Einleitung
Oftmals sei das Urteil über gegenwärtige Kunst von verzweifelter Unsicherheit geprägt2, so Hans-Georg Gadamer in »Wahrheit und Methode«. Der Abstand der Zeit, so führt er aus, sei hingegen als eine produktive und hilfreiche Bedingung anzusehen, wenn es gelte, ein angemessenes Verständnis von literarischen Texten oder, ganz allgemein gesprochen, überhaupt von Kunstwerken zu entwickeln. Denn nur dem geschichtlich entrückten Kunstgegenstand vermögen wir bei der Beurteilung seiner Bedeutung mit einem höheren Maß an Sicherheit zu begegnen, und zwar deshalb, weil wir durch den Abstand der Zeit freier würden von unkontrollierbaren Vorurteilen3, die uns in der Auseinandersetzung mit gegenwärtiger Kunst im Moment „[...] viel zu sehr einnehmen, als daß wir sie wissen [...]“4 und erkennen könnten. Daher seien wir bei der Beurteilung von gegenwärtiger Kunst auch nicht in der Lage, die mögliche Berechtigung und eventuelle Gültigkeit unserer zeitlich und damit jeweils geschichtlich bedingten Vorurteile, die unser Bemühen um ein adäquates Verständnis von Kunst und ihrer Bedeutung immer unbewußt mitbestimmen, durch kritisches Hinterfragen auf die Probe zu stellen. Statt dessen würden wir sie im Verstehensprozeß von gegenwärtiger Kunst vielmehr unbewußt applizieren und könnten sie folglich in ihrer Wirkung, wo eigentlich notwendig, auch nicht suspendieren. Dies habe jedoch zur Folge, so Gadamer, daß wir die Bedeutung des aktuellen Kunstwerkes nur sehr schwer, wenn überhaupt, angemessen erfassen könnten, weil sie eben oftmals erst gar nicht die Möglichkeit erhielte, sich von unseren Vorurteilen abzuheben.
Nun zählt das Romanwerk Lion Feuchtwangers (*München 1884, † Kalifornien, USA 1958) ganz gewiß nicht zur gegenwärtigen Literatur. Statt dessen gehört es überwiegend zu jenem speziellen Abschnitt der deutschsprachigen Literaturgeschichte, dem man das Schrifttum derer zuordnet, die nach der Machtübernahme Hitlers, dem Reichstagsbrand und der Bücherverbrennung vor politischer oder rassistischer Verfolgung aus Deutschland flohen und deren Werke deshalb zwischen 1933 und 1945 – aber auch noch danach – im Ausland, im Exil entstanden. Doch obwohl die Werke der deutschen Exilliteratur damit einer literaturgeschichtlichen Epoche angehören, die schon geraume Zeit zurückliegt, ist der Umgang mit ihnen nicht ganz unproblematisch. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Bedingungen für die Rezeption Feuchtwangers nach
2.1. Innere und äußere Emigration – diese Kontroverse triff auch Feuchtwanger
2.2. Die Kulturpolitik der Besatzungsmächte – ein weiterer Grund für
Feuchtwangers positive Aufnahme im Osten und seine Ablehnung im Westen Deutschlands
2.3. »Moskau 1937« – auch kleine Bücher machen Schicksale
2.4. Der Autor von »Waffen für Amerika« und Verehrer Franklins
vor dem McCarthy-Ausschuß in den USA
2.5. »Die Jüdin von Toledo« im Umfeld der Wiederbewaffnung und als Absage an die Gewalt
2.6. Tendenzen der Feuchtwanger-Rezeption in Ost- und in Westdeutschland
3. Herleitung der Fragestellung
3.1. Goya, ein Künstler unter vielen in Feuchtwangers Werk
3.2. Jacques Tüverlins und Sepp Trautweins Entwicklung
3.3. »Goya oder Kunst und Politik«
3.4. In »Erfolg« wird Goyas Entwicklung vom „Nur-Künstler“ zum Künstler
(andeutungsweise) vorweggenommen
3.5. Lion Feuchtwanger und der Ästhetizismus der Décadents
3.6. »Goya« – Feuchtwangers Antwort auf die Frage: Wie muß Kunst beschaffen sein,um verändernd auf die Gesellschaft wirken zu können?
4. Goya macht sich auf den Weg der Erkenntnis
4.1. »Goya« im Kontext der Revolutionstrilogie
4.2. Erzählperspektive
4.3. Das historische Umfeld des »Goya«-Romans
4.4. Goyas Weg vom Hofmaler zum Kritiker gesellschaftlicher Verhältnisse
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
6.1. Textgrundlagen
6.2. Sekundärliteratur
» Goya« – der Schlüsselroman zum Kunst- und Literaturverständnis Lion Feuchtwangers?
Oder:
„Künstlerische Begabung, mit politischer Leidenschaft vereint, könnte das Höchste erzielen, was der Mensch zu erreichen vermag.“[1]
1 Einleitung
Oftmals sei das Urteil über gegenwärtige Kunst von verzweifelter Unsicherheit geprägt[2], so Hans-Georg Gadamer in »Wahrheit und Methode«. Der Abstand der Zeit, so führt er aus, sei hingegen als eine produktive und hilfreiche Bedingung anzusehen, wenn es gelte, ein angemessenes Verständnis von literarischen Texten oder, ganz allgemein gesprochen, überhaupt von Kunstwerken zu entwickeln. Denn nur dem geschichtlich entrückten Kunstgegenstand vermögen wir bei der Beurteilung seiner Bedeutung mit einem höheren Maß an Sicherheit zu begegnen, und zwar deshalb, weil wir durch den Abstand der Zeit freier würden von unkontrollierbaren Vorurteilen[3], die uns in der Auseinandersetzung mit gegenwärtiger Kunst im Moment „[...] viel zu sehr einnehmen, als daß wir sie wissen [...]“[4] und erkennen könnten. Daher seien wir bei der Beurteilung von gegenwärtiger Kunst auch nicht in der Lage, die mögliche Berechtigung und eventuelle Gültigkeit unserer zeitlich und damit jeweils geschichtlich bedingten Vorurteile, die unser Bemühen um ein adäquates Verständnis von Kunst und ihrer Bedeutung immer unbewußt mitbestimmen, durch kritisches Hinterfragen auf die Probe zu stellen. Statt dessen würden wir sie im Verstehensprozeß von gegenwärtiger Kunst vielmehr unbewußt applizieren und könnten sie folglich in ihrer Wirkung, wo eigentlich notwendig, auch nicht suspendieren. Dies habe jedoch zur Folge, so Gadamer, daß wir die Bedeutung des aktuellen Kunstwerkes nur sehr schwer, wenn überhaupt, angemessen erfassen könnten, weil sie eben oftmals erst gar nicht die Möglichkeit erhielte, sich von unseren Vorurteilen abzuheben.
Nun zählt das Romanwerk Lion Feuchtwangers (*München 1884, † Kalifornien, USA 1958) ganz gewiß nicht zur gegenwärtigen Literatur. Statt dessen gehört es überwiegend zu jenem speziellen Abschnitt der deutschsprachigen Literaturgeschichte, dem man das Schrifttum derer zuordnet, die nach der Machtübernahme Hitlers, dem Reichstagsbrand und der Bücherverbrennung vor politischer oder rassistischer Verfolgung aus Deutschland flohen und deren Werke deshalb zwischen 1933 und 1945 – aber auch noch danach – im Ausland, im Exil entstanden. Doch obwohl die Werke der deutschen Exilliteratur damit einer literaturgeschichtlichen Epoche angehören, die schon geraume Zeit zurückliegt, ist der Umgang mit ihnen nicht ganz unproblematisch. Schließlich ist die historische Distanz zu diesen Werken nicht so groß, als daß man behaupten könnte, wir liefen nun nicht mehr so schnell Gefahr, den geschichtlich bedingten Vorurteilen, die in den Verstehensprozeß dieser Werke und deren noch relativ junger Wirkungsgeschichte mit eingegangen sind, unbewußt zu erliegen.
