Auf dem Medienmarkt hat es in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren eine Veränderung der Angebotsbreite gegeben, die maßgeblich auf die Verbreitung und Etablierung des Internets und seiner Kommunikationsmodi zurückzuführen ist. Der Online-Zugang hat mittlerweile eine massenhafte Verbreitung in der Bevölkerung gefunden. Das Internet ist zu einem ernstzunehmenden und fest etablierten Mitbewerber um die Aufmerksamkeit des Publikums geworden. Ein neuer Wettbewerber führt aber auf jedem Markt zu bestimmten Wirkungen und Reaktionen. Über das Verhältnis von den ›Neuen Medien‹ des Internet zu den klassischen Massenmedien wie Presse, Funk und Fernsehen sind mittlerweile eine beträchtliche Zahl an wissenschaftlichen Publikationen verfügbar. In diesem Zusammenhang finden immer wieder die Begriffe Substitution, Kompensation, Komplementarität, Konvergenz oder gar Kannibalismus Verwendung. Allerdings werden mit ihnen häufig die Relationen zwischen Internet und den Massenmedien allgemein oder mit einem Schwerpunkt auf Funk und Fernsehen beschrieben, obwohl das World Wide Web (www) nach wie vor textbasiert ist und somit der Darstellungsform nach der Presse näher kommt. Auch die Perspektive der Betrachtungen – aus Nutzer- oder Anbietersicht – variiert dabei durchaus. Zur intermediären Konkurrenz auf dem Gebiet der Zeitschriften aber finden sich bislang nur vereinzelte Ergebnisse. Sich über diese einen Überblick zu verschaffen, soll ein Ziel dieser Arbeit sein.
Welche Bereiche gehören nun aber bei einer Arbeit mit dieser Überschrift zu den relevanten Feldern; welche Betrachtungen können zur Beantwortung der implizierten Fragestellung fruchtbar sein? Gerade da, wo sich das Themenfeld der Problematik des Zeitschriftenmarktes einerseits mit dem der Anforderungen an die Veröffentlichung redaktioneller Inhalte online andererseits berühren, scheinen die interessanten Fragen zu liegen, die den Kern des Gegenstandes intermediärer Wettbewerb in diesem Fall eingrenzen. Die zentrale Frage bei den Betrachtungen zum Verhältnis von Print und Online ist vermutlich diese: Womit – wenn nicht mit Kannibalismus – ist als Ergebnis des Konkurrenz-Prozesses von Zeitschriften und ihren Online-Pendants zu rechnen und eben auch: Warum?
Inhalt
Einführung
I. Situationsbetrachtung
1 Zur Nutzung des Internet
2 Einfluss auf die klassischen Medien: Kannibalismus?
3 Presse und Zeitschrift
4 Das Online-Engagement von Zeitschriften
II. Mediale Charakteristika der WWW-Nutzung
1 Digitalität, Multimedialität, Interaktivität
2 Das World Wide Web, ein Massenmedium?
3 Selektionszwang im Hypertext
4 Glaubwürdigkeit im Web
III. Die intermediäre Konkurrenz im Zeitschriften-Verlag
1 Der intermediäre Wettbewerb
2 Substitution, Kompensation, Komplementarität, Konvergenz
3 Modell der Nutzungssituation im WWW
4 Online-Zeitschriften im Wettbewerb
5 Strategien zum Online Publishing
6 Zum Problem der Refinanzierung
IV. Fallstudie des Special Interest-Titels Men’s Health
1 Redaktionelle Struktur
2 Das Online-Angebot MensHealth.de Ausblick
V. Abbildungen
VI. Literaturverzeichnis
„There are three kinds of death in this world.
There is heart death, there is brain death and
there is being off the network.” Guy Almes[1]
Einführung
Auf dem Medienmarkt hat es in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren eine Veränderung der Angebotsbreite gegeben, die maßgeblich auf die Verbreitung und Etablierung des Internets und seiner Kommunikationsmodi zurückzuführen ist. Der Online-Zugang hat mittlerweile eine massenhafte Verbreitung in der Bevölkerung gefunden und beschränkt sich nicht mehr nur auf die Gruppe der Technik-Freaks, der beruflichen ‚Surfer’ oder der Studenten. Das Internet ist zu einem ernstzunehmenden Mitbewerber um die Aufmerksamkeit des Publikums geworden. Ein neuer Wettbewerber führt aber auf jedem Markt zu bestimmten Wirkungen und Reaktionen –über die bereits eine unüberschaubare Menge an interessanten Betrachtungen vorgenommen wurde. Auch über das Verhältnis von den ‚Neuen Medien’ des Internet zu den klassischen Massenmedien wie Presse, Funk und Fernsehen sind mittlerweile eine beträchtliche Zahl an wissenschaftlichen Publikationen verfügbar. In diesem Zusammenhang finden immer wieder die Begriffe Substitution, Kompensation, Komplementarität, Konvergenz oder gar Kannibalismus Verwendung. Allerdings werden mit ihnen häufig die Relationen zwischen Internet und den Massenmedien allgemein oder mit einem Schwerpunkt auf Funk und Fernsehen beschrieben, obwohl das World Wide Web (WWW) nach wie vor textbasiert ist und somit der Darstellungs-form nach der Presse näher kommt. Auch die Perspektive der Betrachtungen – aus Nutzer- oder Anbietersicht – variiert dabei durchaus. Zur intermediären Konkurrenz auf dem Gebiet der Zeitschriften aber finden sich bislang nur vereinzelte Ergebnisse. Sich über diese einen Überblick zu verschaffen, soll ein Ziel dieser Arbeit sein.
