Die Jahre 1845 bis 1847 brachten für Deutschland eine schwere wirtschaftliche Krise. Der Grund hierfür waren schwache Ernten, eine hohe Arbeitslosigkeit aufgrund der schleppend verlaufenden Industrialisierung und die von England ausgehende Finanzkrise. Diese wirtschaftliche Krise führte zu Protestaktionen und Hungerkrawallen, vereinzelt auch zu gewaltsamem Aufruhr.
Im Frühjahr 1848 schwappte schließlich die revolutionäre Bewegung von Frankreich, dort wurde König Louis Philippe gestürzt, auf Deutschland über. Ein Hauptanliegen der Bewegung war die Einrichtung einer Nationalversammlung, die für ein vereintes Deutschland eine freiheitliche Verfassung ausarbeiten sollte. In Frankfurt tagte sodann, vorbereitet durch das Vorparlament und Wahlen in ganz Deutschlan, ab dem 18. Mai 1848 in der Paulskirche die Nationalversammlung zur Erarbeitung einer Reichsverfassung und provisorischen Übernahme der Reichsgewalt. Die Mitglieder der Versammlung waren überwiegend Männer aus dem gebildeten und besitzenden Bürgertum.
Nach Verabschiedung der kompletten Verfassung lehnte Preußens König Friedrich Wilhelm der Vierte die ihm angetragene Kaiserwürde des Deutschen Reiches ab. Die Nationalversammlung löste sich daraufhin endgültig auf und die Paulskirchenverfassung (Frankfurter Reichsverfassung) war damit gescheitert. In der Frankfurter Reichsverfassung finden sich etliche Bestimmungen, die sich mit dem prozessualen und materiellen Strafrecht beschäftigen.
Gegenstand dieser Arbeit ist es nun zu ergründen, welche Bedeutung die FRV für die Strafrechtsreform von 1848/49 in Deutschland hatte, obwohl sie nie in Kraft getreten ist. Es wird hierfür zum einen dargestellt, aus welchen Gründen die Frankfurter Nationalversammlung bestimmte strafrechtliche Normen erlassen hat und zum anderen wird untersucht, inwieweit diese Bestimmungen Eingang in die spätere Partikulargesetzgebung (insbesondere mit Blick auf die Staaten Preußen und Bayern) gefunden haben. Im Folgenden werden zuerst die wichtigsten Aspekte des materiellen Strafrechts und im Anschluss die wichtigsten Aspekte des Strafprozessrechts - welches aufgegliedert ist in das Gerichtsverfassungsrecht und die Verfahrensgrundsätze - behandelt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Das Materielle Strafrecht
- I. Abschaffung der Todesstrafe
- II. Abschaffung entehrender Strafen
- III. Abschaffung des bürgerlichen Todes
- IV. Abschaffung der Vermögenseinziehung
- C. Die Bedeutung der Paulskirchenverfassung für das Strafprozessrecht
- I. Gerichtsverfassung
- 1. Unabhängigkeit der Justiz
- 2. Staatlichkeit der Justiz
- 3. Laienbeteiligung
- II. Die Verfahrensgrundsätze
- 1. Der Anklageprozess
- 2. Mündlichkeit
- 3. Öffentlichkeit
- I. Gerichtsverfassung
- D. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Bedeutung der Frankfurter Paulskirche für die Strafrechtsreform im Jahr 1848/1849. Sie untersucht, wie die Paulskirchenverfassung die Reform des materiellen Strafrechts sowie des Strafprozessrechts beeinflusste.
- Die Abschaffung der Todesstrafe und anderer drakonischer Strafen
- Die Reform des Strafprozessrechts mit dem Fokus auf Verfahrensgrundsätze wie Mündlichkeit und Öffentlichkeit
- Die Bedeutung der Paulskirchenverfassung für die Stärkung der Unabhängigkeit und Staatlichkeit der Justiz
- Die Rolle der Laienbeteiligung im Strafprozess
- Die Relevanz der Paulskirchenverfassung für die Entwicklung des deutschen Strafrechts
Zusammenfassung der Kapitel
- A. Einführung: Dieses Kapitel liefert einen kurzen Überblick über das Thema der Arbeit und erläutert die Bedeutung der Frankfurter Paulskirche für die deutsche Geschichte.
- B. Das Materielle Strafrecht: Dieses Kapitel befasst sich mit den Reformen des materiellen Strafrechts, die durch die Paulskirchenverfassung initiiert wurden. Es untersucht insbesondere die Abschaffung der Todesstrafe, entehrender Strafen, des bürgerlichen Todes und der Vermögenseinziehung.
- C. Die Bedeutung der Paulskirchenverfassung für das Strafprozessrecht: Dieses Kapitel befasst sich mit den Auswirkungen der Paulskirchenverfassung auf das Strafprozessrecht. Es analysiert die Reform der Gerichtsverfassung, insbesondere die Stärkung der Unabhängigkeit und Staatlichkeit der Justiz sowie die Einführung der Laienbeteiligung. Außerdem werden die wichtigsten Verfahrensgrundsätze wie der Anklageprozess, die Mündlichkeit und die Öffentlichkeit untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem deutschen Strafrecht im Kontext der Revolution von 1848/1849, der Frankfurter Paulskirche, der Strafrechtsreform, der Abschaffung der Todesstrafe, der Gerichtsverfassung, der Verfahrensgrundsätze, Mündlichkeit, Öffentlichkeit, Laienbeteiligung und der Entwicklung des deutschen Strafrechts.
- Quote paper
- Matthias Reiner (Author), 2016, Die Frankfurter Paulskirche und die Strafrechtsreform 1848/1849, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/417358