Jeder kennt Erich Kästner. Denn vermutlich jeder von uns hat in seiner Kindheit oder auch später eins oder mehrere seiner berühmten Bücher gelesen oder zumindest die Filme gesehen, die nach diesen Büchern gedreht wurden: "Das doppelte Lottchen", "Emil und die Detektive", "Das fliegende Klassenzimmer" und, und, und... Diese Liste lässt sich beliebig erweitern. Doch nicht nur in der Kinderbuchabteilung hat Erich Kästner (1899-1974) ganze Arbeit geleistet. Oft vergisst man, dass er auch als politischer, gesellschaftskritischer Schriftsteller aktiv war. Ein Beispiel für diese Aktivität ist "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten". Die Handlung spielt in Berlin zu Beginn der dreißiger Jahre. Das Hitler-Regime bahnt sich an, die Arbeitslosigkeit ist größer denn je, die Menschheit verwahrlost und verliert sich in der Leere fehlender Werte und Ziele. Mitten in diesem Chaos befindet sich Fabian, ein arbeitsloser Germanist, der seinen Posten als Journalist trotz Begabung verloren hat. Er zieht durch die Stadt, entdeckt Menschen, verliebt sich und wird enttäuscht, weiß nichts so recht mit sich anzufangen und würde gerne (passiv) die Welt verbessern. Er ist ein überaus moralischer Mensch, durchschaut seine Zeit und ihre Verlogenheit, er beobachtet und schlussfolgert und doch, so scheint es für den Leser, scheitert er in allen Bereiche n des Lebens. Fabian besitzt einen von Grund auf guten Charakter, er ist gutmütig, er möchte helfen und er tut es auch, doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Die Menschen, die ihm nahe stehen, seine Familie, sein bester Freund Labude, seine Geliebte Cornelia, verlassen ihn, entgleiten ihm oder können ihm nicht helfen. Ich werde im Folgenden auf das Werk dieses gemeinhin nur als Kinderbuch-Autor bekannten Schriftstellers eingehen und es vorstellen (insbesondere werde ich die Umstände und Folgen der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt stellen), da „Fabian“ die Klasse Erich Kästners unterstreicht und beweist, dass er zu weit mehr fähig ist als "nur" Bücher für Kinder zu schreiben...
Inhaltsverzeichnis:
1.) Einleitung
2.) Kurze Inhaltsangabe
3.) Die Entstehungsgeschichte
4.) Der historische Hintergrund bzw. die zeitliche Einordnung
5.) Die Arbeitslosigkeit
5.1.) Die Arbeitslosigkeit am Beispiel Fabians
5.2.) Die ausweglose Situation am Beispiel Fabians
5.3.) Die Bürokratie während der Krise
5.4.) Die Fortsetzung der Arbeitssuche in Dresden
6.) Fazit
Literaturverzeichnis
1.) Einleitung
Jeder kennt Erich Kästner. Denn vermutlich jeder von uns hat in seiner Kindheit oder auch später eins oder mehrere seiner berühmten Bücher gelesen oder zumindest die Filme gesehen, die nach diesen Büchern gedreht wurden: "Das doppelte Lottchen", "Emil und die Detektive", "Das fliegende Klassenzimmer" und, und, und... Diese Liste lässt sich beliebig erweitern. Doch nicht nur in der Kinderbuchabteilung hat Erich Kästner (1899-1974) ganze Arbeit geleistet.[1] Oft vergisst man, dass er auch als politischer, gesellschaftskritischer Schriftsteller aktiv war. Ein Beispiel für diese Aktivität ist "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten". Die Handlung spielt in Berlin zu Beginn der dreißiger Jahre. Das Hitler-Regime bahnt sich an, die Arbeitslosigkeit ist größer denn je, die Menschheit verwahrlost und verliert sich in der Leere fehlender Werte und Ziele. Mitten in diesem Chaos befindet sich Fabian, ein arbeitsloser Germanist, der seinen Posten als Journalist trotz Begabung verloren hat. Er zieht durch die Stadt, entdeckt Menschen, verliebt sich und wird enttäuscht, weiß nichts so recht mit sich anzufangen und würde gerne (passiv) die Welt verbessern. Er ist ein überaus moralischer Mensch, durchschaut seine Zeit und ihre Verlogenheit, er beobachtet und schlussfolgert und doch, so scheint es für den Leser, scheitert er in allen Bereichen des Lebens. Fabian besitzt einen von Grund auf guten Charakter, er ist gutmütig, er möchte helfen und er tut es auch, doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Die Menschen, die ihm nahe stehen, seine Familie, sein bester Freund Labude, seine Geliebte Cornelia, verlassen ihn, entgleiten ihm oder können ihm nicht helfen.
Ich werde im Folgenden auf das Werk dieses gemeinhin nur als Kinderbuch-Autor bekannten Schriftstellers eingehen und es vorstellen (insbesondere werde ich die Umstände und Folgen der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt stellen), da „Fabian“ die Klasse Erich Kästners unterstreicht und beweist, dass er zu weit mehr fähig ist als "nur" Bücher für Kinder zu schreiben - immerhin wurde auch "Fabian" 1979 von dem Regisseur Wolf Gremm verfilmt (der Film erhielt das Prädikat „wertvoll“)[2]...