Welche Bereiche gehören nun aber bei einer Arbeit mit dieser Überschrift zu den relevanten Feldern; welche Betrachtungen können zur Beantwortung der implizierten Fragestellung fruchtbar sein? Gerade da, wo sich das Themenfeld der Problematik des Zeitschriftenmarktes einerseits mit dem der Anforderungen an die Veröffentlichung redaktioneller Inhalte online andererseits berühren, scheinen die interessanten Fragen zu liegen, die den Kern des Gegenstandes intermediärer Wettbewerb in diesem Fall eingrenzen. Die zentrale Frage bei den Betrachtungen zum Verhältnis von Print und Online ist vermutlich diese: Womit – wenn nicht mit Kannibalismus – ist als Ergebnis des Konkurrenz-Prozesses von Zeitschriften und ihren Online-Pendants zu rechnen und eben auch: warum?
Zunächst sollen die situativen Voraussetzungen des betreffenden Mediensektors in einer einführenden Situationsbetrachtung dargestellt werden [→ Kapitel I.]. Daran anschließend werden speziell die medialen Merkmale des World Wide Web als der Kommunikationsmodus zur Vermittlung von Inhalten über das Internet analysiert [→ Kapitel II.]. In diesem Rahmen wird es nötig sein, sehr allgemein verwendete Begriffe hinsichtlich einer (wirtschafts-)wissenschaftlichen Einordnung zu spezifizieren und auf ihre dahinter liegenden Konzepte zu überprüfen. Z.B. Multimedia – immerhin deutsches Wort des Jahres 1995 – kann heute alles und zugleich nichts bedeuten, ebenso wie die viel gepriesene Interaktivität der Online-Angebote. Im dritten Abschnitt wird dann das Konzept des Wettbewerbs auf die Produkte der Zeitschriftenverlage bezogen. Weiterhin wird der Versuch unternommen, ein Modell der medialen Merkmale des WWW-Angebotes speziell für Online-Zeitschriften zu entwickeln, um den oben genannten Überblick in ein übersichtliches Bild zu überführen [→ Kapitel III.]. Daraus soll zu möglichen Vorschlägen einer optimierten Strategie im Rahmen des Online Publishings seitens der Anbieter gelangt werden, insofern das aus einer primär kommunikationswissenschaftlichen Perspektive möglich ist. Abschließend sollen eigene, sicher nicht unbedingt regelhafte und generalisierbare Erfahrungen in der Online-Redaktion einer Special-Interest-Zeitschrift in eine Fallstudie eingebracht werden, um die Erfassung des intermediären Wettbewerbes durch ein praktisches Element zu komplettieren [→ Kapitel IV.].
Da hier die Seite der Anbieter von Online-Zeitschriften im Fokus des Interesses stehen soll, können Aspekte der Nutzerseite nur in so weit berücksichtigt werden, wie sie in direktem Zusammenhang mit der Produktion und Bearbeitung von redaktionellen Inhalten stehen. Eine umfassende Diskussion etwa des ‚Uses and Gratifications’-Ansatzes muss in dem begrenzten Rahmen dieser Arbeit unterbleiben.
I. Situationsbetrachtung
I.1 Zur Nutzung des Internet
Das Internet ist für eine Vielzahl von Menschen bereits zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden. Vor allem werden über das Netz der Netze E-Mails verschickt, Informationen eingeholt, Bankgeschäfte getätigt und Dateien vielfältigster Art auf den heimischen Computer geladen[2]. Aber gerade auch bei den jüngeren Nutzern wird das Bedürfnis nach Unterhaltung und Spiel online befriedigt[3]. Die scheinbar grenzenlose Vielfalt der potenziell verfügbaren Online-Inhalte kann als Abbild der Differenzierung der Lebensstile betrachtet werden. Die Probleme, die mit einer solchen Angebotsfülle einhergehen, sollen hier nicht primär erörtert werden. Ebenso wie auf viele andere Lebensbereiche hat das Internet auch Einfluss auf die Mediennutzung der Menschen: Auf der einen Seite ergänzt es die klassischen Medien um eine multimediale Medienplattform, die erstmals sowohl Text als auch Töne, (bewegte) Bilder und Animationen in digitalen Daten zu übermitteln vermag. Andererseits bietet es Zugriff auf konzeptionell neue Angebotsformen wie Online-Auktionen und -Musikläden, Preisvergleichs- Angebote, WebLogs, spezialisierte Kleinanzeigen-Datenbanken usw. und kann somit als Kommunikationsraum für neuartige Medienangebote dienen.
Das Internet birgt theoretisch das Potenzial, alle bislang etablierten Medien zu ersetzen[4]. Darauf verweisen die bislang mehr oder weniger erfolgreichen Versuche, Funk, Fernsehen, Presse und Telefon in die Online-Nutzung zu integrieren. Waren es zu Anfang meist noch technische Hindernisse, die es zu überwinden galt, stellt sich später die Frage nach der Akzeptanz und praktischen Verwendung der Neuheiten durch die Nutzerschaft[5]. Und obwohl die Online-Nutzung mittlerweile ein fortgeschrittenes Stadium der Diffundierung bzw. Konsolidierung erreicht hat[6], kann nicht damit gerechnet werden, dass sie die Nutzung der klassischen Medien der interpersonalen und Massen-Kommunikation ersetzt. Die Mehrzahl der Sachverständigen ist sich einig, nach ‚Riepls Gesetz’ von 1913[7] durch das Hinzukommen eines neuen Mediums nicht mit einer vollständigen Verdrängung der etablierten Massenmedien zu rechnen. Die Annahme wird bestätigt – wenn auch nicht letztlich entschieden – durch das heutige Spektrum an verfügbaren Medienanwendungen. Allerdings mag es auch bei dieser Regel Ausnahmen geben, z.B. im Bereich der Fernkommunikation: der Morse-Telegraf etwa ist faktisch ausgestorben.
Tatsächlich ist mit der Entwicklung neuer Angebotsformen im Internet ein Wandel im Mediensystem einhergegangen, der wohl sein Ende noch nicht erreicht hat[8]. Denn auch die Entwicklung von Soft- und Hardware sowie das Angebot von nutzerfreundlichen Internetzugängen verstärkt sich noch – auch auf Grund der wachsenden Konkurrenz – und ermöglicht zunehmend kostengünstige Online-Nutzung für breite Bevölkerungsgruppen[9]. Die ‚kritische Masse’ der Verbreitung scheint allerdings schon seit einiger Zeit überschritten zu sein.