Ferner ist die Auseinandersetzung mit dieser Literatur aber auch aus anderen Gründen, die mit ihrer Eigenart selber zusammenhängen, schon immer in besonderer Weise von Vorurteilen beherrscht gewesen. Denn bei aller Diversität und Reichhaltigkeit in künstlerischer, aber auch in politischer Hinsicht, die innerhalb der großen und sehr heterogenen Gruppe der deutschsprachigen Exilautoren herrschte, so läßt sich von den Autoren dieser Gruppe eines vielleicht mit einem gewissen Anspruch auf Allgemeingültigkeit sagen: Es waren Autoren, die ihr literarisches Schaffen zwar nicht ausschließlich, aber in bedeutendem Maße mit politischen Wirkungsabsichten verbanden und es in vielen Fällen als Ausdruck ihres Kampfes gegen den Faschismus in Deutschland verstanden. Allerdings blieb die Wirkung der Exilliteratur im Kampf gegen den Faschismus weitestgehend aus. Schließlich war der deutschsprachige Raum seit spätestens 1939 nahezu vollkommen abgeriegelt, und es gab ausgeklügelte und effektive Mechanismen, mit denen es die Nationalsozialisten zu verhindern wußten, daß irgendwelches Schrifttum in größerem Umfang unkontrolliert ins Deutsche Reich hineingelangen konnte. Infolgedessen fanden die Werke der Exilautoren auch kaum den Weg zu jenen Lesern, für die sie eigentlich und ursprünglich gedacht waren.
Nach der Teilung Deutschlands und der Gründung der beiden deutschen Staaten reagierte man in der DDR und in der Bundesrepublik dann sehr unterschiedlich auf die bis dahin nahezu unbekannten Werke der Exilautoren. Im Zuge der Systemkonfrontation zwischen Ost und West fand die allmählich und nur zögerlich beginnende Aneignung dieser Literatur, die ja aufgrund ihrer Entstehungsbedingungen ohnehin sehr stark mit politischen Gehalten aufgeladen war und sich auch schon deshalb leicht für ideologische Auseinandersetzungen mißbrauchen ließ, in einem politischen Umfeld und Klima statt, das eine unvoreingenomme Auseinandersetzung mit ihr für lange Zeit verhinderte. Statt dessen bestimmten scheinbar vielmehr außerliterarische und im weitesten Sinne ideologisch geprägte Kriterien die Rezeption der Exilliteratur.[5] Aus diesem Grund kommt der Rezeptionsgeschichte dieser Literatur aber auch eine besondere Bedeutung zu: Denn es gilt, sie im besonderen Maße als eine Möglichkeit zu betrachten, die uns im Sinne einer kritischen Selbstaufklärung der Gegenwart helfen kann, zu erkennen, wie und unter welchen Bedingungen in der Geschichte jene Urteile über die Exilliteratur zustande gekommen sind, die noch immer und zum größten Teil unbewußt unser gegenwärtiges Verständnis von ihr bewirken. Insofern ist es der Eigenart des zu untersuchenden Gegenstandes geschuldet, daß es im Sinne eines hermeneutischen Verfahrens zunächst einmal sehr sinnvoll ist, sich die Wirkungsgeschichte und die Faktoren zu vergegenwärtigen, unter denen die Auseinandersetzung mit Lion Feuchtwangers Werk als Bestandteil der Exilliteratur nach 1945 stattfand. Denn wenn „[...] wir aus der für unsere hermeneutische Situation im ganzen bestimmenden historischen Distanz eine historische Erscheinung zu verstehen suchen, unterliegen wir immer bereits der Wirkung der Wirkungsgeschichte“[6]. Und nur wenn wir sie kennen, besser gesagt, zumindest versuchen, uns einen Eindruck von ihr zu verschaffen, können wir die Gefahr verringern, daß wir tradierte Vorurteile im Verstehensprozeß unbewußt applizieren, anstatt sie ins Bewußtsein zu heben und auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Insofern ist es aus methodischen Gründen vielleicht erlaubt, die eigentliche Fragestellung dieser Arbeit für eine Weile zurückzustellen, um sich den Bedingungen zuwenden zu können, unter denen Lion Feuchtwangers Werk als Bestandteil der Exilliteratur rezipiert wurde.
2 Bedingungen für die Rezeption Feuchtwangers nach 1945
Lange Zeit wurde das Werk des deutsch-jüdischen Autors Lion Feuchtwanger von den Kritikern in der Bundesrepublik gemieden, stieß es auf Ablehnung und lief Gefahr, vergessen zu werden. Damit war Lion Feuchtwanger gewiß kein Einzelfall. Zahlreichen Autoren, beispielsweise Alfred Döblin, Heinrich Mann und Leonhard Frank, um nur einige wenige zu nennen, die den Greueltaten der Nationalsozialisten genauso wie Lion Feuchtwanger nur dadurch entgangen waren, daß sie nach der »Machtergreifung« Hitlers ins Exil flohen, war man unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht sehr wohlgesonnen, zumindest nicht in den Zonen der westlichen Besatzungsmächte. Häufig wurden hier all jene, die versucht hatten, während der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mit ihren schriftstellerischen Werken aus dem Exil nach Deutschland hinein und eindeutig gegen den Nationalsozialismus zu wirken, nahezu angefeindet. Die Bezeichnung ‚Emigrantenliteratur’, mit der man damals das Werk der Exilautoren unpassenderweise zu bezeichnen pflegte, hatte im Westen Deutschlands und in der späteren Bundesrepublik in jedem Fall eine stark abwertende Bedeutung[7]. Und es schien sich in diesem Zusammenhang zu bewahrheiten, was Thomas Mann über sich selber und seinesgleichen in der Ansprache zum Goethejahr ausführte, nämlich daß „[...] der Emigrant in Deutschland wenig gilt, – er hat noch nie viel gegolten in einem von politischen Abenteuern heimgesuchten Land“[8].
2.1 Innere und äußere Emigration – diese Kontroverse triff auch Feuchtwanger
Die Kontroverse, die alsbald nach dem 8. Mai 1945 zwischen Thomas Mann auf der einen, Walter von Molo und Frank Thieß auf der andere Seite aufkam, war sehr folgenreich für die Rezeption der Exilliteratur im Westen Deutschlands. In dieser Auseinandersetzung reklamierten die Letztgenannten als Autoren und Vertreter der ‚inneren Emigration’ eine größere moralische Integrität für die geistige Führung Deutschlands und für den erhofften kulturellen Neuanfang. Sie begründeten ihren moralischen Führungsanspruch im wesentlichen damit, daß sie die „deutsche Tragödie“[9] nicht aus dem Ausland verfolgt hätten und daß dieses Schicksal im Gegensatz zum „Herzasthma des Exils“[10] eines Thomas Manns viel leidvoller gewesen sei. Auch hätten diejenigen, so behauptet Frank Thieß, die in Deutschland ausgeharrt hätten und ihr Leben aus der „schauerlichen Epoche“ hätten retten können, derart viel für ihre geistige und menschliche Entwicklung gewonnen, daß sie reicher an Wissen und Erleben daraus hervorgegangen seien als jene, die während dieser Zeit „von den Logen- und Parterreplätzen“[11] des Auslandes lediglich nur zugeschaut hätten.[12] Diese unselige Kontroverse also führte nach 1945 in den westlichen Besatzungszonen und später in der Bundesrepublik mit zur vorherrschenden „[...] Ablehnung eines jeden, der sich lossagte [...]“[13], so empfand es zumindest Thomas Mann. Mit jenem verdammungswürdigen Artikel, mit dem dann schließlich Frank Thieß öffentlichkeitswirksam „Abschied von Thomas Mann“[14] nahm, dessen Erwiderungen in dieser Auseinandersetzung im übrigen auch nicht immer so großmeisterlich waren[15], wurde zu guter Letzt nicht nur der bedeutendste deutsche Autor des 20. Jahrhunderts gleichsam zum zweiten Mal ausgebürgert, wenngleich diesmal ‚nur’ im übertragenen Sinne, sondern mit ihm vielfach das Erbe der Exilliteratur überhaupt.
