Politische Kommunikation ist integraler Bestandteil des politischen Geschehens. Sie gewinnt in der zunehmend mediatisierten und globalisierten Gesellschaft sogar weiter an Bedeutung. Die Kommunikation unter Akteuren der Politik ist das zentrale Mittel der Kompromiss-, somit der Politikfindung insgesamt. Gleichzeitig ist die Kommunikation den Wählern gegenüber das zentrale Legitimationsinstrument in demokratischen Gesellschaften. Über die Kommunikation im politischen Raum findet der Austausch zwischen Zivilgesellschaft, Parteien, Funktionären und Regierung statt. Die Rückkopplung des Politischen an die Wähler ist das konstituierende Moment von Demokratien, oder, um es mit Ulrich Saxers Worten zu sagen: Kommunikation ist der zentrale Mechanismus von Politik. Doch wird diese politische Kommunikation in einer Welt, in der die Globalisierung Tatsache ist, immer komplizierter. „Was an dem einem Ende der Welt geschieht, geht in Echtzeit als Fernsehbild rund um die Welt und kann überall wahrgenommen werden“, stellt Thomas Meyer dazu fest. Dadurch wächst die Zahl der Informationen, die jeder Rezipient, auch die Akteure des Politischen selbst sammeln und verarbeiten müssen. Zugleich werden internationale Organisationen immer wichtiger, dadurch fallen auf immer mehr unterschiedlichen Ebenen Entscheidungen, die auf die Politik in einzelnen Teilbereichen Auswirkungen haben. Es entsteht eine Komplexität des Politischen, die kaum mehr zu überblicken ist. Die Medien reagieren darauf häufig durch vereinfachte Darstellungen, die kaum mehr die eigentlichen politischen Abläufe vermitteln – und so die Bürger vom politischen Handeln ausschließen. Häufiges Mittel ist die Personalisierung und die Zuspitzung auf Konflikte. Die Politiker wiederum reagieren auf diese Anforderungen der Medienwelt und passen ihren Politik-Stil zunehmend an. Politik wird in der Politikberichterstattung zur „Inszenierung des Scheins“ und „Placebo-Politik präsentiert sich als visuelle Schaupolitik“. Daraus ergeben sich Probleme für das Verständnis des Politischen und somit auch für seine Legitimierung.
Diese Arbeit hat zum Ziel, die Problemfelder politischer Kommunikation aufzuzeigen. Im ersten Teil werden die gewachsene „Mehrebenenstruktur“ und die Komplexität des politischen Handelns in der globalisierten Welt dargestellt. Auf dieser Grundlage werden dann im zweiten Teil die Probleme innenpolitischer Kommunikation und der Kommunikation in einzelnen Handlungsfeldern der Politik beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
I.) Einleitung
II.) Politische Kommunikation in der globalisierten Welt
II.1) Traditionelle Modelle der Interessenvermittlung
II.2) Kommunikationschaos in der verflochtenen Mehrebenenstruktur
III.) Außenpolitische Kommunikation
III.1) Die Struktur der außenpolitischen Kommunikation
III.2) Einflussgrößen der außenpolitischen Kommunikation
III.3) Die Voraussetzungen und Ziele außenpolitischer Kommunikation
III.4) Kommunikationsüberbelastung und internationale Organisationen
III.5) Die große Rolle der Medien
IV.) Innenpolitische Kommunikation
IV.1) Luhmanns Regeln für öffentliches Interesse
IV.2) Erschwernisse innenpolitischer Kommunikation
IV.3) Problemkiste Fernsehen
V.) Probleme der Kommunikation auf verschiedenen Handlungsebenen
V.1) Sicherheitspolitische Kommunikation
V.2) Rechtspolitische Kommunikation
V.3) Wirtschaftspolitische Kommunikation
VI.) Schlussbetrachtung: Zurück in die Unmündigkeit?
