Zentrales Ziel dieser Arbeit ist es, einen Leitfaden für ökologisch-nachhaltig orientierte Premium-Mode-Unternehmen zu erstellen, welcher diesen erleichtert, die Nachhaltigkeitsbemühungen entlang der Supply Chain transparent an weibliche "Lifestyle of Health and Sustainability" (LOHAS) zu kommunizieren. Um den Kommunikationsinhalt der CSR-Marketingkommunikation zu definieren, wird ein Idealfall einer ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain erstellt.
Die Auslagerung der Produktion in Niedriglohnländer, verzweigte Lieferketten, eine beschleunigte Supply Chain, sowie kurze Produktlebenszyklen gepaart mit der Kauflust der Konsumenten lassen Textilunternehmen den Verantwortungsgedanken in Vergessenheit geraten. Die Konsumentengesellschaft sieht sich widersprüchlichen Informationen ausgesetzt. Medienberichten zufolge lassen einerseits zahlreiche Premium-Modeunternehmen zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen produzieren, auf der anderen Seite werden von den Unternehmen zunehmend Nachhaltigkeitsmaßnahmen und -berichte laut. Die Verantwortung der Unternehmen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt soll folglich glaubwürdig, authentisch und wahr sein, um den Vertrauenserwartungen der LOHAS gerecht zu werden.
LOHAS werden bezüglich ihres Verhaltens und ihren Erwartungen analysiert, um Empfehlungen, speziell für diese Zielgruppe auszusprechen. Ein weiteres Ziel ist es, Kommunikationsinstrumente in Bezug auf deren Eignung zu analysieren und die Erfolgsfaktoren einer CSR Marketingkommunikation zu erarbeiten. Demgemäß soll dieser Handlungsleitfaden es Unternehmen erleichtern, sich für effektive und geeignete Instrumente zu entscheiden und keine Fehler in der Kommunikation an LOHAS zu begehen.
II INHALTSVERZEICHNIS
I Ehrenwörtliche erklärung
II inhaltsverzeichnis
III abbildungsverzeichnis
IV Tabellenverzeichnis
V abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung .
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Methodik und Struktur
2 Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.1 Nachhaltigkeit
2.1.1 Corporate Social Responsibility
2.1.2 CSR-Marketingkommunikation
2.2 Supply Chain
2.2.1 Supply Chain in der Textilbranche
2.2.2 Ökologisch nachhaltig ausgerichtete Supply Chain in der Textilbranche
3 Die ökologisch nachhaltig ausgerichtete Supply Chain
3.1 Stufen und Variablen der ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain im Premium-DOB-Modesegment
3.1.1 Rohstoffgewinnung
3.1.1.1 Naturfasern
3.1.1.2 Chemiefasern
3.1.2 Verarbeitung und Veredelung
3.1.2.1 Spinnen/ Garnherstellung
3.1.2.2 Schlichten/ Weben/ Stricken/ Wirken
3.1.2.3 Vliesherstellung
3.1.2.4 Textilveredelung
3.1.2.5 Konfektion
3.1.3 Lieferung und Entsorgung
3.1.3.1 Verpackung
3.1.3.2 Lagerprozesse und Transport
3.1.3.3 Entsorgung
3.2 Stufenübergreifende Anforderungen an eine ökologisch-nachhaltig ausgerichtete Supply Chain
3.2.1 Energie
3.2.2 Wasser
3.2.3 Biodiversität
3.2.4 Abwasser
3.2.5 Emissionen
3.2.6 Abfall
4 Weibliche LOHAS im DOB-Premium-Modesegment
4.1 DOB-Premium-Modesegment
4.2 LOHAS
4.3 Kommunikation an LOHAS
4.3.1 Verbrauchereinstellung der LOHAS
4.3.2 Einstellung der LOHAS zur Marketingkommunikation und Erfolgsfaktoren
5 Endverbraucher-orientiertes Nachhaltigkeitsmarketing und Nachhaltigkeitskommunikation
5.1 Marketing und Nachhaltigkeitsmarketing
5.2 Kommunikation und Nachhaltigkeitskommunikation
5.2.1 Aufgaben
5.2.2 Ziele
5.3 Herausforderungen und Probleme der CSR-Marketings
5.3.1 Greenwashing
5.3.2 Transparenz
5.3.3 Glaubwürdigkeit
5.4 Handlungsfelder und Instrumente der CSR-Marketingkommunikation
5.5 Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf die CSR-Marketingkommunikation
5.6 Wettbewerbsvorteile durch CSR-Marketingkommunikation
5.7 Erfolgsfaktoren der CSR-Marketingkommunikation
6 Leitfaden zur transparenten CSR-Marketingkommunikation einer ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain an LOHAS für Premium-DOB-Modeunternehmen
6.1 Kommunikationsinstrumente
6.1.1 Verkaufsfördernde Instrumente
6.1.1.1 Events
6.1.1.2 Verpackung
6.1.1.3 Handzettel und Prospekte
6.1.2 Online Instrumente
6.1.2.1 Social Media
6.1.2.2 Corporate Homepage
6.1.2.3 Geschäfts-/ Nachhaltigkeitsbericht
6.1.2.4 Kundenservice
6.1.2.5 App
6.1.2.6 Blog
6.1.3 POS Instrumente
6.1.3.1 Verkaufsgespräche
6.1.3.2 Verkaufspräsentation und Storegestaltung
6.1.3.3 Hang-Tag
6.1.3.4 QR-Code
6.1.3.5 POS-TV und Tablet
6.1.3.6 Give Aways und Werbemittel
6.1.3.7 Smarte RFID Umkleide
6.1.4 Sonstige Instrumente
6.1.4.1 Zertifizierungen und Auszeichnungen
6.1.4.2 Firmenfahrzeug
7 Fazit.
Literaturverzeichnis
III abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Drei Säulen der Nachhaltigkeit
Abbildung 2: Kohlenstoffdioxid Emissionen in kg je Tonne Faser
Abbildung 3: Materialinformationen Beispiel Honest by
Abbildung 4: Herstellungsinformationen Beispiel Honest by
Abbildung 5: Preiskalkulation Beispiel Honest By
Abbildung 6: Preiskalkulation Beispiel Honest by
Abbildung 7: Avatar
Abbildung 8: Rückverfolgbarkeit nachhaltig hergestellter Produkte Beispiel MySTep
Abbildung 9: Etikettentwurf 1
Abbildung 10: Etikettentwurf 2
IV Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mediennutzung der LOHAS
Tabelle 2: Kommunikationsinstrumente
Tabelle 3: Erfolgsfaktoren-Matrix
V abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Unternehmen erkennen zunehmend, dass sie für einen langfristigen Erfolg Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft übernehmen und dies transparent an ihre Kunden kommunizieren sollten. Einen zentralen Aspekt bei der Lösung dieser Aufgabe nimmt die unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation ein. Unternehmen sind vor die Herausforderung gestellt, ihre Bemühungen und Ziele des nachhaltigen Wirtschaftens glaubhaft und transparent an den Endverbraucher zu kommunizieren um ihre Marktpositionierung nicht zu gefährden (Vgl. Wildemann, 2017, S. 10).
