neue Anbieter und Stromhändler zwangen die z. T. unerfahrenen Strommanager zur Aufgabe ihres monopolistischen Denkens. Überreaktionen waren die Folge. Mit Milliardenbeträgen wurden künstliche Marken aufgebaut (z.B. Yello-Strom), um Neukunden zu gewinnen bzw. abzuwerben. Der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen, die Wechselquoten im Segment Privatkunden blieben gering. Lediglich der Preis sank. Jedoch nur für kurze Zeit. Seit einiger Zeit haben die vier großen Konzerne RWE, E-ON, EnBW und Vattenfall Europe den Markt wieder unter Kontrolle. Neue Anbieter haben den Geschäftsbetrieb wieder eingestellt. Die Strompreise sind wieder auf das Niveau der Zeit vor der Liberalisierung gestiegen, nicht zuletzt allerdings auch durch die politischen Preise im Rahmen der Ökosteuer. 2
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1 vgl. Knieps/Brunekreeft, 2000, S. 142
2 vgl. T-Online-BusinessPro, 10.09.2004
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Stromsektor: Rahmenbedingungen und technische Besonderheiten
2.1 Definition des Produkts Strom
2.2 Aufbau des Sektors: Disaggregierte Betrachtung
2.3 Der Stromsektor der Bundesrepublik
2.4 Rechtlicher Rahmen, Probleme und Reformen
2.4.1 Bisherige Rahmengebung
2.4.2 Legal Unbundling und Regulierungsbehörde
2.4.3 Zusammenfassung der Reformen
2.4.4 Prognosen und Konsequenzen
3 Strategisches Marketing
3.1 Motivforschung
3.1.1 Aktuelle Kundenbefragung
3.1.2 Informationsstand zum Thema Stromanbieter
3.1.3 Informationswege
3.1.4 Wechselbereitschaft der Kunden
3.1.5 Wichtigkeit verschiedener Aspekte bei der Anbieterwahl
3.2 Möglichkeiten der Kundenbindung
3.3 Strom auf dem Weg vom Gebrauchsgut zur Markenpersönlichkeit
3.3.1 Differenzierung durch Werbestrategien
3.3.2 Einzel-, Dach- und Unternehmensmarken
3.4 Kundenbezogener Mehrwert und Markenwert des Energieangebots
3.4.1 Zusätzliche Angebote im energienahen Bereich
3.4.2 Kundenbindungsprogramme
3.5 Segmentierung der Kunden im Strommarkt
3.6 Wettbewerbsstrategien im Segment „Groß- und Industriekunden“
3.7 Geschäftsfeld Contracting
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Neuer Rahmen für die Energiepolitik
Abb. 2: Disaggregierte Betrachtung des Strommarktes
Abb. 3: Die Struktur des deutschen Elektrizitätssektors
Abb. 4: Aufteilung der Verbundunternehmen in Deutschland
Abb. 5: Bruttostrompreisentwicklung
Abb. 6: Informationsstand unter Privatkunden
Abb. 7: Wunsch des Kunden nach mehr Information
Abb. 8: Vom Kunden geforderte Informationsquellen
Abb. 9: Gründe für einen möglichen Wechsel
Abb.10: Wechselpläne in den nächsten 12 Monaten
Abb.11: Gründe für Anbietertreue
Abb.12: Wichtigkeit verschiedener Aspekte bei der Anbieterwahl
Abb.13: Die großen Marken im Energiesektor
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Marketing im liberalisierten Strommarkt am Beispiel regionaler Versorgung in Deutschland
1. Einleitung
Die Rahmenbedingungen der Energiemärkte haben sich durch die Liberalisierung für Versorgungsunternehmen und Politik fundamental verändert. Die Monopolstellung der Energieversorgungsunternehmen (EVUs), in den ihnen ursprünglich zugeteilten Versorgungsgebieten, wurde hierdurch mit einer geringen Übergangsfrist, in kürzester Zeit, vollständig aufgehoben. Sie stehen somit untereinander im direkten Wettbewerb um den Kunden.
Durch die Liberalisierung hat der Verbraucher seitdem die Möglichkeit seinen Lieferanten frei zu wählen und ist nicht mehr zwangläufig an sein bisheriges EVU gebunden. Der frühere gebundene Abnehmer hat sich zu einem Kunden mit vielfältigsten Ansprüchen entwickelt.
