„[...] Wie ein Quecksilberkügelchen läßt sie (die Hysterie) sich nicht fangen. Wo immer sie auftaucht, übernimmt sie die Färbung der umgebenden Kultur und der Sitten; und somit zeigt sie sich im Laufe der Jahrhunderte als ein ständig sich verstellendes, sich veränderndes, im Nebel verhülltes Phänomen, welches trotzdem so behandelt wird, wie wenn es definierbar und greifbar wäre [...].“
Nach dem Lexikon der Psychologie ist die „[...] Hysterie eine zweckgerichtete psychogenen Erkrankung mit seelischen und/oder körperlichen Symptomen als Reaktion auf emotional stark belastende Erlebnisse, die infolge einer angeborenen Disposition nicht normal verarbeitet werden. Symptome der Hysterie, die nicht notwendigerweise zusammen vorkommen müssen, sind Dämmerzustände, Wahnvorstellungen, Amnesien, Affektausbrüche mit Wein- oder Schreikrämpfen (ereignen sich stets in Anwesenheit anderer Personen), auch Pseudodemez, Sinnesstörungen (z.B. Blind- oder Taubheit, Anästhesien) Lähmungen, Tremor Tics und motorische Koordinationsstörungen („Vorbeihandeln, Nicht-stehen- oder Nicht-gehen-Können). Die Grenzen zur Simulation sind oft fließend. Behandlung erfolgt durch Milieu- oder Psychotherapie. [...]“
Dass der Zustand der „Hysterie“ meistens auf Frauen projeziert wird, geht auf die Etymologie zurück. Die Bezeichnung „Hysterie“ stammt von dem griechischen Wort Hystera ab. Die Übersetzung lautet Gebärmutter. Der Begriff geht auf den Arzt Hippokrates zurück, der diese, schon in der Antike als typisches Frauenleiden bekannte Krankheit, auf krankhafte Vorgänge im Unterleib zurückführte. Hysterie ist also aus diesen beiden etymologischen Gründen ein weibliches Phänomen. Wer immer über Hysterie schreibt, schreibt deshalb über Weiblichkeit. Kann man aber tatsächlich mit einer solchen Ausschließlichkeit von einem rein weiblichen Phänomen sprechen? Ein Blick auf das andere Geschlecht, auf die Männer, kann eine Antwort geben. Es muss also die Frage gestellt werden, ob es hysterische Männer gibt, oder wie man hysterische Erscheinungen bei Männern deutet. Ein Beispiel für Männer, die hysterische Symptome aufweisen, sind die Soldaten im Ersten Weltkrieg, jene Männer, die ihren Dienst auf dem Schlachtfeld durch unkontrolliertes Zittern verweigerten - organisch war dies nie erklärbar. Diese Kriegszitterer weisen Symptome auf, die als unmännlich betrachtet werden.
1. Einleitung
„[...] Wie ein Quecksilberkügelchen läßt sie (die Hysterie) sich nicht fangen. Wo immer sie auftaucht, übernimmt sie die Färbung der umgebenden Kultur und der Sitten; und somit zeigt sie sich im Laufe der Jahrhunderte als ein ständig sich verstellendes, sich veränderndes, im Nebel verhülltes Phänomen, welches trotzdem so behandelt wird, wie wenn es definierbar und greifbar wäre [...].“[1]
Nach dem Lexikon der Psychologie ist die „[...] Hysterie eine zweckgerichtete psychogenen Erkrankung mit seelischen und/oder körperlichen Symptomen als Reaktion auf emotional stark belastende Erlebnisse, die infolge einer angeborenen Disposition nicht normal verarbeitet werden. Symptome der Hysterie, die nicht notwendigerweise zusammen vorkommen müssen, sind Dämmerzustände, Wahnvorstellungen, Amnesien, Affektausbrüche mit Wein- oder Schreikrämpfen (ereignen sich stets in Anwesenheit anderer Personen), auch Pseudodemez, Sinnesstörungen (z.B. Blind- oder Taubheit, Anästhesien) Lähmungen, Tremor Tics und motorische Koordinationsstörungen („Vorbeihandeln, Nicht-stehen- oder Nicht-gehen-Können). Die Grenzen zur Simulation sind oft fließend. Behandlung erfolgt durch Milieu- oder Psychotherapie. [...]“[2]
Dass der Zustand der „Hysterie“ meistens auf Frauen projeziert wird, geht auf die Etymologie zurück. Die Bezeichnung „Hysterie“ stammt von dem griechischen Wort Hystera ab. Die Übersetzung lautet Gebärmutter. Der Begriff geht auf den Arzt Hippokrates zurück, der diese, schon in der Antike als typisches Frauenleiden bekannte Krankheit, auf krankhafte Vorgänge im Unterleib zurückführte. Hysterie ist also aus diesen beiden etymologischen Gründen ein weibliches Phänomen. Wer immer über Hysterie schreibt, schreibt deshalb über Weiblichkeit. Kann man aber tatsächlich mit einer solchen Ausschließlichkeit von einem rein weiblichen Phänomen sprechen? Ein Blick auf das andere Geschlecht, auf die Männer, kann eine Antwort geben. Es muss also die Frage gestellt werden, ob es hysterische Männer gibt, oder wie man hysterische Erscheinungen bei Männern deutet. Ein Beispiel für Männer, die hysterische Symptome aufweisen, sind die Soldaten im Ersten Weltkrieg, jene Männer, die ihren Dienst auf dem Schlachtfeld durch unkontrolliertes Zittern verweigerten - organisch war dies nie erklärbar. Diese Kriegszitterer weisen Symptome auf, die als unmännlich betrachtet werden. Hysterische Männer gibt es also, aber ihr hysterisches Verhalten wird nicht als Hysterie bezeichnet, sondern als ein weibisches Verhalten. Hysterie ist demzufolge ein weibliches Phänomen, und hysterische Männer sind nicht „krank“, sondern weibisch.
Über kein Leiden wird so viel philosophiert, wie über die Hysterie. Sie ist bekannt und gleichzeitig unbekannt wie kaum eine anderes Phänomen. Würde man eine Umfrage starten, welche Merkmale einen hysterischen Menschen auszeichnen, so wäre das Ergebnis eine Vielzahl von verschiedenen Antworten und Krankheitsbeschreibungen, die wohl unmöglich ein und dasselbe Leiden meinen können. In Medizin- und Kulturgeschichte präsentiert sich die Hysterie mit vielen verschiedenen Gesichtern, es sind jene Masken, die sich im Laufe der Zeit verändert haben und die von den jeweils vorherrschenden medizinischen und moralphilosophischen Lehrmeinungen geprägt wurden.
Wo so viel philosophiert wird, wird auch imaginiert. Deshalb zieren denn die Hysterikerinnen die Werke der großen Meister in Literatur und Malerei. Ottilie entzieht der Welt ihren Körper, indem sie ihm die Nahrung verweigert, und schwindet als frühe Magersüchtige aus dem Roman. Madame Bovray nimmt Gift, klappert mit den Zähnen, spuckt Blut und geht mit einem grauenhaften, wilden Lachen aus dem Leben. Effi Briest leidet an Schwindsucht und die nervenkranke Cécile nimmt sich mit jenem Gift, das ihr als Medizin verabreicht wurde, das Leben.
Der Diskurs der Hysterie entzündet sich am Körper der Frau. Sprechen und Schreiben über Hysterie ist auch immer sprechen und schreiben über den Körper der Frau, die durch ihren Körper ihr Leiden zum Ausdruck bringt. Wie aber wird über Hysterie geschrieben, in einer Zeit, in der Frauennerven sowohl Thema in medizinischen Schriften als auch in Benimmbüchern sind, in einer Zeit, in der Charcot in Paris sein hysterisches Welttheater aufführt und Hysterie erstmals photographisch erfasst, reproduziert und tradiert wird, und als in Wien Sigmund Freud und Josef Breuer gerade im Begriff sind, an einer Hysterikerin die Psychoanalyse zu begründen, die den Diskurs über Hysterie grundsätzlich verändern wird?