Corporate Social Responsibility, die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung aus Unternehmenssicht, ist deshalb ein nicht mehr wegzudenkendes Engagement auf jeder Unternehmensagenda geworden. Zweifelhafte Beschäftigungs- und Produktionsbedingungen in Zulieferfirmen, gesundheitsbedenkliche Einbußen der Verbraucher, sowie umweltschädliche Herstellungsprozesse sensibilisieren die Konsumenten auf Nachhaltigkeitsthemen und somit stellen sie ihr Vertrauen gegenüber dem Handel in Frage. In Folge dessen fordern Verbraucher eine immer höhere Transparenz, in Bezug auf die Kommunikation der Herkunft, Produktion, Beschaffung und Verarbeitung der Produkte (Vgl. Luo & Bhattacharya, 2006, S. 121).
Besonders die Zielgruppe, die sich hinter der Abkürzung LOHAS verbirgt, fordert eine Nachhaltigkeitsstrategie und –kommunikation von Unternehmen enorm ein. Die Abkürzung LOHAS steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“ und beschreibt einen ethischen und ökologischen Konsum- und Lebensstil, der sich stark an Gesundheit und Nachhaltigkeit orientiert (Vgl. Holthoff-Stenger, 2008). Eine Studie der Gesellschaft für Konsmforschung aus dem Jahr 2015 zeigt, dass Verbraucher mit umwelt- und sozialethischer Konsumhaltung 27,8% aller Konsumenten in Deutschland darstellen (Vgl. GfK, 2016). In den letzten acht Jahren ist die Zielgruppe demnach um ein Viertel gewachsen, was das Marktpotenzial der LOHAS unterstreicht. Das Segment, in dem sich LOHAS am meisten bewegen, ist das Premiumsegment. Wie eine Studie der Think Tank zeigt, ist das treibende Kundenbedürfnis im Premiumsegment, sich mit Marken und Unternehmen zu umgeben und Produkte zu kaufen, mit denen man die eigene Identität ausdrücken kann (Vgl. Jánszky, 2014). Da die Identität der LOHAS, auf die in Kapitel drei genauer eingegangen wird, sehr eindeutig auf Nachhaltigkeitsaspekte ausgerichtet ist, ist es offensichtlich, dass der Premiummarkt seine Bemühungen in Bezug auf die Nachhaltigkeitskommunikation steigern muss. Diese Arbeit geht der Frage nach, wie Unternehmen des Premiummode-Segments ihr ökologisches Engagement entlang der Supply Chain transparent an weibliche LOHAS kommunizieren können, sodass dies zum Unternehmenserfolg beiträgt.
1.1 Problemstellung
Die Auslagerung der Produktion in Niedriglohnländer, verzweigte Lieferketten, eine beschleunigte Supply Chain, sowie kurze Produktlebenszyklen gepaart mit der Kauflust der Konsumenten lassen Textilunternehmen den Verantwortungsgedanken in Vergessenheit geraten . Die Konsumentengesellschaft sieht sich widersprüchlichen Informationen ausgesetzt. Medienberichten zufolge lassen einerseits zahlreiche Premium-Modeunternehmen zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen produzieren, auf der anderen Seite werden von den Unternehmen zunehmend Nachhaltigkeitsmaßnahmen und -berichte laut. Die Verantwortung der Unternehmen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt soll folglich glaubwürdig, authentisch und wahr sein, um den Vertrauenserwartungen der LOHAS gerecht zu werden (Ebenda. S.199). Bei diesem Vertrauen an die Unternehmen geht es weniger um die Herausforderung konkrete Versprechen einzuhalten, als darum mindestens rechtliche, ökologische Standards, durch die der Schutz Dritter vor Schädigung sichergestellt werden soll, zu achten. Dennoch heißt ökologisch handeln nicht nur gesetzliche Vorschriften einzuhalten, sondern mehr in die Umwelt zu investieren als das Gesetz vorschreibt.Das bedeutet auch, dass in Ländern in denen diese Rechtsvorschriften nicht existieren, die Bemühungen von Unternehmen darauf abzielen müssen, angemessene Regulierungen der Gesetzeskonformität zu schaffen .
LOHAS geben an, nachhaltige Aspekte in ihre Kaufentscheidung integrieren und verantwortungsvoll handelnde Unternehmen zu bevorzugen. Allerdings sind sie von den verschiedenen Kommunikationsangeboten der Unternehmen verunsichert oder werden nicht erreicht. Viele Verbraucher wünschen sich ein besseres, zielgruppenorientiertes und glaubwürdiges Informationsangebot zum nachhaltigen Engagement von Unternehmen und der Herkunft und Wertschöpfung der Produkte.
Auf der anderen Seite sind viele Unternehmen unsicher, wie sie ihr CSR-Engagement verbrauchergerecht und glaubwürdig an ihre Kunden kommunizieren . In einem von der Deutschen Bundestiftung Umwelt unterstütztem Projekt wurden neue Erkenntnisse über die LOHAS Zielgruppe untersucht und herausgestellt, dass die Textilbranche eineBranche ist, die es in der Wahrnehmung LOHAS-affiner Menschen beim Thema Nachhaltigkeit mit am Schwersten hat.
