[...] In dieser Hausarbeit liegt der Fokus auf der Rolle der jüdischen Bevölkerung in der „Drei Stände Gesellschaft“ im Europa des Mittelalters. Die Frage, die sich hierbei stellt ist, ob es möglich ist einen vierten Stand innerhalb der sozialen Strukturen des Mittelalters zu konstatieren? Sind die Juden der vierte Stand des Mittelalters? Wenn ja, welche Attribute zeichnen diesen Stand aus und wie hat er sich im Gesellschaftsgefüge positioniert? [...]
Inhalt
1. Einleitung
2. Antisemitismus und seine Entwicklung in Europa
2.1. Antisemitismus im Mittelalter
2.2. Der Wandel des Begriffs und seine Folgen
2.2.1. Das 19. Jahrhundert
2.2.2. Das 20. Jahrhundert
2.2.2.1.Vor dem ersten Weltkrieg dis in die zwanziger Jahre
2.2.2.2. Der Nationalsozialismus
3. Resümee
4. Literaturliste
1. Einleitung
Während des Seminars zum Thema Rechtsextremismus in der Bundesrepublik bei Herrn Jaser im letzten Semester konnten sich die Studenten einen kurzen Überblick über die Entstehung und den Wandel des rechten Szene vom nationalsozialistischen Dritten Reich unter Führung Adolf Hitlers und seiner Polizeiorgane, wie SS oder GeStapo, der Nachkriegsentwicklung der fünfziger und sechziger Jahre mit ihrer verschleppten Aufarbeitung der Kriegsvergangenheit, Kriegsverbrechen und den massiven Studentenprotesten, bis hin zum Aufbau effizienter rechtsradikaler und rechtsextremer Netzwerke unter Benutzung der neuen Medien, wie Internet (E-Mail, Webseiten, Auktionshäuser) und Handy im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert verschaffen.
In der Ideologie der Nationalsozialisten und der rechtsradikalen oder rechtsextremen Szene heutiger Tage waren und sind völkische Reinheit und die Überlegenheit der arischen Rasse, bedingt durch scheinbare körperliche, sowie geistige Vollkommenheit gegenüber anderen ethnischen Gruppen, zentrale Ansatzpunkte der gesellschaftlichen Kritik, welche sich im Rückschluss darauf eben auch in der politischen Auseinandersetzung mit dem demokratischen, pluralistischen System der Bundesrepublik Deutschland widerspiegelt. Im Konkreten fand und findet dies seine Ausprägung in der Unterdrückung, Ausgrenzung und schließlich Vernichtung von Minderheiten oder Andersartigen, wie Ausländern, Behinderten[1], Andersdenkenden oder Juden[2]. Letztere sollen das Thema dieser Hausarbeit bilden. Es soll versucht werden, klar heraus zu stellen in welcher Form und Ausprägung sich die antisemitische Haltung in Europa und später speziell in Deutschland entwickelt hat. Der geschichtliche Hintergrund soll dazu beitragen dem Leser zu verdeutlichen welchen Wandel der Antisemitismus vom Mittelalter über die Industrialisierung, den Nationalsozialismus bis in unsere heutige Zeit durchschritten hat.
Bereits an dieser Stelle stellt sich dem Leser die Frage woher kommt eigentlich das Wort oder besser der Begriff „Antisemitismus“? Professor Werner Bergmann[3] von der Technischen Universität Berlin, dessen Hauptforschungsgebiet die Antisemitismusforschung ist, nimmt an, dass dieser Begriff um 1879 im Umfeld des Journalisten Wilhelm Marr geprägt und als Protestbewegung gegen das alles zersetzende Judentum ins Leben gerufen wurde. Er diente als Synonym[4] für eine antiliberale und antimoderne Weltanschauung, in der der Jude als Ursache für die Probleme, seien es politische, soziale oder kulturelle, der Zeit gesehen wurde. Doch dazu später mehr.
Wo liegen die Wurzeln für antisemitische Haltung in Europa? Wie hat sie sich entwickelt? Gab es so etwas wie einen „kollektiven europäischen Antisemitismus“ oder war dieses Phänomen nur auf Deutschland beschränkt und wenn ja warum? Besteht die Möglichkeit, dass der Antisemitismus sein Gesicht im Laufe der Jahrhunderte verändert hat? Aus welchen Gründen gipfelte er genau im zwanzigsten Jahrhundert in der Massenvernichtung von sechs Millionen Juden im Dritten Reich? Diese Fragen sollen den Mittelpunkt der Hausarbeit bilden und zumindest ansatzweise im Verlauf derselben geklärt werden. Hierbei werde ich ebenfalls auf die politischen, sozialen Gegebenheiten der jeweiligen Epoche eingehen und teilweise auch persönlichen Ansichten einiger Zeitgenossen, wie Schriftstellern, Politikern, oder Hochschullehrern eingehen.
