Die vorliegende Arbeit soll die Problematik des Nation-Building im Irak beleuchten. Der Fokus liegt dabei auf der Volksgruppe der Schiiten, der im Irak zahlenmäßig stärksten Religionsgemeinschaft, die jedoch unter dem Regime Saddam Husseins marginalisiert war. Drei Dimensionen sollen beleuchtet werden:
Erstens die Entstehung des Irak in historischer Perspektive, wobei die Rolle der Schiiten sowie die Entstehung der irakischen Nation nach dem 1.Weltkrieg im Vordergrund stehen sollen; zweitens das Problemfeld um das Nation-Building der USA nach dem letzten Golfkrieg im Jahr 2003; und drittens die aktuelle Beteiligung der Schiiten am politische Prozess im Irak sowie Zukunftsperspektiven.
Forschungsfragen wären für die verschiedenen Teilbereiche:
Erstens: Wer sind die Schiiten? Was sind die Glaubensgrundsätze bzw. die Elemente der schiitischen Ausrichtung des Islam? Welche historische Entwicklung machten die Schiiten im Irak durch? Wie homogen bzw. heterogen ist die Bevölkerungsgruppe der Schiiten im Irak?
Zweitens: Was ist Nation-Building? Wie sahen die Vorbedingungen für das Nation-Building der USA im Irak aus? Wie wurde es konkret umgesetzt? Welche Probleme treten dabei auf und wie wurden sie angegangen?
Drittens: In welcher Form beteiligen sich die Schiiten am politischen Prozess im Irak? Welche Organisationen und Parteien spielen eine Rolle? Wie sind die Schiiten politisch organisiert? Wie ausgeprägt ist die Rolle der Religion?
Meine Forschungsmethode ist historisch – systematisch und basiert auf Interpretation von wissenschaftlicher Sekundärliteratur sowie der Analyse von Zeitungsartikeln.
Ich werde mit Begriffsarbeit beginnen, und zwar mit der Erläuterung des Konzepts von Nation-Building nach Jochen Hippler, um mich dann den Begriffen Staatszerfall und schwacher Staat zu widmen. Dann folgt ein Überblick über die ethno-religiösen Gruppen im Irak, darauf eine kurze Einführung in Schia und die Geschichte der Schiiten im Irak und die Unterdrückung dieser Volksgruppe unter dem Regime des Saddam Hussein.
Dann werde ich mich der sozio-politischen Differenzierung des Begriffes Schia und Schiit im Irak widmen, um darauf die Ideologie der schiitischen Parteien zu betrachten, das Nation-Building der USA, sowie die Formen der politischen Organisation der Schiiten nach dem Krieg.
Inhaltsverzeichnis.
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition: Das Konzept des Nation-Building nach Jochen Hippler
2.1. Der Begriff des Nation-Building
2.2. Elemente des Nation-Building
2.2.1. Eine Integrative Ideologie
2.2.2. Integration der Gesellschaft
2.2.3. State-Building
3. Begriffsdefinition Staatszerfall (failed state) und schwacher Staat (weak state)
4. Ethno - Religiöse Gruppen im Irak
5. Wer sind die Schiiten?
6. Kennzeichen des schiitischen Glaubens
6.1. Die Heilige Familie
6.2. Bedeutung der Märtyrer
6.3. Glaube an die Wiederkehr des entrückten Imams
7. Die Schiiten im Irak - historische Wurzeln
8. Eckdaten der Geschichte der Schiiten im Irak des Saddam Hussein
8.1. Beginn der Herrschaft Saddams: Stärkere Unterdrückung der Schiiten
8.2. Die Revolution im Irak und wechselnde Strategien des Saddam Hussein
8.3. Der erste und der zweite Golfkrieg
8.4. Der Schiitische Aufstand im Rahmen des zweiten Golfkrieges
9. Begriffliche Einordnung des politischen Systems des Iraks im Verlauf seiner Geschichte bis zum jüngsten Golfkrieg
10. Verfeinerung der Begrifflichkeit: Schiiten im Irak in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht
11. Entstehung schiitischer Bewegungen und Parteien im Irak
12. Der Krieg 2003 und Staatszerfall im Irak
13. Das Nation-Building der USA
13.1. Ausgangslage für das Nation-Building
13.2. Die Politik der US-Besatzung und Nation-Building
14. Schiitische Kräfte im politischen Prozess nach dem Krieg
14.1. Die Ulama, die Geistlichkeit
14.2. Moqtada as-Sadr und die Armee des Mahdi
14.3. Die Schiitisch-Religiösen Parteien im Nachkriegs Irak
15. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
Literatur
1. Einleitung.
Die vorliegende Arbeit soll die Problematik des Nation-Building im Irak beleuchten. Der Fokus liegt dabei auf der Volksgruppe der Schiiten, der im Irak zahlenmäßig stärksten Religionsgemeinschaft, die jedoch unter dem Regime Saddam Husseins marginalisiert war. Drei Dimensionen sollen beleuchtet werden:.
