[...] Große Kriegsherren haben seit jeher die Bedeutung des Wortes erkannt und für sich zu nutzen gesucht; spätestens mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wandelte sich jenes Phänomen von einer Begleiterscheinung des Krieges zu dessen Instrument: Propaganda war zu einer der gezieltest eingesetzten, bedeutendsten Waffen geworden. Speziell die Macht des Bildes hatte sich den Kriegstreibenden erschlossen. Den Erfolg der eigenen Armee ins rechte Licht zu rücken, war ein ebenso gewichtiges Ziel geworden wie der Erfolg selbst: „Schon im Zweiten Weltkrieg experimentiert man mit fernseh-gesteuerten Bomben: Die sogenannte Fernsehbombe entsteht auf den Reisbrettern der Ingenieure.“ Die Art und Weise der Einflussnahme auf die Kriegsberichterstattung hat sich fortan rasant entwickelt. Sind auf kriegstechnologischem Gebiet Tarnkappenbomber und Spürpanzer hervorgebracht worden, so stehen diesen Errungenschaften auf propagandistischem Sektor Berichterstatter-Pools und Embedded Reporting gegenüber. Jene Schlagworte sind in der jüngeren Kriegshistorie der Vereinigten Staaten von Amerika zu verorten. Beide lieferten Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen über die Rolle der Medien zu Kriegszeiten. Speziell die Berichterstattung US-amerikanischer Fernsehstationen ist in diesem Zusammenhang in den Fokus der kommunikationswissenschaftlichen Betrachtung gerückt. „Welche Rolle können Medien in Kriegseinsätzen überhaupt spielen? [...] Sind sie zur Einseitigkeit verdammt, Kriegsspielzeug, das die Begleitbilder für ein inszeniertes Spektakel von globaler Herrschaft liefert?“ Oder, vereinfacht und Blick auf den jüngsten Krieg im Irak formuliert: „Wie kritisch kann selbst ein erfahrener Reporter sein, wenn er morgens mit den US-Soldaten frühstückt und mittags mit ihnen um sein Leben fürchten muss?“ Jenen Fragen widmet sich diese Arbeit. Sie soll eine vergleichende Betrachtung zw ischen der Berichterstattung während des Golfkriegs 1991 und des Irakkriegs 2003 liefern. Hierzu soll zunächst eine Untersuchung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Berichterstattung des ersten Krieges Aufschluss darüber geben, inwiefern sich Medien haben beeinflussen lassen – respektive welche Auswirkungen die ‚War Coverage’, insbesondere jene des US-Fernsehens, gezeitigt hat; und ferner, inwieweit sie in rückwirkender Weise Einfluss auf das Kriegsgeschehen genommen hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung – Kriegsjournalismus oder mediale Kriegsbegleitung?
1.1 Begründung der Auswahl der betrachteten Medien
2. Berichterstattung während des Golfkrieges 1991
2.1 Das Prinzip des Pool-Reporting
2.2 Das ‚CNN-Monopol’: Die exponierte Stellung und besondere Bedeutung der Berichterstattung des Nachrichtensenders
2.3 Die Kamera als Waffe – das Fernsehen als kriegsbeeinflussende Komponente
2.4 Propagandaerfolg oder effizienter Journalismus? Eine Bewertung der Berichterstattung über den Irakkrieg 1991 und das Pool-Reporting