Die Frage nach dem Betrachtungszeitraum für diese Hausarbeit lässt sich recht einfach begründen. Will man den heutigen Antisemitismus nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt in seiner vollen Ausprägung verstehen, muss mit einem Blick in die ferne Vergangenheit des Mittelalters begonnen werden, da bereits zu dieser Zeit die Juden als Ursache für Krankheiten, Hungersnöte und allerlei Verderben herhalten mussten,[5] und ihre Ausgrenzung und Begrenzung auf bestimmte Gesellschaftsbereiche geprägt wurde. Dass es dabei innerhalb Europas massive Unterschiede gab, wird im Folgenden aufgezeigt werden.
Abschließend folgt eine Zusammenfassung, in der die eigene Meinung beziehungsweise ein persönliches Urteil über die aktuellen und zurückliegenden Vorgänge in Deutschland abgegeben oder gefällt werden soll. Doch zunächst soll das Mittelalter in das nähere Blickfeld der Betrachtungen gerückt werden.
2. Antisemitismus und seine Entwicklung in Europa
2.1. Antisemitismus im Mittelalter
Wenn wir heute vom Antisemitismus des Mittelalters berichten so hat sich in den Köpfen der Menschen bereits ein starres Bild manifestiert. Die Ereignisse der dreißiger und vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts haben das Denken und die Assoziationsfähigkeit der Menschen speziell in Deutschland massiv verändert. Antisemitismus hatte im Mittelalter (MA) nichts mit dem des 20. Jahrhunderts zu tun, zumindest nicht was die geistige Grundlage anbelangt. Soll heißen, dass es sich im MA um einen religiösen Antisemitismus handelte und nicht wie später um einen rassisch begründeten.
Den Juden des MA wurde zum einen die biblische Geschichte, in welcher sie als die Mörder des Leibes Christi beschuldigt wurden zum anderen die massiven Glaubensgegensätze und die Minderheitenstellung in Europa zum Verhängnis. Mit der immer stärkeren Durchdringung des Abendlandes durch den katholischen Glauben[6], der damit verbundenen Steigerung der Volksfrömmigkeit und in deren Folge die drei Kreuzzüge nach Israel (1096-1189), erfolgte ein Wandel in der Abneigung gegen das Judentum. Weg von der Aversion der Gebildeten und Theologen, hin zur Aversion der Massen, sprich des Volkes. Bettelorden und verstärkte Missionsbestrebungen taten ihr übriges. Damit war der Boden für eine flächendeckende Diskriminierung der jüdischen Minderheit in ganz Europa gebnet.
Diese schlugen sich in Gewaltausbrüchen während der Kreuzzüge nieder, die wiederum den König und Kaiser zum Eingreifen genötigt sahen, welcher ab sofort den so genannten Judenschutz unter sein Protektorat stellte[7]. Dieser Schutzgedanke manifestierte sich jedoch darin, dass die Juden mehr und mehr zur kaiserlichen „Finanzkammer“ verkamen, da dieser Schutz nicht umsonst zu haben war. Der Ausschluss aus den Zünften und somit die Verweigerung des Zugangs zum Warenhandel veranlasste die Juden sich eine neue Überlebensquelle zu suchen, die sie im Geld-, Klein- und Pfandhandel fanden. Dieser war den Christen unter Androhung der Verdammung verboten. Aus dieser Notwendigkeit heraus, wurden sie von der Kirche als Wucherer verdammt[8] und in den Augen der Bevölkerung stigmatisiert. Dies steigerte die Abneigung gegen Juden enorm und führte dazu, dass sie sich durch spezielle Kleidung zu erkennen geben hatten.
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[1] Euthanasie im dritten Reich
[2] siehe Konzentrationslager Auschwitz , Warschauer Ghetto oder relativ aktuell die Übergriffe in Hoyerswerda zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts
[3] Bermann, Werner: Geschichte des Antisemitismus, München 2002. S. 6
[4] ebd. S.6
[5] Brunnenvergiftungen
[6] ebd. S.10
[7] ebd. S.11 mitte
[8] ebd. S.11 unten
- Quote paper
- Daniel Rottgardt (Author), 2003, Juden und Antisemitismus in Europa - antisemitische Anfeindungen gegen Juden vom Mittelalter bis in die Neuzeit mit Schwerpunkt Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41577
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