Durch die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs des Bundestags 2017, zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der kapitalorientierten Unternehmen, mit mehr als 500 Mitarbeitern, wirdder Nachhaltigkeitskommunikation eine deutlich höhere Relevanz verliehen. Die berichtspflichtigen Großunternehmen sollen Konzepte zu Umwelt-, und Arbeitnehmerbelangen, ferner zu soziale Belangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruptionentwickeln und hierrüber Rechenschaft ablegen . Auch wenn folglich die CSR immer mehr an Bedeutung gewinnt, existieren dennoch starke Defizite in der CSR-Marketingkommunikation der Unternehmen. Wie eine Studie des Instituts für Handelsforschung zeigt, sind 60% der Konsumenten mit den Informationsangebot der verschiedenen Anbieter zum Thema Nachhaltigkeit von Produkten unzufrieden .
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Zentrales Ziel der Arbeit ist es, ein Leitfaden für ökologisch-nachhaltig orientierte Premium-Mode-Unternehmen zu erstellen, welcher es erleichtert, die Nachhaltigkeitsbemühungen entlang der Supply Chain transparent an weibliche LOHAS zu kommunizieren.
Um den Kommunikationsinhalt der CSR-Marketingkommunikation zu definieren, wird ein Idealfall einer ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain erstellt.
LOHAS werden bezüglich ihres Verhaltens und ihren Erwartungen analysiert, um Empfehlungen, speziell für diese Zielgruppe auszusprechen.
Ein weiteres Ziel ist es, Kommunikationsinstrumente in Bezug auf deren Eignung zu analysieren und die Erfolgsfaktoren einer CSR-Marketingkommunikation zu erarbeiten. Demgemäß soll dieser Handlungsleitfaden es Unternehmen erleichtern, sich für effektive und geeignete Instrumente zu entscheiden und keine Fehler in der Kommunikation an LOHAS zu begehen.
1.3 Methodik und Struktur
Die folgende Arbeit ist in sieben Kapitel und zwei Teile gegliedert. Nach der Einleitung werden in Kapitel 2 theoretische Grundlagen definiert und erläutert und Begriffe für die weitere Verwendung abgegrenzt. Um den Kommunikationsinhalt eines Premium-DOB-Modeunternehmens darzustellen, wird in Kapitel drei ein Idealmodell einer ökologisch nachhaltigen Supply Chain erarbeitet. Das Supply Chain Idealmodell wird durch die Anforderungen und Aspekte zur Zertifizierungen von Standardinitiativen erstellt.
Kapitel vier beinhaltet anschließend die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe der LOHAS. Wer sind die LOHAS? Wie denken und handeln sie? Wie konsumieren Sie? Diese und weitere Fragen sollen im 4. Kapitel geklärt werden. Außerdem soll der Premiummarkt beleuchtet werden um darauf schließen zu können, was die LOHAS in diesem Segment ausmacht.
Die Charakteristika der unternehmerischen Nachhaltigkeitskommunikation werden im 5. Kapitel dargelegt. Um einen Überblick über das komplexe Thema Marketingkommunikation zu bekommen, wird zu Beginn allgemein auf das Thema eingegangen, bevor die CSR-Marketingkommunikation mit ihren Aufgaben und Zielen analysiert wird. Ziel des Kapitels ist es, die Erfolgsfaktoren der CSR-Kommunikation auszuarbeiten, um diese im darauffolgenden Leitfaden zu berücksichtigen.
Der zweite, konzeptionelle Teil ist der Eigenleistungsteil dieser Arbeit. Es wird ein Handlungsleitfaden erarbeitet, mit dessen Hilfe unterschiedliche Formen der Marketingkommunikation mit Nachhaltigkeitsinhalten verortet werden können. Eine Bandbreite an geeigneten Instrumenten für die Nachhaltigkeitskommunikation wird vorgestellt und analysiert. In Folge dessen soll ersichtlich werden, wie effektiv und mit der Auswahl von geeigneten Instrumenten, transparent an LOHAS kommuniziert werden kann.
Abschließend wird im 7. Kapitel ein kritisches Fazit über die vorliegende Arbeit gezogen.
2 Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Dieses Kapitel dient dazu, Begriffe abzugrenzen und für den weiteren Verlauf zu definieren. Vor allem werden Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility erläutert, da keine allgemein gültigen Definitionen vorliegen.
2.1 Nachhaltigkeit
Der Begriff Nachhaltigkeit wurde erstmals in Bezug auf die Forstwirtschaft verwendet. Hans Carl von Carlowitz formulierte hinsichtlich einer besseren Waldnutzung die Idee, von den Erträgen und nicht von der Substanz als solcher zu leben (Vgl. Grunwald & Kopfmüller, 2006, S. 14).
„Wird derhalben die größte Kunst/ Wissenschaft/ Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen / wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe / weiln es eine unentberliche Sache ist / ohne welche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag.“ (Carlowitz, 1713, S. 105 f.)
Folglich kommt der Nachhaltigkeitsbegriff ursprünglich aus der Ökologie. Erst im 20. Jahrhundert wurden ökonomische und soziale Aspekte integriert. Die allgemein akzeptierte Definition von nachhaltiger Entwicklung stammt aus dem Bericht der Brundtland-Kommission „Our common future“. Darin heißt es:
„Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.” (WCED, 1987a)
Die Definition enthält sowohl ein Gerechtigkeits-, als auch einen Entwicklungsgedanke. Es soll zum einen die Gerechtigkeit der präsenten Generation und zum anderen die nachfolgender berücksichtigt werden. Daraus lässt sich schließen, dass der Gerechtigkeitsbegriff nicht nur auf eine „Zukunftsverantwortung“ sondern auch auf die „Verteilungsgerechtigkeit“ richtet (Vgl. Grunwald & Kopfmüller, 2006).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Drei Säulen der Nachhaltigkeit
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Spindler, 2012, S. 14)
Gardetti und Torres halten 2013 wiederum fest, dass Nachhaltigkeit bedeutet, durch die Entwicklung und den Gebrauch eines Gegenstandes oder Prozess, den Wohlstand der Menschen, welche mit diesem verbunden sind und die Umwelt in welcher es entwickelt und gebraucht wird, zu fördern (Vgl. Gardetti & Torres, 2013). Seit 1994 hat sich das so genannte „Drei-Säulen-Modell“ der Nachhaltigkeit (siehe Abbildung 1), auch bekannt als „ökologisch-ökonomisch-soziales Dreieck“ (Vgl. Dingler, 2003), etabliert (Vgl. Deutscher Bundestag, 1998). Das Modell wird allerdings häufig kritisiert, da es alle drei Komponenten als gleichrangig betrachtet und somit einen großen Interpretationsspielraum offen lässt (Vgl. Ott & Döring, 2008).