VII.) Literaturverzeichnis
I.) Einleitung
Politische Kommunikation ist integraler Bestandteil des politischen Geschehens[1]. Sie gewinnt in der zunehmend mediatisierten und globalisierten Gesellschaft sogar weiter an Bedeutung. Die Kommunikation unter Akteuren der Politik ist das zentrale Mittel der Kompromiss-, somit der Politikfindung insgesamt. Gleichzeitig ist die Kommunikation den Wählern gegenüber das zentrale Legitimationsinstrument in demokratischen Gesellschaften. Über die Kommunikation im politischen Raum findet der Austausch zwischen Zivilgesellschaft, Parteien, Funktionären und Regierung statt. Die Rückkopplung des Politischen an die Wähler ist das konstituierende Moment von Demokratien, oder, um es mit Ulrich Saxers Worten zu sagen: Kommunikation ist der zentrale Mechanismus von Politik[2]. Doch wird diese politische Kommunikation in einer Welt, in der die Globalisierung Tatsache ist, immer komplizierter. „Was an dem einem Ende der Welt geschieht, geht in Echtzeit als Fernsehbild rund um die Welt und kann überall wahrgenommen werden“, stellt Thomas Meyer dazu fest[3]. Dadurch wächst die Zahl der Informationen, die jeder Rezipient, auch die Akteure des Politischen selbst sammeln und verarbeiten müssen. Zugleich werden internationale Organisationen immer wichtiger, dadurch fallen auf immer mehr unterschiedlichen Ebenen Entscheidungen, die auf die Politik in einzelnen Teilbereichen Auswirkungen haben. Es entsteht eine Komplexität des Politischen, die kaum mehr zu überblicken ist. Die Medien reagieren darauf häufig durch vereinfachte Darstellungen, die kaum mehr die eigentlichen politischen Abläufe vermitteln – und so die Bürger vom politischen Handeln ausschließen. Häufiges Mittel ist die Personalisierung und die Zuspitzung auf Konflikte. Die Politiker wiederum reagieren auf diese Anforderungen der Medienwelt und passen ihren Politik-Stil zunehmend an. Politik wird in der Politikberichterstattung zur „Inszenierung des Scheins“ und „Placebo-Politik präsentiert sich als visuelle Schaupolitik“[4]. Daraus ergeben sich Probleme für das Verständnis des Politischen und somit auch für seine Legitimierung.
Diese Arbeit hat zum Ziel, die Problemfelder politische Kommunikation aufzuzeigen. Im ersten Teil werden die gewachsene „Mehrebenenstruktur“ und die Komplexität des politischen Handelns in der globalisierten Welt dargestellt. Auf dieser Grundlage werden dann im zweiten Teil die Probleme innenpolitischer Kommunikation und der Kommunikation in einzelnen Handlungsfeldern der Politik beschrieben.
II.) Politische Kommunikation in der globalisierten Welt
Die politische Kommunikation in der globalisierten und vernetzten Welt verläuft nicht mehr horizontal und eindeutig zwischen verschiedenen, klar voneinander abgegrenzten Ebenen. Die einzelnen Staaten sind in intergouvernementalen Organisationen vereint. In diesen vertreten die einzelnen Regierungen ihre Interessen. Gleichzeitig sind sie aber auch mit NGOs verbunden, über die sie etwa Lobbyarbeit für bestimmte Ziele betreiben können. So hat sich neben dem Weltmarkt für Waren auch ein Weltmarkt für politische Modelle und Ideen entwickelt. Politische Transaktionen, der Austausch von Ideen, ist jedoch komplexer als der Austausch von Gütern. Sie werden nicht einfach am Markt gehandelt, sondern der Tausch muss begleitet sein von umfangreichen Kommunikationsbeziehungen, in denen nicht nur der Preis, sondern auch viele inhaltliche Merkmale des Gutes bestimmt werden. Der Austausch von Ideen entwickelt sich also nur über die Kommunikation[5].
II.1) Traditionelle Modelle der Interessenvermittlung
In der ursprünglichen rechtsstaatlichen Idealvorstellung wird dem Parlament die entscheidende Rolle in der Politikformulierung zugewiesen. Programme werden vor allem über parlamentsinterne Kommunikation produziert, die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen verpflichtet und geben Regierung und Verwaltung Handlungsanweisungen. Aber in modernen Gesellschaften verfügen die Parlamente nicht mehr über genug Informationsressourcen, um alleine zu entscheiden. Das Wissen über die komplexen Zusammenhänge in Wirtschaft und Politik ist verteilt, zusätzliche Akteure, wie etwa die Gewerkschaften und Wirtschaftslobbyisten, gewinnen an Macht. Es entstehen viele Kommunikationsbeziehungen bei der politischen Willensbildung, die laut Verfassung eigentlich nicht vorkommen dürften. Um die Parlamente hat sich ein Informationsnetz gebildet, Programme entstehen über direkte Verbindungen mit einem breiten Spektrum nichtstaatlicher Akteure[6].