Im weiteren Verlauf der Arbeit soll gezielt auf spezielle Angebote des World Wide Web (WWW) Bezug genommen werden, das seit 1993 einen Dienst der Datenübermittlung[10] über das Internet darstellt – neben anderen wie dem File Transfer Protocol (FTP), Internet Relay Chat (IRC), E-Mail, Usenet usw. Der Begriff des World Wide Web ist also nicht synonym mit dem Internet zu verstehen, auch wenn die landläufige Nutzung dies suggeriert[11]. Problematisch ist dahingehend sicher, dass sich die einzelnen Kommunikationsmodi gerade in der Nutzungssituation nicht immer sauber trennen lassen, z.B. E-Mail- oder Chat-Anwendungen, integriert innerhalb des WWW-Angebotes. Zur weiteren Charakterisierung des WWW lässt sich feststellen, dass es sich nach Kubiceks Kategorien um ein Medium erster Ordnung handelt – also noch kein organisiertes soziales Konstrukt („Erst durch die Ausprägung spezifischer Nutzungs- und Anwendungsmuster werden sich »Medien« herausbilden, die dann im umfassenderen Sinn eine soziokulturelle Institution verkörpern“[12]). Es handelt sich vielmehr um ein technisches Trägermedium[13] oder auch Artefakt mit einer bestimmten Potenzialität zur Datenübermittlung[14], wie sie von den klassischen Massenmedien zweiter Ordnung genutzt werden. Online ist ein Datenverarbeitungsgerät (dem entspricht heute meist noch der Computer – wenn auch weitere Elektrogeräte wie Handys, PDA’s, Fernseher und mitunter Kühlschränke bereits onlinefähig sind) dann, wenn es innerhalb eines Netzwerkes mit anderen Datenverarbeitungs-geräten verbunden ist und mit ihnen ein gemeinsames Protokoll[15] nutzt. Die Verbindung kann sowohl temporär wie auch permanent – beispielsweise bei der Einrichtung einer Standleitung – bestehen. Im Folgenden wird der Begriff Online aber fokussiert auf die Verbindung mit dem WWW gebraucht werden. Unter Online-Angeboten sollen hier Funktionen und Dienstleistungen verstanden werden, die über einen mit einem Netzwerk verbundenen
Computer v.a. über das WWW genutzt werden können. Ob sich in Zukunft die Funktionen der verschiedenen Medien in einem Universalgerät benutzerfreundlich bündeln lassen, bleibt abzuwarten[16]. Auf diese Frage haben künftig sowohl Hersteller wie auch die technischen Entwicklungen erheblichen Einfluss. Der Computer ist auf Grund seiner Eigenschaften als ‚Meta-Medium’[17] noch am besten für solch eine Synthese geeignet, obwohl es auch Ansätze zur funktionalen Ausweitung der Fernsehgeräte mittels Set-Top-Boxen gegeben hat und gibt. Das hat aber bislang kaum etwas daran geändert, dass der Fernseher hauptsächlich ins Wohnzimmer gehört und der Computer ins Arbeitszimmer.
Das WWW lässt sich weiterhin als Ausprägung einer Pull-Kommunikation beschreiben, wobei Datensätze von Servern im Internet abgerufen und auf den eigenen Computer übertragen werden. Dementsprechend ‚surft’ man genau genommen keineswegs durch das Web, sondern holt sich kleine Teile des Angebotes in Form von Webseiten auf seinen Bildschirm[18]. Für den Erfolg des Internet, der sich in den letzen Jahren in steigenden Nutzerzahlen widergespiegelt hat[19], bieten sich neben der anfangs relativ unreflektierten Internet-Euphorie eine Reihe von Nutzungs-Merkmalen zur Erklärung an: Die angebotene Vielfalt der Inhalte wurde bereits erwähnt, aber auch die Asynchronizität der Nutzung einer textbasierten Medienanwendung und die damit verbundene zeitliche Disponibilität der Angebote auf Abruf wird als Vorteil gegenüber den etablierten Massenmedien gesehen. Obwohl technische Hindernisse wie z.B. geringe Übertragungsraten – und damit verbundene lange Ladezeiten[20] – noch nicht flächendeckend überwunden sind, wird die Online-Nutzung in naher Zukunft wohl kaum an ihrer Attraktivität verlieren. Denn ebenso wie die Lebensstile scheinen sich auch die Mediennutzungs-Gewohnheiten vom einheitlichen Massenmedien-Konsum zu personalisierten Nutzungsstrategien, die das Internet potenziell unterstützt, zu individualisieren.
I.2 Einfluss auf die klassischen Medien: Kannibalismus?