2.2 Die Kulturpolitik der Besatzungsmächte – ein weiterer Grund für Feuchtwangers positive Aufnahme im Osten und seine Ablehnung im Westen Deutschlands
Feuchtwangers Werk gehörte zweifelsfrei zur sogenannten ‚Emigrantenliteratur’, und es stand wie das seiner Kollegen und all derer, die das gemeinsame Schicksal des Exils verband, infolge jener beklagenswerten Kontroverse nach 1945 unter einem ablehnenden Verdikt, das lange Zeit wirksam war. Aber es gab darüber hinaus noch weitere Gründe, die erklären, wieso Lion Feuchtwangers Romane zu dieser Zeit kaum mehr den Weg zum Publikum fanden. Und diese Gründe sind mit der allgemeinen politischen Entwicklung in Deutschland nach 1945 verknüpft. Denn recht schnell und bereits vor dem öffentlichen Zerfall der großen Anti-Hitler-Koalition führten die unterschiedlichen Vorstellungen der Alliierten, wie man mit Deutschland nach dem Krieg verfahren solle, zu einer Verhärtung der politischen Gegensätze zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion. Die divergierenden weltanschaulichen Positionen, die aus den Verbündeten von einst allmähliche Widersacher und Systemgegner werden ließ, spiegelten sich auch im Politikfeld der Kultur wider. Auf beiden Seiten wurde die Kulturpolitik als Ausdruck der sich verschlechternden Beziehungen zwischen Ost und West in zunehmendem Maße von ideologischen Überlegungen geprägt.[16] Zum Druck und zur Veröffentlichung gelangte daher nur, was nach Auffassung der Kontrollorgane der jeweiligen Besatzungsmächte den entsprechenden kulturpolitischen Leitzielen entsprach.[17] Und wie restriktiv diese Leitziele auf beiden Seiten, im Osten wie im Westen Deutschlands, mitunter gewesen sein müssen, wird deutlich, wenn man im Sinne eines exemplarischen Beispiels die nachfolgenden Auswahlkriterien für jene etwa zehn Millionen Bücher[18] und Broschüren betrachtet, die die Amerikaner in der Zeit von 1945 bis 1948 im Zuge des »Re-Education-Programms« in ihrem Bereich verteilen ließen.
Ausgesucht wurden die Titel auf der Grundlage
1. ihres Beitrages zur Entwicklung demokratischer und antimilitaristischer (später: antikommunistischer)Vorstellungen bei den Deutschen;
2. ihres Beitrages zur Darstellung eines ‚unverzerrten Bildes’ vom Leben in den USA und eventuell in anderen
3. Demokratien;
4. ihrer vorteilhaften Präsentierung amerikanischer Errungenschaften auf den Gebieten der Kunst und der Wissenschaft;
5. ihres eigenen literarischen Wertes (‚intrinsic merit and value’).
Die Reihenfolge der Kriterien war, solange die Besatzungszeit dauerte, zugleich ihre Rangfolge.[19] Werke der deutsche Exilliteratur, die wegen Devisen- und Copyrightproblemen nicht nach Deutschland gelangen konnten, fanden unter diesen Umständen natürlich keinen Platz im Bücherpaket der Amerikaner. US-Schriftsteller, die den kulturpolitisch nicht gerade progressiven Militärs linkslastig oder ‚unamerikanisch’ vorkamen, wurden kurzerhand verboten.[20]
Unter diesen Umständen wundert es kaum, daß Lion Feuchtwangers Werke im Westen Deutschlands für längere Zeit weder neu verlegt wurden noch in irgendwelchen Bibliotheken zu finden waren. Schließlich hatte Lion Feuchtwanger während der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft mit anfänglich vielleicht berechtigtem Idealismus wie viele Intellektuelle der damaligen Zeit geglaubt, im Sozialismus der Sowjetunion verwirkliche sich die Utopie einer neuartigen und humaneren Staats- und Gesellschaftsordnung. Seine Hoffnungen, die sich auch, wie noch zu zeigen sein wird, in seinen Romanen niederschlugen, waren seinerzeit aber nicht zuletzt auch deshalb auf die Sowjetunion gerichtet gewesen, weil er dachte, wenigstens Stalin werde und könne Hitler als einziger Einhalt gebieten. Denn seit spätestens 1936 war im Zuge des Spanischen Bürgerkrieges klar geworden, daß England und Frankreich auf eine Politik des Appeasements gegenüber Deutschland setzten und von diesen Ländern deshalb keine Hilfe im Kampf gegen Hitler zu erwarten war.[21]
Im Westen Deutschlands schien man nach dem 8. Mai 1945 kein Verständnis mehr für das zuvor skizzierte Denken Feuchtwangers zu haben. Infolge seiner politischen Haltung wurde er deshalb von den westlichen Kulturbehörden als äußerst unsicherer Kantonist eingestuft. Er konnte daher nicht hoffen, seine Romane in den westlichen Besatzungszonen veröffentlichen zu dürfen. Der mögliche Einwand, es habe nach dem Krieg nicht genug Papier gegeben, weshalb es ohnehin sehr schwierig gewesen sei, so umfangreiche Romane wie jene von Lion Feuchtwanger zu drucken, mag vielleicht berechtigt sein. Ausschlaggebender für die Entscheidung der alliierten Kulturbehörden, Romane dieses Exilautors nicht zum Druck zuzulassen, war wohl aber unter anderem das politische Bekenntnis des Sepp Trautwein, so wie er es gegen Ende von »Exil« vor seinem Sohn Hanns ablegt, und man hielt dieses Bekenntnis mit einer gewissen Berechtigung auch wohl für das des Autors:
„Hast Du eigentlich eine Vorstellung, Hanns“, fragte er [Sepp Trautwein] scheinbar ohne Zusammenhang, „was ein Abbé ist?“ – „Keine rechte“, erwiderte Hanns. „Ich auch nicht“, meinte lächelnd Sepp. „Aber ich bilde mir ein, ein Abbé, das ist jemand, der der Kirche aus Neigung dient, aber nicht Schneid genug hat, sich durch ein Gelübde zu binden. So ein Abbé hat große Sympathien für die Kirche, aber den letzten Sprung will er nicht tun, und vielleicht kann er ihn auch nicht tun. Und siehst du, das ungefähr ist mein Verhältnis zu euch, zu eurem Marxismus. Wenn du mich heute fragst, wie ich zu euch stehe, dann sag ich dir: ich bin ein Abbé des Marxismus. Oder wie ihr es in eurer nüchternen Sprache ausdrückt, die keinen Saft und keine Blume hat: ich bin ein Sympathisierender.“ Hanns lachte. „Das ist schon allerhand“, erwiderte er, „und ich bin zufrieden mit uns beiden, daß wir es so weit gebracht haben. [...]“[22]
Als die politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Gegensätze durch den Aufbau der westlichen Wirtschaftszone, die Eingliederung der Tschechoslowakischen Republik (ÇSSR) in das sowjetische Herrschaftssystem 1947/48 und insbesondere durch die Berlin-Blockade 1948/49 beständig zunahmen und 1949 schließlich zur Teilung des gesamtdeutschen Staates und zum Beginn des „Kalten Krieges“ führten, mußten mit dieser historischen Zäsur auch endgültig alle Hoffnungen auf die Entwicklung einer gesamtdeutschen Kultur aufgegeben werden[23]. Für viele Jahre verstellten dann ideologische Gesichtspunkte, wie sie im wesentlichen durch die Kulturpolitik der Besatzungsmächte vorbereitet worden waren, im Zuge des sich rasch verschärfenden Ost-West-Konflikts auf beiden Seiten der Sektorengrenze und der späteren innerdeutschen Mauer den unvoreingenommenen Blick auf das Werk des gebürtigen Müncheners. Deshalb ließ man Lion Feuchtwanger im politisch konservativen Klima der Adenauer-Ära in der Bundesrepublik lange Zeit nahezu links liegen. Man war hier wohl insgeheim froh, wenn Lion Feuchtwanger als Staatenloser bleiben mußte, wo er war, und zwar in den USA, wo er 1958 im Alter von 74 Jahren verstarb.