In dieser Arbeit wird der Begriff Nachhaltigkeit durch die Autorin auf die ökologische Nachhaltigkeit begrenzt und der Fokus auf Lieferketten eines ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Unternehmens gerichtet. Als ökologisch werden dabei alle Maßnahmen, die auf die Erhaltung der Naturfunktionen und des natürlichen Kreislaufs abzielen verstanden. Allerdings muss beachtet werden, dass diese vorgestellte nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen nur ein Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung ist.
Laut Jörissen et.al. bedeutet ökologische Nachhaltigkeit: „die natürliche Umwelt so zu nutzen, dass sie in ihren wesentlichen Charakteristika oder Funktionen langfristig erhalten bleibt“ (Jörissen, Kopfmüller, Brandl, & Pateau, 1999, S. 57). Eine ökologische Nachhaltigkeit, die sich auf die Umwelt des Menschen auswirkt, ist nur erreichbar, wenn sich das soziokulturelle Umfeld des Menschen ebenfalls an solchen Werten misst (Vgl. Nentwig, Bacher, & Brandl, 2011). Nachhaltigkeit kann also nur über ein langfristiges, gleichrangiges Verfolgen ökologischer, sozialer und ökonomischer Ziele erreicht werden und fordert ein ganzheitliches Denken und Handeln. Einen Ansatz der umweltbezogenen Nachhaltigkeit liefert das Ethical Fashion Forum wie folgt:
„Minimising the environmental impact of all business operations, throughout the supply chain. Creating and acting upon opportunities to reduce environmental issues beyond the immediate operations- such as awareness raising, investment in and support of environmental initiatives.” (Ethical Fashion Forum, 2015)
Wie die verschiedenen Definitionen zeigen, lässt der Begriff Nachhaltigkeit breiten Interpretationsspielrau offen. Michelsen verdeutlicht dies mit der Aussage, dass „der Begriff und das Verständnis von Ungenauigkeit, Mehrdeutigkeiten und z.T. Widersprüchen geprägt“ (Michelsen, 2005) ist. Trotz der vielen unterschiedlichen Definitionen, lassen sich jedoch Gemeinsamkeiten herauslesen. Fast jede der Definitionen beschreibt eine globale Gerechtigkeit, die sich in den nachfolgenden Handlungsfeldern abspielt: Energie, Wasser, Ernährung, Landwirtschaft, Wohnen, Mobilität und Arbeit, wobei Unternehmen, Konsumenten und Gesellschaft die Akteure sind.
2.1.1 Corporate Social Responsibility
Unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR), wird “die Verantwortung von Unternehmen für die Auswirkungen auf die Gesellschaft” (EU-Kommission, 2011a) verstanden und mit divergierenden Bedeutungen in der Wissenschaft und Praxis aufgeführt. Bis heute konnte sich keine allgemein anerkannte Definition des CSR-Begriffs durchsetzen (Vgl. Walter, 2010, S. 78), weshalb es Sinn macht, mehrere Definitionen zu vergleichen. Howard Bowen formulierte bereits 1953 CSR als eine Verpflichtung:
„The obligations of businessmen to pursue those policies, to make those decisions, or to follow those lines of action which are desirable in terms of the objectives and values of our society.” (Bowen, 1953)
Die Europäische Kommission hingegen spricht 2001 schon von einem Konzept:
„Die CSR ist ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“ (Europäische Kommission, 2001, S. 7)
2002 wird diese Aussage von der Europäischen Kommission um folgendes ergänzt:
„CSR ist nicht etwas, was dem Kerngeschäft von Unternehmen aufgepfropft werden soll. Vielmehr geht es um die Art der des Unternehmensmanagements.“ (Europäische Kommission, 2002, S. 6)
Eine begriffliche Weiterentwicklung der CSR-Definition erschien in jüngeren Mitteilungen der Europäischen Kommission, welche 2011 veröffentlicht wurde. CSR wird definiert als:
„process to integrate social, environmental, ethical and human rights concerns into their business operations and core strategy in close interaction with their stakeholders, with the aim of:
· maximizing the creation of shared value for their owners/ shareholders and for their other stakeholders and society at large;
· identifying, preventing and mitigating their possible adverse impacts.” (Europäische Kommission, 2011, S. 5)
Zwischen 2004 und 2010 ist man im Rahmen der Entwicklung der ISO 26000 (International Organization for Standardization) immer stärker von den Basisdefinitionen der Europäischen Union der Jahre 2001/ 2002 abgekommen. Die ISO definiert den Begriff Social Responsibility (SR) als:
„Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Tätigkeiten auf die Gesellschaft und Umwelt durch transparentes und ethisches Verhalten, das
· Zur nachhaltigen Entwicklung, Gesundheit und Gemeinwohl eingeschlossen, beiträgt;
· die Erwartungen der Anspruchsgruppen berücksichtigt;
· einschlägiges Recht einhält und mit internationalen Verhaltensstandards übereinstimmt; und
· in der gesamten Organisation integriert ist und in ihren Beziehungen gelebt wird.“ (ISO 26000, 2010)
Die Autorin erschließt sich aus den vorherigen Ausführungen, dass Definitionen aus dem letzten Jahrhundert aufgrund der maßgeblichen Entwicklung des CSR-Begriffs, der Wirtschafts- und des Gesellschaftssystems vernachlässigt werden. Die ISO 26000 wird hingegen als eine globale Annäherung an eine CSR-Begrifflichkeit, welche die wichtigsten CSR-Grundcharakteristika umfasst, angesehen. (Vgl. Schneider & Schmidpeter, 2012, S. 24)
2.1.2 CSR-Marketingkommunikation
Nach Bruhn umfasst die „Marketingkommunikation […] die Gesamtheit sämtlicher Kommunikationsinstrumente und -maßnahmen eines Unternehmens, die eingesetzt werden, um das Unternehmen, Produkte und seine Leistungen den relevanten internen und externen Zielgruppen der Kommunikation darzustellen und/oder mit den Zielgruppen einer Unternehmens in Interaktion zu treten.“ (Bruhn, 2012)
Das Corporate Social Marketing wird von Kotler und Lee wie folgt beschrieben:
„Corporate social marketing is a means whereby a corporation supports the development and/or implementation of a behavior change campaign intended to improve public health, safety, the environment, or community well-being.” (Kotler & Lee, 2005)
Marketingkommunikation kann also einen wichtigen Beitrag zur seriösen CSR liefern. Einen Überblick über die Beiträge der CSR-Kommunikation liefert Bernd Lorenz Walter:
„Dazu gehören:
· der Dialog und Aufbau von Vertrauen mit den Stakeholdern, um Werte des Unternehmens zu vermitteln und Antworten auf die Ansprüche der Stakeholder zu geben,
· die Analyse der gesellschaftlich relevanten Themen und Erwartungen,
· die strategische Auseinandersetzung mit den Werden des Unternehmens und/ oder der Marke,
· sowie die Verankerung und Koordination der CSR-Prozesse im Unternehmen.“ (Walter, 2010)
CSR-Kommunikation wird von Unternehmen noch immer unterschätzt. Faber-Wiener erläutert, dass sie als zentrale Funktion eines CSR-Prozesses verstanden werden und auf folgenden Elementen beruhen sollte: Verankerung des CSR-Prozesses im gesamten Unternehmen, Themen Management, Corporate-Identity-Management, Stakeholder-Management, Reputationsmanagement und Krisenmanagement (Vgl. Faber-Wiener, 2012).