In einer Zeit des medialen Überangebotes mit gesättigten Märkten und steigender Ausdifferenzierung in Special Interest-Formate ist es verständlich, dass die Entwicklung des Internet in der Medienbranche auch zu Verdrängungsängsten geführt hat. Eilig wurden in den letzten Jahren eigene Online-Auftritte von Sendern, Verlagen u.ä. ins Netz gestellt, um den
Internet-Boom kurz vor der Jahrtausendwende nicht zu ‚verschlafen’[21]. Auf Medienanbieter-Seite genießt das WWW den Ruf, in Zukunft unentbehrlich für das Geschäft zu sein. Laut einer Umfrage unter Medien- und Druck-Unternehmen hielten im Jahr 2000 noch 77% der Befragten eine Internetpräsenz für positiv für das Firmenimage[22]. Mittlerweile reicht es aber nicht mehr aus, nur präsent zu sein. Das WWW ist bereits über das Stadium einer aufregend neuen Innovation hinaus und muss nun zeigen, welche Vorteile es tatsächlich gegenüber anderen Medien – in diesem Fall den gedruckten Zeitschriften – ausspielen kann. In mehreren Fachpublikationen ist nachzulesen, dass die medialen Möglichkeiten, die ein wohldurchdachtes Online-Angebot haben könnte, nur in wenigen Fällen ausgenutzt wurden. So trug das Angebot des Online Publishings auch inhaltlich bisher kaum zur Erweiterung der publizistischen Vielfalt dar. Denn der Mehrwert einer Online-Zeitschrift beschränkte sich in vielen Fällen auf die Nutzungsmöglichkeit von nicht-redaktionellen Diensten, wobei die Möglichkeit einer höheren Aktualität und Tiefe der Informationen zu wenig von Anbieterseite genutzt wurde. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Frage der Finanzierung einer eigenen, den Angebotsformen im WWW angepassten Online-Redaktion vor dem Hintergrund instabiler Werbeeinnahmen im Internet, der mangelnden Zahlungsbereitschaft der Nutzer für kostenpflichtige Angebote und steigender Konkurrenz durch ‚reine’ Online-Anbieter. Fraglich in Bezug zu diesem letzten Punkt ist, wie sich der Markt, auf dem die Konkurrenz stattfindet, beschreiben lässt. Ist es wirklich ein massenmedialer Markt, der sich von der Seite der klassischen Medienvertreter in die Computernetze ausdehnt? Oder vielleicht doch eher ein Markt unterschiedlichster neuer Online-Dienste, die eben vermehrt auch redaktionelle Angebote umfassen? Je nach Perspektive gestalten sich Vorteile und Schranken hinsichtlich des Marktzutritts[23] sehr unterschiedlich, v.a. die absoluten Kostenvorteile mit Bezug auf Marktkenntnis, Produktionskompetenz, vorgefestigte Abläufe und Routinen. Sind also die Zeitschriften-Verlage benachteiligte Newcomer im WWW, oder wagen sich verschiedenste Online-Anbieter in Rahmen einer Diversifikation ihrer Geschäftstätigkeit auf das hart umkämpfte Terrain des Journalismus?
Zuerst einmal scheint von Interesse zu sein, wie sich die in letzter Zeit verstärkt genannten Wechselwirkungen zwischen Offline- und Online-Angeboten manifestieren: Häufig wird in der Diskussion über die intermediäre Konkurrenz der Begriff des Kannibalismus benutzt, der in der
Biologie das Fressen von Artgenossen innerhalb einer Spezies bezeichnet[24]. Allerdings ist fraglich, ob es sich hier wirklich – übertragen auf die Medien-Umwelt – um einen Vorgang innerhalb einer ‚Medienpopulation’ handelt. Denn wie sich gezeigt hat, bestehen nach wie vor grundlegende Unterschiede zwischen den Medienangeboten, die es nicht angemessen erscheinen lassen, von einer Spezies zu sprechen[25]. Die Unterschiede gehen wohl weit über individuelle Merkmale hinaus, die innerhalb einer (biologischen) Art zu beobachten sind. Die Medien-Anwendungen stehen tatsächlich in engen Relationen zu ihren funktionalen Merkmalen – von ihnen sollen hier vorerst nur drei genannt werden: Gedruckte Zeitschriften sind mit Preisen bis zu 10 € keineswegs kostenlos, ihre Online-Pendants hingegen in der Regel schon (ausgenommen sogenannte ‚Premium-Bereiche’, die sich bislang aber wegen der kaum vorhandenen Zahlungsbereitschaft der Internet-Nutzer und des geringen Mehrwertes nicht durchsetzten konnten). Ein Print-Exemplar erscheint normalerweise in einem festgelegten Intervall[26], wohingegen eine Homepage regelmäßig und mit verhältnismäßig kleinem Aufwand aktualisiert werden und/oder mit einem News-Ticker ausgestattet werden kann. Aber auch die Struktur eines publizistischen Produktes kann im WWW mit seiner Hypertextualität deutlich offener gestaltet sein als ein abgeschlossenes Heft in Papierform. Diese Merkmale wirken sich auf die Funktion, das Angebot und letztlich die Nutzung der Medien aus. Der Auslöser Stress für vermeintlichen Kannibalismus ist in diesem Zusammenhang wohl auszuschließen. Aber ist es wirklich ein und dieselbe Ressource, die für Print und Online den limitierenden Faktor und somit den Gegenstand des Wettbewerbes ausmacht?
Relevant scheint zu sein, wie sich die Online-Nutzung von Zeitschriften in die bestehende (Massen-) Mediennutzung integriert (hat) und wie sich dieses zusätzliche Angebot auf das Zeitbudget der Nutzer hinsichtlich der klassischen Medien auswirkt. Als Zeitbudget wird dabei die Dauer der täglichen Mediennutzung verstanden, die auf Grund der begrenzten Aufmerksamkeit des Menschen einen limitierenden Faktor darstellt. Die Kommunikatoren als Bereitsteller der Inhalte befinden sich allgemein in einer Konkurrenzsituation um die Aufmerksamkeit des Rezipienten. Vorerst bleibt festzustellen, dass mit einer vollständigen Verdrängung der Printmedien durch Online-Angebote in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, wenn man ‚Riepls Gesetz’ ernst nimmt. Wahrscheinlicher ist wohl, dass sich Formen der graduellen Verschiebung und der Koexistenz etablieren werden, wie es auch beim Markteintritt des Rundfunks und des Fernsehens festzustellen war.