In der DDR hingegen versuchte man sehr früh, Feuchtwangers Werk als spätes Erbe des humanistischen Denkens in den Kanon der antifaschistischen Literatur zu integrieren. Aber dieses Unterfangen war mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Und so sah beispielsweise Georg Lukács in Lion Feuchtwanger zwar einen „bedeutenden antifaschistischen Schriftsteller und kämpferischen Humanisten“[24], aber gleichzeitig strich er im Sinne einer grundsätzlichen Kritik an Lion Feuchtwanger heraus, er sei genauso wie Heinrich Mann qua seiner bürgerlichen Herkunft in Denkstrukturen verhaftet, die es ihm nicht gestatteten, im historischen Roman die zentrale und vitale Rolle des Volkes in geschichtlichen Veränderungsprozessen richtig zu begreifen und zu gestalten. Schließlich, so Lukács’ Kritik in nuce, betrachteten beide Schriftsteller in ihren historisch-biographischen Romanen das Volk lediglich als Objekt und Vehikel, das von jenen großen und isoliert dastehenden Männern der Geschichte in der Romanhandlung lediglich zu abstrakten Demonstrationszwecken ihrer bürgerlich-humanistisch geprägten Ideen und Ideale benutzt werde. Somit gingen die Impulse für geschichtliche Veränderungsprozesse als Ausdruck einer bürgerlichen Ideologie in den Romanen dieser Autoren letzten Endes stets von ‚oben’ aus. Walter Scott, gleichsam Schöpfer und Vater des realistischen Geschichtsromans im 19. Jahrhundert, sei im Vergleich zu den genannten Autoren volksnäher gewesen. Er habe nicht nur über das Volk geschrieben, so Georg Lukács weiter, sondern seine Helden hätten Geschichte stets als Volksschicksal empfunden und erlebt, weil sie noch unmittelbar mit dem Volk verbunden gewesen seien. Insofern seien die Helden Scottscher Prägung lediglich Exponenten geschichtsverändernder Prozesse und Strömungen gewesen, die ihren Ursprung aber naturgemäß im Volk gehabt hätten.[25]
Neben solchen prinzipiellen Schwierigkeiten, die dazu beitrugen, daß man Lion Feuchtwanger auch später nicht immer problemlos zum Bestandteil des literarischen Kanons in der DDR machen konnte, gab es aber auch noch weitere Unwägbarkeiten, die man im nachfolgenden Fall freilich sehr pragmatisch überwand: Als »Erfolg«, dieser so eminent wichtige „Anti-Hitler-Roman“[26] der Weimarer Republik und vielleicht Feuchtwangers wichtigstes Buch überhaupt, in der DDR in einer neuen und ‚überarbeiteten’ Ausgabe 1950 zum zweiten Mal erscheinen sollte, bedurfte es gewisser Kürzungen des Originaltextes von 1930.[27] Bei diesen Kürzungen handelte es sich um solche, in denen der Erzähler Ähnlichkeiten und Verbindungen zwischen Kommunisten und „Wahrhaft Deutschen“, wie die Parteigänger der NSDAP im Roman genannt werden, aufzeigt, Kritik am rücksichtslosen und menschenverachtenden Vorgehen Stalins gegen seine politischen und innerparteilichen Gegner anklingen läßt und Fälle von staatlicher Willkür und Despotie in der Sowjetunion anprangert. Darüber hinaus fehlt jene erlebte Rede, in der sich Jacques Tüverlin mit der marxistischen Geschichtswissenschaft auseinandersetzt und sie am Ende als „primitive Methode“[28] abtut. Ferner fiel auch die Schmährede des Ingenieurs Kaspar Pröckl auf die politischen Verhältnisse in der Sowjetunion den sinnverändernden Kürzungen des Originaltextes zum Opfer. Der Erzähler ist im ursprünglichen Text zwar bemüht, den Inhalt und die Heftigkeit dieser Rede auf die düstere Gemütsverfassung des Ingenieurs zurückzuführen, um damit zu unterstreichen, sie sei nicht gänzlich ernst gemeint. Erstaunlich ist sie aber dennoch. Schon deshalb, weil in dieser Rede anscheinend jene Partei-‚Säuberungs-Prozesse’ Stalins verurteilt werden, die Lion Feuchtwanger später in seinem Reisebericht »Moskau 1937« rechtfertigen wird:
In diese grantige Stimmung hinein platzte der Benno Lechner mit seinen Sorgen. Er sah bald, daß heute mit dem Kaspar nicht gut reden war, saß da, druckste herum, sprach von Allgemeinem. Auch da war Kaspar heute so scharf, daß man ihn am besten alleine reden ließ. Er schimpfte auf alles, verstieg sich in Theorien, die mehr heftig als richtig waren. Sowjet-Rußland, erklärte er, werde infolge der Überspannung der Parteidiktatur und infolge der bornierten Säuberungen der Partei durch die Machthaber mehr und mehr zum Klassenstaat, während die westlichen Demokratien behutsam, doch stetig auf den klassenlosen Staat hinarbeiteten. Er wurde in der Auslegung von Vorgängen und von Dogmen kühner. Schließlich prägte er den mehr für einen Refrain seiner Balladen als für die Propaganda geeigneten Satz: der Marxismus bezwecke nicht die Verteilung des Reichtums, sondern der Armut, nicht der Freiheit, sondern der produktiven Unfreiheit.[29]
Insgesamt, so kann man festhalten, dokumentiert »Erfolg«, vornehmlich in den Dialogen zwischen dem Schriftsteller Jacques Tüverlin, in dem viele Interpreten Feuchtwangers literarisch gestaltetes Selbstbildnis zu erkennen glauben[30], und dem Ingenieur Kaspar Pröckl, der wiederum als verschlüsselte Darstellung Bertolt Brechts gilt, auch die kritisch-distanzierte und äußerst skeptische Haltung Feuchtwangers gegenüber dem Kommunismus. Diese Haltung läßt er später vermissen und gibt sie auf, als er in »Moskau 1937« die Erlebnisse und Eindrücke seines mehrmonatigen Aufenthaltes in der Sowjetunion und seine persönliche Begegnung mit Stalin schildert.
