Bereits im 17. Jahrhundert gab es Kolonistenwerber für überseeische Besitzungen anderer europäischer Staaten, wie z.B. der Niederlande, Spanien oder Frankreich. Das erste bekannte Beispiel für Deutschland ist die im Jahr 1683 stattgefundene Werbung von 13 Krefelder Mennonitenfamilien durch William Penn, der Siedler für seine amerikanischen Besitzungen benötigte.
Im 18. Jahrhundert ging es vor allem darum, bestimmte Länder wie beispielsweise Amerika überhaupt als Zielgebiet für potentielle Auswanderer ins Bewusstsein zu bringen. Schon aus dem Jahr 1708 ist die Tätigkeit zweier Nordamerika-Agenten überliefert: Die Schweizer Graffenried und Michel warben für Grundbesitzer aus North-Carolina Siedler an. Es gab auch englische Grundbesitzer, die persönlich Siedler für ihre Besitzungen suchten. Der Engländer Samuel Waldo reiste zweimal nach Deutschland: einmal 1740 und später 1753 in Begleitung seines Sohnes. Durch öffentliche Anschläge und Flugblätter machten sie ihr Anliegen bekannt. Später setzten sie in der Pfalz und in Württemberg einen schweizerisch-amerikanischen Agenten, Sebastian Zuberbühler, ein.
Für das Jahr 1749 ist auch der erste offizielle Agent eines amerikanischen Staates bekannt: Joseph Crellius hatte als offizieller Agent des Gouverneurs von Massachusetts ein Büro in Frankfurt am Main und Unteragenten in verschiedenen deutschen Städten.
Ein anderer Aspekt war die Handelsförderung für Schiffseigner. Vor allem in holländischen Hafenstädten wurden von den Schiffseignern Agenten angestellt, die Auswanderungswillige zu Passageverträgen überreden sollten. Diese Agenten waren bevorzugt Rückwanderer, die Amerika besonders gut schildern konnten, sog. „Neuländer“ oder „Newlander“, später wurden sie auch in anderen Städten tätig. Die für den Auswanderertransport bis zum Überseehafen verantwortlichen Rheinschiffer nutzten ihre Dienste ebenfalls.
In der Mitte des 18.Jahrhunderts gab es schon ein dichtes Netz von Werbern in Deutschland. Den Agenten wurden pro Kopf eines jeden angeworbenen Auswanderers eine Provision gezahlt, deswegen und wegen ihrer Skrupellosigkeit nannte man sie auch „Seelenverkäufer“. Da Briefe von bereits Ausgewanderten oft die größte Werbewirkung zeigten, wurden von Neuländern auch Briefe gefälscht, bzw. Briefe unterdrückt, die sie aus Amerika mit in die alte Welt sollten, wenn ihr Inhalt das Land zu negativ darstellte.
Inhaltsverzeichnis
- Werber und Agenten
- Werber und Agenten im 17. und 18. Jahrhundert
- Werber und Agenten im 19. Jahrhundert
- Werber und Agenten im späten 19. und im 20. Jahrhundert
- Formen der Werbung
- Staatliche Werbung
- Werbung der Eisenbahngesellschaften
- Schifffahrtgesellschaften
- Amerikanische Einwandererbewegung
- Auswanderungsvereine
- Gründe für die Entstehung der Vereine
- Chronologie der Auswanderungsvereine
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Geschichte der Anwerbung von Auswanderern nach Nordamerika, insbesondere im 17., 18. und 19. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf den Strategien und Methoden, die Werber und Agenten einsetzten, um potenzielle Auswanderer aus Deutschland für eine neue Heimat in Amerika zu gewinnen.
- Die Rolle von Werbern und Agenten bei der Auswanderung nach Nordamerika
- Die Entwicklung des Agentensystems im Laufe der Zeit
- Die Methoden der Werbung und deren Auswirkungen auf die Auswanderer
- Die Entstehung und Entwicklung von Auswanderungsvereinen
- Die staatliche Regulierung der Auswanderung im 17. und 18. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Werber und Agenten
Das erste Kapitel beleuchtet die Rolle von Werbern und Agenten bei der Anwerbung von Auswanderern in die amerikanischen Kolonien. Es werden die unterschiedlichen Methoden der Werbung im 17. und 18. Jahrhundert aufgezeigt, von persönlichen Besuchen und öffentlichen Anschlägen bis hin zu gefälschten Briefen, die ein idyllisches Leben in Amerika versprachen.
Das zweite Kapitel analysiert das Agentensystem im 19. Jahrhundert und zeigt die verschiedenen Gruppen von Agenten auf, wie z.B. Agenten von Schifffahrtgesellschaften und unabhängige Agenten. Der zunehmende wirtschaftliche Aspekt der Auswanderung wird betont.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Auswanderung, Nordamerika, Werber, Agenten, Anwerbungsstrategien, Auswanderungsvereine, Schifffahrtgesellschaften, "Neuländer", "push-Faktoren", "Seelenverkäufer", "Informationsschriften".
- Arbeit zitieren
- Barbara Ostermaier (Autor:in), 2003, Anwerbungsstrategien, Auswanderungsvereine und Schifffahrtgesellschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41343