Ein interessanter Ansatz zur Untersuchung der intermediären Konkurrenz aus der Sicht der Medienakteure stellt die Nischen-Theorie dar, die aus der Ökologie über die Neoklassik Einzug in die Kommunikationswissenschaft gefunden hat. Sie ist schon eher als die Kannibalismus-These dazu in der Lage, die aktuelle Situation der Konkurrenz in der Medienlandschaft angemessen zu beschreiben: „Hier werden Produkte (bzw. Medien) Populationen gleichgesetzt, die in einer bestimmten Umwelt (einem Set relevanter Ressourcen) um ihr überleben „kämpfen“. Dabei besetzt jede Population eine bestimmte Nische in dieser Umwelt. Durch das Hinzukommen einer neuen Population wird das bestehende Gleichgewicht innerhalb einer Umwelt meist empfindlich gestört, und die bisherigen Populationen in einer Umwelt sind gezwungen, sich neu zu positionieren – sich also eine neue Nische zu suchen“[27] Die kritische Ressource, die nur begrenzt zur Verfügung steht, ist in diesem Fall eben die Aufmerksamkeit[28] und somit auch die Nutzungsbereitschaft des Rezipienten. Damit zusammenhängend können aber auch weitere Faktoren wie Sendezeiten oder Werbegelder genannt werden, wobei letztere eng mit den Einschaltquoten bzw. Page Impressions und somit den Nutzerzahlen korrelieren. Letztlich bleibt aber der entscheidende Faktor die Funktion, die ein Medium für den Rezipienten erfüllt – und daraus resultierend sein Nutzen[29]. Online-Angebote können auf Grund ihrer technisch bedingten Vielfalt der Darstellungsformen (vgl. Abschnitt II.1) eine sehr breite Nische ausfüllen, d.h. potenziell eine Vielzahl an Nutzen für die Rezipienten bieten und damit nahezu alle anderen Medien im Wettbewerb herausfordern.
Am Beispiel der intra mediären Konkurrenz verdeutlicht weichen die in der Regel auflagenschwächeren Fach- und Special Interest-Zeitschriften aus in spezialisierte Nischen, um der Konkurrenz mit den auflagenstärkeren Publikumszeitschriften zu entgehen (Die Frage, ob sich die Populationen eine Nische erst durch ihre Entwicklung schaffen oder eine bestehende – frei oder nicht – suchen, würde sich vermutlich als eigener Forschungsansatz eignen). Weiterhin wird zwischen der Nischen-Breite und der Nischen-Überschneidung unterschieden. Erstere beschreibt dabei einen Wert auf einer Skala von der Spezialisierung (z.B. der Special Interest-Zeitschriften) bis zur Generalisierung (z.B. der Publikumszeitschriften). Die Nischen-Überschneidung meint hingegen die tatsächliche Konkurrenz, die aus der Angewiesenheit auf ein und dieselbe Ressource erwächst. Die inter mediäre Konkurrenz zwischen Zeitschriften und ihren Online-Ablegern lässt sich nun dahingehend charakterisieren, dass beide nach der Nutzung durch den Rezipienten streben, wobei die Nischen-Breite tatsächlich sehr unterschiedlich ausfallen kann: Ein Zeitschriftentitel bietet mitunter im WWW sehr viel speziellere Informationen als in der Print-Ausgabe, da das
Online-Angebot schon auf Grund des Medienmerkmals der Selektivität[30] sehr viel weniger auf ein breites Publikum ausgelegt sein muss. Und für den Fall, dass sich das Online-Angebot bspw. über Shopping-Angebote und Kooperationen finanziert, ist die Ressource der Werbeeinnahmen (für die Print-Ausgabe) nicht mehr limitierend. Sobald ein Medium eine andere Funktion erfüllt und einen neuen Nutzen für den Rezipienten bietet, kann schon eine neue Nische besetzt sein. Demnach ist zu untersuchen, ob das Online-Angebot der Zeitschriften eine neue oder eine bereits durch das ‚Muttermedium’ Print besetzte Nische für sich beansprucht.
I.3 Presse und Zeitschrift
Neben Tages- und Wochenzeitungen sowie Anzeigenblättern gehören Zeitschriften unter-schiedlicher Art zu den publizistikwissenschaftlich definierten periodischen Druckwerken der Presse. Für den Begriff der Zeitschrift selbst ist bislang aber keine eindeutige und allgemein anerkannte Definition verfügbar. So werden Zeitschriften oft als periodisch erscheinende Druckerzeugnisse des Pressewesens verschiedenster Ausprägung bezeichnet, die keine Zeitungen sind. An die Stelle der Aktualität von Zeitungen „tritt bei Zeitschriften die Bestrebung, Inhalte in spezifischer, die Leserschaft besonders ansprechender Form zu vermitteln“[31] . Eine nur wenig weiterführende Definition benennt die Zeitschrift als „ein fortlaufend und in regelmäßiger Folge erscheinendes Druckwerk, das einem umgrenzten Aufgabenbereich oder einer gesonderten Stoffdarbietung (Bild, Unterhaltung) dient“ [zitiert nach Rank (1999), S. 9]. Auch der redaktionelle Aspekt der Aufbereitung von Inhalten wird in dem Zusammenhang – wenig überraschend – genannt.
Mangels einer exakteren Beschreibung des Terminus kann man versuchen, sich dem Zeitschriftenwesen von seiner praktischen Ausprägung zu nähern. Wie auch bei anderen gedruckten Medienerzeugnissen haben sich organisierte Unternehmen gebildet, die sich auf die redaktionelle Bearbeitung von Inhalten und die Produktion von Druckerzeugnissen spezialisiert haben. Für jede denkbare Form der Publikation vom Buch über Zeitungen und Zeitschriften bis zu kartographischen Produkten gibt es eigene Verlage, die sich weiterhin in der thematischen Ausrichtung, der örtlichen Abgrenzung ihres Absatzgebietes oder der Auflagenzahlen unterscheiden. Sehr vielfältig zeigt sich das Angebot der Zeitschriften-Verlage, dessen Produkte sich unter anderem in die großen Kategorien der Publikumszeitschriften und Fach- bzw. Special Interest-Zeitschriften untergliedern lassen[32]. Erstere haben meist eine hohe Auflage und decken
ein breites Spektrum an allgemeineren Themenbereichen ab, während sich letztere mit einer niedrigeren Auflage an enger eingegrenzte Zielgruppen richten. Allerdings ist auch hier die Abgrenzung der verschiedenen Produkte am Zeitschriftenmarkt nicht besonders trennscharf, nur die Fachzeitschriften lassen sich in ihren Funktionen etwas klarer absetzen: Sie „bestehen in erster Linie darin, Fachwissen und Forschungsergebnisse zu veröffentlichen sowie den Wissenstransfer zwischen Theorie und Praxis voranzutreiben. Darüber hinaus enthalten sie häufig Literaturhinweise, Buchbesprechungen oder sonstige für die Leserschaft interessante Daten“[33] . Fachzeitschriften können außerdem noch in Kategorien für primär berufliche oder Freizeit-orientierte Nutzung untergliedert werden. Dementsprechend ist auch die Funktion für den Leser ein relevantes Kriterium zur Einordnung in eine Zeitschriften-Typologie. Weitere Aspekte sind:
- Formale Merkmale wie Material, Farbigkeit, Format, Drucktechnik u.ä.