Am 29. April 1998 trat das „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“ in Kraft. Ohne Übertreibung lässt sich feststellen, dass sich die europäische und deutsche Energiewirtschaft seit dem Inkrafttreten dieses Gesetztes in einer fortdauernden Phase des Umbruchs befindet.
Durch die enorm abnehmenden Margen bei nur sehr moderat steigendem Energieverbrauch stieg der Druck zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei den Versorgern. Binnen weniger Monate reduzierte sich das Marktvolumen durch Strompreissenkungen.1
Neue Anbieter und Stromhändler zwangen die z. T. unerfahrenen Strommanager zur Aufgabe ihres monopolistischen Denkens. Überreaktionen waren die Folge. Mit Milliardenbeträgen wurden künstliche Marken aufgebaut (z.B. Yello-Strom), um Neukunden zu gewinnen bzw. abzuwerben. Der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen, die Wechselquoten im Segment Privatkunden blieben gering. Lediglich der Preis sank. Jedoch nur für kurze Zeit. Seit einiger Zeit haben die vier großen Konzerne RWE, E-ON, EnBW und Vattenfall Europe den Markt wieder unter Kontrolle. Neue Anbieter haben den Geschäftsbetrieb wieder eingestellt. Die Strompreise sind wieder auf das Niveau der Zeit vor der Liberalisierung gestiegen, nicht zuletzt allerdings auch durch die politischen Preise im Rahmen der Ökosteuer.2
Folge dieser Entwicklung war, dass sich die Unternehmensstrukturen tiefgreifend verändert haben. Die verschiedensten Prozesse, von der Energieerzeugung bis zur Verteilung, unterliegen einem fortlaufenden Prozess weitreichender Optimierungsmaßnahmen, der, wie in der letzten Zeit zu beobachten, Fusionen, Kooperationen oder Strategische Allianzen zur Folge hat. Die Geschäftsleitungen der bedeutenden und wohl in Zukunft auch dominanten national und international tätigen Energiekonzerne sind sich darüber im klaren, dass sie nur durch die Optimierung ihrer Strukturen und Abläufe, durch den Abbau des in den Monopoljahren aufgeblähten Personals und besonders wichtig, durch den Ausbau des Angebotes an wettbewerbsfähigen Dienstleistungen auf diesem umkämpften und stürmischen Markt bestehen können.
Eine eingefahrene Denkweise musste geändert werden, die überregionale Kundenbindung und Gewinnung von Neukunden stehen nunmehr im Mittelpunkt der Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten und sind für jedes EVU überlebensnotwendig.
Marketing und Vertrieb nehmen hierbei eine Schlüsselrolle ein. Hauptargument beim Wettstreit um den Kunden bleibt, wie in anderen Branchen auch, der Preis. Um sich dem Preiskampf zu entziehen, bedarf es intelligent durchdachter und geplanter Strategien im Bereich Marketing.
Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Skizzierung entsprechender Maßnahmen vom theoretischen Ansatz bis hin zur praktischen Umsetzung. Zur Veranschaulichung notwendiger Marketingstrategien dienen Beispiele der großen EVUs, RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall.
Um die Entwicklung von einem Monopol- hin zu einem Wettbewerbsmarkt und die sich daraus ergebende Notwendigkeit neuer Marketingkonzepte besser nachvollziehen zu können, ist es wichtig, allgemeine Informationen zum liberalisierten Strommarkt darzustellen. Dementsprechend bezieht sich das zweite Kapitel auch auf Rahmenbedingungen und technische Besonderheiten des Stromsektors. Kapitel drei beschreibt die Notwendigkeit eines strategischen Marketings in Bezug auf Kundenbindung. Basierend auf Daten einer Kundenbefragung werden Maßnahmen erläutert, die die Wettbewerbsfähigkeit von Stromversorgungsunternehmen sichern sollen. Schwerpunkt bleibt hier das Segment Privatkunden. Um diese Gruppe weiter zu binden und neue Kunden hinzu zu gewinnen, werden Marken- und Differenzierungsstrategien mit ihren Chancen und Risiken dargestellt. Im weiteren Verlauf wird die Notwendigkeit von Kundensegmentierung im Strommarkt erläutert und anschließend auf die enorme Wichtigkeit der Bindung von Industriekunden eingegangen. Die Darstellung von Marketingstrategien hinsichtlich dieser Kundengruppe, besonders des Geschäftsfeldes Contracting rundet den Einblick auf das Thema „Marketing im liberalisierten Strommarkt“ ab.