Die Modelle in folgendem Schaubild von Volker Schneider[7] zeigen Idealtypen der Interessenvermittlung, wie sie lange gültig waren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im ursprünglichen rechtsstaatlichen Modell nehmen die Parteien die Forderungen von Wirtschaft und Gewerkschaften auf, verarbeiten sie und leiten sie an ihre Abgeordneten im Parlament weiter. Dort wird nun beraten, ausgearbeitet und abgestimmt. Das Ergebnis geht an die Regierung, die wiederum die Verwaltung mit der Umsetzung beauftragt. Vor allem fungiert aber jeweils die untere Ebene als Kontrollorgan der darüber liegenden.
Schon komplizierter wird es in Arthur Benleys Pressure-Pluralism-Modell von 1967. Hier üben die gesellschaftlichen Gruppen bereits Druck auf alle politischen Ebenen aus. Dabei herrscht zwischen allen Gruppen Konkurrenz, die Akteure wägen jeweils ab, wen sie unterstützen um ihre Interessen durchsetzen zu können[8].
Im organisierten Pluralismus rückt dann die Regierung weiter ins Zentrum. Es findet ein direkter Austausch mit den Lobbyisten der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen statt, diese greifen direkt in die Gestaltung des Politischen ein.
Im (neo-)korporatistischen Modell hat das Parlament schließlich nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Politik bildet sich vielmehr aus Verhandlungen zwischen der Regierung und den Monopolverbänden. In Richtung dieses Modells hat sich, auf nationaler Ebene, der Trend hinbewegt. Der Staat wird zum „Verhandelnden Staat“, der Austausch mit den verschiedenen Gruppen nimmt zu, die Politiker im Parlament sind den komplexen Handlungsbedingungen des Politischen immer weniger gewachsen[9]. Dies führt dazu, dass zunehmend Lobbyisten als Experten gefragt sind, obwohl diese schon von ihrem Status her der Interessenpolitik stärker zuneigen, als Parlamentarier oder Regierungen dies sollten.
II.2) Kommunikationschaos in der verflochtenen Mehrebenenstruktur
Schon die Modelle oben sind kompliziert, für die Handelnden, vor allem aber auch für die Bürger, die Politik verstehen wollen – und für das Funktionieren der Demokratie eigentlich auch dazu in der Lage sein müssten. Aber bisher haben wir uns nur auf der nationalen Ebene bewegt, diese wird aber immer stärker von internationalen Institutionen und Entscheidungen geprägt. „Die Vollendung der Internationalisierung der Geld-, Waren- und Kapitalmärkte, die grenzüberschreitende Wirkung ökologischer Gefährdungen ebenso wie die globalen Netze der Informationsübertragung treiben die Wirkungseinheit einer Weltgesellschaft in großen Schritten voran, in der die zentralen Handlungsfolgen alle nationalen Grenzen hinter sich lassen“, schrieb Thomas Meyer schon 1994[10]. Und nachdem sich die Märkte bereits globalisiert hatten, entwickelte auch die Politik immer stärkere internationale Bezugsrahmen. Inter-, trans- und supranationale Organisationen gewinnen an Bedeutung. Das nächste Schaubild[11] zeigt, wie diese neuen Handlungsebenen in einer verflochtenen Mehrebenenstruktur das Kommunikationschaos perfekt machen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Schaubild zeigt, dass die traditionelle Trennung von innen- und außenpolitischen Entscheidungsprozessen nicht aufrecht zu erhalten ist, weil die politischen und ökonomischen Verflechtungen immer enger werden. Jeder kommuniziert mit jedem, die Kommunikation mit einem Akteur, wird auch von allen anderen wahrgenommen – und kann wiederum Einfluss auf die zukünftige Kommunikation mit ihm haben. Zudem sind binnenstaatliche Entwicklungen zunehmend abhängig von nationalstaatsexternen Daten. Die Diskussion um die Lohnstruktur in Deutschland im Vergleich zu der in den neuen EU-Ländern ist nur ein Beispiel dafür. So entsteht der Zwang, externe Faktoren in politische Programme einzubeziehen[12].
Die Bildung internationaler Komitees auf Kabinettsebene und internationaler Interessenverbände sind grenzüberschreitende Mittel der Interessenvermittlung. Die nationalen Regierungen können dadurch aber ihre exklusive Vermittlungs-Position verlieren[13]. Verbände artikulieren ihre Interessen immer häufiger auch über transnationale Organisationen, Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen deutsche Gesetze sind dafür einleuchtende Beispiele.