- Periodizität, Häufigkeit der Erscheinung[34], Aktualität
- Universalität bzw. Spezialisierung
- Thematische Ausrichtung wie z.B. Wirtschaft, Sport, Zeitgeschehen, Mobilität oder Lifestyle
- Finanzierung über Verkaufserlöse, Anzeigen (Werbung), Inserate und/oder Kooperationen
Auch hier ist der Markt bereits mit etablierten Produkten weitestgehend besetzt, so dass weiterhin mit Stagnation und rückläufigen Auflagenzahlen zu rechnen ist. Einzig die weitere Ausdifferenzierung in immer speziellere Themen-Nischen und die Ausbildung von exklusiven Charakteristika im Rahmen einer Heterogenisierungs-Strategie scheinen noch in gewissem Maße Erfolg versprechend zu sein[35]. Neue Impulse erhoffen sich die Zeitschriftenverlage durch ihr Online-Engagement, das je nach angewendeter Strategie neue Leser des Printproduktes akquirieren oder ein eigenständiges Produkt mit selbstständiger Finanzierung darstellen soll. Wie sich die Online-Angebote der Zeitschriften bislang im WWW präsentieren, soll im III. Kapitel näher betrachtet werden. Festzuhalten bleibt, dass in Bezug auf die Presse meist von der Produktion und Verbreitung von Druckerzeugnissen gesprochen wird. Demnach sind digitale Presseprodukte nicht direkt mit den klassischen Erscheinungsformen Zeitung und Zeitschrift gleichzusetzen, da ihnen die verkörperte Form fehlt.
I.4 Das Online-Engagement von Zeitschriften
Nach gemeinsamem EU-Recht handelt es sich bei der elektromagnetischen Übermittlung von Informationen, wie es bei Inhalten des WWW der Fall ist, um Dienstleistungen, die zudem den wirtschaftlichen Tatbestand des Gemeinsamen Marktes nach Art. 2 EGV erfüllen[36] ; denn auf die Inhalte des WWW kann grundsätzlich global zugegriffen werden. Die Trennung einerseits von Druckwerken als Produkte verkörperter Massenkommunikation (oder auch Kopien) und andererseits Internet-Angeboten als Dienstleistungen weist schon auf den neuartigen Charakter des Publizierens über die ‚Neuen Medien’ hin. Die Verbreitung von digitalisierten Medieninhalten durch Verlage wird unter dem Begriff des Electronic Publishing zusammengefasst. Darunter werden allerdings nicht nur multimediale Angebote im WWW geführt, sondern auch CD-ROMs und Inhalte, die über andere Dienste des Internet verfügbar sind. Allerdings scheint sich die CD-ROM als Offline-Medium nur sehr begrenzt als Objekt des Electronic Publishings zu eignen oder zumindest eingeschränkte Anwendung zu finden, da sie in der Herstellung recht teuer ist, schnell veraltet (und praktisch nicht aktualisiert werden kann) sowie kaum Vorteile gegenüber Online-Inhalten aufweist[37]. Es gibt zwar heute kaum noch Computer ohne CD-ROM-Laufwerk zu kaufen, allerdings verhält es sich mit den Voraussetzungen zur Online-Nutzung (Modem, Browser-Software) ebenso. Daher soll sich nachfolgend speziell auf das Online Publishing im WWW konzentriert werden.
Rank lehnt sich bei seiner Definition von multimedialen Zeitschriften weitestgehend an die bereits genannten Zeitschriften-Definitionen an und ergänzt: „Eine multimediale Zeitschrift ist ein fortlaufend, mindestens vier mal jährlich erscheinendes (oder zumindest zu aktualisierendes), zum Zwecke einer interaktiven und potentiell multimodalen Informationsvermittlung elektronisch erstelltes, auf ein abgegrenztes Themenspektrum ausgerichtetes Publikationsmedium eines Zeitschriftenverlages, welches auf Datenträger (insbesondere CD-ROM) gespeichert oder über Netze (online) unter Einbindung digitaler und multimediafähiger technischer Hilfsmittel (Multimedia PC, Set-Top-Box) einem interessierten Publikum zur öffentlichen Nutzung bereitgestellt wird. Ergänzend ist wesentlich, daß die offerierten Leistungen (u.a. Beiträge) presse- oder rundfunkähnlichen Charakter aufweisen“[38]. Printprodukte nutzen statische Darstellungsformen wie Text und Bild, um die Inhalte den Rezipienten zu vermitteln. Multimediale Angebote können darüber hinaus auf weitere, dynamische Darstellungsformen zurückgreifen, um Inhaltsformate
wie Filme, Töne und Animationen zu integrieren. Das stellt zunächst einmal eine Erweiterung der publizistischen Möglichkeiten dar, die mit der digitalen Verbreitung übers Netz einhergeht.