2.3 »Moskau 1937« – auch kleine Bücher machen Schicksale
»Moskau 1937«, dieses kleine zuvor schon erwähnte Buch darf sicherlich nicht überschätzt werden. Vor dem Hintergrund des umfangreichen literarischen Lebenswerkes von Lion Feuchtwanger – am Ende waren es 17 Romane, über 20 Dramen, Erzählungen, Gedichte und mehr als 300 Essays, Rezensionen und Artikel[31] – nimmt es sich als Marginalie aus. Aber wer sich mit Lion Feuchtwanger auseinandersetzt, der kommt letztendlich nicht umhin, zu dieser ‚Marginalie’ Stellung zu nehmen. Der Punkt, der in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme herausfordert und damit den nachfolgenden Exkurs vielleicht rechtfertigt, betrifft weniger Lion Feuchtwangers politische Orientierung im allgemeinen und somit den Umstand, daß er sich ab 1933 zu einem „Sympathisanten“[32] des Sozialismus, respektive des Kommunismus hinentwickelt hat. Denn wie bereits ausgeführt wurde (vgl. S. 9), mag es zunächst, daß heißt in den 20er und frühen 30er Jahren, unter Gesichtspunkten der damaligen Zeit nachvollziehbare und verständliche Gründe gegeben haben, die in ihm und in vielen seiner Zeitgenossen die Hoffnung genährt hatten, im Sozialismus der Sowjetunion verwirkliche sich der Traum von einer besseren, das heißt humaneren und vernünftigeren Staats- und Gesellschaftsordnung. Auch hoffte Lion Feuchtwanger, daß es nach den zahlreichen Pogromen gegen die Juden, zu denen es während der zaristischen Herrschaft gekommen war, in der neuen Sowjetgesellschaft entweder möglich sei, sie politisch und wirtschaftlich zu integrieren, oder aber daß sie die zionistische Idee eines jüdischen Staates in der Sowjetunion in dem jüdisch autonomen Birobidžan, einem unwirtlichen Gebiet kurz vor der chinesischen Grenze, verwirklichen könnten. Und auch schon aus diesem Grund begrüßte er „den gigantischen Versuch“[33], wie er den Aufbau der Sowjetgesellschaft nannte, der im Osten gewagt wurde.
Auch darf man im Zusammenhang mit der Entwicklung Feuchtwangers nie vergessen, was für leidvolle Erfahrungen er als Jude und erklärter Gegner Hitlers in der Zeit von 1933 bis 1936 schon durchgemacht hatte: Durch Flucht und Vertreibung aus Deutschland hatte er seine materielle Existenzgrundlage fast vollständig verloren, denn die Nationalsozialisten hatten sein gesamtes Vermögen, abgesehen von dem geringen, das er bei Banken im Ausland deponiert hatte, und seinen gesamten Besitz kurz nach 1933 konfisziert, auch sein Haus. Es war nach Bekanntgabe seiner Verbannung sogleich von einem randalierenden SA-Trupp geplündert worden. Mit entfesselter Zerstörungswut hatte jener hirnlose Haufen entzweigeschlagen und zerstört, was ihm in die Finger gekommen war. Die Nazis hatten nicht nur Feuchtwangers Bibliothek mit zum Teil sehr wertvollen Bänden vernichtet, sondern auch Manuskripte von unvollendeten oder begonnenen Arbeiten.[34] Lion Feuchtwanger hatte sich vor diesen Ereignissen jedoch schon mit Marta, seiner Frau, nach Frankreich ins Exil flüchten können. Der Aufenthalt im Exilland war wiederum mit unsäglichen Quälereien und mannigfaltigen Schwierigkeiten verbunden und keineswegs nur mit finanziellen. Als Staatenloser, zu dem ihn die Nazis durch Entzug der Staatsbürgerschaft gemacht hatten, war er den Behörden des Exillandes ausgeliefert. Es oblag den französischen Behörden und war ihrem Wohlwollen und ihrer Willkür anheimgestellt, über die Rechtmäßigkeit und Duldung des Aufenthaltes oder über die Erlaubnis zur Ausreise zu entscheiden.[35] Welch unvorstellbare Sorgen es später machen würde, wenn man sich um die Erteilung eines Visums, Transits, Permits oder ähnlicher Dokumente zur Ausreise bemühte, um in allerhöchster Bedrängnis und Not noch vor den vorrückenden deutschen Truppen und der Gestapo aus Frankreich fliehen zu können, hat Anna Seghers aus eigenem Erleben heraus in ihrem Roman »Transit« literarisch dokumentiert. Viel hatte Lion Feuchtwanger also schon bis 1936 durchmachen müssen, nicht ahnend, daß noch weitaus Schlimmeres kommen sollte und er unter der Vichy-Regierung Pétains als Insasse eines französischen Internierungslagers beinahe an die Nazis ausgeliefert worden wäre. Und bedrohte ihn das Exil nicht auch grundsätzlich in seiner Existenz als Schriftsteller? Mußte die räumliche Trennung von der lebendigen Mutter- und Heimatsprache, die doch das bildnerisch-gestalterische Material des Schriftstellers und gleichsam seine „Weltsicht“[36] ist, nicht auch Lion Feuchtwangers künstlerisches Schaffen gefährden oder es zumindest stark beeinflussen? All diese argen Widrigkeiten, die mit dem Exil verbundenen Strapazen und schmerzlichen Verluste, die Feuchtwanger zu ertragen hatte, müssen beachtet werden, um seine Entwicklung, auch seine politische, nachvollziehen zu können. Aber können diese Faktoren zur Entschuldigung gereichen, wenn man im Sinne eines Rückblicks seinen Reise- und Erlebnisbericht »Moskau 1937« betrachtet und sich in diesem Zusammenhang anschaut, mit was für fragwürdigen Argumenten er versuchte, nicht nur die politischen Schauprozesse Stalins, sondern sein ganzes Regime zu rechtfertigen?
Während seines dreimonatigen Aufenthaltes 1936 in der Sowjetunion erhält Lion Feuchtwanger auch die Gelegenheit, einen jener politisch motivierten Prozesse mitzuverfolgen, die Stalin im Rahmen der ‚Großen Tschistka’, der großen ‚Säuberungs’-Welle, als fadenscheinigen Rechtfertigungsvorwand benutzte, um sein brutales und diktatorisches Vorgehen gegen seine politischen und innerparteilichen Gegner mit dem Anschein gesetzmäßigen Vorgehens zu bemänteln. Das Urteil, bei dessen Verlesung Lion Feuchtwanger nach eigenem Bekunden anwesend war, sah für siebzehn der insgesamt dreizehn Angeklagten die Todesstrafe vor.[37] Sicher, Lion Feuchtwanger sprach weder Russisch, noch verstand er es. Insofern mußten ihm trotz eines Dolmetschers an seiner Seite Einzelheiten des inszenierten Verfahrens entgangen sein. In »Moskau 1937« gesteht er diesen Umstand auch ein. Er versucht ihn aber dadurch kläglich wettzumachen, indem er sich im Sinne einer unzulässigen Analogie auf Sokrates beruft, der, befragt über gewisse Dunkelheiten des Heraklit, nach Feuchtwanger erwidert haben soll: ‚Was ich verstanden habe, ist vortrefflich. Daraus schließe ich, daß das andere, was ich nicht verstanden habe, auch vortrefflich ist.’[38] Obgleich Feuchtwanger also zugibt, er habe aufgrund von sprachlichen Verständnisschwierigkeiten den Prozeß nicht richtig mitverfolgen können, ist er von der Schuld der Anhänger Trotzkis überzeugt[39]. Seine Einschätzung vermag er jedoch nicht im geringsten mit juristischen Argumenten zu begründen. Statt dessen müht sich Feuchtwanger ab, die Rechtmäßigkeit jener Urteile und die Berechtigung des Vorwurfs, die Trotzkisten seien jene, die den Aufbau des Sozialismus störten und sabotierten, aus dem Wesen Trotzkis[40] und seinem Haß gegenüber Stalin abzuleiten. Denn eigentlich, so schätzt Feuchtwanger diese Verfahren wohl ganz richtig ein, „[...] richteten sich die Prozesse vor allem gegen den großen, nicht anwesenden Angeklagten Trotzki [...]“[41].