Aus Gründen des, für dieses Thema doch eher begrenzten vorgegebenen Rahmens dieser Diplomarbeit einerseits und der Vielseitigkeit dieser Thematik andererseits, beschränkt sich der Fokus auf zwei wesentliche Segmente, die Privat- und Industriekunden.
2 Der Stromsektor: Rahmenbedingungen und technische Besonderheiten
Auf den liberalisierten Energiemärkten herrschen neue Rahmenbedingungen. Der Wettbewerb führt zu dramatischen Umstrukturierungen der Energiewirtschaft in Deutschland und Europa.
Die Abbildung am Anfang der nächsten Seite verdeutlicht, dass die Liberalisierung der Märkte für Strom und Gas ökonomische Aspekte der Energiewirtschaft verstärkt ins Blickfeld rückt. Andere Aspekte wie die Klimaschutzbeschlüsse von Rio und Kyoto werden nur dann die beabsichtigte Wirkung zeigen, wenn sie von der Energiepolitik in ökonomische Vorgaben und Signale für strategische Entscheidungen der Energiewirtschaft übersetzt werden. Wettbewerb und Umweltschutz sind hier die Hauptziele die dabei realisiert werden müssen.3
Abb. 1: Neuer Rahmen für die Energiepolitik
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Ziel Wettbewerb ist die Grundvoraussetzung für die Wirtschaftlichkeit des Energiemarktes. Wie sich die EVUs dem stellen, welche Strategien wie umgesetzt werden, um am Markt erfolgreich zu sein, ist Inhalt im Laufe des dritten Kapitels.
2.1 Definition des Produkts Strom
Für den Kunden ist Strom nicht wie Wasser oder Gas fassbar, sondern wird erst im Verbrauch als Licht-, Wärme- oder Bewegungsenergie zu einem nützlichen Produkt. Die Nachfrage nach Strom leitet sich also aus der Verwendung entsprechender „Strom“-Verbraucher ab, was eine im Tages- und Jahresablauf fluktuierende Nachfrage- oder Lastkurve bedingt. Stromverbrauch lässt sich nicht mit bspw. dem Zustellen von Briefen vergleichen. Transport im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Elektrizität wird also nicht von einem bestimmten Erzeuger in das Netz eingespeist und von definierten Verbrauchern entnommen. Da es sich bei Strom um eine Kombination von Spannung und Frequenz handelt, ist es nicht möglich festzustellen, wem der Strom im Netz gehört. Aussagen über die Benutzung des Netzes durch einen Kunden oder Produzenten beruhen auf Verträgen und den bei Verbrauch und Einspeisung gemessenen Mengen.4
2.2 Aufbau des Sektors: Disaggregierte Betrachtung
Der folgende Abschnitt dient der grundlegenden Betrachtung in Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Ebenen des Strommarktes. Besondere Stellung nimmt hier die Ebene Versorgung des Endkunden ein, die letztendlich Schwerpunkt der Arbeit ist.
Der Stromsektor unterteilt sich in vier verschiedene Ebenen. Neben den Ebenen Erzeugung, Transport und Verteilung erweist sich mit zunehmenden Reformen im Markt die Versorgungsstufe als eigenständige Ebene.5
Abb. 2: Disaggregierte Betrachtung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Knieps/Brunekreeft, 2000, S. 139
Die Ebene der Erzeugung von Elektrizität ist auf Grund des technischen Fortschritts mittlerweile unumstritten als wettbewerbsfähig zu charakterisieren. Infolge dieser Entwicklung ist es heute auch für kleinere Kraftwerke möglich, rentabel zu produzieren.
Im Wettbewerb verwandelt sich die „Kooperation“ in „Handel“. Der power pool wird als spot market bezeichnet, wo die Stromerzeuger je nach Nachfrage Strom zuoder verkaufen. Mit Hilfe dieser Handelsplätze verringern die EVUs ihre eigenen Produktionskosten und damit zugleich die Systemproduktionskosten.6
Über die Verteilnetze sind die Endkunden an das Netz angeschlossen. Ökonomisch
sind die Netze weitgehend unumstritten als marktmächtige (regionale) Monopole zu charakterisieren.