In der vorliegenden Arbeit steht der Aspekt der Kommunikation von Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens im Vordergrund. Eine detaillierte Begriffserklärung erfolgt in Kapitel 5. Zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen von Nachhaltigkeitsmarketing und Nachhaltigkeitskommunikation wird erläutert, dass beide Begriffe für den Kommunikationsprozess der Nachhaltigkeit von Unternehmen verwendet werden. Der Fokus der CSR-Kommunikation in dieser Arbeit liegt auf der Kommunikation mit dem Verbraucher.
2.2 Supply Chain
Die Supply Chain eines Produktes umfasst sämtliche Fertigungs- und Absatzstufen, von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zum Absatz an den Konsumenten. Auch bekannt unter dem Begriff Wertschöpfungskette kennzeichnet sie in einem Unternehmen üblicherweise die Leistungen zwischen dem Einkauf der Waren und ihrem Abverkauf. Der Wert, der dabei geschaffen wird, wird in Form von Umsätzen und Gewinnen des Unternehmens gemessen (Vgl. Freund, 2012).
Der Begriff Wertschöpfungskette wird verwendet, wenn er nicht allein die Prozesse innerhalb eines Unternehmens und die Wertsteigerung in monetärer Hinsicht in den Blick nimmt, sondern ausgehend von einem Endprodukt den gesamten Herstellungsprozess. Dieser erfolgt von der Produktion über die Weiterverarbeitung und den Handel bis zu den Kunden. Darüber hinaus kann auch die Entsorgung oder Wiederverwertung des Produktes mit einbezogen werden. Dieser Prozess wird auch als Lieferkette oder Supply Chain bezeichnet (Ebenda.).
Als die für diese Arbeit geltende Definition einer Supply Chain, wird die von Christopher verwendet, die aussagt, dass als Supply Chain ein Netzwerk von Organisationen bezeichnet wird, die über vor- und nachgelagerte Verbindungen an den verschiedenen Prozessen und Tätigkeiten der Wertschöpfung in Form von Produkten und Dienstleistungen für den Endkunden beteiligt sind (Vgl. Christopher, 1998, S. 167).
2.2.1 Supply Chain in der Textilbranche
Rahmenbedingungen für die Textil- und Bekleidungsbranche haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die Textilindustrie kennzeichnet eine hohe Produktvielfalt und spontanes Kundenverhalten. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben, ist daher flexible und kostenoptimale Befriedigung der individuellen Kundenanforderungen essenziell (Vgl. Suchan, 2008). Schnelllebige Modetrends und die stetig wachsende Nachfrage nach einzigartigen Produkten, führen zu immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen und einer steigenden Variantenvielfalt. Durch den globalen Preiswettbewerb werden insbesondere lohnintensive Wertschöpfungsaktivitäten der Textil- und Bekleidungsbranche in zunehmendem Maße in Schwellen- und Entwicklungsländer ausgelagert (Ebenda.). Dies ist möglich, da die arbeitsintensive Produktion mit einfachen Techniken und geringen Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten, gestaltet ist.
Die Herstellung von Produkten in der Textilbranche läuft in einer relativ fest determinierten und linearen Verarbeitungsfolge mit einer Vielzahl von Produktions-, Lager- und Umschlagstufen ab (Vgl. Hermann, 1996, S. 96). Diese Mehrstufigkeit führt sowohl zu einer internen als auch externen Komplexität, die sich in den Bereichen Beschaffung, Fertigung und Distribution beispielhaft aufzeigen lässt: Mit der Beschaffung muss eine große Anzahl von geographisch weit verbreiteten Vormateriallieferanten koordiniert werden. Mit der bereits erwähnten Variantenvielfalt von Bekleidungsprodukten erhöht sich die Komplexität aufgrund der ebenfalls unterschiedlich zu behandelnder textiler Vorprodukte oder Fertigprodukte noch weiter. Die Fertigung umfasst die passive Lohnveredelung, Auftragsfertigung oder Bezug von Handelsware, die daraus resultierende Vielzahl interner, zumeist jedoch externer Fertigungsstätten und deren internationale Verteilung. In der Distribution ist die Komplexität durch die Anzahl der Handelspartner, deren zunehmender Globalisierung sowie individueller Wünsche bezüglich Anlieferung, Verpackung oder Etikettierung gegeben (Vgl. Thesing, 1996, S. 92 ff.).
