Der hochmittelalterliche Landesausbau ist eine gesamteuropäische Erscheinung, deren Charakter einzigartig ist. Nie zuvor und nie hernach wurden in einem solchen Maße planmäßig Flächen für die Landwirtschaft urbar gemacht. Er verwandelte das Bild der Kulturlandschaft in Dimensionen, wie sie höchstens zur Zeit der Industrialisierung im 19./20. Jahrhundert aufzufinden sind. Kaum ein anderes Ereignis fordert Wissenschaftler so vieler Disziplinen heraus. Die Erforschung des Landesausbaus im hochmittelalterlichen Europa ist gewissermaßen ein Schulbeispiel für die Notwendigkeit eines interdisziplinären Vorgehens. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Stand der neueren Forschung bezüglich der Gründe, der Träger und Initiatoren sowie der Formen des Landesausbaus darzubringen. Der zeitliche Rahmen, welchem der Inhalt der Literatur zugrunde liegen soll, ist bereits in der Aufgabenstellung gegeben. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, daß der konkrete Anteil der Salier an den Ausbauvorgängen nicht immer eindeutig erfaßt werden kann. Räumlicher Bearbeitungsrahmen ist das deutsche Reich im besagten Zeitraum sowie die östlichen Marken jenseits der Saale, was aber unter keinen Umständen den Verdacht erwecken soll, daß nur dort Landflächen urbar gemacht wurden.
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlegung
1.1 Einleitung
1.2 Problemstellung
1.3 Begriffskennzeichnung
2 Die neuere Forschung zum Landesausbau der Salierzeit
2.1 Die neuere Forschung zum inneren Landesausbau
2.1.1 Die neuere Forschung zum Landesausbau in den Marschgebieten
2.1.2 Die neuere Forschung zum Landesausbau in Mittel- und Süddeutschland
2.2 Die neuere Forschung zum äußeren Landesausbau
3 Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
1 Grundlegung
1.1 Einleitung
Der hochmittelalterliche Landesausbau ist eine gesamteuropäische Erscheinung, deren Charakter einzigartig ist. Nie zuvor und nie hernach wurden in einem solchen Maße planmäßig Flächen für die Landwirtschaft urbar gemacht. Er verwandelte das Bild der Kulturlandschaft in Dimensionen, wie sie höchstens zur Zeit der Industrialisierung im 19./20. Jahrhundert aufzufinden sind.
Kaum ein anderes Ereignis fordert Wissenschaftler so vieler Disziplinen heraus. Die Erforschung des Landesausbaus im hochmittelalterlichen Europa ist gewissermaßen ein Schulbeispiel für die Notwendigkeit eines interdisziplinären Vorgehens.
1.2 Problemstellung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Stand der neueren Forschung bezüglich der Gründe, der Träger und Initiatoren sowie der Formen des Landesausbaus darzubringen.
Der zeitliche Rahmen, welchem der Inhalt der Literatur zugrunde liegen soll, ist bereits in der Aufgabenstellung gegeben. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, daß der konkrete Anteil der Salier an den Ausbauvorgängen nicht immer eindeutig erfaßt werden kann.
Räumlicher Bearbeitungsrahmen ist das deutsche Reich im besagten Zeitraum sowie die östlichen Marken jenseits der Saale, was aber unter keinen Umständen den Verdacht erwecken soll, daß nur dort Landflächen urbar gemacht wurden.
1.3 Begriffskennzeichnung
Eine allgemein anerkannte Definition für ‚Landesausbau‘ gibt es nicht. Im Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte heißt es, daß Landesausbau „die Schaffung neuer Siedler- und Bauernstellen“ und auch „Instrument zum Aufbau eines Landes“[1] sei. Walter Janssen spricht von einem Prozeß, der mit „einer räumlichen Veränderung von Bevölkerung verbunden (ist), die die Altsiedelgebiete hinter sich läßt“[2].
In diesem Sinne wird hier unter Landesausbau der Aus- und Neubau von Siedlungen sowie die Erschaffung landwirtschaftlicher Nutzflächen auf bis dahin ungenutzten Gebieten verstanden. Gelegentlich findet auch die Bezeichnung Binnenkolonisation Verwendung. Städtegründungen werden in diesem Zusammenhang nicht als Mittel des Landesausbaus gesehen.
Des weiteren wird zwischen innerem und äußerem Landesausbau unterschieden. Unter inneren Landesausbau fallen hier alle Maßnahmen, die sich innerhalb der weltlichen Herrschaftsgebiete Deutschlands ereigneten, also auch Vorgänge in bis dato unbesiedeltes Gebirgsland. Mit äußerem Landesausbau werden diejenigen Unternehmungen bezeichnet, die von Deutschen in Gebiete anderer Völker verliefen; ergo die in die Marken.