3. Berichterstattung des US-Fernsehens während des Irak-Krieges 2003
3.1 Veränderte Bedingungen seit dem 11.September 2001
3.2 Das Konzept des Embedded Reporting
3.3 Eine erste Evaluierung des Embedded Reporting
3.3.1 Studie der Columbia University: What Are Americans Getting?
3.3.1.1 Methode
3.3.1.2 Ergebnisse
3.3.1.3 Kritik
3.3.2 Studie der Cardiff University: The role of Embedded Reporting during 17 the 2003 Iraq war
3.3.2.1 Methode
3.3.2.2 Ergebnisse
3.3.2.3 Kritik
3.3.3 Embedded Reporting in der wissenschaftlichen Diskussion
5. Fazit und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Kriegsjournalismus oder mediale Kriegsbegleitung?
„Die Wahrheit ist immer eines der ersten Opfer von Krieg.“[1] Diese Erkenntnis, die mit Johann Galtung einer der führenden Kommunikationswissenschaftler unserer Tage formuliert hat, stützt sich auf Erfahrungen aus vielen Jahrhunderten. Große Kriegsherren haben seit jeher die Bedeutung des Wortes erkannt und für sich zu nutzen gesucht; spätestens mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wandelte sich jenes Phänomen von einer Begleiterscheinung des Krieges zu dessen Instrument: Propaganda war zu einer der gezieltest eingesetzten, bedeutendsten Waffen geworden. Speziell die Macht des Bildes hatte sich den Kriegstreibenden erschlossen. Den Erfolg der eigenen Armee ins rechte Licht zu rücken, war ein ebenso gewichtiges Ziel geworden wie der Erfolg selbst: „Schon im Zweiten Weltkrieg experimentiert man mit fernseh-gesteuerten Bomben: Die sogenannte Fernsehbombe entsteht auf den Reisbrettern der Ingenieure.“[2]
Die Art und Weise der Einflussnahme auf die Kriegsberichterstattung hat sich fortan rasant entwickelt. Sind auf kriegstechnologischem Gebiet Tarnkappenbomber und Spürpanzer hervorgebracht worden, so stehen diesen Errungenschaften auf propagandistischem Sektor Berichterstatter-Pools und Embedded Reporting gegenüber.
Jene Schlagworte sind in der jüngeren Kriegshistorie der Vereinigten Staaten von Amerika zu verorten. Beide lieferten Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen über die Rolle der Medien zu Kriegszeiten. Speziell die Berichterstattung US-amerikanischer Fernsehstationen ist in diesem Zusammenhang in den Fokus der kommunikationswissenschaftlichen Betrachtung gerückt.
„Welche Rolle können Medien in Kriegseinsätzen überhaupt spielen? [...] Sind sie zur Einseitigkeit verdammt, Kriegsspielzeug, das die Begleitbilder für ein inszeniertes Spektakel von globaler Herrschaft liefert?“[3] Oder, vereinfacht und Blick auf den jüngsten Krieg im Irak formuliert: „Wie kritisch kann selbst ein erfahrener Reporter sein, wenn er morgens mit den US-Soldaten frühstückt und mittags mit ihnen um sein Leben fürchten muss?“[4]
Jenen Fragen widmet sich diese Arbeit. Sie soll eine vergleichende Betrachtung zwischen der Berichterstattung während des Golfkriegs 1991 und des Irakkriegs 2003 liefern. Hierzu soll zunächst eine Untersuchung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Berichterstattung des ersten Krieges Aufschluss darüber geben, inwiefern sich Medien haben beeinflussen lassen – respektive welche Auswirkungen die ‚War Coverage’, insbesondere jene des US-Fernsehens, gezeitigt hat; und ferner, inwieweit sie in rückwirkender Weise Einfluss auf das Kriegsgeschehen genommen hat.
Im Anschluss rückt die Berichterstattung über den jüngsten Irak-Krieg in den Mittelpunkt, im Speziellen das neue Konzept des Embedded Reporting, dessen Analyse das Kernstück dieser Arbeit darstellt. Haben sich die düsteren Prophezeiungen hinsichtlich dieser neuen, von Regierungsseite aufoktroyierten Form der Kriegsberichterstattung bewahrheitet? Eine Vorstellung der hierzu vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse soll Aufschluss darüber geben – einer inhaltsanalytische Studie der Columbia University, die sich speziell mit jenen Fragen auseinander gesetzt hat und sich an der Berichterstattung der bedeutendsten US-amerikanischen Fernsehstationen orientiert, erhält eine entsprechende Akzentuierung – genau wie eine in Umfang und Tiefe darüber hinausreichende Untersuchung der Cardiff University.
Zusammenfassend wird eine vergleichende Evaluierung der Berichterstatter-Pools bzw. des Embedded Reporting vorgenommen, ehe eine Darstellung potenzieller neuartiger Formen der Kriegsberichterstattung in einem Ausblick mögliche Alternativen aufzeigen soll.