Wie schreibt aber nun ein Mann dieser Zeit über Hysterie? Diese Arbeit will sich vor diesem Hintergrund exemplarisch mit Theodor Fontane und seinen weiblichen Figuren beschäftigen. Wie und wodurch zeichnen sich Fontanes hysterische Frauen aus? Warum leiden Fontanes hysterischen Frauen anders als Charcots? Ist die Hysterie ein Hilfeschrei der Frauen die sich gegen gesellschaftliche Zwänge aufbegehren, Zwänge, die sich in der Geißelung der Ehe ausdrücken. Warum gibt es gerade im 19.Jahrhundert so viele hysterische Frauen? Welche Lösungswege bietet Fontane seinen kranken Frauen an? Diese Fragen soll die Arbeit im Nachfolgenden diskutieren und beantworten. Im Speziellen werden Fontanes Romanfiguren im Hinblick auf Freuds Schriften zur Hysterie, Chracots hysterische Frauen und Christina von Brauns Auffassung der Hysterie charakterisiert und analysiert.
Innerhalb der Literaturtheorien gibt es unterschiedliche Schwerpunktsetzungen und Herangehensweisen. Diese Arbeit verknüpft vor allem Literaturwissenschaft, Feminismus und Psychoanalyse. Diese Aspekte werden im Vordergrund stehen. Auf die soziokulturelle Konstruktion von Machtmechanismen und Hierarchien wird nur ansatzweise eingegangen.
Die Untersuchung sogenannter Frauenbilder ist ein zentraler Untersuchungsgegenstand feministischer Textinterpretation. Bei vielen Frauenfiguren der Literatur ist ein Aufbegehren gegen gesellschaftliche Hierarchien deutlich zu erkennen. Bei Theodor Fontanes Figuren Cécile und Effi Briest ist dieses Aufbegehren eine Art Widerstand, der sich ausschließlich im krank-sein ausdrückt. Die hierbei auftretenden Symptome können nach Freuds Modell der Hysterikerin identifiziert werden. Um diese These zu belegen, wird zunächt auf Hysterie im allgemeinen eingegangen und anschließend wird der sozio-kulturelle Hintergrund näher beleuchtet.
2. Hysterie im Wandel der Zeit
„Man nennt unser Jahrhundert, wie jeder weiß, das Zeitalter der Nervosität, und es gehört schon viel Verstand dazu, wenn eine gesunde Frau lachend erklärt, daß sie keine Nerven habe“, schreibt Nathalie Bruck-Auffenberg 1896.[3] Und Theodor Fontane bemerkt am 19.März 1889 in seiner Rezension zu Ibsenes „Die Frau der Meere“: „Weil sie da sind, diese nervösen Frauen, zu Hunderten und Tausenden unter uns leben, so haben sie einfach durch ihre Existenz auch Bühnenrecht erworben.“ Die Stimmen aus dem deutschen Kaiserreich betonen zweierlei: Erstens ist Nervosität, oder eben Hysterie, ein Phänomen, das gegen Ende des 19. Jahrhunderts sehr häufig auftritt. Zweitens handelt es sich um ein Leiden, das insbesondere Frauen zugeschrieben wird. In den literarischen Texten dieser Zeit wird nicht zwischen Nervosität, Neurasthenie und Hysterie unterschieden. Dies entspricht der definitorischen Praxis der Jahrhundertwende. So schreibt zum Beispiel Paul Julius Möbius (1894): „Eine scharfe Abgrenzung der Hysterie gegen die Nervosität ist nicht durchzuführen. Wohl giebt es Formen der Nervosität ohne Hysterie, doch kaum Hysterische ohne Zeichen der Nervosität.“[4] Und Jenö Kollarits (1912): „Die Hysterie kann von der Neurasthenie nicht abgetrennt werden. Nennen wir diejenigen Fälle Hysterie, welche in Ausfallserscheinungen vorkommen, wie Lähmungen, Erbrechen, so ist der Unterschied zwischen Neurasthenie und Hysterie nur ein gradueller.[5] Ein Phänomen, das gegen Ende des 19.Jahrhunderts sehr häufig auftritt. Es ist ein Leiden, das insbesondere Frauen zugeschrieben wird. Die Beobachtungen von Möbius und Jenö werden auch aus heutiger Sicht bestätigt: Marlis Gerhardt (1982) beispielsweise spricht von der „weiblichen Krankheit, die um 1890 zur Epidemie wird“[6].
Zurück ins 19.Jahrhundert: In Frankreich wird die hysterische Schaubühne seit 1870 von Jean Martin Charcot (1825-1893), Chefarzt der Pariser Frauenanstalt Salpêtrière, und seinen hysterischen Modellen, beherrscht. Charcots berühmte Dienstags-Vorlesungen zogen nicht nur Mediziner, sondern auch Maler, Bildhauer, Architekten, Literaten, Kardinäle und Polizeipräfekten an.[7] Vorgeführt werden hysterische Anfälle, die der „[...] Wundertäter der Hysterie [...]“[8] zum Teil selber nachahmt. Die Vorführungen spielen sich immer nach dem selben Drei-Phasen-Modell ab: Die erst Phase beginnt mit Verrenkungen, die in der zweiten Phase in Muskelkrämpfe ausarten, und schließlich die dritte Phase, in der ein Zustand der Verzückung erreicht wird. Ausgelöst werden die Anfälle durch Hypnose und durch Druck auf die Eierstockgegend der Patientinnen. Chracot beschreibt, vermisst und photographiert seine Patientinnen. Um die Anfälle bildlich zu dokumentieren, wird hier erstmals in der Psychiatrie die neu entdeckte Photographie eingesetzt. Die Bilder von Hysterikerinnen werden nicht nur in der dreibändigen „Iconographie photographique de la Salpêtrière“ veröffentlicht, sondern zum Teil auch im Vorlesungssaal aufgehängt Sozusagen als exemplarisches Anschauungsmaterial für die Patientinnen. Viele von ihnen folgen denn auch getreu dem Bild, wiederholen ihre Anfälle, so oft der Meister es will. Und so wird Charcots Anstalt zur Bühne, auf der weibliche Hysterie stets von neuem präsentiert, repräsentiert und reproduziert wird.[9]
Als Charcot und vor ihm Briquet sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufmachen, eine detaillierte Krankheitsbeschreibung der Hysterie zu erstellen, Fälle zu zählen, sie zu systematisieren und zu dokumentieren, hat das Phänomen bereits eine lange Wanderung durch die Medizingeschichte, die Philosophie und die Literatur hinter sich. Schon die alten Ägypter wussten davon zu berichten, und bereits sie wiesen das Leiden den Frauen zu. Eine Krankheit namens Hysterie durchwandert seit Jahrtausenden medizinische Abhandlungen. Sie präsentiert sich äußerst vielseitig: Genannt werden Hunderte von Symptomen wie beispielsweise Erstickungsanfälle, Lähmungserscheinungen, epilepsieartige Anfälle, Verkrampfungen, Bewusstlosigkeit, Gleichgewichtsstörungen, Erbrechen, Sehstörungen und akute Blindheit, sowie Sprachstörungen, die bis zum vollständigen Verlust der Sprache reichen. Ebenso werden Störungen im Geruchs- und Geschmacksempfinden, Schwächeanfälle, Kopfschmerzen und auch Dissoziation damit in Verbindung gebracht.. Alle weisen eine Gemeinsamkeit auf: Sie tauchen ohne ersichtliche Ursache plötzlich auf und verschwinden ebenso schnell wieder, scheinbar ohne Spuren zu hinterlassen. Was unter dem Begriff Hysterie jedoch zu verstehen ist, wie sie erscheint, was ihre Ursache ist und wie sie geheilt werden kann, darüber gibt und gab es viele Theorien. Es ist daher anzunehmen, dass nicht nur der Diskurs über die Krankheit und ihre Ursachen, sondern auch ihre Erscheinungsform stark von den jeweiligen kulturellen Bedingungen abhängig ist. Veith (1965) vergleicht die Hysterie mit einer Quecksilberkugel, die sich stets dem Zugriff entziehe, die, wo immer sie auftauche, die Farben der sie umgebenden Kultur und Sitten annehme und trotzdem über Jahrhunderte hinweg beschrieben und besprochen wurde, als sei das Phänomen eine leicht zu erfassende Einheit. Regina Schaps (1982) spricht später von der Hysterie als „[...] kulturellem Deutungsmuster [...]“[10]. Kulturelle Deutungsmuster
„[...] verbreiten Wissen und Ideologien, durch die sowohl objektive als auch subjektive Probleme, Bedürfnisse und Interessen von Individuen sowie ganzer Gesellschaften interpretiert, geregelt und beherrscht werden können. Mittels dieses Orientierungsrahmens erzeugen kulturelle Deutungsmuster nicht nur Einstellungen, Denk- und Verhaltensweisen, sondern gewährleisten auch einen identifikatorischen Zusammenhang zwischen Individuum und Gesellschaft, welcher die Anpassung des Individuums an seine sozio-kulturelle Umwelt ermöglicht [...]“[11].
