Kriemhild sei die einzige Figur, welche dem Rezipienten des Nibelungenlieds von der ersten bis zur letzen Âventiure in der Handlung zugegen sei. Des Weiteren sei eine Frau als handlungsbestimmende Figur eines Heldengedichtes etwas Neues und Ungewöhnliches in der mittelalterlichen Dichtung.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Darstellung Kriemhilds in der ersten und
14. Âventiure. Es wird versucht, die verschiedenen Facetten der Burgundenprinzessin, welche dem Publikum zum einen in der Vorstellung. Im darauf folgenden Falkentraum, zum anderen im Frauenstreit und in der daraus resultierenden Rangproben begegnen, aufzuzeigen.
Kriemhild stelle, so Haug, die erste literarische Gestalt der mittelalterlichen Literatur dar, welche ihre persönlichen Erfahrungen als ihr Schicksal annehme und ihr Leben daraufhin individuell entwerfe. Darüber hinaus sei sie die erste Figur, welche Erinnerungen als reine Innerlichkeit besitze und diese Erinnerungen zur Basis für die Entfaltung ihres weiteren Schicksals mache. Das Schicksal Kriemhilds werde zum Schicksal aller. Dieses Schicksal wird dem Publikum von Anfang an durch die Vorausdeutungen vor Augen geführt. Schon in der ersten Âventiure wird Kriemhild als wohlbehütetes, hübsches Mädchen dargestellt und zugleich auch als Rächerin und Verantwortliche des Untergangs der Burgunden. Darüber hinaus wird ausgehend von Kriemhild das Minnemotiv eingeführt und das weitere Schicksal der Burgundenprinzessin, und vor allem das der Burgunden mit diesem Motiv verbunden. Infolgedessen ist Kriemhild eine der wichtigsten Figuren im Nibelungenlied.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Darstellung Kriemhilds in der ersten Âventiure
2.1 Die Vorstellung Kriemhilds
2.2 Der Falkentraum
3 Die Darstellung Kriemhilds in der 14. Âventuire
3.1 Die Standeslüge
3.2 Die Rangprobe
4 Resümee
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Kriemhild sei die einzige Figur, welche dem Rezipienten des Nibelungenlieds von der ersten bis zur letzen Âventiure in der Handlung zugegen sei. Des Weiteren sei eine Frau als handlungsbestimmende Figur eines Heldengedichtes etwas Neues und Ungewöhnliches in der mittelalterlichen Dichtung.[1]
Gegenstand dieser Arbeit ist die Darstellung Kriemhilds in der ersten und
14. Âventiure. Es wird versucht, die verschiedenen Facetten der Burgundenprinzessin, welche dem Publikum zum einen in der Vorstellung. Im darauf folgenden Falkentraum, zum anderen im Frauenstreit und in der daraus resultierenden Rangproben begegnen, aufzuzeigen.
Kriemhild stelle, so Haug, die erste literarische Gestalt der mittelalterlichen Literatur dar, welche ihre persönlichen Erfahrungen als ihr Schicksal annehme und ihr Leben daraufhin individuell entwerfe. Darüber hinaus sei sie die erste Figur, welche Erinnerungen als reine Innerlichkeit besitze und diese Erinnerungen zur Basis für die Entfaltung ihres weiteren Schicksals mache. Das Schicksal Kriemhilds werde zum Schicksal aller.[2] Dieses Schicksal wird dem Publikum von Anfang an durch die Vorausdeutungen vor Augen geführt. Schon in der ersten Âventiure wird Kriemhild als wohlbehütetes, hübsches Mädchen dargestellt und zugleich auch als Rächerin und Verantwortliche des Untergangs der Burgunden. Darüber hinaus wird ausgehend von Kriemhild das Minnemotiv eingeführt und das weitere Schicksal der Burgundenprinzessin, und vor allem das der Burgunden mit diesem Motiv verbunden. Infolgedessen ist Kriemhild eine der wichtigsten Figuren im Nibelungenlied.