1.1 Begründung der Auswahl der betrachteten Medien
Das journalistische Angebot ist breit gefächert, je nach Gebiet und Ziel der Berichterstattung offenbaren einzelne Medien Stärken oder Schwächen gegenüber anderen und nehmen Vorreiterrollen ein. Im Falle der hier betrachten Kriege gilt dies zweifellos für das Medium Fernsehen, da dessen unmittelbare und scheinbar eindeutige Rezipientenansprache Vorteile gegenüber Konkurrenzmedien zeitigt. Rota geht sogar soweit, zu sagen,
„... dass TV-Kanäle im politischen Spannungsfall Teil einer kulturell-politischen Auseinandersetzung sind. Sie stehen aus ökonomischen und politischen Gründen als Sprachrohr für die jeweilige Volksmeinung bzw. die Regierung zur Verfügung.“[5]
In den hier betrachten Konflikten – Golfkrieg 1991 und Irakkrieg 2003 – ist die überragende Bedeutung der US-amerikanischen Fernsehstationen in der Berichterstattung evident; nicht nur in Bezug auf das amerikanische Publikum: „So berichten [deutsche; Anm. d. Verf.] TV-Korrespondenten vor Ort oft nur das, was Agenturjournalisten oder Sender wie CNN [...] recherchiert und berichtet haben“[6] Beispiele gibt es zuhauf. „So kooperieren RTL und n-tv mit CNN, NBC und CBS und die ARD mit ABC, CBC und der BBC. [...] Das ZDF wiederum hat beispielsweise Zugriff auf das Material von [...] NBC.“[7]
Zwar nahm die Bedeutung arabischer Sender stark zu.
„Im Vorfeld des Irakkrieges und vor allem nach seinem Beginn wurde ein Konkurrenzkampf zwischen CNN und Al-Dschasira um Marktanteile, Kontakte in der Region, die Positionierung von Kamerateams und ihren jeweiligen Einfluss auf die TV-Zuschauer ausgemacht.“[8]
In der vorliegenden Arbeit ist dennoch eine Konzentration auf die US-amerikanischen Sender geboten – zum einen, weil nur sie das im Mittelpunkt der Untersuchung stehende Prinzip des Embedded Reporting praktiziert haben, zum anderen, weil nur dann eine vergleichende Betrachtung der Berichterstattung von 1991 und 2003 sinnstiftend möglich erscheint.
2. Berichterstattung während des Golfkrieges 1991
„,Es geht los! Blitze zucken über den nächtlichen Himmel der irakischen Hauptstadt!“[9] Dies war der erste Satz der Berichterstattung über den Golfkrieg, live ausgestrahlt in CNN in den USA. Der weltweit empfangbare Nachrichtenkanal nahm in der Berichterstattung über jenen Konflikt eine Sonderstellung ein (siehe 2.2). Darüber hinaus war die Berichterstattung in erster Linie durch das neue Konzept des Pool-Reporting charakterisiert.
2.1 Das Prinzip des Pool-Reporting
Das sog. ‚Pentagon Pool System’ wurde vom Department of Defense National Media Pool entwickelt, um die Kriegsberichterstattung zu organisieren[10].
„[Das] Pool-System [sah vor], dass ausgewählte Journalisten von der Armee an bestimmte Punkte des Kampfgebiets gebracht wurden und dort unter Aufsicht filmen und recherchieren durften, um danach ihr Material mit den zurückgebliebenen Kollegen zu teilen“[11]
Die Kontrolle oblag dem Joint Information Bureau. Mit zunehmender Zahl der im Irak eintreffenden Journalisten wurden neue Pools gegründet, ihre Zusammensetzung wurde später den Journalisten selbst überlassen, doch alle Berichterstatter “had to rely on what the pools produced and with what the military fed them“[12]. Von Seiten des Militärs wurde sichergestellt, „dass alle Inhalte, die militärische Vor- bereitungen und Operationen betrafen, von den Pressestellen der kriegführenden Parteien zensiert waren“[13].
“The Pentagon […] photographed, fingerprinted, and gave detailed marching orders to the reporters; it required all stories to be submitted for ‘security reviews’; no one could report details of operations, numbers of troops, or specific locations; no journalists could report from frontline units, […] except in those small press pools.”[14]
Eine besondere Rolle kam bei jener Medienkontrolle durch das Pool-Reporting dem Präsidenten zu.
“Throughout the crisis, the White House directed the military’s dealings with the press and used the information monopoly that resulted from the press curbs to bolster its public relations efforts and prevent press coverage from damaging either national or presidential interests.”[15]
2.2 Das ‚CNN-Monopol’: Die exponierte Stellung und besondere Bedeutung der Berichterstattung des Nachrichtensenders
Eine Ausnahmestellung in der Berichterstattung über den Golfkrieg 1991 nahm CNN ein, gleichzeitig begründete jenes ‚Ereignis’ die weltweite Wahrnehmung des Senders.