Nach von Braun (1985) dient die Hysterie als Erklärungsmuster für weibliche Normalität: „Hysterisch ist immer der andere – und hysterisch vor allem das andere Geschlecht, die Frau als Andersartigkeit schlechthin. Denn darüber herrscht Einigkeit; das ‚normale’ Geschlecht ist männlich“[12]
Die Quecksilberkugel Hysterie wechselt zwar beständig Gestalt und Gesicht, immer aber verkörpert sie aus männlichem Blickwinkel das „Andere“, das Fremde, das Weibliche eben.
Den Begriff Hysterie, der vom altgriechischen „hystera“ – Gebärmutter – hergeleitet ist, hat Galen von Pergamon (129 bis ca. 199) in die medizinische Literatur eingeführt.[13] Doch bereits die alten Ägypter glaubten, dass die Gebärmutter das weibliche Becken verlassen und Beschwerden wie etwa Schwerhörigkeit, Augenleiden, Menstruationsschmerzen und Lähmungen verursachen könne. Die Vorstellung vom wandernden Uterus wurde von den Griechen übernommen, zusätzlich entwickelte Hippokrates (460-375 v.Chr.) die Idee einer sexuellen Ätiologie[14] und Platon (427-347 v.Chr.) beschreibt in seiner naturphilosophischen Schrift ‚Timaios’ die Hysterie als Tier, das nach Kindern verlange. Das Erklärungsmuster der wanderlustigen Gebärmutter, die sexuell befriedigt werden wollte, das nach Schaps insbesondere auf Galen von Pergamon zurückzuführen ist, hielt sich bis ins Mittelalter, bis die empfohlene Therapie - Sex – sich mit der christlichen Ideologie nicht mehr vereinbaren ließ. Jetzt, da Jungfräulichkeit idealisiert und Krankheit unter dem Einfluss von Augustinus auf den Sündenfall, der nach christlicher Auslegung der Frau zugeschrieben wird, zurückgeführt wurde, schien es, so Christina von Braun (1985), „[...] naheliegend, daß die unerklärliche Krankheit, die ausschließlich Frauen befiel auf das Böse zurückgeführt wurde [...]“[15] Hysterische Symptome wurden „stigmata diaboli“ genannt, die Hysterikerin hatte den Teufel im Leib. Den galt es auszutreiben. Der „Hexenhammer“, die Hexenprozesse geben Zeugnisse davon.[16] Andererseits aber scheinen gerade im Mittelalter Formen der Hysterie gesellschaftlich akzeptiert worden zu sein, Hysterie hatte einen Ort in Klöstern und in den religiösen Visionen der Brautmystik. So sind aus jener Zeit Texte überliefert, insbesondere die Nonnenviten, die in ihren Beschreibungen der ekstatischen Erfahrungen von Symptomen der Bräute Gottes berichten, die als hysterische Darstellungen und körperliche Manifestationen weiblichen Begehrens verstanden werden müssen[17].
Erstarrung, Verlust der Sprache und Veränderung der Sprache sind Symptome, die in den Berichten über die mystischen Ekstasen immer wieder genannt werden. Die Symptome einer Elisabeth von Schönau (1129-1164) beispielsweise über die ihr Bruder Ekbert berichtet, gleichen auffallend den Symptomen – insbesondere dem Sprachverlust – der Anna O., über die viel später Josef Breuer[18] berichten wird:
„Es überkam sie nämlich oftmals und regelmäßig an den Sonn- und Feiertagen zu den Stunden, wenn die Andacht der Gläubigen ihren Höhepunkt erreicht, ein bestimmtes inneres Leiden, und eine große Angst überfiel sie, bis sie wie entseelt liegenblieb, so daß in ihr kein Lebenshauch und keine Bewegung mehr zu spüren war. Wenn sie dann nach einer langen Entraffung nach und nach zu sich kam, brach sie auf einmal in die göttlichsten Worte aus, und zwar in Latein, das sie nie gelernt hatte.“[19]
Als mystisches Erleben durch die aufkommende Reformation zunehmend in Frage gestellt oder sogar für unmöglich befunden wird, als das Denkmuster „Teufel“ an Kraft verlor, kehrte die Hysterie mit Paracelsus wieder in den medizinischen Diskurs zurück. Die Mediziner der Renaissance suchten erst wieder nach organischen Ursachen, griffen zurück auf das Bild der unbefriedigten, erstickten oder verhungerten Gebärmutter. Sogar Platos Idee vom „Tier“ wurde wiedergeboren, glaubte doch der Schriftsteller und Arzt Francois Rabelais (1483-1553), dass tief in der Frau ein Lebewesen hause, das ein Eigenleben führe, den Körper der Frau erschüttere und sie ihrer Sinne beraube.[20]
Am Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Dämpfe entdeckt und mit ihnen die später so berühmten Nerven des Weibes, dies war ein Ereignis, das nach Michel Foucault (1973) den Zugriff der klassischen Medizin auf die Menschen stärkte. Der Entdecker Edward Jordan (1578-1632), bezeichnete die seiner Meinung nach aus der Gebärmutter aufsteigenden Dämpfe, welche die anderen Organe beeinflussten und klinische Symptome hervorriefen, als „vapeurs“. Mit den aufsteigenden Dämpfen wurde die Ursache der Hysterie allmählich vom Uterus in den Kopf verlegt. Während Jordan die Hysterie als ein von der Gebärmutter abhängiges Leiden ansah, von dem somit nur Frauen befallen werden konnten, begriff Charles Lepois (1563-1633) sie als Nervenkrankheit, die ihren Sitz ausschließlich im Kopf hatte. Er war dann auch der Erste, der Hysterie bei Männern für möglich hielt. Den Schlusspunkt für das Phantasma der wandernden Gebärmutter setzte Thomas Willis (1622-1675): Gelang es ihm doch nachzuweisen, dass der Uterus aus anatomischen Gründen das Becken gar nicht verlassen kann.
