Die Jahre von 1909 bis 1912 markieren eine wichtige Stufe in Emil Noldes Werk, sie bilden das „Fundament“ für die späteren, reifen Arbeiten. 1909 gelingt dem Künstler mit den Gemälden Abendmahl und Pfingsten der Schritt zur freien Figurengestaltung ohne Vorbild in einer Art und Weise, die seinem Anspruch, tief empfundenes inneres Erleben wiederzugeben, genügt. Diese Erwartung erfüllt sich für den Maler in besonderer Weise in den „biblischen und Legendenbildern“, wie er sie nennt.
In den Arbeiten bis 1912 verfestigt sich Noldes typischer Stil, der für ihn bezeichnend geworden ist. Die hier zu behandelnde Phase in seinem Werk ist damit in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen gibt sie einen Überblick über die formale Entwicklung, zum anderen – und das soll in dieser Arbeit im Vordergrund stehen – ermöglicht sie Einsicht in die religiöse Malerei Noldes.
Die besondere Betonung, die Nolde auf seine „biblischen und Legendenbilder“ legt, die er sogar in einer eigenen Liste aufführt, zeigt, dass Religion und christlicher Glaube für ihn einen hohen Stellenwert haben. Es bleibt die Frage, was für einen Glauben, was für ein Bild von Christus als Zentrum der christlichen Lehre, der Maler vertritt. Hierzu sollen drei ausgewählte Gemälde eingehender betrachtet werden: Zum einen Abendmahl und Pfingsten, die so etwas wie den Auftakt der „biblischen und Legendenbilder“ bilden und die Mystik des Künstlers veranschaulichen; ihnen soll zum anderen ein Werk vom Ende dieser ersten Phase der religiösen Malerei Noldes gegenüber gestellt werden: die Kreuzigung aus dem neunteiligen Zyklus Das Leben Christi von 1911/12. Damit ist nicht nur ein Überblick über die formal-stilistische Entwicklung Noldes in diesen Jahren möglich, sondern es wird auch ein Einblick in die Darstellung von und den Umgang mit religiösen Themen gewonnen.
Nach einer ausführlichen Analyse der hier ausgewählten Bilder wird das Christusbild Noldes entwickelt, auf dem der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt. Neben einer groben Abgrenzung zu anderen möglichen Zugangsarten zu diesem Thema, die durch einen Vergleich mit Marc Chagall und Max Beckmann möglich wird, werden auch einige exemplarische Reaktionen von Zeitgenossen auf Noldes religiöse Malerei erläutert werden. Auf Ausführungen zu weiteren Werken Noldes wird im Rahmen dieser Arbeit ganz bewusst verzichtet. Ziel ist es vielmehr, Grundlinien herauszuarbeiten, die auch auf andere Gemälde Noldes mit ähnlicher Thematik übertragen werden können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bildbeschreibungen Abendmahl und Pfingsten
- Bildbeschreibung: Abendmahl
- Bildbeschreibung: Pfingsten
- Formale Mittel der Bildgestaltung
- Farbigkeit
- Farbwahl
- Oberflächengestaltung
- Formensprache
- Mittel der Ausdruckssteigerung
- Farbigkeit
- Thematischer Vergleich Abendmahl und Pfingsten
- Die Kreuzigung: Bildbeschreibung und Beurteilung
- Bildbeschreibung: Kreuzigung
- Beurteilung der Kreuzigung
- Das Christusbild bei Nolde
- Zeitgenössische Rezeption
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Untersuchung von Emil Noldes „biblischen und Legendenbildern“ aus den Jahren 1909 bis 1912, insbesondere seinen Darstellungen von Abendmahl und Pfingsten. Die Arbeit soll die formale Entwicklung von Noldes Stil in dieser Phase beleuchten und dabei einen Einblick in seine religiöse Malerei gewähren.
- Formale Entwicklung des Stils Emil Noldes
- Religiöse Malerei Emil Noldes
- Darstellung von Christus in Noldes Werk
- Vergleich mit zeitgenössischen Künstlern wie Marc Chagall und Max Beckmann
- Rezeption von Noldes religiösen Bildern
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung der Jahre 1909 bis 1912 für Emil Noldes Werk und stellt den Fokus auf die „biblischen und Legendenbilder“ sowie die Bedeutung von Religion und Christentum in Noldes Schaffen.
- Bildbeschreibungen Abendmahl und Pfingsten: Hier werden die beiden Gemälde detailliert beschrieben, wobei die formalen Elemente wie Farbgebung, Komposition und Bildgestaltung hervorgehoben werden.
- Formale Mittel der Bildgestaltung: Dieser Abschnitt analysiert die formalen Mittel, die Nolde in seinen Werken einsetzt, wie Farbigkeit, Oberflächengestaltung, Formensprache und Mittel der Ausdruckssteigerung.
- Thematischer Vergleich Abendmahl und Pfingsten: Hier wird ein Vergleich der beiden Gemälde hinsichtlich ihrer Themen und Bezüge zur christlichen Passionsgeschichte vorgenommen.
- Die Kreuzigung: Dieses Kapitel behandelt Noldes Darstellung der Kreuzigung aus dem Zyklus „Das Leben Christi“ und setzt die formale Analyse fort, sowie die Einordnung des Themas in den Gesamtkontext des Werkes.
Schlüsselwörter
Emil Nolde, „biblische und Legendenbilder“, Abendmahl, Pfingsten, Kreuzigung, Christusbild, religiöse Malerei, formale Entwicklung, Zeitgenössische Rezeption
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- M. A. Simone Kraft (Author), 2003, Emil Noldes Christusbild am Beispiel von "Abendmahl" und "Pfingsten", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41812