“The 10-year-old network has a six-continent audience. Until the allies hit Baghdad on January 16 [1991, Anm. d. Verf.], CNN rarely had drwan more than a million viewers in the U.S. during any sustained coverage. At the height of Baghdad bombing, CNN was reaching more than 10 million in the U.S: alone”[16]
Dies schaffte der Sender durch seine exponierte Stellung, die sich im Gegensatz zu vielen Konkurrenzmedien nicht zuvorderst auf das Pool-Reporting stützte. „Peter Arnett von CNN [...] war einer der wenigen vom Terrorregime Saddams zugelassenen westlichen Reporter“[17], er berichtete live aus Bagdad. Die Berichterstattung von CNN rief unterschiedliche Resonanz hervor. Beim amerikanischen Militär stieß der Sender ob seines gelungenen Ausreißversuchs vom Pool-Reporting auf wenig Zustimmung.
“CNN and its high-profile reporter, Peter Arnett, are reported to have enraged American military leaders with their coverage of bombing attacks, particularly when CNN reports suggested that the ‘baby milk factory’[18] was just what the Iraqis claimed to be.”[19]
Das Network wies diesen Vorwurf in Person ihres Besitzers Ted Turner zurück. Dennoch wurde insgesamt eine ablehnende Haltung westlicher Militärgeneräle gegenüber der Berichterstattung des Senders ausgemacht: “Arnett’s presence in the Iraqi capital was seen by most Western military officers as at least letting down the side.[20]
Was die journalistische Bewertung betrifft, existieren ebenfalls unterschiedliche Ansichten. Zustimmung für unparteiliche Berichterstattung – “audiences witnessed accounts from behind ‘enemy’ lines, by reporters such as Peter Arnett who held no ideological or political bias”[21] – stand eine distanziertere Betrachtung gegenüber. Medienwissenschaftler Robert Lichter erklärt:
“ [It] was dangerous for CNN and dangerous for journalism to have the only reporter [...] working in the shadow of guns that could be aimed at his head. […] In a way, he is a hostage, and you have to treat his statements as those of hostages.”[22]
Saddam Hussein sei Arnetts Chefredakteur gewesen, schrieb gar A.M. Rosenthal von der New York Times.[23] Unabhängig davon hatte CNN eine hohe strategische Bedeutung für sämtliche Kriegsparteien. So wurden laut Bruck „Journalistenberichte des CNN aus dem bombardierten Bagdad zum Trefferfeedback für die amerikanische Kommandozentrale in Riad und Washington“[24] ; mehr noch:
“CNN served as an immediate messenger service between governments around the world. King Fahd of Saudi-Arabia stayed tuned to CNN […]. U.S. intelligence agancies studied the video coverage closely for clues about the state of mind of the leaders in Bagdad. President Bush remarked that he learned from CNN more than from the CIA. […]”[25]
Auch Saddam Hussein erwarb einen Teil seiner Informationen über das US-stämmige Network[26].
2.3 Die Kamera als Waffe – das Fernsehen als kriegsbeeinflussende Komponente
Im Rückblick auf den Irakkrieg von 1991 ist eine Vielzahl von Publikationen im Bereich der Wirkungsforschung erschienen, die sich mit der televisuellen Kriegsberichterstattung auseinandersetzen. Im Folgenden soll ein Überblick über die zentralen in diesem Zusammenhang veröffentlichten Thesen geliefert werden.