Mit der Verlagerung der Hysterieursache vom Unterleib der Frau in den Kopf wurde das Leiden den Geistskrankheiten zugeordnet. Gleichzeitig etablierte sich erst das Nervensystem, dann das Gehirn als das wichtigste Organ innerhalb des menschlichen Körpers. Nach wie vor galt aber die Hysterie als eine spezifisch weibliche Krankheit. Und somit konnte die Frau leicht, nicht nur ihres Unterleibs wegen, sondern auch durch ihr krankheitsanfälliges Gehirn, von den Männern als minderwertig beurteilt werden. Das 19. Jahrhundert zeichnet sich, so Esther Fischer-Homberger (1984), aus „[...] durch sehr klare, fast überklare Vorstellungen von den geistigen Geschlechtsunterschieden und dem entscheidenden Mangel der Frau an geistiger Potenz [...]“[21] Nachzulesen sind solche Theorien nicht nur bei Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau, sondern insbesondere auch bei Medizinern. In dieser Tradition steht auch der Zellularpathologe Rudolf Virchow (1821-1902), der 1848 schreibt: „Alles, was wir an dem wahren Weibe Weibliches bewundern und verehren, ist nur eine Dependenz des Eierstocks.“[22] In dieser Tradition steht aber auch Paul Julius Möbius, der noch 1905 aufgrund von Vermessungen männlicher und weiblicher Köpfe und Gehirne in seiner Schrift „Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“ zum Schluss kommt, „[...] daß für das geistige Leben außerordentlich wichtige Gehirnteile, die Windungen des Stirn- und des Schläfenlappens, beim Weibe schlechter entwickelt sind als beim Manne, und daß dieser Unterschied schon bei der Geburt besteht [...]“[23]. Demzufolge kommt er zu dem Schluss: „[...] Körperlich genommen, ist abgesehen von den Geschlechtsmerkmalen, das Weib ein Mittelding zwischen Kind und Mann, und geistig ist sie es, wenigstens in vielen Hinsichten auch [...]“[24]. Die Etablierung der Gebärmutter als Kristallisationspunkt weiblicher Psychologie einerseits, die Verschiebung der Hysterieursache vom Unterleib der Frau in den Kopf andererseits, prägten das widersprüchliche Bild der Hysterikerin am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Gynäkologen konkurrierten mit den Neuropathologen um die Definition der Hysterie. Während die Gynäkologen diese als Folge eines Genitalleidens oder unbefriedigter Sexualität beschrieben, sie aber völlig widersprüchlich einerseits aus der Frigidität, andererseits aus unsittlichem erotomanem Lebenswandel der Frauen erklärten, glaubten die Neuropathologen an eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Hysterikerin bewege sich im jähen „[...] Wechsel zwischen zwei Extremen [...]“, zeige, so Placzek[25], „bald leidenschaftliche Begehrlichkeit, bald abstoßende Kälte“[26] Die Hysterie wurde somit nicht nur den Geisteskrankheiten, sondern auch der Psychopathologie des Sexuallebens zugeordnet.[27] Und in dieser zweifachen Zuschreibung vereinte sich das Bild der Frau als „Tier“, als triebhaftes „Naturwesen“ mit dem Bild der Frau als geistigem Untermenschen. Hysterietherapie und Hysterieprophylaxe richteten sich sowohl gegen die Sexualität der Frau als auch gegen deren geistige Betätigung. Das hatte durchaus System und stand ganz im Interesse des Bürgertums im deutschen Kaiserreich. Mutterschaft wurde zum obersten Ziel eines Frauenlebens im Wilhelminischen Deutschland erklärt, Denkfähigkeit der Frauen aber störte das Konzept von Mütterlichkeit, das im 19. Jahrhundert entworfen wurde. Denn:
„[...] Nach alledem ist der weibliche Schwachsinn nicht nur vorhanden, sondern auch notwendig, er ist nicht nur ein physiologisches Faktum, sondern auch ein physiologisches Postulat. Wollen wir ein Weib, das ganz seinen Mutterberuf erfüllt, so kann es nicht ein männliches Gehirn haben. Ließe es sich machen, daß die weiblichen Fähigkeiten den männlichen gleich entwickelt würden, so würden die Mutterorgane verkümmern, und wir einen häßlichen und nutzlosen Zwitter vor uns haben [...]“[28].
Frauen wurden im Deutschland des 19. Jahrhunderts nicht nur für geistig minderwertig erklärt, sondern auch von jeder guten Schulbildung ferngehalten. Die Ausbildung der Töchter war allein auf die Ehe und die Haushaltführung ausgerichtet.[29] Die Ideologie von der wesensmäßigen Bestimmung der Frau als Mutter und Hausfrau stand indes im totalen Gegensatz zur Situation der Arbeiterinnen einerseits, die in der Fabrik ebenso schwere Arbeit wie ihre männlichen Kollegen leisteten, und zu der Tatsache andererseits, dass „[...] rund die Hälfte der Töchter aus bürgerlichen Familien, die zu nichts anderem als zur ‚Ehe’ erzogen waren, unverheiratet blieb [...]“[30].
Die gepriesene Mütterlichkeit vertrug sich jedoch nicht mit weiblicher Sinnlichkeit. „[...] Von der Mutterliebe schwindet die Sinnlichkeit [...]“[31], glaubt Richard von Krafft-Ebbing zu wissen. Während Jean Jacques Rousseau zu Ende des 18. Jahrhunderts noch von der Gefährlichkeit der weiblichen Sexualität überzeugt war, eines Triebes, den es zu zähmen gelte,[32] wurde den Frauen im späteren 19. Jahrhundert Sexualität als eine ganz und gar unweibliche Eigenschaft abgesprochen. Nach Weber-Kellermann[33] wurden die jungen Frauen in völliger Unwissenheit über alles Sexuelle gehalten. Zwar wurde die Mutterschaft hoch gelobt, die Zeugung und die Geburt selbst jedoch waren kein Thema. Kindlichkeit war aufgrund dessen eine bevorzugt gewünschte weibliche Eigenschaft. Deshalb gingen die Frauen naiv in die Ehe, bzw. wurden in die Ehe gegeben. Barbara Duden (1977) nennt die Erziehung der Mädchen im 19. Jahrhundert „[...] eine psychische Zurichtung der Frauen zu einer Person ohne Ich [...]“[34]. Das normale Weib ist nach zeitgenössischer Definition von Männern ungebildet und asexuell, alle anderen sind hysterisch. Die Hysterischen aber sind, so Krafft-Ebbing, Zeichen eines allgemeinen Sittenzerfalls des Volkes, und die Hysterischen ihrerseits machen den Sittenzerfall aus:
„Im Gefolge überhandnehmender Nervosität erscheint eine Steigerung der Sinnlichkeit, und indem sie zu Ausschweifungen der Massen des Volkes führt, untergräbt sie die Grundpfeiler der Gesellschaft, die Sittlichkeit und Reinheit des Familienlebens. Sind durch Ausschweifungen, Ehebruch, Luxus jene unterwühlt, dann ist der Zerfall des Staatslebens, der materielle moralische Ruin eines solchen unvermeidlich. [...] Daß die Großstädte Brutstätten der Nervosität und entarteten Sinnlichkeit sind, ergibt sich aus der Geschichte von Babylon, Ninive, Rom gleichwie aus den Mysterien modernen großstädtischen Lebens“[35] (6ff) .
Die Großstadt gilt am Ende des 19. Jhds. als Brutstätte des Verfalls, zu dem entartete Sinnlichkeit und entartete Kunst zählen. – Ebenso gehört die Hysterie dazu. Daraus folgt, Hysterische sind Entartete. Max Nordaus Theorie der „Entartung“[36] definiert nicht nur die Hysterischen als ethisch minderwertige Gruppe, er entwirft auch eine Kunsttheorie, deren pathologisierende Funktion noch vierzig Jahre später - von den Nationalsozialisten - geschätzt werden wird. Die Symptome von Hysterie und Entartung, die er so ausführlich beschreibt, sind Merkmale der ästhetischen Moderne. Charcots Beobachtungen von Hysterischen werden eins zu eins auf die sich derzeit etablierende moderne Kunst angewandt. Und so wird die Hysterie zum Zeichen der Moderne, als Stigma in den Augen der Einen, als Vorzug in den Visionen der Anderen. Denn in der Folge Nietzsches erfährt die Bewertung von Krankheit und Gesundheit auch eine Umkehrung: Viele Autoren der ästhetischen Moderne bezeugen ein waches Interesse am Pathologischen, doch die Funktion des Hysterischen als kulturelles Deutungsmuster bleibt dieselbe: Hysterisch ist das Anormale, wodurch das Normale definiert wird. Hysterisch sind die anderen, und die anderen sind die Frauen:
,,Je mehr die Abstracta in einem Kopf vorwiegen, je vernünftiger ein Mensch ist, um so verschiedener ist er von weiblicher Art, um so weniger ist er zur Hysterie geneigt. Dagegen die, die im Augenblicke leben, die farbige Phantasiebilder haben, sind nicht nur den Weibern ähnlicher, sondern zeigen auch leichter hysterische Symptome.“[37]
Als Paul Julius Möbius dies schreibt, ist Jean Martin Charcot mit seinen Patientinnen bereits von der hysterischen Bühne abgetreten. Die Anfälle hingegen, die er mit seinen hysterischen Frauen inszeniert hat, sind in den Köpfen der Theoretiker lebendig geblieben: Die Hysterikerin ist je nach Theoretiker sexuell übererregt oder frigide, sie ist suggestibel, verwöhnt, herrschsüchtig und verlogen. Obwohl Charcot auch viele männliche Hysteriker beschrieben hat, gilt das Leiden weiterhin als spezifisch weibliche Krankheit, die, wenn überhaupt, nur weibische Männer befällt, entartete mit Sicherheit.