Die Komplexität eines über weite Gebiete integrierten Netzes erfordert hohe Investitionen bei Planung und Bau seitens des entsprechenden Versorgungsunternehmens. Die über die Zeit entstandenen Größenvorteile schließen einen parallelen Leitungsbau und damit Konkurrenz weitgehend aus. Die überregionalen Transportnetze sind horizontal miteinander verbundene regionale Monopole, während es sich bei den unterschiedlichen Spannungsebenen um untereinander geschaltete Monopole handelt.
Die bisherigen Darstellungen der einzelnen Ebenen galten der Stromerzeugung und -übertragung. Dies entspricht der bisherigen Betrachtung des Sektors, in der Netzbesitz und Kontakt mit den Endkunden zusammenfielen.
Nach der Liberalisierung des Strommarktes hat sich eine eigenständige wettbewerbsfähige Ebene entwickelt und etabliert. In ihr hat sich die Trennung zwischen Netzbesitz und Versorgertätigkeit vollzogen.
Der Netzbesitzer ist für den Anschluss des Endkunden an das Verteilnetz verantwortlich. Er koordiniert den physikalischen Stromfluss. Die wirtschaftliche bzw. vertragliche Beziehung besteht jedoch zwischen dem gewählten Energieversorger und dem Endkunden.
Die Tätigkeit des Versorgers umfasst den Stromeinkauf und den Stromverkauf mittels eines Stromliefervertrages an den Endkunden. Hierdurch nimmt der Versorger eine Transaktions- und Suchkosten verringernde Vermittlungsrolle zwischen Produktionsebene, Netzebenen und Endkunden ein. Weiter können durch ihn Zähler abgelesen und sonstige Dienstleistungen erbracht werden.7 Die Versorgungsstufe ist in starkem Ausmaß wettbewerbsfähig. Anders als in der Transport- und Verteilungsebene liegen hier keine versunkenen Kosten vor und die existierenden Skaleneffekte (z.B. beim Stromeinkauf) sind im Vergleich zum Gesamtmarkt eher klein.
Zudem ist gerade bei der Vertrags- und Tarifgestaltung ein gewisses Maß an Produktdifferenzierung möglich, so dass sich Energieversorger hier spezialisieren und Marktnischen ausfüllen können.
Zusammenfassend lassen sich bei Betrachtung des liberalisierten Strommarktes zwei Bereiche unterscheiden, das als monopolistischer Engpass (in der engl. sprachigen Literatur als Bottleneck bezeichnet) zu qualifizierende Transport- und Verteilnetz und die wettbewerbsfähigen Stufen Erzeugung und Versorgung (vgl.Abb.2). Wie die Rahmenbedingungen in Deutschland des zuletzt erwähnten und für diese Arbeit ausschlaggebenden Bereiches, nämlich der Versorgung, aussehen, wird in Kapitel 2.4 beschrieben. Vorher soll jedoch kurz allgemein auf den Stromsektor in Deutschland eingegangen werden.
2.3 Der Stromsektor der Bundesrepublik
Im deutschen Strommarkt sind ca. 1.100 Anbieter tätig (Stand 2003): reine Stromerzeuger (50), überregionale Verbundunternehmen (4), regionale Versorger (60), größere Stadtwerke (25), mittlere und kleinere Stadtwerke (700), kleinere Versorger (100), Händler und Sonstige (150).8
Diese Zahlen relativieren sich allerdings, wenn man die Konzentration auf den einzelnen Ebenen sowie die vertikalen und horizontalen Verflechtungen der Firmen analysiert.