Eine erste These lässt sich grob auf die Formel verkürzen, die Art und Weise der TV-Berichterstattung habe zu einer extrem verzerrten Darstellung des Krieges respektive seiner Hintergründe geführt. So „bürgerte sich sehr rasch die kritisch-distanzierte Bezeichnung ‚Video-Krieg’ oder ‚War Games’ für jenen winzigen Ausschnitt Wirklichkeit ein, den das Fernsehen aus der Realität am Golf einzufangen vermochte.“[27] In zunehmendem Maß werde „die Tatsächlichkeit nicht nur maskiert, sondern substituiert durch Bilder ohne Bezug, ohne wirkliche Referenzrelation zum Realen.“[28]
Einen Erklärungsversuch formuliert Steinmaurer: „Der ‚klinisch reine Video-Krieg’ liefert Bilder von Sehmaschinen, die sich in ihrer Ästhetik, in ihrer benutzerfreundlichen ‚Oberfläche’ von Videospielen aus dem Alltagszusammenhang nicht mehr unterscheiden“[29]. Diese realitätsentstellende Form der Berichterstattung zeitige eine Wirkung der emotionalen Abspaltung des Zuschauers:
„Kriege werden durch die mediale Zwischenschaltung nicht nur faszinierender, sondern erträglicher und organisierbarer [...]. Aus dem blutigen Ernst wird durch die mediale Zwischenschaltung ein erregendes Schauspiel, das wie im Kino meine Sinne, aber nicht meine Existenz berührt.“[30]
Eine ähnliche Einschätzung stammt von Schmid: „Die Kriegshandlungen werden zu einem klinizistischen, entrückten TV-Theater der Grausamkeit, [...] eine TV-High-Tech-Show, die auch die Überlegenheit der US-Waffensysteme ins Bild rückt“[31]. Die Fernsehsender seien somit zu einem zentralen, autonomen Akteur auf dem Kriegsfeld mutiert. Das Fernsehen stehe „qua symbolische Bild-Macht – und das durchaus vorbewusst und teils non-intentional – im Dienste der Politik des Verhüllens und Verschleierns und Verzerrens.“[32]
Eine zweite in diesem Zusammenhang relevante These nimmt die militärische Kommunikationsstrategie in den Fokus. Diese sei im Irak in hohem Maße auf die zunehmende Bedeutung des Fernsehens abgestimmt gewesen:
„Kommunikation ist vollständig in das Kommandosystem und die Kontrollrückläufe integriert, und die Nachrichtenmedien arbeiten im analogen und digitalen Informatiksystem der gigantischen Militärmaschine. Wahrnehmung, automatisiert und telekommunikativ als TV-Kamera im Raketenkopf, ist in den Regelkreis des Krieges eingebaut.“[33]
Das wohl bekannteste Beispiel, welches in der einschlägigen Literatur häufig Erwähnung findet, betrifft die Arbeit eines PR-Unternehmens, das nur zu dem Zweck eingesetzt wurde, Bilder zu schaffen, die der Diskreditierung des irakischen Kriegsgegners dienen sollten. “As a senior executive of Hill Knowlton[34] later put it, the campaign had the simple objective of making sure that there was adequate public support for […] the operation Desert Storm”[35]. Eine der hier entwickelten Propaganda-Geschichten war jene, der zufolge irakische Soldaten während der Besetzung eines kuwaitischen Krankenhauses Babys aus Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen hätten. Hierüber wurde weltweit berichtet, erst später stellte sich die Geschichte als Propaganda-Lüge heraus.[36] “This video was shown on all the major news programmes and led to further public and political support for the Bush’s administration.”[37]
Einer dritten These zufolge ist die Art der gesendeten Bilder weniger relevant als die Tatsache, dass in exorbitantem Maße über den Krieg berichtet wird und es im TV zu einer Ominpräsenz des Krieges kommt. Etwaige journalistische Tendenzen seien nicht das eigentliche Übel, vielmehr fungiere die Berichterstattung als Teil des Krieges und festige – auch aus Eigeninteresse – somit dessen Fortbestehen:
„Nicht die Vorenthaltung von strategischen Details noch die Nichtabbildung der blutigen Folgen sind die entscheidenden Kritikpunkte, sondern die Tatsache, daß die Medien, elektronisiert und vernetzt, satellitengestützt und durchgekabelt, den Krieg vorbereiteten, so wie sie ihn auch äußerst gelungen verarbeiten. Denn womit die dominanten Nachrichtenmedien als weltumspannende Informationslieferanten am wenigsten anfangen können, ist Frieden.“[38]
Zielinski attestiert entsprechend ein „symbiotisches Verhältnis von Vernichtung und Vermittlung, Vermittlung als Vernichtung“[39].
[...]
[1] Galtung, Johan; Fischer, Dietrich: Kriegsberichterstattung kann Konflikte verlängern. In: Medien Journal: Medien in Krieg und Entwicklung. Innsbruck: 2/2003, S. 7.
[2] Steinmaurer, Thomas: The Medium is the Missile. Medien-Collage/Kriegs-Bild: Eine Dokumentation. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S. 31.