Mitte der Neunziger Jahre mehrten sich die Internet-Auftritte von Vertretern der klassischen Medien, wobei in dieser frühen Phase der Ausweitung der Aktivitäten auf das WWW scheinbar nur eine zusätzliche Werbewirkung bzw. eine Verstärkung der Leser-Blatt-Bindung verfolgt wurde. Gerade auch die Gruppe der jungen, erfolgreichen Internet-Nutzer befand sich als neu zu
erschließende Zielgruppe im Fokus der Verlage. Hinweise auf die erwartete Stärkung des ‚Muttermediums’ am Zeitschriftenmarkt waren die Tatsachen, dass a) die Benennung des Offline-Titels meist – mit den Domain-bedingten Ergänzungen – übernommen wurde und b) kaum online-exklusive Inhalte angeboten wurden, sondern häufig nur fragmentarische Leseproben der Print-Texte in unveränderter Form verfügbar waren.[39] Schon für 1999 sollen schon mehr als die Hälfte der registrierten Publikumszeitschriften über einen Online-Auftritt verfügt haben, wobei knapp 65% keine journalistischen Angebote bereithielten, sondern hauptsächlich PR-Inhalte[40]. Aber auch die unbearbeitete Übernahme des gedruckten Textes für das Online-Engagement war häufiger zu beobachten. Weiss nennt als ein Ergebnis seiner Inhaltsanalyse von Internetangeboten der Publikumszeitschriften die inhaltliche Orientierung an den Offline-Produkten[41]. Allerdings gibt er neben der viel zitierten ‚Zweitverwertung’[42] von Offline-Inhalten online auch mittlerweile eigenständige Redaktionsbeiträge an, die einen Mehrwert zu den gedruckten Inhalten darstellen. Auch die Möglichkeit des Angebotes von tagesaktuellen Informationen wird jetzt mehr und mehr genutzt, was eine teilweise Funktionsverschiebung in Richtung und in Konkurrenz zu den Tageszeitungen darstellt[43]. Weiterhin reicht die Bandbreite der zusätzlichen Dienste und Services inzwischen über Datenbank-Suchfunktionen, E-Mail-Newsletter, Volltext-Archive, persönlich modifizierbare Startseiten und Chat-Foren bis zu Internet-Video. Der Vorteil von Informations-Angeboten, die über das WWW verbreitet werden, liegt zum einen in der unkomplizierteren Verarbeitung[44] ; denn einmal digital vorliegende Daten können mittlerweile recht einfach bearbeitet, ohne Qualitätsverluste dupliziert und verschickt werden, was eine beträchtliche Kostensenkung in der Produktionskette zur Folge haben kann. Da aber auch die Offline-Inhalte in der Regel computergestützt erstellt und bearbeitet werden, lassen sie sich hinsichtlich einer Veröffentlichung im WWW deutlich reibungsloser konvertieren bzw.
modifizieren[45]. Mindestens genauso attraktiv für die Verlage ist aber der Umstand, dass das Risiko von Überproduktionen bei Printprodukten ausgeschlossen werden kann, da keine bestimmte Anzahl von Exemplaren hergestellt, distribuiert und verkauft werden muss, um erfolgreich zu publizieren. Die Unsicherheit der Nachfrage, die mit der Produktion von Druckerzeugnissen allgemein einhergeht, kann so nahezu eliminiert werden. Weiterhin muss die Kurzlebigkeit von wertvollen Informationen bedacht werden: Eine durchschnittliche Pressemeldung hat eine Halbwertszeit der Aktualität von wenigen Stunden bis zu ein paar Tagen, je nach Zeitschriften-Typ mal mehr und mal weniger (bei wissenschaftlichen Publikationen häufig auch länger: Eine Fachzeitschrift der klassischen Archäologie von 1900 kann u.U. den gültigen Wissensstand abbilden!). Danach aber ist sie praktisch wertlos – wie die Zeitung vom Vortag. Das bedeutet für Presseverlage einmal, dass darauf zu achten ist, dem Zeitgeschehen nicht hinterherzuhinken, zweitens aber auch, dass sie das Internet als sehr viel flexibleren Distributionskanal nutzen können, um ggf. überholte Informationen zu aktualisieren. Außerdem bieten das WWW und das Internet generell auf Grund ihrer Hypertextualität – also der Möglichkeit zur Verknüpfung von internen und auch externen Inhalten, Seiten und Webangeboten mittels Links u.ä. – gute Vorraussetzungen zu Kooperationen mit anderen Anbietern von Produkten oder Dienstleistungen, die einen thematischen Bezug zu den eigentlichen redaktionellen Inhalten aufweisen[46]. Diese Vorteile werden sowohl von Publikums- wie auch Special Interest-Zeitschriften genutzt, um einen Teil der Finanzierung der Webangebote zu sichern. Anzumerken bleibt noch, dass neben der Zahl an Online-Angeboten der klassischen Medien wie den Zeitschriften-Verlagen auch andere Anbieter von Presse-verwandten Inhalten im Internet wachsen[47]. Diese sind zwar auf Grund ihrer bloßen Menge und Heterogenität kaum zu überblicken geschweige denn zu inventarisieren, stellen aber eine direkte intramediäre Konkurrenz zu den Online-Zeitschriften dar – wie auch die intermediäre Konkurrenz, die u.U. zu den klassischen Tageszeitungen (s. vorige Seite) besteht.
Nun sind schon einige Charakteristika der Nutzung von elektronisch publizierten Inhalten genannt worden, darunter die Attribute digital, massenmedial, global, multimedial, interaktiv und multimodal. Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen die mit diesen Begriffen beschriebenen Konzepte näher erläutert und eingeordnet werden, um ein Bild der Nutzung von Online-Zeitschriften gewinnen zu können.
[...]