2.) Kurze Inhaltsangabe
Schauplatz des Romans ist Berlin zur Zeit der Weimarer Republik bzw. an ihrem Ende. Titelheld ist der zweiunddreißigjährige Germanist Dr. Jakob Fabian, erst Adressenschreiber, nun Reklametexter für eine Zigarettenfirma; ein ironischer Mensch, der nicht gerade lebenstüchtig ist und von seinen Mitmenschen immer wieder benachteiligt wird. Als Moralist ist Fabian ein scharfer Beobachter des Lebens, und da er es selbst nicht mit der „bürgerlichen Moral“ allzu genau nimmt, lernt er Menschen aus allen sozialen Schichten kennen. Im Laufe der Geschichte erkennt er die Verlogenheit scheinbar ordentlicher bürgerlicher Familienverhältnisse, besucht Etablissements für sexuell "Aufgeschlossene", betrinkt sich mit Journalisten und bekommt Einblicke in die gewissenlose Manipulation von Nachrichten und Meinungen. Parallel zu dieser Handlung läuft die Geschichte seines Freundes Labude, eines Literaturwissenschaftlers, der sich mit einer Arbeit über Lessing habilitieren will. Mit ihm teilt Fabian die Neigung zum pessimistischem, sozialkritischem Philosophieren, aber während Labude anfangs noch politisch zu handeln versucht, vertritt Fabian eher die Rolle eines passiven Beobachters. Bei einem Besuch im Atelier einer lesbischen Bildhauerin trifft Fabian die junge Juristin Cornelia Battenberg. Die beiden verlieben sich ineinander und erleben einige Tage gemeinsamen Glücks, doch als Fabian plötzlich arbeitslos wird, lässt Cornelia sich, teils um ihm zu helfen, teils um Karriere zu machen, mit einem Filmmagnaten ein und wird dessen Geliebte. Schließlich trennt sie sich von Fabian. Dieser nimmt nach vergeblichem Bemühen um eine Stellung und todunglücklich über den Verlust Cornelias sein bisheriges Leben wieder auf. Labude, der inzwischen die Nachricht erhalten hat, dass seine Habilitationsschrift nicht angenommen worden sei, schreibt Fabian einen Abschiedsbrief und erschießt sich. Sein Selbstmord erweist sich als „tragischer Witz“, denn ein missgünstiger Assistent hatte ihm die Ablehnung der Habilitationsschrift nur vorgelogen.[3]
Fabian geht nun in seine Heimatstadt Dresden zurück und führt dort bei seinen Eltern ein Leben verzweifelter Langeweile. Schließlich wird ihm ein Posten bei einer rechtsgerichteten Zeitung angeboten, den er, da ihm diese Art der Scheinheiligkeit zuwider ist, ablehnt. Seinen Plan, für einige Wochen ins Gebirge zu fahren, kann er nicht mehr ausführen: Auf einem Gang durch die Stadt sieht er, wie ein kleiner Junge in den Fluss fällt. Ohne lange zu überlegen springt Fabian ihm nach, um ihn zu retten. Aber:
"Der kleine Junge schwamm heulend ans Ufer. Fabian ertrank. Er konnte leider nicht schwimmen."[4]
3.) Die Entstehungsgeschichte
Die Entstehungsgeschichte des Romans ist zeitlich klar dargestellt: Erich Kästner verfasste "Fabian" zwischen 1930 und 1931 in Berlin, was insofern ganz interessant ist, da der Roman genau zu dieser Zeit in genau dieser Stadt spielt; Kästner schuf somit also einen Zeitroman, der ein identisches Bild der Zustände zu dieser Zeit darstellt, also die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Menschen in Berlin bzw. Deutschland.
Führt man sich Kästners atemberaubendes Tempo, mit dem er "Emil und die Detektive" in nur wenigen Wochen geschrieben hat, vor Augen, so wirkt die Schreibdauer für "Fabian" schon fast bedächtig: Im Oktober 1930 begann Kästner mit dem Schreiben, zehn Monate später, also im Juli 1931, gab er das inzwischen 25 Kapitel umfassende Manuskript bei der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart ab, wo es noch im Oktober 1931 erschien.[5] Es ist zu erkennen, dass für Kästners damalige Verhältnisse "Fabian" ein relativ langsam geschriebenes Buch ist, was darauf hindeutet, dass Kästner sehr viel an diesem Werk lag und besonders viel Sorgfalt hinein legte.
Probleme gab es allerdings mit dem Titel des Romans: Kästner schlug "Sodann und Gomorrha" (in Anlehnung an "Sodom und Gomorrha") sowie "Der Gang vor die Hunde" vor, welcher sich allerdings nicht mit dem Vorstellungen des Verlegers deckte, was zum Titel "FABIAN. DIE GESCHCHTE EINES MORALISTEN" führte. Dieser Titel sollte die Hauptfigur des Romans mitsamt seinen charakteristischen Eigenschaften vorstellen.