[3] Luger, Kurt: Medien in Krieg und Entwicklung. In: Medien Journal, 2/2003, Innsbruck, S. 3.
[4] Roether, Diemut: Füttern und einbinden. In: journalist, 52.Jg., Remagen-Rolandseck: 3/2003, S.15.
[5] Rota, Franco: Dramaturgie, ‚Embeddedness’ und der Verlust politischer Orientierung. Aspekte der Darstellung des Irakkrieges 2003 im Fernsehen. In: Capurro, Rafael (Hg.): Krieg und Medien -Verantwortung zwischen apokalyptischen Bildern und paradiesischen Quoten?Stuttgart: 2004, S.161.
[6] Prothmann, Hardy: Nachrichten-Hoheit. In: Medium Magazin, 18.Jg., Freilassing: 5/2003, S. 46.
[7] Prothmann, Hardy: Kriegsbilder. In: Medium Magazin, 18.Jg., Freilassing: 4/2003, S. 32.
[8] Rota, a.a.O., S.159.
[9] Washietl, Engelbert: Zurechtweisung und Zensuren: Journalistische Leistung und berufliche Zwänge. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S.49.
[10] Vgl. Young, Peter; Jesser, Peter: The Media and the Military. From Crimea to Desert Strike. London: 1997, S.175.
[11] Bussemer, Thymian: Medien als Kriegswaffe. Eine Analyse der amerikanischen Militärpropaganda im Irak-Krieg. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Aus Politik und Zeitgeschichte. B 49-50, Bonn: 2003.
[12] ebd.
[13] Schmolke, Michael: …dass die ganze Welt zuhört. Kriegsberichterstattung zwischen Prohibition und Exhibition. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S.39.
[14] Cumings, Bruce: War and Television. New York: 1992, S. 110.
[15] Thrall, Trevor A.: War in the Media Age. Cresskill: 2000, S.173.
[16] Kamen, Jeff: CNN’s Breakthrough in Baghdad. In: Smith, Hedrick (Hg.): The Media and the Gulf War. Washington, D.C.: 1992, S.351.
[17] Rota, a.a.O., S.155.
[18] Die irakische Regierung behauptete, das amerikanische Militär habe eine Babymilchfabrik bombardiert, was die US-Regierung als Propaganda-Lüge zurückwies.
[19] Young; Jesser: a.a.O., S. 160.
[20] ebd.
[21] ebd.
[22] Kamen, a.a.O., S.355.
[23] New York Times, 8.2.1990. (Vgl. Cumings, a.a.O.)
[24] Bruck, a.a.O., S.9.
[25] Smith, Jeffrey A.: War and Press Freedom. The Problem of Prerogative Power. New York: 1999, S.214.
[26] ebd.
[27] Washietl, a.a.O., S.49.
[28] Schmid, Georg: War Game. Historischer Versuch über die Kriegsbilder und ihr Verschwinden. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S. 29.
[29] Steinmaurer, a.a.O., S. 33.
[30] Wiegerling, Klaus: Kriegsmedien und Medienkriege. Zum Verhältnis von Krieg und Medien. In: Capurro, Rafael (Hg.): Krieg und Medien -Verantwortung zwischen apokalyptischen Bildern und paradiesischen Quoten?Stuttgart: 2004, S.49.
[31] Schmid, a.a.O., S. 27.
[32] ebd., S. 26.
[33] Bruck, Peter A.: Augenzwänge. Medien am Krieg. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S.9.
[34] so der Name des beauftragten Unternehmens (Vgl. Young; Jesser, a.a.O., S.171)
[35] Young; Jesser, a.a.O., S. 172.
[36] Vgl. ebd.
[37] Groebel, Joe: The Role of the Mass Media in Modern Wars. In: Calließ, Jörg (Hg.): Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Rehburg-Loccum: 1997, S. 72.
[38] Bruck, a.a.O., S.8.
[39] Zielinski, Siegfried: Medien/Krieg. Ein kybernetischer Kurzschluss. In: Österreichische Gesellschaft für Kommunikationsfragen (Hg.): Medien im Krieg. Die zugespitzte Normalität. Salzburg: 1991, S.13.
- Arbeit zitieren
- Daniel Pontzen (Autor:in), 2004, Die Reihen festgeschlossen? Die Rolle des US-Fernsehens in den Irak-Kriegen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39630
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