Die Unternehmen können in vertikaler Sichtweise nach ihrer „Haupttätigkeitsebene“ unterschieden werden. Das deutsche Transport- und Verbundnetz befindet sich im Eigentum der vier Verbundunternehmen RWE Energy AG, E.ON Netz GmbH, EnBW Transportnetze AG und Vattenfall Europe Transmission AG. Die augenfällige Unterscheidung zwischen den beiden übrigen Klassen von EVUs, den regionalen Versorgungsunternehmen und den kommunalen Unternehmen, ist ihre Eigentumsstruktur. Alle Verbundunternehmen haben Haupt- und Minderheitsbeteiligungen an den regionalen Unternehmen, so dass nur wenige wirklich unabhängig sind. Die kommunalen Netzbetreiber sind i.d.R. im Besitz der Kommunen.9
Modellhaft kann die vertikale Struktur des deutschen Elektrizitätssektors wie in Abb.3 dargestellt werden. Zwei vertikal integrierte Industrieblöcke sind hier hervorzuheben:
Zum einen die Verbundunternehmen, die überwiegend in den Bereichen Erzeugung/ Transport vertikal integriert sind und zum anderen die Regional- und Kommunalversorger, die zumeist die Stufen der Verteilnetze und der Versorgung in einem Unternehmen vereinen.
Abb. 3: Die Struktur des deutschen Elektrizitätssektors
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Knieps/ Brunekreeft, 2000, S. 141
Betreiber der deutschen Stromnetze sind die vier im folgenden Bild dargestellten Verbundunternehmen. Diese größten deutschen Energiekonzerne produzieren mehr als die Hälfte des nationalen Strombedarfs. Abb. 4 stellt die Größenverhältnisse dar.
Abb. 4: Aufteilung der Verbundunternehmen in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Luber, 2004, in Capital, Heft 21/2004, S.48
Zu dem Tätigkeitsbereich dieser Konzerne gehört allerdings nicht nur das Transport-
und Verbundnetz, sondern natürlich auch Aktivitäten im Bereich Verteilung und Versorgung. Anders als in Zeiten vor der Liberalisierung, als die EVUs nur für ihre ehemaligen Demarkationsgebiete zuständig waren, können auch die ausgegliederten Versorgungsgesellschaften der Verbundunternehmen deutschlandweit in der Verteilung von und der Versorgung mit Elektrizität aktiv sein (vgl. Kapitel 3).
2.4 Rechtlicher Rahmen, Probleme und Reformen
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, ihre bisherigen Probleme und Lösungen dieser Defizite in Form von Gesetzesreformen.
2.4.1 Bisherige Rahmengebung
Das „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“, das am 29.04. 1998 in Kraft trat, setzt die Europäische Richtlinie für den Elektrizitätsbinnenmarkt in deutsches Recht um.
Das Energiewirtschaftsgesetz von 1935 wurde hiermit grundlegend geändert: Zur Umsetzung des diskriminierungsfreien Netzzugangs wurde im neuen EnWG eine allgemeine Durchleitungspflicht verankert. Gleichzeitig wurde den bisherigen Gebietskartellen ihre rechtliche Grundlage entzogen.
Im Zuge der Liberalisierung schien es in Deutschland nicht möglich, eine strikte vertikale Separierung durchzuführen, die das Verbundnetz bzw. die Verteilnetze in die Hand und Kontrolle einer Gesellschaft oder eines unabhängigen Netzbetreibers gelegt hätte, der auf den anderen Ebenen nicht aktiv sein darf. Es erfolgte kein Eingriff in die Eigentumsstruktur, wodurch das in Abb. 3 dargestellte hohe Ausmaß an vertikaler Integration erhalten blieb.10
Die vertikale Struktur des Sektors kann auf Grund der Beibehaltung von Synergieeffekten einerseits als marktgerecht interpretiert werden. Andererseits ist sie eher negativ zu beurteilen, da sie wettbewerbshemmende Diskriminierungsanreize nach sich zieht.
[...]
1 vgl. Knieps/Brunekreeft, 2000, S. 142
2 vgl. T-Online-BusinessPro, 10.09.2004
3 vgl. Prognos, 1999, S. LII
4 vgl. Pfaffenberger, 1993, S.35
5 vgl. Hunt/Shuttleworth, 1996, S. 8-14
6 vgl. Brunekreeft, 2000, Kap. 6
7 Knieps/Brunekreeft, 2000, S. 141
8 vgl. T-Online-BusinessPro, 10.09.2004
9 vgl. Perner/Riechmann, 1998, S. 34
10 Schneider, 1999, S.84 f
- Quote paper
- Christian Bürger (Author), 2005, Marketing im liberalisierten Strommarkt. Regionale Versorgung in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42005
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