Trotzki, so Feuchtwangers Argumentation in seinen wesentlichen Punkten zusammengefaßt, habe es nicht verwinden können, daß Stalin seine und Lenins Idee des weltumspannenden Sozialismus in der konkreten Praxis in ein „läppisches Zerrbild“[42] verwandelt habe, indem Stalin ganz im Gegensatz zu Trotzkis ursprünglicher Absicht den Sozialismus zunächst einmal nur in einem einzigen Land in die Praxis umzusetzen versuchte. Insofern, zumal der intellektuelle Trotzki eine starke persönliche Abneigung gegenüber dem bäuerlich und behäbig wirkenden Stalin gehabt habe – zu dieser Mutmaßung versteigt sich Feuchtwanger gar –, sei es durchaus möglich, daß sich Trotzki in der Tat mit den Faschisten gegen Stalin verbündet habe.[43] Um die Plausibilität und Wahrscheinlichkeit dieser Theorie aus einer historischen Analogie herzuleiten, bietet Lion Feuchtwanger zu guter Letzt sein vielgerühmtes Wissen auf, indem er die rhetorische Frage stellt: „Wenn Alkibiades zu den Persern ging, warum nicht Trotzki zu den Faschisten?“[44] Für ihn schien also die Richtigkeit jener aberwitzigen Verschwörungstheorie festzustehen, weshalb er auch der Meinung war, Trotzkis Anhänger stünden zu Recht vor Gericht.
Gar unerträglich, zumindest aus heutiger Sicht, wird Lion Feuchtwangers Reisebericht durch jene Passagen, in denen er nicht nur die Trotzkistenprozesse und die damit verbundenen Todesurteile mit seiner höchst fragwürdigen Argumentation zu rechtfertigen versucht, sondern Stalins Regime und Diktatur insgesamt:
Alles in allem finde ich die Haltung, die viele westliche Intellektuelle der Sowjet-Union gegenüber eingenommen haben, kurzsichtig und unwürdig. Sie sind blind vor der weltgeschichtlichen Leistung, die hier vollbracht wird; sie wollen nicht begreifen, daß man Historie nicht in Handschuhen machen kann. Sie kommen mit ihren absoluten Maßstäben und wollen auf den Millimeter genau messen, bis wohin hier Freiheit und Demokratie geht. So offenkundig vernünftig und im höchsten Sinne human die Zwecke der Sowjet-Union sind, diese westlichen Intellektuellen sind ungeheuer puritanisch in der Kritik der Mittel. Für sie heiligt in diesem Fall nicht der Zweck die Mittel, sondern die Mittel schänden den Zweck.
Ich begreife das. Ich selber gehörte in meiner Jugend zu dieser Art von Intellektuellen, die das Prinzip des absoluten Pazifismus, der integralen Gewaltlosigkeit aufstellten. Während des Krieges habe ich umgelernt. Schon während des Krieges habe ich ein Stück geschrieben, »Warren Hastings«, in dem ein Prozeß dargestellt wird, der seinerzeit die Welt ähnlich aufgerührt hat wie jetzt uns die Moskauer Trotzkistenprozesse. Es führt aber diesen Prozeß der englische Generalgouverneur Warren Hastings, einer der Männer, welcher die Herrschaft Englands und die der westlichen Zivilisation in Indien begründeten. Er hielt das für eine progressive Tat, und wir, wenn wir historisch denken, werden ihm wohl beipflichten. Dieser mein Warren Hastings also kommt zu der Erkenntnis: ‚Humanität kann man dem Menschengeschlecht nur mittels Kanonen beibringen’, und den Leuten, die ihn durch ihre humanen Prinzipien dazu zwingen, weniger human zu handeln, als er gern möchte, sagt er: ‚Zweiundzwanzig Jahre lang, während der Fluß Ganges bald gerecht, bald ungerecht war, habe ich erfahren, daß kleines Zittern einer Hand, verursacht durch Menschlichkeit, ganze Landstriche verwüstet hat. Sie meine humanen Herren, wissen es nicht: Aber Sie sind es, die mich zur Unmenschlichkeit zwingen.’
Ich glaube, wir alle haben während des Krieges und hernach mannigfache Ursache gehabt, unsere Anschauungen über Gewaltlosigkeit zu revidieren und ernsthafte Reflexionen über die Gewalt anzustellen. Wenn solche ‚réflexions sur la violence’, dazu bestimmt, Lenin zu rechtfertigen, auch von Mussolini zu seiner Rechtfertigung herangezogen werden – Hitler hat den Namen Georges Sorel wohl kaum je gehört –, so verlieren sie dadurch nicht an Richtigkeit. Es ist ein Unterschied zwischen dem Raubmörder, der auf einen Passanten, und dem Polizisten, der auf einen Raubmörder schießt.
Groß und simpel ausgedrückt, stellt sich heute jedem Schriftsteller von einiger Verantwortung das Problem so. Nachdem sich ohne vorübergehende Modifikation dessen, was man heute Demokratie nennt, die sozialistische Wirtschaft nicht aufbauen läßt, was ziehst du vor: daß die große Masse weniger Fleisch, Brot und Butter und du dafür mehr Schreibfreiheit oder daß du weniger Schreibfreiheit bekommst und die große Masse dafür mehr Brot, Fleisch und Butter?
Das ist, für einen Schriftsteller von Verantwortung kein leichtes Problem.[45]
Das gilt es sich noch einmal zu vergegenwärtigen: In dem Bemühen, Stalins Diktatur zu legitimieren, redet Lion Feuchtwanger, ein Mann jüdischen Glaubens, der vor den Nationalsozialisten ins Exil fliehen mußte, Georges Sorel das Wort, mit dessen Schrift »Über die Gewalt« (1908) sich die Anwendung derselben als probates Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele und Vorstellungen problemlos rechtfertigen läßt; und Sorel wird darüber hinaus auch als theoretischer Wegbereiter des italienischen Faschismus angesehen, weil auf ihn das mythische Bild der nationalen Schicksalsgemeinschaft zurückgeht. Feuchtwanger, der zu wissen schien, daß der Duce nur zu gerne auf den französischen Gesellschaftskritiker zurückgriff, scheint die Gültig- und Richtigkeit der Sorelschen Theorie dennoch nicht anzuzweifeln. Feuchtwanger macht sich damit, so jedenfalls dem Anschein nach, im Geiste nicht nur mit Stalin gemein. Ob er also, wie Georg Lukács es einst von ihm behauptete, zu jener Zeit ein „kämpferischer Humanist“[46] war, scheint demnach fraglich zu sein. Kämpferisch war er zu jener Zeit gewiß.
[...]
[1] »Goya«, S. 76.
[2] Vgl. Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. S. 302.
[3] Anmerkung: Gadamer möchte den Begriff des Vorurteils nicht in seiner negativen Bedeutung, die ihm heutzutage anhaftet, verstanden wissen. Statt dessen gebraucht er den Begriff des Vorurteils im Sinne eines Urteils, „[...] das vor der endgültigen Prüfung aller sachlich bestimmenden Momente gefällt wird [...]“ und insofern die Möglichkeit einer positiven wie negativen Entscheidung in sich noch zusammenfaßt. Eine etwaige Entscheidung wird somit noch nicht herbeigeführt, sondern zunächst einmal nur in die Schwebe gebracht. Vgl. hierzu ebd. S. 275. Der Begriff des Vorurteils im weiteren Sinne bezeichnet bei Gadamer aber auch das jeweilige Sachverständnis, mit dem der Rezipient dem Text gegenübertritt und das entscheidend für vorerst hypothetische Sinnkonstruktion ist. Vgl. hierzu ebd. 272–273.
[4] Vgl. Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. S. 302–303.
[5] Vgl. Vorwort des Herausgebers. In: Deutsche Literatur im Exil 1933–1944. Hrsg. v. Michael Winkler. Stuttgart: Philipp Reclam 1995. S. 10.
[6] Vgl. Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. S. 305–306.