Mit der psychoanalytischen Revolution, vorangetrieben durch Sigmund Freud, beginnt ein neues Zeitalter der Hysterie. Freud, der von Oktober 1885 bis Februar 1886 bei Charcot an der Salpêtrière arbeitete, entwarf zusammen mit Josef Breuer ein ganz neues Hysteriekonzept, dargestellt in den 1895 veröffentlichten „Studien über Hysterie“. Die daraufhin entwickelte Psychoanalyse verändert den Diskurs der Hysterie. Einerseits nimmt sie der Sexualität den anrüchigen Stachel des Tierischen - der „unerträgliche Skandal zu der Zeit, als die Freudsche Sexualität noch nicht als heiliggesprochen galt“, war, so Jacques Lacan, „daß sie so ,intellektuell’ erschien“.[38] Andererseits bringt Freuds Beharren auf der Existenz eines Unbewussten und seine Aussage, „daß das Bewußtsein in jedem Moment nur einen geringen Inhalt umfasst“[39], das idealisierte Gebäude vom einheitlichen, bewussten Subjekt zum Einsturz. Das verändert das Menschenbild in der westlichen Kultur.
Der große Unterschied lag vorerst nicht in der Beurteilung der Genese, sondern in der Therapie: Während Charcot schaute, hörten Breuer und Freud zu. Und sie hörten die „unerhörte Botschaft der Hysterie“[40] - eine Botschaft, die weder von der Wissenschaft noch von der Patientin gehört werden wollte und die in der puritanischen Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts den Frauen das Begehren absprach.[41] Damit ist, so Lucien Israël, „die Psychoanalyse geboren und mit ihr die psychoanalytische Revolution“[42]. Miterfinderin war Bertha Pappenheim alias Anna 0., die Patientin Josef Breuers, die an verschiedenen Symptomen wie Sehstörungen, Lähmungen, Kopfschmerzen und Halluzinationen litt. Insbesondere hatte sie schwere Sprachstörungen, war einige Zeit sprachlos, schien ihre Muttersprache gänzlich vergessen zu haben und sprach dann nur noch englisch; aber auch französisch und italienisch.[43] Breuers Methode war neu: Er ließ Anna 0. in Hypnose von ihrem Leiden, ihren Ängsten und Phantasien berichten, so verschwanden die Symptome nach und nach. Anna 0. nannte denn auch die Methode „talking cure“.
Sigmund Freud entwickelte die Psychoanalyse weiter und prägte den Ausdruck Konversionshysterie. Diese Theorie ordnete er später den Neurosen zu:
„[...] Die hysterische Art der Abwehr - zu welcher eben eine besondere Eignung erfordert wird - besteht nun in der Konversion , der Erregung in eine körperliche Innervation, und der Gewinn dabei ist der, daß die unverträgliche Vorstellung aus dem Ichbewußtsein gedrängt ist. Dafür enthält das Ichbewußtsein die durch Konversion entstandene körperliche Reminiszenz [...] und leidet unter dem Affekt, der sich mehr oder minder deutlich gerade an diese Reminiszenzen knüpft.[...]“[44]
Die hysterischen Symptome zeugten, so Freud, von vergangenen Zeiten, ähnlich einem „Trümmerfeld mit Mauerresten, Bruchstücken von Säulen, von Tafeln mit verwischten und unlesbaren Schriftzeichen“, deren Schutt und Steine es abzutragen gilt, das Vergrabene aufzudecken, die Inschriften zu lesen.[45] Die Hysterikerin leidet an Reminiszenzen. „Ihre Symbole sind Reste und Erinnerungssymbole für gewisse (traumatische) Erlebnisse.“[46] Freud vergleicht diese wiederum mit Denkmälern: „Auch die Denkmäler und Monumente, mit denen wir unsere großen Städte zieren, sind solche Erinnerungssymbole.“ Diese erzählen uns von vergangenen Ereignissen, lösten aber nur in seltenen Fällen Emotionen aus. Das ist nicht der Fall bei den Erinnerungssymbolen der Hysterischen und Neurotiker:
„[...] nicht nur, daß sie die längst vergangenen schmerzlichen Erlebnisse erinnern, sie hängen noch affektvoll an ihnen, sie kommen von der Vergangenheit nicht los und vernachläßigen für sie die Wirklichkeit und die Gegenwart. Diese Fixierung des Seelenlebens an die pathogenen Traumen ist einer der wichtigsten und praktisch bedeutsamsten Charaktere der Neurose.“[47]
Die Konversion dient der Abwehr einer unverträglichen Vorstellung aus dem Bewusstsein, das hysterische Symptom geht nicht unmittelbar aus einem realen Erlebnis hervor, sondern aus assoziativ geweckten Erinnerungen an frühere Erlebnisse:
„[...] Die Abwehr erreicht dann ihre Absicht, die unverträgliche Vorstellung aus dem Bewußtsein zu drängen, wenn bei der betreffenden, bis dahin gesunden Person infantile Sexualszenen als unbewußte Erinnerungen vorhanden sind und wenn die zu verdrängende Vorstellung in logischen oder assoziativen Zusammenhang mit einem solch infantilen Erlebnis gebracht werden kann. [...]“[48]
Das hysterische Symptom ist demnach ein Erinnerungssymbol eines traumatischen Ereignisses, der durch Konversion erzeugte Ersatz für dessen assoziative Wiederkehr oder aber die Realisierung einer der Wunscherfüllung dienenden, unbewussten Phantasie, insbesondere einer sexuellen Phantasie, die abgewehrt und ins Unbewusste verdrängt worden ist.[49] Damit die Symptome verschwinden, müssen sie durch bewusste Gedanken ersetzt und die Gedächtnisschäden geheilt werden.
Das theoretische Konzept überzeugt. Breuer brach die Therapie Bertha Pappenheim ab und flüchtete sich vor ihrer Scheinschwangerschaft nach Venedig, sie aber fand später als engagierte Frauenrechtlerin, die sich für jüdische Frauen und Kinder einsetzte, für einige Zeit einen Platz in den gesellschaftlichen Strukturen.[50] Freuds späteren hysterischen Patientinnen gelang dies nicht.
Es wurde still um die Hysterikerinnen in nach-psychoanalytischen Zeiten. Die „Kriegszitterer“ im Ersten Weltkrieg hatten den Frauen den jahrtausendelangen Vorrang streitig gemacht, die Hysterie entschwand in der psychoanalytischen Neurosenlehre. Wer in Folge über Hysterie nachdachte, bezog sich zumeist auf Freud, so etwa Stavros Mentzos, der hysterische Reaktionen als Über-Ich-Entlastung versteht. Lucien Israël verweist auf den Penisneid der Hysterikerin, auf ihren Kampf für eine andere Sexualität, und er betont, dass Hysterie ein besondere Art der Kommunikation sei:
„[...] Das Symptom ist, wie das Ganze der Hysterie, Träger einer Botschaft, einer manchmal unbeholfenen, oft irritierenden, für die Überbringerin oder den Überbringer aber immer kostspieligen Botschaft. [...] Das Symptom zeugt von einem Kampf, einem Widerstand, es ist Widerstand [...]“[51].
Der Widerstand richte sich gegen den Anspruch von Vollkommenheit, Vollkommenheit in der Erfüllung der Geschlechterrolle, Vollkommenheit aber auch als einheitliches, in sich bewusstes Subjekt. Die bewusste Seite des besteht in der Suche des Symptoms nach Vollkommenheit, die von der Umgebung gebilligt und gestützt wird. Die unbewusste Kehrseite aber transportiere die Botschaft, „ich bin nicht vollkommen“.
„Das hysterische Symptom bringt - allerdings in erstarrter Form - ein ,ich bin nicht vollkommen’ zum Ausdruck. Diese Anerkennung, die in gleicher Weise vom Nächsten gewünscht wird, ist die Voraussetzung jeder eigenen Schöpfung“[52].“
2.1. Hysterie als Ausdruck der unterdrückten Sprache
Bereits im 19. Jahrhundert wurde von Ärzten beobachtet, dass Hysterie häufig besonders rebellischen Frauen vorkam.[53] Diese Beobachtungen wurden von der darwinistisch orientierten Psychiatrie sogleich zum Anlass genommen, vor „unweiblicher Tätigkeit“ zu warnen, da diese die Nerven zerrütte. Indes wandten sich auch Breuer und Freud (1970) gegen die oft geäußerte und von Charcot unterstützte Meinung, dass Hysterikerinnen willensschwach, suggestibel und nicht intelligent seien. Im Gegenteil glaubten sie, „daß man unter den Hysterischen die geistig klarsten, willensstärksten, charaktervollsten und kritischsten Menschen finden kann“[54]. Und bereits Breuer fiel der Zusammenhang zwischen dem monotonen Dasein, das Töchter am Ende des 19. Jahrhunderts zu führen gezwungen wurden, und den Symptomen auf.