Erstens die Entstehung des Irak in historischer Perspektive, wobei die Rolle der Schiiten sowie die Entstehung der irakischen Nation nach dem 1.Weltkrieg im Vordergrund stehen sollen; zweitens das Problemfeld um das Nation-Building der USA nach dem letzten Golfkrieg im Jahr 2003; und drittens die aktuelle Beteiligung der Schiiten am politische Prozess im Irak sowie Zukunftsperspektiven.
Forschungsfragen wären für die verschiedenen Teilbereiche:.
Erstens: Wer sind die Schiiten? Was sind die Glaubensgrundsätze bzw. die Elemente der schiitischen Ausrichtung des Islam? Welche historische Entwicklung machten die Schiiten im Irak durch? Wie homogen bzw. heterogen ist die Bevölkerungsgruppe der Schiiten im Irak? Zweitens: Was ist Nation-Building? Wie sahen die Vorbedingungen für das Nation-Building der USA im Irak aus? Wie wurde es konkret umgesetzt? Welche Probleme treten dabei auf und wie wurden sie angegangen?.
Drittens: In welcher Form beteiligen sich die Schiiten am politischen Prozess im Irak? Welche Organisationen und Parteien spielen eine Rolle? Wie sind die Schiiten politisch organisiert? Wie ausgeprägt ist die Rolle der Religion?.
Meine Forschungsmethode ist historisch - systematisch und basiert auf Interpretation von wissenschaftlicher Sekundärliteratur sowie der Analyse von Zeitungsartikeln. Ich werde mit Begriffsarbeit beginnen, und zwar mit der Erläuterung des Konzepts von Nation-Building nach Jochen Hippler, um mich dann den Begriffen Staatszerfall und schwacher Staat zu widmen. Dann folgt ein Überblick über die ethno-religiösen Gruppen im Irak, darauf eine kurze Einführung in Schia und die Geschichte der Schiiten im Irak und die Unterdrückung dieser Volksgruppe unter dem Regime des Saddam Hussein. Dann werde ich mich der sozio-politischen Differenzierung des Begriffes Schia und Schiit im Irak widmen, um darauf die Ideologie der schiitischen Parteien zu betrachten, das Nation-Building der USA, sowie die Formen der politischen Organisation der Schiiten nach dem Krieg.
2. Begriffsdefinition: Das Konzept des Nation-Building nach Jochen Hippler.
2.1. Der Begriff des Nation-Building.
Hippler unterscheidet zwei Dimensionen des Begriffes Nation-Building, einerseits sei er ein Prozess sozio-politischer Entwicklung, andererseits eine politische Zielvorstellung oder Strategie..
In ersterem Fall handelt es sich um die Entstehung einer gemeinsamen Gesellschaft mit einem zugehörigen Nationalstaat aus einem vorerst lockeren Verbund von Gemeinschaften. Dieser „Prozess kann aufgrund politischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und anderer Dynamiken in Gang kommen“1, verläuft aber nicht notwendigerweise erfolgreich. Dieser Prozess verläuft nicht per se friedlich, in der Geschichte hat es in Europa sowie in der Dritten Welt auch blutig verlaufende Nation-Building Prozesse gegeben. Diese Prozesse verlaufen teilweise ungesteuert, teilweise nehmen Akteure darauf Einfluss..
Im zweiten Fall handelt es sich um eine politische Zielvorstellung, also einer Strategie zur Erreichung konkreter Politikziele. Interne oder externe Akteure streben hierbei „die Schaffung eines nationalstaatlich verfassten politischen und sozialen Systems an, wenn dies ihren Interessen zu nützen scheint, wenn es bestimmte funktionale Erfordernisse besser erfüllt als ein zuvor bestehendes Arrangement oder wenn es ihre Macht stärkt oder ihre Gegner schwächt.“2.
In letzterem Fall dient der Begriff nicht der Analyse eines gesellschaftlichen Prozesses, sondern hat eine programmatische oder konzeptionelle Dimension. Er kann in diesem Zusammenhang eine Entwicklungs- oder eine imperiale Strategie sein, abhängig von den Motiven der ihn betreibenden Akteure..