2.2.2 Ökologisch nachhaltig ausgerichtete Supply Chain in der Textilbranche
Nachhaltigkeits-Management geht weit über CO²-Reduktion und Klimaschutz hinaus: es ist die integrierte Steuerung eines Unternehmens nach ökologischen Leistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Vgl. Schulz, 2012). Es geht um den Schutz der natürlichen Ressourcen, einschließlich des Klimas an jeder Stelle der Lieferkette, von der Strategie bis hin zum Einkauf, Produktion, Verkauf, Produktnutzung und Entsorgung (Ebenda.). Wie bereits in Kapitel 2.2.1 erläutert, weisen Lieferketten in der Textil- und Bekleidungsbranche eine hohe Komplexität auf, die sich mit jeder neuen Stufe und jedem neuen Land in der Kette erhöht (Vgl. Emrich, 2016, S. 196). Des Weiteren trifft die Textilindustrie auf branchenspezifische Herausforderungen entlang der textilen Kette, da viele Produktionen auf Massenproduktion ausgelegt sind und eine Vielzahl von Rohstoffen für eine ebenfalls vielfältige Produktpalette gebraucht werden. (Vgl. Döhler, Zeidler, Zschenderlein, & Berthel, o.A.).
Da es bis dato keine Definitionen oder Richtwerte gibt, wann eine Supply Chain als ökologisch-nachhaltig gilt, wird im folgenden Kapitel ein Beispiel dieser dargestellt.
3 Die ökologisch nachhaltig ausgerichtete Supply Chain
Folgend wird anhand von Anforderungen und Kriterien zur Zertifizierung der relevanten Standardinitiativen in der Mode-Industrie eine ökologisch-nachhaltig-ausgerichtete Supply Chain aufgezeigt. Die Ausarbeitung dieser ökologisch-nachhaltigen Supply Chain erfolgt, um den Kommunikationsinhalt des Leitfadens für Unternehmen darzustellen. Alle Stufen und Variablen der textilen Kette im Premium-DOB-Modesegment werden betrachtet. Daraufhin werden die Kriterien erläutert, die laut den Standards beachtet werden müssen, um einem ökologisch-nachhaltigen Idealmodell zu entsprechen. Die an den Stationen ablaufenden Arbeits- und Produktionsprozesse werden hinsichtlich ihrer Wirkung im Bereich der Ökologie beschrieben und ein Idealmodell einer ökologisch-nachhaltigen Supply Chain in der Mode- und Bekleidungsindustrie erarbeitet.
Bis dato gibt es kein gesetzlich festgelegtes Zertifikat, das eine fair und nachhaltige produzierte Kleidung gewährleistet. Auch Gesetze oder Vorgaben für die Kennzeichnung von Textilien sind kaum vorhanden. In der EU ist lediglich der Begriff „kontrolliert biologischer Anbau“ rechtlich geschützt. Dafür gibt es eine hohe Anzahl an Umweltzeichen und Standards unterschiedlicher Herkunft. Als Nachhaltigkeitsstandards werden Sozialstandards und Produktstandards in der Modebranche bezeichnet (Vgl. Raschke, 2015). Ein Ansatzpunkt, um eine ökologisch-nachhaltig ausgerichtete Supply Chain zu definieren ist es, die Anforderungen von Standardinitiativen zu untersuchen und davon auszugehen, dass im Falle der Erfüllung aller Aspekte und Anforderungen der Standards, eine ökologisch-nachhaltig ausgerichtete Supply Chain dargestellt wird. Die Autorin legt aufgrund der dargestellten Ausführungen fest, dass Standards die umfänglichste Betrachtung ökologisch-nachhaltiger Aspekte entlang der textilen Kette aufzeigen und anwendungstechnisch versichert sind. Deshalb werden alle Aspekte auf die Stufen und Variablen der Supply Chain bezogen und daraus ein Idealfall erarbeitet.
Als relevant gelten Standards, die der ökologischen Nachhaltigkeit eine hohe Bedeutung zuweisen und gezielt auf diese eingehen. Standards, deren Fokus auf sozialen und/ oder ökonomischen Aspekten liegt wurden nicht zur Erarbeitung herangezogen. Diese beinhalten keine weiteren, aufschlussreichen Aspekte, die zur Erschließung einer der ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain dienen. Standardinitiativen sind Regelungen für Produkte, Produktionsverfahren und den Weg des Textils bis zum Endverbraucher. Unterschiede lassen sich in Bezug auf die Reichweite, Anwendungsbereiche, Form, teilnehmende Akteure und die Art der Kontrolle erschließen. Um einen möglichst großen Bereich an ökologisch-nachhaltigen Aspekten entlang der Supply Chain abzudecken, macht es Sinn mehrere Standards auszuwerten.
Zur Herleitung nachhaltig-ökologischer Faktoren entlang der Supply Chain im Premium-DOB-Modesegment wurden Standards der folgenden Initiativen ausgewählt und in Form einer vergleichenden Literaturanalyse ausgewertet: Global Organic Textile Standard (im Folgenden: GOTS) (Vgl. Global Organic Textile Standard, 2017), Fairtrade international (im Folgenden: Fairtrade) (Vgl. Fairtrade Labelling Organizations International, 2016), Bluesign ® (Vgl. bluesign technologies AG, 2014), OEKO-TEX ® (im Folgenden: OEKO-TEX) (Vgl. OEKO-TEX ® Association, 2017) und Naturland (Vgl. Naturland, 2017).
Die in den Unterpunkten 3.2.1 – 3.2.6 diskutierten Aspekte haben auf jede Stufe und Variable einer nachhaltig-ökologisch ausgerichteten Supply Chain Einfluss und gelten deshalb als stufenübergreifend.
Die Ausführungen dieses Kapitels beziehen sich auf die genannten Standards, die ausnahmsweise für das gesamte Kapitel zitiert wurden, um den Lesefluss nicht zu stören.
3.1 Stufen und Variablen der ökologisch-nachhaltig ausgerichteten Supply Chain im Premium-DOB-Modesegment
Entlang der gesamten Supply Chain kommt es zu hoher Umweltbelastung und Ressourcenverschwendung. Beispiele hierfür sind die chemische Belastung, der das Kleidungsstück während des Herstellungsprozesses ausgesetzt ist, Dünger oder Pestizide, die bereits vor der Ernte der Rohstoffe verwendet werden, sowie chemische Hilfsmittel, die die Ausrüstung von Fasern und Stoffen unterstützen (Vgl. Schmidt K. , 1999, S. 57). Aber nicht nur während der Herstellung kommt es zu negativen Wirkungen auf die Umwelt. Die Inanspruchnahme nicht-erneuerbarer Ressourcen und der Ausstoß von Emissionen während allen Prozessen, der Flächenbedarf, Schadstoffemissionen, Lärm und Abfallerzeugung sind nur Beispiele hierfür (Vgl. Arnold, Isermann, Kuhn, Tempelmeier, & Furmans, 2008, S. 8).