Heute wird Hysterie von feministischen Autorinnen als Form des Widerstands angesehen: Widerstand gegen die Geschlechterrolle, Widerstand gegen unterdrückte weibliche Sexualität und Widerstand gegen die männliche Sprache als Teil der männlich dominierten gesellschaftlichen Ordnung.
Caroll Smith-Rosenberg (1984) interpretiert die Hysterie als „Ausweg oder eine Taktik [...], die einzelnen Frauen die Chance gab, ihren Plan der Familie neu zu definieren oder umzumodeln“[55], wenn sie anders nicht auf die ökonomischen und familienpolitischen Veränderungen, die im 19. Jahrhundert den Platz der Frau im Haus festschrieben, reagieren konnten. Die hysterische Frau funktioniert nicht mehr, wie die Geschlechterrolle es von ihr verlangt, sie liegt mit Migräne im Bett, besucht Bäder, inszeniert „Privattheater“ und wird so zum Mittelpunkt der Familie.
In Christina von Brauns (1985) Augen wendet sich die Hysterikerin gegen eine Festschreibung ihrer Geschlechterrolle. Indes argumentiert die Filmemacherin und Publizistin von Braun geschichtsphilosophisch. Nach von Brauns Auffassung kämpft die Hysterikerin für die Wahrung der Einheit von Kopf und Körper, Logos und Materie und insbesondere von Signifikant und Signifikat, Symbol und Symbolisiertem, eine Einheit, die in unserer Kultur seit Entstehung der linearen abstrakten Schrift mehr und mehr zerstört worden ist.[56] Ihre Argumentation soll im Folgenden kurz dargestellt werden, da sie ihre Hysterietheorie in einen kulturgeschichtlichen Rahmen stellt. Bedeutend für diese Arbeit ist die Bewegung, die die Hysterikerin im kulturgeschichtlichen Diskurs vollzieht und die von Braun beschreibt.
Von Braun geht von zwei verschiedenen Gesellschaftsordnungen aus. Zum einen von der vorchristlichen, prähistorischen, von verschiedenen Autoren und Autorinnen matriarchal genannten Gesellschaftsordnung,[57] in der Mann und Frau in der Position waren, sich den Naturgesetzen zu unterwerfen, und der heutigen, patriarchal genannten, monotheistischen Gesellschaftsordnung, in der es gelte, die Herrschaft über die Natur zu erwerben, das Wissen um die Sterblichkeit der Menschen zu verdrängen und dem abstrakten Denken eine wachsende Bedeutung zuzusprechen. Den beiden Gesellschaftsordnungen schreibt von Braun zwei verschiedene Vorstellungswelten zu, die sich mit der Entstehung der abstrakten Schrift abgelöst haben. Mit der Entwicklung der symbolischen Zeichensprache verbindet von Braun die Trennung von Logos und Materie, die Abspaltung des Körpers vom Geist. Diese Tendenz hat sich im Zuge der Aufklärung verstärkt, ist aber nicht auf die Genese der symbolischen Schriftzeichen zurückzuführen.
Von Braun geht davon aus, dass der Zusammenhang von Sexualität und Sprache in allen Kulturen eine große Rolle spielt. Einerseits vermittelt die Sprache das Bewusstsein von der Geschlechtszugehörigkeit und ermöglicht so die Abgrenzung vom anderen. Andererseits kann sie auch ein Mittel zur Verhinderung der Konstituierung des Sexualwesens sein, indem sie die Grenzen zwischen den Geschlechtern verwischt und so die Sexualität sogar auslöschen kann. Genau dies ist im Laufe der Zeit in der abendländischen Kultur geschehen: „Unter dem Einfluß der Schrift wurde die Sprache immer weniger zum Mittel der Unterscheidung und immer mehr zum Instrument der Vereinnahmung des anderen“[58]. Und so entstehe laut Lévi-Strauss ein universales Gesetz, der Mann sei das sprechende Subjekt, die Frau die Nachricht, die Männer untereinander tauschen.[59] Über die Frau wird also gesprochen, geschrieben, über sie wird imaginiert, wie Silvia Bovenschen schreibt, als sprechendes Subjekt hat die Frau in dieser Ordnung keinen Ort.[60] Die Frauen wurden durch den Entzug der Sprache desexualisiert, im 20. Jahrhundert, nach Erfindung der Psychoanalyse, aber wieder mit dem Mittel der Sprache resexualisiert, das heißt, ihnen wurde eine durch den Geist geschaffene Pseudoerotik, ein imaginierter Kunst-Körper zugeschrieben.
Die Hysterikerin nun, so von Braun, lehnt sich mit ihrem Körper gegen diese Entwicklung auf. Sie verlagert die Sprache in den Körper und setzt sie in Körpersprache um. Hysterie sei demnach als Form von Verweigerung zu verstehen: „Was verweigert wird, so paradox es klingen mag, ist die Unterwerfung unter die Präfiguration, die aber gleichzeitig perfekt imitiert wird“[61]. Die Hysterikerin wehrt sich gegen die ihr aufgezwungene Geschlechtsrolle, indem sie diese Rolle übertreibt. Grasset hat dieses Phänomen bereits im 19. Jahrhundert beobachtet: „Ohne es hier an Höflichkeit fehlen lassen zu wollen, will ich darauf hinweisen, daß die meisten Charakterzüge der Hysterikerinnen nur Übertreibung des Charakters der Frau sind“[62]. Und die Hysterikerin stellt, indem sie in so übertriebenem Maße Frau spielt, das Konzept einer transzendentalen Einheit des Subjekts in Frage, dies hat Otto Weininger bereits 1903 vermutet:
„[...] Gerade das Rasen und Wüten der Hysterikerinnen gegen etwas, was sie als fremdes Wollen empfinden, zeigt, daß sie tatsächlich sklavisch unter der Herrschaft der Sexualität stehen wie die nichthysterischen Frauen, genauso von ihrem Schicksal besessen sind und nichts haben, was über demselben steht: kein zeitloses, intelligibles, freies Ich [...]“[63],
argumentiert er und verteidigt, laut Marianne Schuller[64], „[...] nichts anderes als einen - bereits morsch gewordenen – bewußtseins-philosophischen Subjektbegriff und ein ihm zugehöriges logozentrisches Sinnkonzept, welches die Herrschaft des Mannes über die Frau legitimiert [...]“[65].
„Die hysterische Konstitution ist eine lächerliche Mimicry der männlichen Seele, eine Parodie auf die Willensfreiheit“[66], formuliert Otto Weininger in seinen Ausführungen.
Dem Mann, der Logos nur verkörpern kann, wenn er sich der Materie entleibt und diese an die Frau delegiert, spielt die Hysterikerin Materie vor und wehrt sich so gegen die Trennung von Sprache und Körper, Geist und Materie, Subjekt und Objekt: „Die Hysterie ist eine Parodie des Logos“, schreibt von Braun, „denn sie inszeniert die gleiche Aufführung wie er aber statt durch den Geist neue Materie zu formen, beweist sie die Existenz der, ungeschriebenen Materie’, die Existenz der Frau, des Sexualwesens“[67].
„Die Hysterie hatte ein Geheimnis zu enthüllen“, schreibt Christina von Braun: „Aber das Geheimnis, das sie in sich barg, wollte eigentlich niemand kennen. Es war das Geheimnis von der Existenz der Frau oder, ganz allgemein, der Behauptung des Sexualwesens“[68].