2 Die neuere Forschung zum Landesausbau der Salierzeit
2.1 Die neuere Forschung zum inneren Landesausbau
2.1.1 Die neuere Forschung zum Landesausbau in den Marschgebieten
Der Landesausbau in den friesischen Seemarschgebieten wurde durch den Bau von Deichen geprägt. Auf schriftliche Quellen, die über die frühe Bedeichung berichten, kann die Forschung kaum zurückgreifen. Vermutlich ist das ein Grund dafür, daß dieses Thema in der neueren Forschung eher stiefmütterlich behandelt wurde. In neueren allgemeinen mittelalterlichen Geschichtsbetrachtungen wurde auf den Deichbau nicht explizit eingegangen; wenn überhaupt, wurde diese Form der Landerschließung lediglich erwähnt. Darstellungen in Form von Aufsätzen liegen zu verschiedenen Gebieten der Nordseeküste vor.
Peter Schmid[3] rekonstruiert den Vorgang des Landesausbaus verschiedener Orte der niedersächsischen Küste[4] durch das Zusammenführen historisch-geographischer und archäologischer Untersuchungen. Der Verlauf von ringförmigen Sommerdeichen zum Schutz von Wirtschaftsfluren wurde anhand von älteren Gewässer- und Wegsystemen nachgebildet. Durch archäologische Funde konnten die Anfänge des Deichbaus auf das 11. Jahrhundert datiert werden[5]. Ein erster indirekter schriftlicher Nachweis für das Vorhandensein von Deichen in Niedersachsen liegt nach Schmid aus dem Jahre 1113[6] vor. Des weiteren untermauert er seine Datierung dem Vorhandensein friesischer Rechtssatzungen aus dem späten 11. Jahrhundert, in denen von Deichfrieden die Rede ist[7].
Zu etwas anderen Ergebnissen kommt Dirk Meier, der sich jedoch mit Landschaften der schleswig-holsteinischen Küste befaßt hat[8]. Archäologische Untersuchungen in Dithmarschen haben ergeben, daß in salischer Zeit Dorfwurten gebaut und erweitert wurden[9].
[...]
[1] Herberger, M.: Artikel <Landesausbau>, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd.2, Berlin 1978, Sp.1366.
[2] Janssen, Walter: Landnahme – Landausbau – Landorganisation im Hochmittelalter, in: Müller-Wille, Michael; Schneider, Reinhard (Hrsg.): Ausgewählte Probleme europäischer Landnahmen des Früh- und Hochmittelalters. Methodische Grundlagendiskussion im Grenzbereich zwischen Archäologie und Geschichte, Teil 2, (=Vorträge und Forschungen, Bd. 41), Sigmaringen 1994, S. 19.
[3] Schmid, Peter: Mittelalterliche Besiedlung, Deich- und Landesausbau im niedersächsischen Marschgebiet, in: Böhme, Horst Wolfgang (Hrsg.): Siedlungen und Landesausbau zur Salierzeit. Teil 1 In den nördlichen Regionen des Reiches, Sigmaringen 1991, S. 9-36.
[4] Im Folgenden werden derartige Bezeichnungen nach heutigen geographischen Gliederungen verwendet.
[5] Vgl. Schmid (wie Anm. 3), S. 20; 23; 26; 32-33.
[6] Es handelt sich hierbei um eine Urkunde des Bremer Erzbischofs Friedrich I. zu einem Vertrag mit holländischen Kolonisten, bei dem Kenntnisse im Deichbau Voraussetzung sein müssen. Vgl. Schmid (wie Anm. 3), S.21. Aber: Die Urkunde stammt vermutlich aus dem Jahr 1106 - es ist von Kaiser Heinrich IV. die Rede – was für das hier behandelte Thema jedoch ohne Bedeutung ist. Vgl. Franz, Günther (Hrsg.): Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, (=Freiherr vom Stein – Gedächtnisausgabe. Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd.31), Darmstadt 1967, Nr.67.
[7] Vgl. Schmid (wie Anm. 3), S.21.
[8] Meier, Dirk: Trutz, Blanke Hans. Mittelalterlicher Deichbau und Existenzkampf an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, in: Spindler, Konrad (Hrsg.): Mensch und Natur im mittelalterlichen Europa. Archäologische, historische und naturwissenschaftliche Befunde, (=Schriftenreihe der Akademie Friesach, Bd.4), Klagenfurt 1998, S. 129-165.
[9] Vgl. Meier (wie Anm. 8), S. 141.
- Arbeit zitieren
- Tobias Jantz (Autor:in), 2002, Die neuere Forschung zum Landesausbau der Salierzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40819
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