[1] U.S.-amerikanischer Informatiker und Internet-Pionier
[2] Häufigkeit der Nutzung in dieser Reihenfolge, siehe ARD/ZDF-Online-Studie 2003, S. 344
[3] Auf ein Massenpublikum abzielende, kommerzialisierte Online-Computerspiele feiern zurzeit Absatz-Rekorde
[4] Hagen (1998, S. 106) spricht dahingehend vom „emulieren“ (also eigentlich einer Nachahmung der Funktion)
[5] Vgl. Rössler [Hrsg.] (1998), S. 8
[6] Laut ARD/ZDF-Online-Studie 2003 waren bereits im zweiten Quartal 53,5% der Bundesdeutschen ab 14 Jahre
zumindest gelegentliche Onlinenutzer. In: Media Perspektiven 8/2003, S. 339. Außerdem zur Entwicklung s. Abb.1
[7] Dazu Hagen (1998), S. 105 und besonders Glotz (2004), S. 11
[8] Vgl. Schmitt-Walter (2003), S. 9
[9] Zur Relevanz des Kostenfaktors für die Nutzungs-Entwicklung siehe auch Eimeren (2002), S. 349
[10] Oder auch Kommunikations-Modus bzw. -Anwendung – mit jeweils eigenen medialen Charakteristika. Eine
hilfreiche Übersicht bietet dazu Rössler (1998), S. 29
[11] Vielmehr stellt das WWW eine grafische Benutzeroberfläche des Internet dar. Vgl. Schmitt-Walter (2003), S. 68
[12] Nach Rössler (1998), S. 8
[13] Siehe auch Rank (1999), S. 24
[14] Vgl. Burkart (2002), S. 45
[15] z.B. die Protokollfamilie TCP/IP im Falle des Internet
[16] Zur Frage der Entwicklung von Endgeräten siehe auch Weiss (2003), S. 297 und Eimeren (2002), S. 354
[17] Die Digitalität ermöglicht eine Unterstützung aller Medienanwendungen. Vgl. Schmitt-Walter (2003), S. 11
[18] Zum Client-Server-Prinzip sowie HTML siehe weiterhin Hartmann et al. (2000)
[19] Vgl. ARD/ZDF-Online-Studien 2002/2003
[20] Vgl. Rank (1999), S. 6 und S. 53
[21] Auftritte deshalb, da von Angeboten nicht in allen Fällen gesprochen werden kann, weil es sich häufig mehr oder
weniger um Werbung für das Offline-Produkt handelte.
[22] Vgl. Friedrichsen, M. „Online-Engagement in Druck- und Medienunternehmen als Basis der strategischen
Unternehmenspositionierung“, In: Altobelli, C. F. [Hrsg.] (2002), S. 29
[23] Interessante Ansätze dazu aus ökonomischer Sicht finden sich bei Kiefer (2001), S. 93f.
[24] Die Auslöser dafür können Stress durch Überpopulation oder einfach der Mangel an verfügbarer Nahrung sein
[25] Das schlagende Kriterium in der Biologie ist die Fortpflanzungsfähigkeit untereinander – aber bei Medien?!
[26] Zu den Erscheinungsformen und einer definitorischen Annäherung an den Zeitschriften-Begriff s. Abschnitt I.3
[27] Siehe Schmitt-Walter (2003), S. 19
[28] Vertiefend zum Konzept der Aufmerksamkeit und ihrer Erzeugung im WWW siehe Rössler/Beck (2001), S. 143f.
[29] Der die eigentliche Dimension der Konkurrenz darstellt. Vgl. Schmitt-Walter (2003), S. 31ff.
[30] Hypertexte wie Internetseiten zeichnen sich durch einen ständigen Zwang zur Selektion aus. Vgl. Abschnitt II.3
[31] So Rank (1999), S. 12
[32] Für eine vollständige Aufstellung mit Marktanteilen siehe Abb.2
[33] In Rank (1999), S. 16
[34] Variierend von wöchentlich über 14-täglich und monatlich bis zu alle zwei oder drei Monate (v.a. bei wissen-
schaftlichen Fachzeitschriften). Laut Statistischem Bundesamt aber mindestens viermal im Jahr
[35] Zur Individualisierung von Medienprodukten vgl. Kiefer (2001), S. 106 sowie speziell für Zeitschriften S. 208
Als ein Beispiel dieser Ausdifferenzierung kann wohl der in der Fallstudie vorgestellte Titel Men’s Health dienen:
Die Frauenzeitschrift unter den Männerzeitschriften (siehe dazu Zitat der Mediadaten auf S. 50)
[36] Siehe Weiss (2003), S. 283f. Die deutsche Gesetzeslage zeigt sich in Bezug auf Internet-Angebote komplizierter:
„Die Angebote im Internet erlauben zumeist keine eindeutige Differenzierung in Individual- und Massen-
Kommunikation.“ ebd. S. 117
[37] Vgl. auch Vogel (1999) und ausführlich Rank (1999), S. 125
[38] Rank (1999), S. 19
[39] Vgl. Neuberger (2000a)
[40] Ebd., S. 104
[41] Siehe Weiss (2003), S. 55f.
[42] Wobei die redaktionellen Texte der Print-Ausgaben mit Hinblick auf bildschirmgerechte Lesbarkeit und Hyper-
textualität gekürzt bzw. umstrukturiert werden (sollten). Dazu mehr in Abschnitt III.4
[43] Hagen (1998, S. 112) sieht Ähnlichkeiten im Gratifikationsprofil von Tageszeitungen und dem der Online-Medien
[44] Für eine ausführlichere Aufstellung der Chancen und Risiken des Online Publishing s. Abschnitt III.3
[45] Zur Datenverarbeitung in der Online-Redaktion siehe auch Kapitel III. und IV.
[46] Auf Kooperationen mit anderen Online-Anbietern geht Neuberger (2000a, S. 102) näher ein
[47] Z.B. die Seiten der großen Internet-Provider und Suchmaschinen wie Lycos, T-Online und Freenet, aber eben
auch nicht-kommerzielle bzw. -institutionalisierte Angebote von privaten Anbietern
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- B.A. Felix Reid (Author), 2005, Auswirkungen des Online-Angebotes von Zeitschriften: Der intermediäre Wettbewerb, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41506
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