[7] Vgl. hierzu: Mathias Schmitz: Nur für die Massen, aber für die Kenner? Zur Feuchtwanger-Forschung und -Rezeption in der DDR und BRD nach 1945. In: Diskussion Deutsch. 15. Jahrgang 1984. S. 591: „Die Ignoranz, mit der Feuchtwanger [...] im Nachkriegsdeutschland der Westzonen und späteren BRD als Teil der abschätzig so genannten ‚Emigrantenliteratur’ behandelt wurde [...].“
[8] Thomas Mann: Ansprache zum Goethejahr 1949. In: Thomas Mann: Werke. Das Essayistische Werk. Taschenbuchausgabe in acht Bänden. Hrsg. v. Hans Buergin. Frankfurt a. M. u. Hamburg: Fischer Bücherei 1968. S. 310.
[9] Frank Thieß: Die innere Emigration. In: Die Große Kontroverse. Ein Briefwechsel um Deutschland. Hrsg. v. J.F.G. Grosser. Hamburg: Nagel Verlag 1963. S. 24.
[10] Thomas Mann: Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe. In: Mann, Thomas: Werke. Das Essayistische Werk. Taschenbuchausgabe in acht Bänden. Hrsg. v. Hans Buergin. Frankfurt a. M. u. Hamburg: Fischer Bücherei 1968. S. 179.
[11] Frank Thieß: Die innere Emigration. In: Die Große Kontroverse. Ein Briefwechsel um Deutschland. Hrsg. v. J.F.G. Grosser. Hamburg: Nagel Verlag 1963. S. 24.
[12] Vgl. ebd. S. 24..
[13] Thomas Mann: Ansprache zum Goethejahr 1949. In: Thomas Mann: Werke. Das Essayistische Werk. Taschenbuchausgabe in acht Bänden. Hrsg. v. Hans Buergin. Frankfurt a. M. u. Hamburg: Fischer Bücherei 1968. S. 310.
[14] Vgl. hierzu Neuer Hannoverscher Kurier Nr. 39. Hier eingesehen nach: Deutsch Literatur im Exil 1933–1945. Bd. 1: Dokumente. Hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold. Frankfurt a. M.: Athenäum Fischer TB 1974. S. 257–259.
[15] Anmerk.: Man denke in diesem Zusammenhang an Thomas Manns Pauschalurteil aus der Ferne über jene Literatur, die zwischen 1933–1945 in Deutschland veröffentlicht wurde: „Es mag Aberglaube sein, aber in meinen Augen sind Bücher, die von 1933–1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos und nicht gut in die Hand zu nehmen. Ein Geruch von Blut und Schande haftet ihnen an. Sie sollten eingestampft werde.“ Thomas Mann: Warum ich nicht nach Deutschland zurückgehe. In: Thomas Mann: Werke. Das Essayistische Werk. Taschenbuchausgabe in acht Bänden. Hrsg. v. Hans Buergin. Frankfurt a. M. u. Hamburg: Fischer Bücherei 1968. S. 181. Daß es berechtigte Gründe gab, Thomas Manns Urteil, wenngleich nicht im großen und ganzen, aber bezogen auf bestimmte Einzelfälle, zurückzuweisen und sich dagegen zu verwahren, dokumentiert der öffentliche Brief Wilhelm Hausensteins an Mann, erschienen in der Süddeutschen Zeitung am 24.12.1945. In ihm legt Hausenstein dar, daß auch beispielsweise Bücher des amerikanischen Autors und zukünftigen Nobelpreisträgers (1949) William Faulkner, den später selbst die Amerikaner in ihrer Besatzungszone verboten, in guter Übersetzung in der Zeit von 1933 bis 1945 in Deutschland erscheinen konnten. Vgl. hierzu »Die Große Kontroverse«. Ein Briefwechsel um Deutschland. Hrsg. v. J.F.G. Grosser. Hamburg: Nagel Verlag 1963. S. 62–75. Vgl. zum Verbot Faulkerners in der US-Zone Alexander Stephan: Die deutsche Exilliteratur 1933–1945. S. 234.
[16] Vgl. hierzu Hansjörg Gehring: Amerikanische Literaturpolitik in Deutschland. Ein Aspekt des Re-Education-Programms. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1976. S. 22: „Die wichtigste Änderung [der amerikanischen Kultur- und Literaturpolitik] [...], die im Laufe der Jahre eintrat, war die der geänderten Motivation für die Re-education, und zwar bedingt durch die Verschlechterung in den Beziehungen zur Sowjetunion [...]. Während es vorher in den Worten der Yalta-Beschlüsse darum ging, 'to destroy German militarism and Nazism', und die Amerikaner dieses mittels Re-education bewerkstelligen wollten, hielt man es jetzt für opportun, die Re-education als Mittel zum Schutze Amerikas gegen kommunistische Angriffe einzusetzen. Da nach wie vor Demokratie verkündet wurde, ging der Motivationswechsel einigermaßen glatt über die Bühne. Dennoch lassen sich Auswirkungen auch in der Literaturpolitik feststellen, da jetzt stärker als zuvor anti-kommunistische Literatur zur Gegenpropaganda eingesetzt wurde.“
[17] Vgl. hierzu ebd. S. 111: „Als im Laufe des Jahres 1947 die Kriegsallianz der Westmächte mit der Sowjetunion zerbrach, wurde die amerikanische Kultur- und Literaturpolitik in Westdeutschland noch fester an einen noch engeren politischen Zweck gebunden, an die Umwandlung der Westzonen in ein antikommunistisches Bollwerk. Die Kulturpolitik degenerierte unaufhaltsam zur reinen Propaganda. Zwar wurde noch immer überwiegend mit den Mitteln der kulturellen Repräsentation gearbeitet, aber auch auf literarischem Felde wurde die Auswahl der angebotenen Bücher zunehmend von propagandistischen Absichten bestimmt.“
[18] Vgl. hierzu Der Spiegel. Nr. 41 v. 04.10.1976. S. 77
[19] Hansjörg Gehring: Amerikanische Literaturpolitik in Deutschland. Ein Aspekt des Re-Education-Programms. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1976. S. 40.
[20] Alexander Stephan: Die deutsche Exilliteratur 1933–1945. S. 233
[21] Vgl. hierzu Deutsch Literatur im Exil 1933–1945. Texte und Dokumente. Hrsg. v. Michael Winkler. Stuttgart: Reclam 1977. S. 24.
[22] »Exil«, S. 759.
[23] Vgl. hierzu: Alexander Stephan: Die deutsche Exilliteratur 1933–1945. S. 227: „Noch vor Ende des Krieges war [...], wenn sie überhaupt bestanden hat, die Chance für eine gesamtdeutsche Kultur vertan.“ Vgl. ferner ebd. S. 230: „Dabei liegt gerade bei der Besatzungspolitik der Alliierten und der in West und Ost aufblühenden Kulturreaktion der wichtigste Schlüssel für die Wirkungslosigkeit des Exils nach 1945. Eine Stunde Null, in der den Exilanten die führenden Rollen beim Wiederaufbau zugefallen wäre, hat es nämlich nie gegeben. Dazu war der Kreuzzug der Alliierten gegen den Faschismus schon zu früh zu einem machtpolitischen Poker um Märkte, strategische Positionen und ideologische Einflußsphären verkommen. Jene humanistisch antifaschistische Kulturfront, von der so viele Exilierten geträumt hatten, blieb von Anfang an chancenlos.“ Vgl. ferner ebd. S. 218: „Niemand mag heute mehr Schlagworte wie ‚Nullpunkt’ oder ‚Kahlschlag’ an den Anfang der zeitgenössischen deutschen Literatur stellen. Dazu sind die unhistorischen, apologetischen Implikationen dieser Begriffe inzwischen allzu deutlich aufgedeckt worden. Außerdem hätte ein radikaler Neuanfang, selbst wenn er von den Beteiligten gewünscht worden wäre, wohl ohnehin keine echte Chance gehabt. Denn einmal fehlte es der inneren Emigration wie dem Exil an konkreten Vorstellungen über die zukünftige deutsche Kultur. Und zum anderen rollte die von der weltweiten Konfrontation zwischen Kapitalismus und Kommunismus vorprogrammierte Teilung Deutschlands, noch bevor in Berlin der letzte Schuß gefeuert war, über die Möglichkeit eines gesamtdeutschen, antifaschistischen Kulturaufbaus hinweg.“
[24] Vgl. Georg Lukács: Der historische Roman. S. 252.
