Klassische finanzmathematische Theorien und Modelle, die sich mit der Bewertung und Absicherung von Derivaten beschäftigen, gehen von der Annahme friktionsloser Märkte (keine Transaktionskosten, keine Handelsrestriktionen) und insbesondere vollständig liquider Märkte aus, in denen die Wertpapierpreise vom Handelsvolumen unabhängig sind und jeder Händler als Preis-Nehmer agiert, was eine gute Approximation für hochliquide Wertpapiere darstellt. Jedoch sind im Falle Großer Händler, deren Handelstransaktionen einen erheblichen Anteil der verfügbaren Wertpapiere umfassen, die Preise durchaus von der Ordergröße abhängig und die angenommene Marktliquidität verschwindet. Somit ist die Notwendigkeit einer Theorie zur Bewertung und Absicherung von Derivaten in illiquiden Finanzmärkten gegeben. Dies führt u.a. auf den zentralen Begriff des Liquiditätsrisikos, als das zusätzliche Risiko, was auf den Zeitpunkt und den Umfang einer Handelstransaktion zurückzuführen ist.
In der vorliegenden Arbeit wird ein derartiger Ansatz ausführlich vorgestellt und genauer untersucht. Dieses Modell von Çetin, Jarrow und Protter bildet, unter Beibehaltung der Preis-Nehmer Bedingung, mit Hilfe einer stochastischen Angebotskurve als Funktion der Ordergröße den Einfluss verschiedener Handelsvolumina auf den Preis ab und bindet auf diese Weise das Liquiditätsrisiko in die Arbitrage Pricing Theorie ein. Dabei werden die beiden Fundamentalen Theoreme der Wertpapierbewertung untersucht. Dies führt zu einer neuen Definition einer selbstfinanzierenden Handelsstrategie, einer Erweiterung des Begriffs der Marktvollständigkeit und zusätzlichen Restriktionen für Hedgingstrategien. Unter anderem wird gezeigt, dass für (in diesem Kontext) annähernd vollständige Märkte die Preise für Derivate identisch sind mit deren arbitragefreien Preisen der klassischen Theorie.
Diese theoretischen Erkenntnisse werden dann in einer geeigneten Erweiterung des wohlbekannten Black-Scholes-Modells auf die Bewertung und Absicherung eines Europäischen Calls angewendet und im Rahmen einer Simulationsstudie ausführlich illustriert bzw. auf ihre praktische Anwendbarkeit hin getestet. Letztlich werden auch kurz ähnliche und andere Modelle für die Bewertung und Absicherung von Derivaten in illiquiden Märkten zur Sprache kommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Mathematische Grundlagen
- Stochastische Prozesse
- Stoppzeiten und Martingale
- Die BROWNsche Bewegung
- Lokale Martingale
- Semimartingale
- Semimartingale und spezielle Semimartingale
- Quadratische Variation eines Semimartingals
- Stetiger Teil und reiner Sprunganteil
- Stochastische Integration bezüglich eines Semimartingals
- Das stochastische Integral für Prozesse aus L
- Das stochastische Integral für previsible Prozesse
- Einige Eigenschaften des stochastischen Integrals
- Liquiditätsrisiko und Arbitrage Pricing Theorie
- Einleitung
- Das Modell
- Die Angebotskurve
- Handelsstrategien
- Liquiditätskosten selbstfinanzierender Handelsstrategien
- Free Lunch mit verschwindendem Risiko
- Äquivalentes, Lokales Martingalmaß und Arbitragefreiheit
- Das Theorem
- Der Beweis
- Schritt 1 Das fiktive Marktmodell
- Schritt 2 Das Marktmodell mit Liquiditätsrisiko
- Erstes Fundamentales Theorem
- Zweites Fundamentales Theorem
- Contingent Claims und Marktvollständigkeit
- Annähernde Markt vollständigkeit
- Replikation und Bewertung von Contingent Claims
- Nicht-Stetige Angebotskurven
- Abschluss
- Das BLACK-SCHOLES-Modell mit Liquiditätsrisiko
- Das Erweiterte BLACK-SCHOLES-Modell
- Replikation und Bewertung eines Europäischen Calls
- Bewertung mit Hilfe der klassischen Theorie
- Der klassische BLACK-SCHOLES-Hedge bei Liquiditätsrisiko
- Eine Approximierende Replikationsstrategie
- Fazit für die Praxis
- Illustrierende Simulationen mit MATHEMATICAⓇ
- Vorüberlegungen zur praktischen Umsetzung
- Implementierung des Programms
- Auswertung und Interpretation der Simulationsergebnisse
- Wahl der Parameter
- Der Glättungseffekt
- Approximationsgüte und Liquiditätskosten
- Schlussfolgerungen für die praktische Anwendung
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Bewertung und Absicherung von Derivaten in illiquiden Finanzmärkten, wobei die klassischen finanzmathematischen Theorien und Modelle, die von friktionslosen Märkten ausgehen, erweitert werden. Die Arbeit analysiert den Einfluss von Handelsvolumina auf den Preis und die Auswirkungen des Liquiditätsrisikos auf die Arbitrage Pricing Theorie.
- Einführung des Liquiditätsrisikos als zusätzliches Risiko, das durch den Zeitpunkt und Umfang einer Handelstransaktion entsteht
- Entwicklung eines Modells, das den Einfluss von Handelsvolumina auf den Preis abbildet, unter Berücksichtigung der Preis-Nehmer Bedingung und einer stochastischen Angebotskurve
- Untersuchung der Fundamentalen Theoreme der Wertpapierbewertung im Kontext von illiquiden Märkten, einschließlich der Definition einer selbstfinanzierenden Handelsstrategie und der Erweiterung des Begriffs der Marktvollständigkeit
- Anwendung der theoretischen Erkenntnisse auf die Bewertung und Absicherung eines Europäischen Calls im Rahmen eines erweiterten BLACK-SCHOLES-Modells
- Illustrierung und Testung der praktischen Anwendbarkeit der entwickelten Methoden durch eine Simulationsstudie
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einführung in das Thema der Bewertung und Absicherung von Derivaten in illiquiden Finanzmärkten, Vorstellung des Problems und der Relevanz der Arbeit
- Kapitel 2: Darlegung der mathematischen Grundlagen, die für die Analyse des Modells und die Entwicklung der Bewertungstechniken benötigt werden, einschließlich Stochastischer Prozesse, Martingale, Semimartingale und Stochastischer Integration
- Kapitel 3: Detaillierte Präsentation des Modells von ÇETIN, JARROW und PROTTER, das das Liquiditätsrisiko in die Arbitrage Pricing Theorie einbezieht, und Diskussion der Auswirkungen auf die Fundamentalen Theoreme der Wertpapierbewertung
- Kapitel 4: Anwendung des erweiterten BLACK-SCHOLES-Modells auf die Bewertung und Absicherung eines Europäischen Calls, Illustration der Ergebnisse durch eine Simulationsstudie und Analyse der praktischen Anwendbarkeit
Schlüsselwörter
Liquiditätsrisiko, Arbitrage Pricing Theorie, Stochastische Angebotskurve, Selbstfinanzierende Handelsstrategie, Marktvollständigkeit, Hedgingstrategien, BLACK-SCHOLES-Modell, Europäischer Call, Simulation, Praktische Anwendbarkeit
- Quote paper
- Sascha Löschcke (Author), 2005, Bewertung und Absicherung von Derivaten in illiquiden Finanzmärkten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40670