2 Die Darstellung Kriemhilds in der ersten Âventiure
2.1 Die Vorstellung Kriemhilds
Die erste Figur, welche dem Rezipienten im Nibelungenlied begegnet, ist Kriemhild. Schon in der zweiten Strophe wird die Bedeutsamkeit der Burgundenprinzessin für den weiteren Verlauf des Nibelungenliedes deutlich, denn
„dar umbe mousen degene vil verliesen den lip“.
(1. Âventiure, 2. Strophe)
Die ersten beiden Strophen stellen Kriemhild zum einen als liebliche Prinzessin und zugleich auch als Rächerin und Verantwortliche für den Untergang der Burgunden dar, welches durch die Vorausdeutungen klar werde.[3]
Das Erscheinungsbild Kriemhilds ist auffallend schön und aus diesem Grunde
„Ir muoten küene recken, niemen was ir gram.
âne mâzen schœne sô was ir edel lîp.
der juncvrouwen tugende zierten ándériu wîp.“.
(1. Âventiure, 3. Strophe)
Allerdings fehlt eine genauere Beschreibung von Kriemhilds Aussehen, denn es wird nur gesagt, dass
„niht schœneres mohte sîn“.
(1. Âventiure, 2. Strophe)
De Pol sieht in der fehlenden Schilderung von Kriemhilds Äußerem eine Leerstelle, die vom Publikum ausgefüllt werden könne und somit jedem Leser ermögliche, das Erscheinungsbild Kriemhilds selbst zu definieren.[4] Dabei orientiere sich der Rezipient am stereotypen Schönheitsideal der höfischen Frau, welches einer schlanken, weißhäutigen, makellosen Dame mit leuchtenden Augen und einem roten Mund entspreche.[5] Des Weiteren stehe Kriemhilds außerordentliche Schönheit im harmonischen Einklang mit ihren ethischen Vorzügen und somit herrsche eine Ausgewogenheit zwischen Innerlichkeit und Äußerlichkeit.[6] Diese unermessliche Schönheit Kriemhilds werde im zweiten Teil in ein krasses Missverhältnis zu ihrer Rolle gesetzt. Sie bleibe zwar schön, aber gleichzeitig sei sie auch böse und rachsüchtig und werde als eine Art Rachedämon dargestellt. Diese Dämonisierung der Frau im zweiten Teil des Nibelungenliedes stelle das erste Beispiel dieser Art dar.[7]
Kriemhilds Brüder, die Könige Gunther, Gernot und Giselher, die nach dem höfischen Zeremoniell eigentlich vor ihr genannt werden müssten, weil sie einen höheren Rang besitzen, tauchen dagegen erst in den Strophen vier und fünf auf und auch dort nur in Bezug zu Kriemhild.[8] Daraus lässt sich wiederum die große Bedeutung Kriemhilds für den weiteren Verlauf des Geschehens erkennen. Die Vorstellung der Könige erfolgt durch feststehende Epitheta, wie die adelige Abstammung, Macht, Tapferkeit, Freigebigkeit und großem Gefolge, so Haug.[9] Die Burgundenprinzessin steht unter dem Schutz der drei Könige, welche sich fürsorglich um sie kümmern. Schulze sieht in diesem Schutz eine Art Vormundschaft, dem Kriemhild unterliege.[10]
Die nächste Strophe lokalisiert den Handlungsort, Worms am Rhein, dem eine große Gefolgschaft bis in den Tod dient und
„si stúrben sît jæmmerlîche von zweier frouwen nît“.