[25] Vgl. ebd. S. 306–307: „Heinrich Mann, Feuchtwanger, Bruno Frank und andere gestalten zwar Volksschicksale, aber sie gestalten diese nicht vom Volke aus. Die Klassiker des historischen Romans waren – man denke nur an Walter Scott – politisch wie sozial ungleich konservativer als Heinrich Mann oder Feuchtwanger. Von einer derartigen leidenschaftlichen Verbundenheit mit der revolutionären Umwälzung der Gesellschaft wie bei diesem war bei ihnen keine Rede mehr und konnte es auch nicht sein. [...] Heute ist die Lage noch so, daß diese Schriftsteller [H. Mann, L. Feuchtwanger, B. Frank] zwar für das Volk über Volksschicksale schreiben, daß aber das Volk selbst in ihren Romanen nur eine zweitrangige Rolle spielt, Objekt zur künstlerischen Demonstration von humanistischen Idealen ist [...], künstlerisch angesehen, ist es daher nur die Kulisse für eine Haupthandlung; die sich auf einer anderen, mit dem Volksleben nicht unmittelbar verbundenen Ebene abspielt.
Der historische Roman des neuen Humanismus ist also insofern eine Fortsetzung des späteren bürgerlichen historischen Romans, als eine Handlung sich wesentlich in den oberen Sphären der Gesellschaft abspielt.“ Vgl ferner hierzu S. 310–311 u. S. 322–323.
[26] Volker Skierka: Lion Feuchtwanger. Eine Biographie. Hrsg. v. Stefan Jaeger. Quadriga-Verlag Severin 1984. S. 104.
[27] Vgl. Gisela Lüttig: Zu diesem Band. In: Lion Feuchtwanger: Gesammelte Werke in Einzelbänden. 1–16. Bd. 6: Erfolg. S. 781–782.
[28] Vgl. »Erfolg«, S. 672.
[29] Ebd. S. 572.
[30] Vgl. Klemperer, Victor: Der zentrale Roman Feuchtwangers. In: Lion Feuchtwanger zum Gedenken. Von seinen Freunden auf der Heidecksburg. Hrsg. v. Karl Dietz. Greifenverlag. S. 38.
[31] Vgl. Mathias Schmitz: Nur für die Massen, aber für die Kenner? Zur Feuchtwanger-Forschung und -Rezeption in der DDR und BRD nach 1945. In: Diskussion Deutsch. 15. Jahrgang 1984. S. 591
[32] Vgl. Lion Feuchtwanger: Moskau 1937. Ein Reisebericht für meine Freunde. 2. Aufl. Berlin: Aufbau-Verlag 1993. S. 7
[33] Vgl. ebd. S. 7
[34] Vgl. hierzu auch Lion Feuchtwanger: Offener Brief an die Bewohner meines Hauses Mahlerstraße 8 in Berlin (35). In: Ders.: Ein Buch für nur für meine Freunde. Frankfurt a. M.: Fischer TB 1984. S. 492.
[35] Vgl. hierzu Deutsch Literatur im Exil 1933 – 1945. Texte und Dokumente. Hrsg. v. Michael Winkler. Stuttgart: Reclam 1977. S. 19.
[36] Vgl. Humboldt, Wilhelm von: Einleitung zum Kawi-Werk. Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts. Hier: Natur und Beschaffenheit der Sprache überhaupt. Zitiert nach: Humboldt, W. v.: Schriften zur Sprache. Hrsg. v. M. Böhler. Reclam jun.: Stuttgart 1973. S. 52–54
[37] Vgl. Lion Feuchtwanger: Moskau 1937. Ein Reisebericht für meine Freunde. 2. Aufl. Berlin: Aufbau-Verlag 1993. S. 95.
[38] Vgl. ebd. S. 98.
[39] Vgl. ebd. S. 97.
[40] Vgl. ebd. S. 78: „Gewiß beruht der große Konflikt zwischen Trotzki und Stalin auf Meinungsverschiedenheiten in den entscheidenden Punkten, aber diese Meinungsverschiedenheiten stammen aus tieferem Zwiespalt. Es war das Wesen der beiden Männer, das sie zu gegensätzlichen Auffassungen gelangen ließ in wichtigsten Fragen der russischen Revolution [...] und in der Frage, ob der Aufbau des Sozialismus in einem einzigen Lande möglich sei. Stalin vertrat die Meinung, voller, verwirklichter Sozialismus könne geschaffen werden auch ohne Weltrevolution, ja [...], er könne geschaffen werden in einem einzigen Lande [...]. Trotzki bestritt das. Er erklärte für die notwendige Voraussetzung des Sozialismus die Weltrevolution, er hielt starr an der marxistischen Lehre vom absoluten Internationalismus fest, er [...] demonstrierte mit einem großen Aufgebot an Logik die Richtigkeit des marxistischen Satzes, der Aufbau des Sozialismus in einem einzigen Land sei unmöglich.“
[41] Vgl. ebd. S. 87.
[42] Vgl. ebd. S. 88.
[43] Vgl. ebd. S. 88–89: „Man stelle ihn sich gut vor, diesen Mann Trotzki, zur Untätigkeit verurteilt, gezwungen, müßig mitanzusehen, wie das großartige Experiment, das Lenin und er begonnen hatten, in eine Art gigantischen kleinbürgerlichen Schrebergarten verwandelt wurde. Denn ihm [...] erschien der ‚Stalinstaat’, [...] so schrieb er, als läppisches Zerrbild dessen, was ihm ursprünglich vorgeschwebt war. Dazu kommt der tiefe, persönliche Widerwille gegen Stalin, den Kompromisßler [...] der ihm [...] ständig ins Handwerk gepfuscht und ihn schließlich vertrieben hatte. Unzählige Male hat Trotzki seinem maßlosen Haß und seiner Verachtung Stalins Ausdruck gegeben. Was er in Wort und Schrift tat, sollte er es nicht auch in Taten tun? Ist es wirklich so ‚undenkbar’, daß ihm, dem Manne, der sich allein für den geeigneten Führer der Revolution hielt, kein Mittel zu schlecht war, den ‚falschen Messias’ von seinem durch kleine Lügen erschlichenen Sitz zu stürzen? Mir scheint, das ist sehr wohl denkbar.
Mir scheint, es ist auch weiter denkbar, daß ein Mann, der sich weigerte, zur Kenntnis zu nehmen, was alle erkannten, nämlich den vollzogenen wirtschaftlichen Aufbau der Union und die Stärke ihrer Armee, mir scheint, es ist denkbar, daß ein solcher Mann auch gegen die Untauglichkeit seiner Mittel blind wurde und Wege wählte, die offenbar falsch waren. Trotzki ist mutig und bedenkenlos, ein großer Spieler [...]. Zeitlebens hatte der Optimist Trotzki sich die Kraft zugetraut, Schlechtes für seine Pläne nutzen und es am Ende, wenn es darauf ankam, ausschalten und unschädlich machen zu können. Wenn Alkibiades zu den Persern ging, warum nicht Trotzki zu den Faschisten?“
[44] Vgl. ebd. S. 89
[45] Ebd. S. 107–109.
[46] Vgl. Georg Lukács: Der historische Roman. S. 252.
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- Malte Oetjen (Autor:in), 2005, "Goya" - der Schlüsselroman zum Kunst- und Literaturverständnis Lion Feuchtwangers?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40793
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