Insgesamt verläuft die Kommunikation in der Weltgesellschaft noch weniger horizontal und eindeutig, als auf Nationalstaatsebene. Die Staaten sind in Intergouvernementalen Organisationen vertreten. Diese sind Knotenpunkte der Interessen, wie die Regierung im Staat schon selbst. Es entstehen Querbeziehungen zwischen den verschiedenen internationalen Ebenen, eine deutsche NGO kann beispielsweise gegenüber anderen Regierungen als Lobbyist für deutsche (Regierungs-)Interessen auftreten.
Diese vielstimmige Kommunikation macht die globalisierte Welt aus, ist aber kaum noch nachzuvollziehen. Bei allen weiteren Problembeschreibungen in dieser Arbeit, bildet die Kenntnis dieses Mehrebenen-Kommunikationsmodell die Grundlage.
III.) Außenpolitische Kommunikation
Wie bereits oben erwähnt, ist die außen- nicht mehr von der innenpolitischen Kommunikation zu trennen. Adressat von Außenpolitik sind in der Informationsgesellschaft, in der Bilder von jeder internationalen Regierungskonsultation gleich danach daheim in den Nachrichten kommen, immer auch die eigenen Wähler. Andersherum beeinflusst das innenpolitische Auftreten auch zunehmend die internationalen Beziehungen, da die politischen Vorgänge in einem Land über die Medien weltweit bekannt gemacht werden[14].
Dabei wird wiederum die zentrale Bedeutung der Kommunikation für das Politische deutlich. Auch zwischen Regierungen und internationalen Zivilgesellschaften ist Austausch die Voraussetzung für Annäherungen. Die Kommunikationsfähigkeit einzelner Regierungen und ihr Gewicht im internationalen Austausch wird dabei unter dem Begriff „Soft Power“ zusammengefasst[15]. Organisationen wie UNO oder EU sollen für Transparenz in diesen Kommunikationsprozessen sorgen. Dass Isolation eine ihrer wesentlichen Sanktionsmöglichkeiten ist, zeigt wiederum die zentrale Bedeutung des Austauschs.
Dieser findet direkt zwischen Regierungen beziehungsweise staatlichen Institutionen mit verbindlicher Entscheidungskompetenz statt. Ebenso aber auch über die Medien oder die internationale Öffentlichkeit. Der internationale Austausch zwischen gesellschaftlichen Akteuren und Interessenvertretern wird dabei als „transnationale Kommunikation“ bezeichnet.
[...]
[1] Vgl. JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Vorwort. In: JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen/Wiesbaden 1998.
[2] Vgl. SAXER, Ulrich: System, Systemwandel und politische Kommunikation. In: JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen/Wiesbaden 1998, S. 21.
[3] MEYER, Thomas: Was ist Politik? Opladen 2000, S. 127.
[4] MEYER, Thomas: Die Transformation des Politischen. Frankfurt a.M. 1994, S. 137. Vgl. dazu auch: EDELMANN, Murray: Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns. Frankfurt/M. 1990.
[5] Vgl. SCHNEIDER, Volker: Politische Kommunikation in Mehrebenenstrukturen: Zwischen Internationalem System und nationalstaatlichen Handlungsfeldern. In: JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen/Wiesbaden 1998, S. 508.
[6] Vgl. Ebenda, S. 509.
[7] Ebenda, S. 510.
[8] Vgl. Ebenda, S. 511.
[9] Vgl. Ebenda.
[10] MEYER, Thomas: Die Transformation des Politischen. Frankfurt a.M. 1994, S. 41.
[11] Aus: SCHNEIDER, Volker: Politische Kommunikation in Mehrebenenstrukturen: Zwischen Internationalem System und nationalstaatlichen Handlungsfeldern. In: JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen/Wiesbaden 1998, S. 513.
[12] Vgl. Ebenda, S. 512.
[13] Vgl. Ebenda, S. 513.
[14] Vgl. JÄGER, Thomas: Außenpolitische Kommunikation. In: : JARREN, Otfried, SARCINELLI, Ulrich, SAXER, Ulrich: Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen/Wiesbaden 1998, S. 516.
[15] Vgl. Ebenda, S. 517.
- Quote paper
- Felix Mannheim (Author), 2005, Probleme politischer Kommunikation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40866
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