Mit Hilfe des Koordinationsmängel-Diagnosekonzepts, welches bereits in über 100 Untersuchungen angewandt worden ist und ständig weiter entwickelt wird, können reale Märkte, Branchen und Sektoren anhand ausgewählter Zeitreihen auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüft werden.
Ziel ist es, Rahmenbedingungen für Marktprozesse analysieren und dadurch verbessern zu können. Bisher gab es kein Verfahren der direkten Messung dieser Funktionsfähigkeit, sondern wurden Schätzungen auf der Basis umstrittener Hypothesen gestellt. Bereits im Jahre 1978 erschien die erste Veröffentlichung zu diesem Konzept, welches in der Folgezeit immer weiter ausgebaut und perfektioniert wurde.
Erschwert wurde die Anerkennung durch Theorien wie derer von F.A. von Hayek, nach denen Wettbewerb eine Methode zur Schaffung ex ante unbekannten Wissens wäre und die Beurteilung der Güte von Wettbewerbsprozessen deshalb eine „Anmaßung von Wissen“ sei.
Die Bewertung des Koordinationsmängel-Diagnose-Konzepts erfolgt durch Gegenüberstellung von in- und ausländischen Marktprozessen, also z. B. der Regelungsgüte des Markträumungsprozesses in der Elektroindustrie zum einen in Deutschland und zum anderen in den USA. Hierbei sind ausnahmslos alle Wettbewerbsformen relevant, da eine dynamische Betrachtung des Wettbewerbes und der Märkte vorgenommen wird.
Dabei besteht das Konzept aus zwei grundlegenden Teilen:
Aus einem (positiven) Modell der dynamischen Funktionsweise von Märkten und aus einem (normativen) Konzept zur Bewertung der Koordinationsergebnisse, die auf konkreten Märkten erzielt werden.
I Inhaltsverzeichnis
1 Definition und Einleitung
2 Theoretische und methodische Grundlagen
2.1 Effizienzbegriffe
2.2 Koordinationsaufgaben des KMD-Konzepts
2.3 Funktionsfähigkeitsprüfung
2.4 Stabilitätsbedingungen
2.4.1 Markträumungsprozess
2.4.2 Renditenormalisierungsprozess
2.4.3 Übermachterosionsprozess
2.4.4 Produktfortschrittsprozess
2.4.5 Verfahrensfortschrittsprozess
3 Ideal- und Hilfsindikatoren
3.1 Aufgaben von Ideal- und Hilfsindikatoren
3.2 Beispiele für Ideal- und Hilfsindikatoren
3.2.1 Übernachfrage
3.2.2 Fortschrittsrückstände
3.2.3 Fazit
4 Ablauf von Funktionsfähigkeitsprüfungen
4.1 Vorbemerkungen
4.2 Arten von Funktionsstörungen
4.2.1 Stabilitätsdefekte
4.2.2 Niveaudefekte
4.3 Aufdeckung von Koordinationsmängeln im Einzelnen
4.3.1 Prozessmusterprüfung
4.3.2 Plausibilitätsprüfung
4.3.3 Niveauverzerrungsprüfung
4.3.4 Abfolge und Zusammenfassung der Teilprüfungen
5 Fazit
II Das Koordinationsmängel-Diagnosekonzept
1 Definition und Einleitung
Mit Hilfe des Koordinationsmängel-Diagnosekonzepts (KMD-Konzepts), welches bereits in über 100 Untersuchungen angewandt worden ist und ständig weiter entwickelt wird, können reale Märkte, Branchen und Sektoren anhand ausgewählter Zeitreihen auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüft werden.
Ziel ist es, Rahmenbedingungen für Marktprozesse analysieren und dadurch verbessern zu können. Bisher gab es kein Verfahren der direkten Messung dieser Funktionsfähigkeit, sondern wurden Schätzungen auf der Basis umstrittener Hypothesen gestellt. Bereits im Jahre 1978 erschien die erste Veröffentlichung zu diesem Konzept (vgl. Grossekettler: Das Renditetheorem), welches in der Folgezeit immer weiter ausgebaut und perfektioniert wurde.
Erschwert wurde die Anerkennung durch Theorien wie derer von F.A. von Hayek, nach denen Wettbewerb eine Methode zur Schaffung ex ante unbekannten Wissens wäre und die Beurteilung der Güte von Wettbewerbsprozessen deshalb eine „Anmaßung von Wissen“ sei (vgl. v. Hayek, 1937,1945,1969,1975).
Die Bewertung des KMD-Konzepts erfolgt durch Gegenüberstellung von in- und ausländischen Marktprozessen, also z. B. der Regelungsgüte des Markträumungsprozesses in der Elektroindustrie zum einen in Deutschland und zum anderen in den USA. Hierbei sind ausnahmslos alle Wettbewerbsformen relevant, da eine dynamische Betrachtung des Wettbewerbes und der Märkte vorgenommen wird (vgl. Schengber, 1996: 75ff.).