Sigmund Freud, so sehr er sich bemühte, das Geheimnis der Sexualität zu ergründen, konnte das Geheimnis der Hysterikerin nicht lüften, da er der Frau keine eigene Sexualität zugestand, sondern sie der männlichen unterordnete, die er zur allgemein Menschlichen erhob.[69] Luce Irigaray fragt daher, „ob die Psychoanalyse dem hysterischen Symptom nicht vielleicht einen Code, ein System der Deutung auf sich hat, der dem in Somatisierungen und Schweigen erstarrten Begehren nicht entspricht“[70]. Dies erscheint plausibel. Freud hat aus seiner Ratlosigkeit der weiblichen Sexualität gegenüber kein Geheimnis gemacht, doch hat er auf die Bedeutung der präödipalen Phase für die Entwicklung des Mädchens hingewiesen. Die Hysterikerin, so vermutet er, hat die Loslösung aus der engen Mutter-Kind-Beziehung nicht ganz vollzogen:
„[...] Alles auf dem Gebiet dieser ersten Mutterbindung erschien mir so schwer analytisch zu erfassen, so altersgrau, schattenhaft, kaum wiederbelebbar, als ob es einer besonders unerbittlichen Verdrängung erlegen wäre. [...] Ich habe es auch nicht dahin gebracht, einen Fall vollkommen zu durchschauen, beschränke mich daher auf die Mitteilung der allgemeinsten Ergebnisse und führe nur wenige Proben aus meinen neuen Einsichten an. Dahin gehört, daß diese Phase der Mutterbindung eine besonders intime Beziehung zur Ätiologie der Hysterie vermuten lässt [...]“[71]
Die Psychoanalyse darf nicht nur als Deutungsmuster verstanden werden, sondern muss auch in ihrem historischen Kontext begriffen werden. Dasselbe gilt für die Hysterie. In einer Zeit, in der die Frauen von der Öffentlichkeit ausgeschlossen wurden, in der ihnen Bildung versagt, Sexualität abgesprochen wurde und in der die Äußerung von Begehren unmöglich war, verschlug es ihnen die Sprache. Was den Frauen blieb, waren ihre Phantasien und ihr Körper, den sie zwar züchtig verhüllten, dem sie aber in ihren Anfällen ihren Symptomen zu lauter Rede verhalfen. Während Mediziner und Philosophen die Hysterieursache in den Kopf steigen ließen, reagierten die Hysterikerinnen mit viel Phantasie:
„[...] Sie erfanden Geschichten, erfanden Ereignisse, die sie erlebt zu haben vorgaben. Je weiter die Gebärmutter ,nach oben’ wanderte, desto tolldreister wurden ihre Geschichten, wurden die Gebärden, mit denen sie ihren erfundenen Erlebnissen Nachdruck, den Anschein von Realität verliehen [...]“[72].
Christina von Braun stellt die „tolldreisten Geschichten“ in einen literaturgeschichtlichen Zusammenhang: Während einerseits dem Mann Autorschaft in der Kultur zugesprochen wurde, Männer demnach mit ihren Romanen, mit ihren allwissenden Erzählern in die Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts eingingen, „begannen andererseits die Hysteriker“, so die Wissenschaftlerin, „zu lügen - zu lügen wie gedruckt“[73]. Die Hysterikerin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt als große Lügnerin, als Schauspielerin, als Regisseurin ihres „Privattheaters“, wie Anna O. ihre Phantasien nannte. Die Hysterikerin war die große Tagträumerin, wie auch Josef Breuer und Sigmund Freud bemerkt haben:
Der Körper der Hysterikerin ist als Gedächtnis zu lesen. Die Hysterikerin trägt auf ihrem Körper die Spuren ihrer Ausgrenzung aus Kultur und Geschichte, ihre Symptome sind als Erinnerungssymbole an ein Verdrängtes zu lesen, das die Hysterikerin in der symbolischen Ordnung zur Sprache bringt. Ihr Körper, dem in der westlichen Kultur Jahrhunderten lang Lust und Begehren versagt wurden, die ihm aber in kodierter Form seitens der Männer immer zugedacht waren, spricht und stellt sich selbst dar. Die Frau, der Subjektivität verwehrt wird, die nicht Denkerin, sondern immer schon Gedachte ist, der Logos abgesprochen wird und Materie zugedacht, stellt sich dar als Materie – als sprechender Körper, als inszenierte Weiblichkeit eben. Die Hysterikerin reagiert auf die Rolle, die ihr Staat, Kirche, Schule und Familie zuschreiben, und auf den Geschlechtscharakter, den ihr Philosophie, Medizin, Religion und Psychologie andichten. Sie reagiert mit Übertreiben dieser ihr auferlegten Rolle und wird somit zur Hysterikern. So mimt und karikiert sie in einem subversiven Akt die Weiblichkeitsmuster ihrer Zeit. Die Rebellion der Hysterikerin wird, wie Catherine Clément es in ihren wissenschaftlichen Ausführungen darlegt, durch die soziale Ordnung sorgfältig programmiert und begrenzt.[74]
[...]
[1] Zitat nach Veith, Ilza: Hysteria. The History of a Disease. Chicago, London 1974.
[2] Vgl.: Professor Wilhelm, Arnold, Professor Hans Jürgen Eyseneck, Professor Richard Meili: Lexikon der Psychologie. Zweiter Band, H-Psychodiagnostik. Neuausgabe Herder Verlag, Freiburg, Basel, Wien 1980.
[3] In: Häntzschel, Günter: Bildung und Kultur bürgerlicher Frauen 1850-1918. Eine Quellendokumentation aus Anstandsbüchern und Lebenshilfen für Mädchen und Frauen als Beitrag zur weiblichen literarischen Sozialisation, Tübingen 1986 (Studien zur Sozialgeschichte der Literatur 15), S. 258.
[4] In: Möbius, Paul-Julius: Diagnostik der Nervenkrankheiten. Leipzig 1894, S. 408.
[5] In: Kollarits, Jenö: Charakter und Nervosität. Vorlesungen über Wesen des Charakters und der Nervosität und über die Verhütung der Nervosität. Berlin 191, S. 106.
[6] Zit. nach Gerhardt, Marlis: Hinter den Kulissen. Zum „Privattheater“ der Hysterie. In: Dies.: Kein bürgerlicher Stern, nichts, nichts konnte mich je beschwichtigen. Essay zur Kränkung der Frau. Neuwied und Darmstadt 1982, S. 79.
[7] Vgl. Braun, Chrsitina von: NICHT ICH. Logik Lüge Libido. Frankfurt am Main 1978, S. 62.
[8] So charakterisiert Michel Foucault Martin Charcot in: Macht-Wissen. Aus dem Französischen von Claudia Honegger. In: Basaglia/Foucoult/Castel/Woulff/Chromsky/Laing/Goffmann u.a.: Befriedigungsverbrechen. Über die Dienstbarkeit der Intellektuellen. Frankfurt am Main 1980, S. 74.
[9] Vgl. dazu Showalter, Elaine (1985): The Female Malady. Woman, Madness and English Culture, 1830-1980. London 1987, aber auch von Braun (1985, S. 55-62), Schaps, Regina: Hysterie und Weiblichkeit. Wissenschaftsmythen über die Frau. Frankfurt am Main, New York 1982, S. 50-54 und Ellenberger, Henry F.: Die Entdeckung des Unbewußten. Geschichte und Entwicklung der dynamischen Psychiatrie von den Anfängen bis zu Janet, Freud, Adler und Jung. Aus dem Amerikanischen von Gudrun Theusner-Stampa. Zürich 1985, S. 143-160.
[10] Für den Begriff „kulturelles Deutungsmuster“ vgl. Honegger, Claudia (Hg.): Die Hexen der Neuzeit. Studien zur Sozialgeschichte eines kulturellen Deutungsmusters. Frankfurt am Main 1978.
[11] Zit. nach: Schaps (1982, S. 11).
[12] Zit. nach von Braun (1985, S. 24).
[13] Vgl. dazu Schaps (1982, S. 29). In den folgenden medizinhistorischen Ausführungen wird Bezug genommen auf die Arbeiten von Schaps (1982), Veith (1965), Mentzos, Stavros: Hysterie. Zur Psychodynamik unbewußter Inszenierungen. München 1980, Israël, Lucien: Die unerhörte Botschaft der Hysterie. Aus dem Französischen von Peter Müller und Peter Posch. München, Basel 1983 und von Braun (1985).
[14] Vgl. dazu Schaps (1982, S. 21).
[15] Zit. nach von Braun (1985, S. 37).
[16] Vgl. dazu Mentzos (1980, S. 22ff).
[17] Vgl. dazu die Ausführungen von Chasseé, Erika: Beginentum und Mystik. Untersuchung der religiösen Frauenbewegung im 13.Jahrhundert. In: Riss, Zeitschrift für Psychoanalyse, 8.Jg., H. 1, 1981, S. 16-29.
[18] Vgl. dazu: Freud, Sigmund / Breuer, Josef (1895): Studien über Hysterie. Frankfurt am Main 1970.
[19] Zit. nach Peter Dinzelbacher in Thiele, Johannes (Hg.): Mein Herz schmilzt wie Eis am Feuer. Die religiöse Frauenbewegung des Mittelalters im Porträt, Stuttgart 1988, S. 61ff.