Hinzu kam, dass auf Wunsch des Verlegers noch ein Kapitel und das Nachwort gestrichen wurden, und der Roman somit in leicht gekürzter und überarbeiteter Form veröffentlicht worden ist[6]. Diese Tatsachen änderten nichts daran, dass das Buch ein Publikumserfolg gewesen ist: Innerhalb von nur einer Woche war die erste Auflage vergriffen, sechs Monate später waren bereits 25000 Stück verkauft - Kästners Werk kam bei den Lesern an.
4.) Der historische Hintergrund bzw. die zeitliche Einordnung
Der von Kästner geschriebene Roman handelt zur Zeit der Weltwirtschaftskrise. Die Inflation, Arbeitslosigkeit und mangelnde Nächstenliebe prägten aus Kästners Sicht die damalige Zeit. Man sieht die allmähliche Auflösung der Weimarer Republik, abgeschlossen mit der Machtergreifung Hitlers 1933. Die Konsequenzen daraus waren auch für Kästner deutlich spürbar: Während er bei seinem Buch "Fabian" lediglich die wenigen Einschränkungen durch seinen Verleger verkraften musste verschärfte sich die Situation nach dem 30. Januar 1933. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 flüchteten viele gebildete Menschen aus dem Land, so zum Beispiel auch Bertolt Brecht und Heinrich Mann. Kästner dagegen entschloss sich, Deutschland nicht zu verlassen, trotz des Wandels des intellektuellen Lebens in Deutschland durch die nationalsozialistische Politik. Kästner war zum Zeitpunkt der Machtergreifung ein sehr erfolgreicher Schriftsteller und sprach mit seinen Gedichtbänden, Kinderbüchern und schließlich auch „Fabian“ eine breite Masse an interessiertem Publikum an - die Nationalsozialisten stuften seine Bücher allerdings als gesellschaftskritisch und sittenverderblich ein, und so musste Kästner am 10. Mai 1933 mit ansehen, wie seine Bücher neben zahlreichen anderen deutschsprachigen Büchern, meist von jüdischen Autoren, verbrannt wurden. Obwohl es damit sehr schwierig für ihn wurde, eine Genehmigung für die Veröffentlichung seiner Texte zu bekommen (was ihm wohl sehr am Herzen lag, Kästner bemühte sich auch vergebens in die nationalsozialistische Reichsschriftkammer eintreten zu dürfen) verließ er nicht das Land wie so viele seiner Kollegen, eventuell auch aufgrund seines engen Kontaktes zu seiner Mutter, die nicht mehr reisefähig gewesen ist.[7]
Wie auch immer Kästners Entscheidung zu bewerten ist, so sieht man doch, dass seine Einstellung zum Nationalsozialismus nicht eindeutig war. Auf der einen Seite war er sicherlich ein unerwünschter Autor, dessen Bücher verbrannt wurden und der nicht in die Reichsschriftkammer aufgenommen wurde, aber auch der anderen Seite wurde er während der ganzen Herrschaft des Regimes geduldet, ohne wirkliche Schwierigkeiten zu bekommen. Zwar durfte er in Deutschland nicht mehr publizieren, allerdings konnten seine Texte zum Beispiel in der Schweiz weiter erscheinen. Im Großen und Ganzen verlor Kästner aber in dieser Zeit an Einfluss und Bedeutung für die literarische Öffentlichkeit - seine produktivste Zeit endete mit der Machtergreifung Adolf Hitlers, und auch nach der Herrschaft des Regimes konnte er nicht wieder an seine früheren Erfolge anknüpfen - somit blieb "Fabian", trotz mehrfacher Ankündigung Kästners, dass ein Pendant Fabians für die Zeit des dritten Reiches folgen sollte, sein einziger Zeitroman für Erwachsene. Die angekündigte Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich blieb aus[8], eben gerade weil Kästner sich nicht eindeutig auf eine Seite stellte.
[...]
[1] Microsoft Encarta Professional 2002 CD, Stichwort „Erich Kästner“
[2] http://www.deutsches-filmhaus.de/filme_einzeln/g_einzeln/gremm_wolf/fabian.htm
[3] vlg. Rauch, Marja; Oldenburg Interpretation Band 99 - Fabian; München 2001
[4] Kästner, Erich; Fabian. Die Geschichte eines Moralisten; München 2003; Seite 236
[5] vlg. Rauch, Marja; Oldenburg Interpretation Band 99 - Fabian; München 2001; Seite 11
[6] vgl. Schikorsky, Isa; Erich Kästner; München 1998; Seite 80
[7] vlg. Rauch, Marja; Oldenburg Interpretation Band 99 - Fabian; München 2001; Seite 14 f
[8] vgl. ebd.
- Arbeit zitieren
- Daniel Sorg (Autor:in), 2005, Erich Kästners "Fabian" - von der Krise in die Arbeitslosigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40447
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