Friedrich Nietzsches Begriff der „Schuld“ und des schlechten Gewissens in „Jenseits von Gut und Böse.“ und „Zur Genealogie der Moral“.
1.0 Einleitung
Der Text „Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft“, welcher unmittelbar auf „Also sprach Zarathustra“ (1983/85) folgte, ist der späten Schaffensphase Nietzsches zuzuordnen und wurde im Jahr 1886 vom Verfasser selbst publiziert. Die Schrift „Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift“ gab Nietzsche 1887 heraus.(1) Diese beiden Texte bilden die Grundlage für die Betrachtung der Phänomene „Schuld“ und „schlechtes Gewissen“ in dieser Hausarbeit.
Bereits die Titel von Nietzsches oben genannten Schriften, verraten eine programmatische Ausrichtung. Ein Synonym für den Ausdruck „Streitschrift“ könnte Manifest lauten, was auf die gesellschaftskritische Intention der Schrift „Zur Genealogie der Moral“ hinweist. Die Selbsteinschätzung Nietzsches, eine „Philosophie der Zukunft“ zu beschreiben und in Gang zu setzen, spricht für sein Vorhaben an den Verhältnissen in der Praxis grundlegend etwas zu verändern und nicht nur eine philosophische Theorie entwickeln zu wollen. Gleichzeitig kündigt sich der utopische Charakter seiner Gedanken an, indem es heißt „Philosophie der Zukunft“. Diese Philosophie entspricht dem Wunschdenken Nietzsches, das besagt, wie die Philosophie und die Menschen, die sie betreiben, in Zukunft sein sollten. Die Notwendigkeit einer Philosophie der Zukunft ergibt sich für Nietzsche aus jenem gesellschaftlichen Kränkel- und Verfallszustand, welchen er, in den genannten und anderen Texten, vielschichtig darstellt. Die Hauptursache, (neben Demokratisierung und Zivilisierung), für die Schwächung des Menschen und seiner Tatkraft als Genie sei die christliche Religion als Schuldgefühl gegenüber Gott und das verinnerlichte schlechte Gewissen als sublimierte Form dieses Schuldbewusstseins:
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(1) Vgl. das Nachwort von Giorgio Colli [Hrsg.] in: „Friedrich Nietzsche. Jenseits von Gut und Böse. Zur Genealogie der Moral.“ Hrsg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Kritische Studienausgabe, Band 5, München 1988, S. 415-421.
Inhaltsverzeichnis
- 2.1 Die Theorie von Herren und Sklaven
- 2.2 Nietzsches Definition und Wertung der Begriffe „gut“ und „böse“, „gut“ und „,schlecht“
- 3.0 Auf welche Weise sind, nach Nietzsche, „Schuld“ und „,schlechtes Gewissen\" entstanden?
- 4.0 Reflexion
- 5.0 Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit setzt sich zum Ziel, Friedrich Nietzsches Konzept der „Schuld“ und des schlechten Gewissens im Kontext seiner Werke „Jenseits von Gut und Böse“ und „Zur Genealogie der Moral“ zu analysieren. Die Arbeit verfolgt dabei insbesondere die Frage, wie diese Konzepte aus Nietzsches Sicht entstanden sind und welche Bedeutung sie für seine Kritik an der abendländischen Moral und Gesellschaft haben.
- Nietzsches Kritik an der christlichen Moral und dem schlechten Gewissen
- Die Unterscheidung von Herren- und Sklavenmoral
- Die Rolle des Ressentiments in der Entwicklung der Sklavenmoral
- Die Umwertung aller Werte und die Forderung nach einer „Philosophie der Zukunft“
- Das Konzept des „Übermenschen“ als Gegenbild zum modernen Menschen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung der Arbeit stellt zunächst die beiden Werke „Jenseits von Gut und Böse“ und „Zur Genealogie der Moral“ im Kontext von Nietzsches Schaffen vor. Dabei wird auf die programmatische Ausrichtung der beiden Schriften hingewiesen und Nietzsches Kritik an der modernen Gesellschaft als Ursprung seiner philosophischen Gedanken beleuchtet.
Im ersten Kapitel wird Nietzsches Theorie von Herren- und Sklavenmoral dargestellt, wobei die Abgrenzung der beiden Moralbegriffe und ihre historische Entwicklung im Mittelpunkt steht. Nietzsches Argumentation, dass die Sklavenmoral durch Ressentiment und die Umwertung der Werte der Herrenmoral entstanden ist, wird dabei näher betrachtet.
Das dritte Kapitel widmet sich der Frage, wie „Schuld“ und „schlechtes Gewissen“ nach Nietzsche entstanden sind. Hier wird die Rolle der christlichen Religion und des Gottesbildes bei der Entstehung des Schuldgefühls sowie der sublimierten Form des schlechten Gewissens erörtert. Nietzsche sieht in diesen Konzepten einen wesentlichen Faktor für die Dekadenz der modernen Gesellschaft und die Unterdrückung des Menschen.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen „Schuld“, „schlechtes Gewissen“, „Herren-Moral“, „Sklaven-Moral“, „Ressentiment“, „Umwertung der Werte“, „Übermensch“, „Philosophie der Zukunft“ und „Willen zur Macht“ im Kontext von Friedrich Nietzsches Philosophie. Diese Begriffe stehen im Zentrum seiner Kritik an der modernen Gesellschaft und seiner Forderung nach einer neuen, selbstbewussten und freien Form des Menschseins.
- Quote paper
- Magistra artium Yvonne Rudolph (Author), 2005, Friedrich Nietzsches Begriff der "Schuld" und des "schlechten Gewissens" in "Jenseits von Gut und Böse" und "Zur Genealogie der Moral", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41766