[20] Vgl. dazu von Braun (1985, S. 46 ff).
[21] Zit. nach Fischer-Homberger, Esther: Krankheit Frau. Zur Geschichte der Einbildungen. Darmstadt, Neuwied 1984, S. 98.
[22] Zit. nach Fischer-Homberger, Esther: Die traumatische Neurose. Vom somatischen zum sozialen Leiden. Bern, Stuttgart, Wien 1975 S. 132ff. Vgl. dazu auch Honegger, Claudia: Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib. Frankfurt am Main, New York 1991, S. 210.
[23] Zit. nach Möbius, Paul Julius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. Halle 1905 (Reprint München 1977), S. 29.
[24] Ebd. S. 28.
[25] Vgl. dazu Placzek, S.: Das Geschlechtsleben der Hysterischen, Bonn 1922.
[26] Zit. nach Schaps (1982, S. 79).
[27] Vgl. dazu Schaps (1982, S. 72 ff).
[28] Zit. nach Möbius, Paul Julius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. Halle 1905 (Reprint München 1977).
[29] Vgl. dazu Hausen, Karin: Die Polarisierung der „Geschlechtscharaktere“. Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben. In: Conze, Werner: Sozialgeschichte der Familie der Neuzeit Europas. Stuttgart 1976, S. 363-393.
[30] Zit. nach Brinker-Gabler, Gisela (Hg.): Zur Psychologie der Frau. Frankfurt am Main 1978, S. 11..
[31] Zit. nach Krafft-Ebbing, Richard von (1886): Psychopathia sexualis. Rep. Der Auflage von 1912, München 1984, S. 13..
[32] Vgl. dazu Rousseau, Jean-Jacques (1762): Emile oder Über die Erziehung. Hg. Martin Rang. Aus dem Französischen von Eleonore Sckommodau, Stuttgart 1970, S. 722.
[33] Vgl dazu: Weber-Kellermann, Ingeborg: Frauenleben im 19. Jahrhundert. Empire und Romantik, Biedermeier, Gründerzeit. München 1983.
[34] Zit. nach Duden, Barbara: Das schöne Eigentum. Zur Herausbildung des bürgerlichen Frauenbildes an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. In: Kursbuch 47. Berlin 1977, S 125.
[35] Zit. nach Krafft-Ebbing (1886, S. 6ff).
[36] Vgl. dazu Nordau, Max: Entartung. 2 Bände Berlin 1892/93.
[37] Zit. nach Möbius, Paul Julius: Über die gegenwärtige Auffassung von Hysterie. In: Monatsschrift für Geburtshülfe und Gynaekologie 1. Berlin 1895, S.20.
[38] In: Lacan, Jacques: Schriften I-III. Weinheim, Berlin 1991. Hier: Schrift II, S. 49.
[39] Vgl. dazu Freuds Ausführungen über das ‚Unbewußte’ in: Freud, Sigmund: Studienausgabe in 12 Bänden. Hg. A. Mitscherlich, A. Richards u.a.. Frankfurt am Main 1971ff. (SA Bd. III, S. 126).
[40] So der Titel von Lucien Israëls Abhandlung (1983).
[41] Vgl. dazu Hoff, Dagmar von: Dramen des Weiblichen. Deutsche Dramatikerinnen um 1800. Opladen 1989, S. 175.
[42] Zit. nach Israël (1983, S. 17).
[43] Vgl. dazu Freud, Sigmund / Breuer, Josef (1895): Studien über Hysterie. Frankfurt am Main 1970, S. 23.
[44] Ebenda S. 98ff.
[45] Der Vergleich stammt aus dem 1896 gehaltenen Vortrag ‚Zur Ätiologie der Hysterie’ (SA VI, S. 54).
[46] Folgende Zitate stammen aus Freud, Sigmund: Darstellung der Psychoanalyse. Frankfurt am Main 1973, S. 58ff.
[47] Ebenda.
[48] Vgl. Freud (SA, Bd. VI, S. 71).
[49] Vgl. Freud (SA Bd. VI, S. 188ff).
[50] Zum Leben von Bertha Pappenheim vgl. von Braun (1985, S. 66ff), Schweighofer, Fritz: Das Privattheater der Anna O. Ein psychoanalytisches Lehrstück. Ein Emanzipationsdrama. München, Basel 1987, Jensen, Ellen M.: Streifzüge durch das Leben der Anna O./Bertha Pappenheim. Ein Fall für die Psychiatrie – Ein Leben für die Philanthropie. Dreiach 1984 und Duda, Sibylle: Bertha Pappenheim (1859-1936). Erkundungen zur Geschichte der Hysterie oder ‚Der Fall Anna O.’. In: Duda, Sibylle / Pusch, Luise F. (Hg.): Wahnsinnsfrauen. Frankfurt am Main 1992, S. 123-145.
[51] Zit. nach Israël (1983, S.118).
[52] Ebenda S. 117.
[53] Elaine Showalter (1987) verweist in diesem Zusammenhang auf die englischen Psychiater F.C. Skey und Donkin (vgl. S. 145ff).
[54] Zit. nach Freud / Breuer 1970, S. 188.
[55] Zit. nach Smith-Rosenberg, Carroll: „Meine innig geliebte Freundin!” Beziehungen zwischen Frauen im 19.Jahrhundert. Aus dem Amerikanischen von Sibylle Koch-Grünberg. In: Heintz, Bettina / Honegger, Claudia (Hg.): Listen der Ohnmacht. Zur Sozialgeschichte weiblicher Widerstandsformen. Frankfurt am Main 1984, S. 195.
[56] Vgl. dazu von Brauns Ausführungen in: NICHT ICH. Logik Lüge Libido. Frankfurt am Main 1978.
[57] Vgl. dazu Bachofen, Johann Jakob (1861): Das Mutterecht. Eine Untersuchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur. Eine Auswahl. Hg.: Hans Jürgen Heinrichs. Frankfurt am Main 1975, Engels, Friedrich: Vom Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates (1884). In: MEW Bd. 21, Berlin 1973, S. 25-173, Bornemann, Ernest: Das Patriarchat. Ursprung und Zukunft unseres Gesellschaftssystems. Frankfurt am Main 1975 und Göttner-Abendroth, Heide: Die Göttin und ihr Heros. Die matriarchalen Religionen in Mythos und Dichtung. München 1980.
[58] Zit. nach von Braun (1985, S. 152).
[59] Vgl. dazu Lévi-Strauss, Claude: Strukturale Anthropologie. Aus dem Französichen von Hans Naumann. Frankfurt am Main 1967.
[60] Vgl. dazu Bovenschen, Silvia: Die imaginierte Weiblichkeit. Exemplarische Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen. Frankfurt am Main 1975.
[61] Zit. nach von Braun (1985, S. 29).
[62] Zit. Nach Israël (1983, S. 56).
[63] Zit. nach Weininger, Otto (1903): Geschlecht und Charakter. Eine prinzipielle Untersuchung. Rep. München 1980, S. 369
[64] Vgl. dazu Schuller, Marianne: Im Unterschied. Frankfurt am Main 1990.
[65] Ebenda S. 19ff.
[66] Zit. nach Weininger (1980, S. 377).
[67] Zit. nach von Braun (1985, S. 129ff).
[68] Ebenda S. 63.
[69] Zur Kritik an Freuds Sexualtheorie vgl. Irigaray, Luce: Das Geschlecht, das nicht eins ist. Berlin 1979 und Irigaray, Luce: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Aus dem Französischen von Xenia Rajewsky, Gabriele Ricke, Gerburg Treusch-Dieter und Regine Othmer. Frankfurt am Main 1980, sowie von Braun (1985).
[70] Zit. nach Irigary (191979, S. 143).
[71] Zit. nach Freud, SA Bd. V, S. 276ff.
[72] Zit. nach von Braun (1985, S. 53).
[73] Ebenda.
[74] Vgl. Clément, Catherine: Enclave Escalve. In: Courtrivron de, Isabelle / Marks, Elaine (Hg.): New French Feminism. Amherst 1981.
- Arbeit zitieren
- Nina van Gemmern (Autor:in), 2003, Hysterie als Signatur des späten 19 Jahrhunderts in Fontanes Romanen "Effi Briest" und "Cecile", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41445
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