(1. Âventiure, 6. Strophe)
Anhand dieser Vorausdeutung werde der 14. Âventiure von Beginn an eine große Bedeutung zugeschrieben und die Erwartungen der Hörer werde gesteuert sowie deren Aufmerksamkeit gelenkt. Außerdem führt der Dichter dem Publikum den Bezug zum traditionellen Stoff vor Augen.[11]
In der folgenden Strophe wird Kriemhilds Familiensituation geschildert. Die Mutter Kriemhilds ist die mächtige Königin Ute, welche nach dem Tod ihres Mannes, König Dankrat, das Land und den Besitz erbte. Die Macht und der Reichtum des Wormser Hofes werden durch eine Beschreibung der großen Gefolgschaft der drei Könige betont. Der Reichtum des Wormser Hofes steht im engen Zusammenhang mit der Schönheit Kriemhilds, da das Gute immer schön sein müsse und demzufolge das Schlechte bzw. Böse hässlich.[12]
Die erste Âventiure stellt in ihrem Aufbau und Inhalt das Gegenstück zur zweiten Âventiure dar, in der Siegfried vorgestellt wird. Durch diese Parallelen wird deutlich, dass Siegfried und Kriemhild füreinander bestimmt sind und nur Siegfried „ihr einzig adäquater Partner“[13] sein könne. Der Vorstellung der Hauptfiguren liege ein bestimmtes Schema zu Grunde, dabei werde als erstes das Land geographisch identifizierbar, danach folgt der Name der Familie und die hohe Abkunft dieser, demzufolge wird die Stadt, in der die Familie lebt, genannt und zum Schluss werde die Figur mit idealtypischen Stilisierungen – schöner als alle anderen bzw. tapferer als alle anderen - charakterisiert.[14] Beide Âventiuren, so Schulze, seien ein konzentrierter Ausdruck von Höfisierung, in dessen Zusammenhang höfische Werte wie Ehre, Schönheit und Minne als Leitbegriffe herangezogen werden.[15]
Kriemhild wird dem Publikum als außergewöhnlich schöne und für die Handlung wichtige Person vorgestellt. Zum einen als liebenswertes und behütetes Mädchen am Wormser Hof und zum anderen als Rächerin und Verantwortliche für den Untergang der Burgunden und dem Tod vieler Krieger.
[...]
[1] vgl. Wahl Armstrong, Marianne: Rolle und Charakter – Studien zur Menschendarstellung im Nibelungenlied. Göppingen 1979. S. 239 und 242
[2] vgl. Haug, Walter: Montage und Individualität im Nibelungenlied. In: Haug, Walter: Strukturen als Schlüssel zur Welt - Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters. Tübingen 1989. S. 334ff
[3] vgl. ebd. Wahl Armstrong, Marianne: Rolle und Charakter – Studien zur Menschendarstellung im Nibelungenlied. S. 249f
[4] vgl. De Pol, Roberto: Schöne „Vâladinne“ und Femme Fatale – von Kriemhilds Schönheit. In: Bachleitner, Norbert (Hrsg.): Beiträge zu Komparatistik und Sozialgeschichte der Literatur-Festschrift für Alberto Martino. Amsterdam 1997. S.423
[5] vgl. ebd. De Pol, Roberto: Schöne „Vâladinne“ und Femme Fatale – von Kriemhilds Schönheit. S. 428
[6] vgl. Schulze, Ursula: Kriemhild und Siegfried als höfische Dame und höfischer Ritter. In: Schulze, Ursula: Das Nibelungenlied. Stuttgart 2003. S. 143
[7] vgl. a.a.O. De Pol, Roberto: Schöne „Vâladinne“ und Femme Fatale – von Kriemhilds Schönheit.
S. 434f
[8] vgl. a.a.O. Wahl Armstrong, Marianne: Rolle und Charakter – Studien zur Menschendarstellung im Nibelungenlied. S. 248f.
[9] vgl. Haug, Walter: Höfische Idealität und heroische Tradition im Nibelungenlied. In: Haug, Walter: Strukturen als Schlüssel zur Welt-Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters. Tübingen 1989.
S. 296
[10] vgl. a.a.O. Schulze, Ursula: Kriemhild und Siegfried als höfische Dame und höfischer Ritter. S.144f
[11] vgl. Göhler, Peter: Von zweier vrouwen bagen wart vil manic helt verlorn. - Der Streit der Königinnen im ‚Nibelungenlied’. In: Zatloukal, Klaus (Hrsg.): 6. Pöchlarner Heldenliedgespräche - 800 Jahre Nibelungenlied - Rückblick-Einblick-Ausblick. Wien 2001. S. 76
[12] vgl. a.a.O.. De Pol, Roberto: Schöne „Vâladinne“ und Femme Fatale – von Kriemhilds Schönheit. S.425
[13] vgl. a.a.O. Wahl Armstrong, Marianne: Rolle und
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- Britta Wertenbruch (Author), 2004, Kriemhild - Die Facetten einer Frau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40268
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