Aus ökologischer Sicht ist die Verwendung von Textilhilfsmitteln in der Verarbeitung unter anderem beim Veredeln, Färben und Drucken von hoher Bedeutung. Insbesondere optische Aufheller, chlorbleiche Halogene in Farben sowie Schwermetalle sind stark umweltbelastend (Vgl. Scheer, 2004, S. 158).
3.1.1 Rohstoffgewinnung
Die erste Stufe der Supply Chain stellt die Beschaffung der Rohstoffe dar. Ziel ist es, die termingerechte und kostenoptimale Bereitstellung der für den Produktionsprozess benötigten Materialien zu gewährleisten (Vgl. Grandke, 1999, S. 69). Um die Beschaffungslogistik, die die Unternehmensgrenzen überschreitet erfolgreich zu gestalten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Zulieferern und den Herstellern erforderlich (Vgl. Arnold, Isermann, Kuhn, Tempelmeier, & Furmans, 2008, S. 255).
Zulieferer von Rohstoffen bieten diese in natürlicher, verarbeiteter oder halbverarbeiteter Form an. Die Rohstoffe werden als Ausgangsstoffe für Fertigungsverfahren verwendet und nachträglich verarbeitet oder in fertige oder halbfertige Waren verwandelt. Rohstoffe in der Textilindustrie können in pflanzliche Fasern wie Baumwolle, tierische Fasern wie Wolle und Chemiefasern wie Polyester unterschieden werden. Für Pflanzenfasern/ Naturfasern werden in erster Linie viel Fläche, Wasser und Chemikalien benötigt. Pestizide und Düngemittel werden in großen Mengen eingesetzt und vor allem eine Überdüngung ist umweltschädlich. Durch nicht fachgerechte Düngungen wird der Boden übermäßig mit Nährstoffen angereichert. Zu hohe oder häufige Düngergaben oder der falsch gewählte Zeitpunkt führen dazu, dass die Pflanzen die Nährstoffe nicht aufnehmen bzw. der Boden sie speichert. In Folge dessen werden die Nährstoffe durch den Niederschlag oder das Sickerwasser ausgeschwemmt und gelangen so in das Grundwasser. Dadurch wird die Wasserqualität erheblich beeinträchtigt. Die ökologisch nachhaltige Rohstoffgewinnung von Naturfasern soll ohne den Einsatz von Pestiziden und umweltschädlichen Düngemitteln geschehen. Chemiefasern weisen im Gegensatz zu den Kriterien der Naturfasergewinnung einen hohen Verbrauch an Öl, Energie, Wasser und Chemikalien auf (Nentwig, Bacher, & Brandl, 2011, S. 78).
OEKO-TEX und Bluesign geben vor, dass Unternehmen, bei der Beschaffung von Rohstoffen in einer nachhaltig-ökologisch ausgerichteten Supply Chain sicherstellen sollten, dass sie nur von Zulieferern stammen, die eine verantwortungsbewusste und nachhaltige Arbeit nachweisen können. Dies gelingt Unternehmen am einfachsten, wenn sie Zulieferer mit Zertifizierungen geeigneter Standards auswählen. Fairtrade schreibt außerdem vor, dass unternehmensinterne Beschaffungspläne, welche beinhalten, wie das Unternehmen qualifizierte Rohstoffe auswählt und den Anteil dieser erhöht, zu erstellen sind.
Die Initiative Naturland schreibt vor, dass mindestens 51% der Rohstoffe aus fairen Handelsbeziehungen stammen und die übrigen Rohstoffe nachweislich nicht in Fair Quality verfügbar sein müssen. Die Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht der verarbeiteten landwirtschaftlichen Rohstoffe, ohne zugesetztes Wasser und/ oder Salz. Naturland bezeichnet als Fair Quality funktionierende, faire Handelsbeziehungen, die auf gewachsene bzw. entwickelnde Strukturen vor Ort anstelle globaler Austauschbarkeit setzen. Lokale Produktion und der Einsatz von Rohstoffen aus regionaler Erzeugung sollen vorgezogen werden.
3.1.1.1 Naturfasern
Naturfasern entstammen entweder dem Pflanzen- oder dem Tierreich. Im Thema Rohstoffgewinnung natürlicher Rohstoffe werden von den verschiedenen Standards unterschiedliche Anforderungen gestellt.
GOTS gibt vor, dass der Mindestprozentanteil an Fasern aus „kontrollierter biologischer Landwirtschaft“, also entweder aus kontrolliert biologischem Anbau oder kontrolliert biologischer Tierhaltung, mindestens 95% des Fasermaterials der Produkte darstellen muss. Bis zu 5% des Faseranteils eines Produktes dürfen aus nicht ökologisch erzeugten Fasern bestehen. Die Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht des Faseranteils eines Produkts unter Normalbedingungen (kein Nasszustand).
Der OEKO-TEX Standard beschreibt dies ähnlich. Er gibt vor, dass jede einzelne Komponente, die mindestens 5% des Gesamtgewichts des Produkts ausmacht, aus einer zertifizierten Betriebsstätte stammen muss. Gleichzeitig müssen mindestens 85% des Gewichts eines einzelnen Produkts aus einer zertifizierten Betriebsstätte stammen.
Der Fairtrade Standard geht hingegen konkret auf die Baumwollgewinnung ein. Jegliche verwendete Baumwolle muss nachzuverfolgende Baumwolle sein, die von zertifizierten Produzenten stammt. In Gegenden, in welchen nicht genügend zertifizierte Baumwollkämmer zur Verfügung stehen, ist es dem Unternehmen gestattet, Baumwoll-Pads mit einem Anteil von bis zu 20% aus nicht zertifizierten Baumwollkämmereien zu verwenden. In Bezug auf die allgemeinen Textilfasern gilt für Fairtrade lediglich der Grundsatz, dass Textilfasern, welche verantwortungsvoll produziert sind, „umweltfreundlicher und/oder von größerem sozioökonomischem Nutzen als andere vergleichbare, herkömmliche Textilfasern der gleichen materiellen Zusammensetzung“ sein sollten.