Dabei besteht das Konzept aus zwei grundlegenden Teilen:
- Aus einem (positiven) Modell der dynamischen Funktionsweise von Märkten und
- aus einem (normativen) Konzept zur Bewertung der Koordinationsergebnisse, die auf konkreten Märkten erzielt werden.
Im folgenden soll darauf eingegangen werden, wie eine derartige Funktionsfähigkeitsanalyse (nach Grossekettler, 1991: 467ff.) durchgeführt wird.
2 Theoretische und methodische Grundlagen
2.1 Effizienzbegriffe
Für Funktionsfähigkeitsprüfungen ist die Unterscheidung zwischen zwei Effizienzbegriffen wichtig:
- Der güterwirtschaftlichen Effizienz und
- der Koordinationseffizienz
Die Ermittlung der güterwirtschaftlichen Effizienz basiert auf der Beurteilung von (Markt-) Ergebnissen. Sie umfassen vor allem die Struktur von Preisen, Gewinnen und Qualitäten, die räumliche und zeitliche Verteilung von Gütern und das Ausmaß des technischen Fortschritts (vgl. Bodenstein/Geise, 1987: 46f.).
Die Ermittlung der Koordinationseffizienz ist auf einer lenkungswirtschaftlichen Dimension von Marktprozessen aufgebaut. Dabei stellt sich die Frage, welche Lenkungsqualität sich aus der jeweils realisierten Verteilung von Entscheidungskompetenzen, Informationen und Anreizen für die realen Prozesse ergibt.
Bei dieser ordnungspolitisch ausgerichteten Fragestellung kommt es darauf an zu prüfen, ob auf einem Markt bestimmte Abstimmungsaufgaben gelöst werden.
Ein Beispiel hierfür ist die Abstimmung von Angebots- und Nachfragemenge aufeinander.
Dies widerspricht klassischen Wirtschaftsmodellen, nach denen Wettbewerbseffizienz nicht empirisch kontrollierbar und Wettbewerb das einzige Verfahren ist, sich einem solchen unbekannten Optimum zu nähern. (vgl. v. Hayek, 1969: 250).
Diese Kernhypothesen besagen, dass optimale güterwirtschaftliche Ergebnisse erzielt würden, wenn bestimmte Marktstrukturen realisiert bzw. bestimmte Verhaltensweisen verboten oder bestimmte Anforderungen an die Wettbewerbsgesetzgebung befolgt würden
(vgl. Theorien der „Freiburger Schule“, der „Harvard-“ oder „Chicago-“ Schule).
Deren politische Akzeptanz dürfte aber dadurch gelitten haben, dass es bisher keine einheitlichen Normen zur Bewertung der Ergebnisse gab. Außerdem gibt es durch dieses System keine Vergleiche dazu, wie es anders hätte laufen können.
2.2 Koordinationsaufgaben des KMD-Konzepts
Im Gegensatz zu den klassischen Wirtschaftsmodellen enthält das KMD-Konzept einheitliche Bewertungsnormen und Vergleichswerte.
Es hat folgende Koordinationsaufgaben zu erfüllen (vgl. www.kmd-konzept.de/Überblick):
- Abstimmung von Angebots- und Nachfragemenge aufeinander (Markträumungsprozess)
- Mit Kapazitätsengpässen bzw. Überkapazitäten einhergehende Über- oder Unterrenditen sollen nur kurzfristige Erscheinungen sein (Renditenormalisierungsprozess)
- Eine Übermacht von Anbietern oder Nachfragern soll korrigierende Strukturvariationen hervorrufen (Übermachterosionsprozess)
- Fortschrittsrückstände bei Produkten oder Verfahren sollen nur vorübergehender Natur sein und analog zu den anderen Prozessen „automatisch“ (= ohne staatliche Maßnahmen) Aufholanstrengungen auslösen (Produkt-/ Verfahrensfortschrittsprozess)
Nach der positiven und der normativen Behauptung (s.o.) lösen Märkte diese Aufgaben und sollen sie auch lösen. Prüfen lässt sich dies positiv durch die Untersuchung von Marktprozessen (siehe 2.4.1 bis 2.4.5), normativ durch Befragungen und Untersuchungen der ökonomischen, juristischen und philosophischen Literatur (vgl. Alsmöller und Rotthege, 1982).