2.2. Elemente des Nation-Building.
Hippler beschreibt drei Kernelemente für erfolgreiches Nation-Building, die für beide Verwendungen des Begriffes gültig sind..
2.2.1. Eine Integrative Ideologie.
Dieser Aspekt bedeutet, dass für die Entstehung einer nationalen Identität eine einigende Ideologie notwendig ist. Es handelt sich zumeist um diverse Spielarten des Nationalismus..
Insbesondere in ethnisch gemischten Gesellschaften ist die Herausbildung einer gemeinsamen.
Identität notwendig. Solange die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, einem Stamm oder Religionsgemeinschaft über der nationalen Identität steht, „wird ein Nationalstaat prekär. bleiben.“.
Die Ideologie muss nicht notwendigerweise national sein -. Verfassungspatriotismus, säkuläre Ideologien wie der Sozialismus, oder Religion können diese Funktion übernehmen..3
2.2.2. Integration der Gesellschaft.
Das erste Element betont das ideologische Zusammengehörigkeitsgefühl, hier ist gemeint, dass sich dies auch in der gesellschaftlichen Realität widerspiegeln muss. Die Kommunikation darf sich nicht primär unter den einzelnen Gruppen abspielen, sondern auch zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Dies hat nicht nur einen politisch kulturellen, sondern auch einen praktischen Hintergrund. Erfolgreiches „Nation-Building braucht eine nationale Infrastruktur. Verkehrs- und Kommunikationswege, die Herausbildung einer Nationalökonomie …, landesweite Massenmedien für die Etablierung eines nationalen politischen und kulturellen Diskurses.“4.
2.2.3. State-Building.
Zu guter letzt ist die Schaffung eines funktionsfähigen Staatsapparates notwendig, der in der Lage ist sein Territorium zu kontrollieren. Dieses Element steht in engem Wechselspiel mit den beiden anderen, der Herausbildung einer politischen Gemeinschaft. Praktische Aspekte wären die „Schaffung einer finanziellen Basis für einen funktionierenden Staatsapparat, also ein wirksames Steuerwesen, ein organisiertes Polizei- und Rechtssystem, einen Verwaltungsapparat, der im ganzen Land wirksam und akzeptiert wird.“5 Sein Personal muss sich primär mit ihm, also der Nation, und nicht ethno-religiösen Gruppen oder Clans identifizieren. Er muss fähig sein, das Gewaltmonopol im gesamten Territorium durchzusetzen..
Diese Elemente bilden ein Dreieck, von dessen Elementen nur gewisse leicht von außen bereitgestellt werden können, wie z.B. die Infrastruktur. Andere, wie die ideologische Legitimation können von außen nicht erbracht werden..
3. Begriffsdefinition Staatszerfall (failed state) und schwacher Staat (weak state).
Staatszerfall kann als Umkehrprozess zur 6 Staatenbildung verstanden werden. Ein zerfallender Staat ist einer, dessen politisches System in sich kollabiert. Der Staat wird bezweifelt oder hat kein Gewaltmonopol mehr inne, es kommt zu gesellschaftlichen oder ethnischen Konflikten und oft zum Bürgerkrieg. Es kann aber umgekehrt auch sein, dass schlecht bearbeitete Konflikte oder verlorene Kriege am Staat zweifeln lassen. Man kann von verschiedenen Stufen des Staatszerfalls ausgehen. In extremen Situationen zerfällt der Staat daraufhin - entweder in einzelne Teile, oder Rebellen übernehmen wichtige Funktionen des Staates..
Eine Grundlage, um Staatszerfall zu analysieren, kann das Völkerrecht bieten. Drei Merkmale müssen demnach einem Staat eigen sein:.
- Ausübung der Staatsgewalt, Gewaltmonopol.
- Staatsgebiet oder Territorium, bzw. die Kontrolle darüber.
- Staatsvolk.
Nach diesen Merkmalen kann man Indikatoren für Staatszerfall identifizieren:.
- Staat verliert das Gewaltmonopol - durch Rebellen, Aufständische, Bürgerkrieg, usw..
- Funktionsverlust staatlicher Institutionen, Verlust staatlicher Autorität.
- Mangelnde Fähigkeit das Territorium zu kontrollieren.
- Unfähigkeit für die Sicherheit der Bevölkerung garantieren zu können.
Die Indikatoren lassen sich natürlich beliebig untergliedern, insbesondere unter Punkt zwei fallen etwa die Sicherheitskräfte und die Armee, sowie ein funktionierendes Steuersystem..