Laut Naturland müssen mindestens 95% des Endprodukts aus zertifizierten Naturfasern bestehen, wobei Zutaten wie Knöpfe, Reißverschlüsse und Schnallen ausgenommen sind. Genetisch veränderte Organismen und deren Derivate sind mit der ökologischen Wirtschaftsweise unvereinbar. Produkte, die einer ökologisch nachhaltig-ausgerichteten Supply Chain entstammen, müssen deshalb laut dem Naturland-Standard entlang der gesamten Produktions- und Wertschöpfungskette ohne Verwendung von genetisch veränderten Organismen und/ oder genetisch veränderten Organismen-Derivaten hergestellt werden. Bluesign und OEKO-TEX lassen im Gegensatz zu den anderen Standards genmanipuliertes Saatgut zu.
3.1.1.2 Chemiefasern
Chemiefasern werden nach deren Herstellung unterschieden. Es gibt zellulosische Chemiefasern und synthetische Chemiefasern. Die Produktion verbraucht nicht-erneuerbare Ressourcen zum einen als Rohstoff und zum anderen für die Erzeugung von Prozesswärme. Chemiefasern sollen in der Ressourceninanspruchnahme gemindert und durch innovative Produkte, die recyclingfähig sind ersetzt werden. Des Weiteren sollen Chemiefasern in Recyclingprozessen aus Textilien rückgewonnen und zur Produktion von Neuware verwendet werden.
Um Chemiefasern vor der hohen Belastung bei mechanischen Prozessen zu schützen, werden chemische Präparationen, wie Schlichtemittel und Schmelze eingesetzt. Ein Großteil der verwendeten Präparate sind stark umweltschädigend. Der Bluesign Standard gibt vor, dass Unternehmen deshalb einen Plan einschließlich Zeitrahmen entwickeln und verfolgen müssen. Gefährliche Substanzen müssen durch umweltverträgliche Alternativen ersetzt werden, da der gesamte Herstellungsprozess ohne den Gebrauch von Chemikalien vollendet werden soll. Aufgrund der vielen verbotenen Inhaltsstoffe und der hohen CO2 Emissionen sollen Unternehmen Chemiefasern in einer ökologisch-nachhaltigen Supply Chain nur aus natürlichen Polymeren herstellen und synthetische Polymere ausschließen. Zur Erläuterung wird ein Vergleich von natürlichen Rohstoffen und Chemiefasern aufgestellt. Analysiert wurden die CO2 Emissionen der unterschiedlichen Rohstoffe während des Anbaus und der Faserherstellung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Kohlenstoffdioxid Emissionen in kg je Tonne Faser
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Piegsa, 2010, S. 72))
Zusatz: Kohlenstoffdioxid-Emissionen je Tonne Faser belaufen sich für den Pflanzenanbau von Biobaumwolle in den USA auf 0,9 kg Co2 und in Indien auf 2,0 kg CO2, von Baumwolle in den USA auf 4,3 kg CO2 und in Indien auf 3,2 kg CO2. Die Werte der Faserherstellung belaufen sich für Biobaumwolle in den USA auf 1,4 kg CO2 und in Indien auf 1,5 kg CO2, für Baumwolle in den USA auf 1,5 kg CO2 und in Indien auf 1,6 kg CO2 und für Polyester in Europa auf 7,2 kg CO2 und in den USA auf 9,5 kg CO2.
Entlang der textilen Kette sind nachwachsende Rohstoffe sowohl in der Rohstoffgewinnung, als auch im Recycling durch die biologische Abbaubarkeit nachhaltiger. Die Darstellung zeigt, dass Polyester im Vergleich zu Biobaumwolle enorm hohe CO2 Mengen ausstößt.
Der GOTS Standard gibt die umfangreichste und strengste Liste, verbotener chemischer Substanzen und Präparate (siehe Anhang 1) vor, die in der gesamten Supply Chain nicht verwendet werden dürfen.
3.1.2 Verarbeitung und Veredelung
Die Stufe der Herstellung textiler Endprodukte untergliedert sich wiederum in diverse Variablen. Je nach Material und Produkt werden Textilien unterschiedlich hergestellt, verarbeitet bzw. veredelt. Der Bereich der Verarbeitung und Veredelung ist mit enormen Chemikalien-, Energie- und Wasserverbrauch verbunden (Vgl. Piegsa, 2010, S. 19).
Die Veredlungs- und Verarbeitungsprozesse einer textilen Kette im Premium-DOB-Modesegment können aus folgende Variablen bestehen: Spinnen/ Garnherstellung, Schlichten, Weben, Stricken, Vliesherstellung, Textilveredelung und Konfektion. Der Umwelteinfluss der Mode- und Textilbranche ist sehr hoch, und besonders Produktionsprozesse wie Färben, Trocknen, Veredeln und die intensive Nutzung von chemischen Produkten und natürlichen Ressourcen erzeugen diesen. Die größten Belastungen durch Abwässer entstehen dabei in den Bereichen Vorbehandlung, Färberei, Druckerei und Ausrüstung (Ebenda.).
3.1.2.1 Spinnen/ Garnherstellung
Spinnen beschreibt den Prozess, bei dem ein Faden aus Fasern gewonnen wird. Während des Prozesses ist die Faser einer enormen Reibung ausgesetzt, welcher mit chemischen Hilfsmitteln entgegengesetzt wird. Diese Hilfsmittel verbessern die Gleit- und Haftfähigkeit innerhalb der Faser. Nach dem Spinnvorgang werden die chemischen Mittel wieder ausgewaschen und gelangen so ins Abwasser (Vgl. Piegsa, 2010, S. 15).
Um die Variable Spinnen ökologisch nachhaltig zu gestalten gibt GOTS die Vorgabe, dass sämtliche Paraffine mit einem Restölgehalt von höchstens 0,5% vollständig raffiniert sein müssen. Naturland gibt denselben maximalen Wert von Paraffinen im Endprodukt vor.
Der Bluesign Standard legt auf, dass nur so wenig wie möglich Prozesse ausgelagert werden sollen. Im Falle der notwendigen Auslagerung können mechanische Prozesse, wie Nähen und Spinnen ausgelagert werden.
OEKO-TEX und Bluesign gehen nicht explizit auf den Spinnprozess ein.
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- Arbeit zitieren
- Lea Ogertschnigg (Autor:in), 2017, Zielgruppe weibliche LOHAS. Wie DOB-Unternehmen eine ökologisch-nachhaltige Supply Chain kommunizieren können, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414476
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