Diese Behauptungen bilden ein hinreichendes System von dynamischen Koordinationsaufgaben und sind voneinander logisch unabhängig. Die Marktprozesse sind wie (verschieden schnell laufende) Zahnräder eines Getriebes logisch und empirisch separierbar, ebenso aber auch miteinander verbunden. Man kann sie auch als ein System vermaschter Regelkreise betrachten (vgl. Grossekettler, 1989)
2.3 Funktionsfähigkeitsprüfung
Da beim KMD-Prozess fünf Prozesse unterschieden werden, ergeben sich fünf Regelkreise, von derer Funktionsqualität es abhängt, ob ein Markt als funktionsfähig eingestuft werden kann oder nicht (vgl. Grossekettler, 1991: 469f.).
Tritt bei einer solchen Prüfung ein einziger Störimpuls auf, so muss untersucht werden, ob sich dieser Impuls nach der nächsten Periode wieder in Richtung des Sollwerts bewegt oder nicht. Nicht bestimmt zu werden braucht der exakte Wert der Regelgröße.
Beim Auftreten von mehrfachen Störungen ist die Funktionsfähigkeitsprüfung schwieriger, aber machbar und weiterhin sehr viel einfacher als die quantitativen Zustandsprognosen verschiedener ökonometrischer Modelle.
Dabei wird kein realer Markt, sondern ein Computermodell als prototypischer Markt verwendet, da der reale Markt nicht direkt beobachtet werden kann, sondern nur Reaktionen auf bestimmte Ergebnisse prognostiziert werden können.
Dazu behauptet man zunächst, dass der Untersuchungsmarkt qualitativ wie ein idealtypischer Markt reagieren werde. Bei exogenen Störungen würde er deshalb Prozessmuster erzeugen, die denjenigen ähneln, die man mit einem Computermodell eines idealtypischen Marktes erzeugen kann, d.h. eines Marktes, auf dem alle Prozesse befriedigend funktionieren, nach normativen wie auch nach positiven Gesichtspunkten.
Dieses Computermodell entspricht in seiner Standardversion den preistheoretischen Vorstellungen von einem Konkurrenzmarkt und bildet die fünf miteinander vermaschten Regelkreise mit Hilfe von Differenzgleichungen ab, dessen Reaktionsweisen sowohl auf systemische als auch auf zufällige Störungen abgebildet werden können. Die Parameter der Differenzgleichung müssen innerhalb bestimmter Stabilitätsintervalle liegen.
Ähneln die Entwicklungsmuster des untersuchten Marktes nun denen des idealtypischen Computermodells, so kann die Vermutung angestellt werden, dass die Funktionsweise des untersuchten Marktes befriedigend ist.
Beispiel: Liegen Preise und Mengen trotz gewisser Störungen mittelfristig wieder innerhalb bestimmter Intervalle, so kann man davon ausgehen, dass der Markträumungsprozess im untersuchten Markt funktioniert.
Gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Entwicklungsmustern des Computermodells und der Realität, müssen auf der Basis der Preistheorie Hypothesen darüber aufgestellt werden, welche Art von „Funktionsstörung“ vorliegt.
Beispielhaft könnte man die Vermutung äußern, dass sich ein heimliches Kartell auf einen Festpreis geeinigt hat. Wäre dies der Fall, würde die Stabilitätsbedingung des Markträumungsprozesses verletzt, und man müsste beim Computermodell eine andere Parametereinstellung vornehmen. Vom Standardmodell des idealtypischen Marktes (s.o.) müsste man von nun an von einem Modell eines „Marktes mit kartellarischer Preisfixierung“ ausgehen. Falls die simulierten nun mit den tatsächlich beobachteten Prozessmustern (größtenteils) übereinstimmen, akzeptiert man die Erklärungshypothese als „vorläufig wahr“.
Durch die Anzahl der Beobachtungspunkte und somit auch der Testfälle, die man untersucht, hat sich die Hypothese empirisch bewährt.
Das Computermodell bildet somit zahlreiche Vorteile:
- Als Überbrückungshilfe zwischen komplexen Märkten und deren Erklärung anhand vergleichbarer statischer Erklärungsmodelle der Preistheorie mit beobachtbaren Entwicklungsmustern
- Das „Spielen“ mit den Parametern des Modells verstärkt die Fähigkeit, sich in Märkte hinein zu versetzen und erleichtert die Erkennung besonders einflussstarker Parameter
- Das Modell erlaubt es, auszuprobieren, wie sich die Wahl unterschiedlicher Indikatoren in den Zeitreihen niederschlagen wird (s. 4.3.1 Prozessmusterprüfung)
Fazit: Ein Computermodell vermaschter Regelkreise dient nicht nur als Repräsentationsmodell, sondern kann auch die Fähigkeit fördern, Entwicklungsmuster erkennen, deuten und beurteilen zu können.
Die genauen Messmethoden werden noch in Punkt 4 näher erläutert.
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- Alexander Philipp (Author), 2005, Das Koordinationsmängel-Diagnosekonzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39685
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