Den Begriff „schwacher Staaten“ verwende ich hier als Konzept nach Joel Migdal (1988), der den Staat in der Dritten Welt als im Konflikt mit der eigenen Gesellschaft befindlich begreift. „Schwach“ bezieht sich hier also nicht auf die institutionelle Schwäche, sondern das Verhältnis des Staats zu seiner Gesellschaft. Konfliktuelle Verhältnisse zwischen Staaten und Gesellschaften sind vor allem in Ländern der Dritten Welt bzw. ehemaligen Kolonien zu finden, wo der Staat nicht mit der Gesellschaft gewachsen ist, sondern von außen „aufgesetzt“ wurde. In der Terminologie des Nation-Building bedeutet dies, dass es sich um die konzeptuelle Form des Nation-Building handelt..
4. Ethno - Religiöse Gruppen im Irak.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Irak Ethnisch / Religiös I7.
Im Irak stellen die Schiiten die mit rund 60% größte Bevölkerungsgruppe dar. Wie in der folgenden Abbildung zu sehen ist sind auch die Ethnien nicht eindeutig Religionsgruppen zugeordnet. So gibt es etwa sunnitische und schiitische Araber, aber auch Kurden die entweder der einen oder der anderen Konfession angehören. Entsprechend heterogen sind auch die Religionsgemeinschaften bzw. ist es die Parteienlandschaft religiöser wie sekulärer Parteien..
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Irak Ethnisch / Religiös II8.
5. Wer sind die Schiiten?.
Das Wort kommt von arabisch9 Schi’at Ali, also die Partei Alis. Sie ist die zweitgrößte Glaubensrichtung des Islam. Die Spaltung von der größten, den Sunniten, erfolgte Mitte des 7ten Jahrhunderts, als der vierte Kaliph und Nachfolger Mohammeds, Ali Ibn Abu Talib, ermordet wurde. Aus seiner Anhängerschaft entwickelte sich die Schia, die die nachfolgenden Kaliphen nicht mehr anerkannte. Ihre Führer trugen den Titel Imam. Muawija aus der mächtigen Militäradelsfamilie der Omajaden wurde Alis Nachfolger auf dem Kalifenthron und zum Begründer der sunnitischen Omajaden-Dynastie.10.
Nach der Anzahl der anerkannten Imame unterscheiden sich die verschiedenen Richtungen der Schia:.
Imamiten oder Zwölfer Schiiten, als die bei weiten größte Gruppe der Schiiten, die heute hauptsächlich im Iran, Irak und im Libanon leben..
Ismailiten oder Siebener Schiiten, die heute vor allem in Syrien, Afghanistan, Pakistan und Indien leben..
Zaiditen oder Fünfer Schiiten, die fast ausschließlich im Jemen leben..
Die Schiiten machen zahlenmäßig insgesamt etwa 8-9 Prozent der Muslime aus..
6. Kennzeichen des schiitischen Glaubens.
6.1. Die Heilige Familie.
Kennzeichen der schiitischen Ausrichtung des Islam ist zum einen eine starke Vorrangstellung der „Heiligen Familie“, also der Nachkommen des Propheten. Sie erkennen nur diese als seine legitimen Nachfolger an - im Gegensatz zu den Sunniten, die auch Kalifen akzeptierten, die nicht zur Familie des Propheten gehörten.11 Heutzutage dient der Nachweis, zu den Nachkommen des Propheten zu gehören, als Voraussetzung um zu hohen geistlichen Würden aufsteigen zu können. Nachkommen des Propheten tragen den Titel Sayyed und tragen als Kennzeichen einen schwarzen Turban..
[...]
1 Hippler (2004); S18.
2 ibid; S19.
3 Hippler (2004); S21.
4 ibid; S22.
5 ibid; S23.
6 Ich beziehe mich hierbei auf unser Referat, einzusehen unter: http://evakreisky.at/2003-2004/staat-krieg/referat01_e.pdf.
7 Abb. aus: http://www.reliefweb.int/w/map.nsf/0/900034CCAF212B1885256C3800575EE5?Opendocument. 2.6.2004.
8 http://www.tonyblair.hm/iraq/ethno.htm; 2.6.2004.
9 Informationen in diesem Abschnitt aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Schia; 2.6.2004.
10 http://derstandard.at/?id=1626037; 3.6.2004.
11 Konzelmann (2004); S14-15.
- Quote paper
- Mag. Stefan Svec (Author), 2005, Staatszerfall und Nation-Building im Irak unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Schiiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41824
-
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