Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt des Anime, jener japanischen Animationskunst, die längst globale Popkultur prägt! Von den bescheidenen Anfängen in den frühen 1900er Jahren bis zum heutigen, milliardenschweren Industriezweig enthüllt diese umfassende Analyse die spannende Entwicklung eines einzigartigen Mediums. Entdecken Sie, wie Pioniere wie Tezuka Osamu mit "Astro Boy" das Genre revolutionierten und den Grundstein für den internationalen Erfolg legten. Verfolgen Sie die wirtschaftlichen Triebkräfte und kreativen Innovationen, die Anime zu dem gemacht haben, was es heute ist – von den ersten vorsichtigen Exporten in die USA bis zur Etablierung einer leidenschaftlichen Fangemeinde rund um den Globus. Diese Reise durch die Geschichte des Anime beleuchtet nicht nur die stilistischen und thematischen Wandlungen, sondern auch die kulturellen Brücken, die zwischen Japan und dem Westen geschlagen wurden. Erfahren Sie, wie westliche Einflüsse auf japanische Traditionen trafen und umgekehrt, und wie dies die Entstehung ikonischer Werke wie "Space Battleship Yamato" beeinflusste. Analysiert werden die Schlüsselmomente, die den Anime-Markt geprägt haben, von den ersten Anime-Filmen bis zu den neuesten Streaming-Hits, einschliesslich der sich verändernden thematischen Schwerpunkte und der Rezeption in verschiedenen Kulturkreisen. Das Buch bietet faszinierende Einblicke in die Produktionsweisen, die Studios und die kreativen Köpfe hinter den Kulissen, die den unverkennbaren Stil des Anime geprägt haben. Erforschen Sie die vielfältigen Genres – von Mecha-Anime bis hin zu Weltraumabenteuern – und die Einflüsse, die von traditionellen japanischen Künsten bis hin zu westlicher Science-Fiction reichen. Ein Muss für alle Anime-Liebhaber, Filmwissenschaftler und Kulturinteressierte, die die tiefgreifenden Wurzeln und die globale Reichweite dieser einzigartigen Kunstform verstehen möchten. Ergründen Sie die Gründe für den wachsenden internationalen Erfolg und die sich verändernde Wahrnehmung von Anime, von einer Nischenerscheinung zu einem kulturellen Phänomen. Die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung, der thematischen Schwerpunkte und der Rezeption, insbesondere in den USA, bietet ein umfassendes Bild der japanischen Animationsfilmlandschaft.
Inhalt
Einleitung
Die Anfänge
Die späten 50er, die 60er und 70er Jahre
Wirtschaftliche Entwicklung
Thematische Schwerpunkte
Rezeption
Die 80er und 90er Jahre
Wirtschaftliche Entwicklung
Thematische Schwerpunkte
Rezeption
Weitere Entwicklung
Anmerkungen
Quellen
In dieser Arbeit erfolgt die Umschrift der japanischen Originaltitel der Filme nach dem englischen Hepburn-System, das auch die meisten genutzten Quellen verwenden. Da viele der genannten Filme und Serien nicht in Deutschland erschienen sind, wird, wenn vorhanden, immer der Titel der amerikanischen Version angegeben. Der Originaltitel ist, soweit bekannt, in Klammern kursiv gedruckt hinzugesetzt. Das Erscheinungsdatum bezieht sich auf die Premiere in Japan, wenn nicht explizit ein anderes Land angegeben ist.
Bei japanischen Personennamen wird der Zuname vor dem Vornamen genannt.
Einleitung
Die Bezeichnung „Anime“ für japanische Zeichentrickfilme kam erst Mitte der 80er Jahre in Amerika auf, vorher wurden sie ganz einfach „Japanese Cartoons“ oder „Japanimation“ genannt 1 . Aus dem japanischen Wortgebrauch stammend bezeichnet „Anime“ dort alle Arten von Animationsfilmen, unabhängig ihrer Herkunft, während sich der Begriff in den westlichen Ländern als Gattungsbezeichnung speziell für japanische Produktionen entwickelte 2.
Üblicherweise liegt einem Anime eine Comicvorlage (Manga) zugrunde. Diese Comics lassen sich nur schwer mit etwa in Europa oder in den USA hergestellten Cartoons vergleichen, da in Japan ein anderer Bezug zu diesem Medium besteht: Aufgrund der vielfältigeren Themenbereiche richten sich Manga an fast alle Gruppen der Bevölkerung und sind so ein völlig normaler Bestandteil der japanischen Literatur. Im Jahr 2003 waren 60% aller in Japan verkauften Bücher Manga 3. Bei der Verfilmung einer Mangavorlage wird die Darstellung durch den Einsatz dramatischer Effekte verstärkt, die nicht selten in traditionellen japanischen Theaterformen wie Noh, Kabuki, Bunraku und Takarazuka wurzeln 4.
Die Inhalte einiger Anime orientieren sich auch an literarischen oder historischen Vorlagen: die siebenteilige Serie „The Eight Dog Soldiers Legend“( „ Hakkenden “ ) (1990, AIC Productions) z.B. greift auf einen im 18. Jahrhundert geschriebenen Epos von Kyokutei Bakin zurück 5, während der Film „The Ghost Princess“( „ Mononoke Hime “ ) (1999, Studio Ghibli) auf Mythen der Shinto-Religion aufbaut.
Ein gerade in den USA weitverbreitetes Vorurteil gegenüber Anime ist der Glaube, dass sich ein Grossteil der Produktionen im pornographischen Bereich bewegt. Eine Ursache dafür könnte die Art der Vermarktung zu Beginn der 90er Jahre sein: Viele Händler lagerten alle „Über 18“- Produkte in der Anime- und Manga-Abteilung, so dass blutige Horrorcomics wie „Spawn“ (USA seit 1992) oder teilweise pornographische Produktionen wie die „Heavy-Metal“-Hefte und Filme (Kanada seit 1979) neben normalen Anime zu finden waren 6. Diese Praxis und die Tatsache, dass sich die Mitglieder der Fanbewegungen immer vehement gegen die Behauptung wehrten, Cartoons seien für Kinder, ihre Filme also eher dem „Adults-Only“-Bereich zuordneten, könnte im Laufe der Zeit zur Entstehung dieses Vorurteils in der westlichen Öffentlichkeit beigetragen haben . Zur Zeit wird der Anteil pornographischer Produktionen auf dem Anime-Markt auf ca. 5% geschätzt 7.
Die in den USA und Europa erscheinenden japanischen Animationsfilme sind oft modifizierte, dem westlichen Markt angepasste Fassungen des Originals. Bei Langfilmen äussert sich das meist in der Kürzung von zu lang erscheinenden, schwer übersetzbaren Dialogen, während gerade bei TV-Serien für Kinder und Jugendliche oft tiefgreifendere Veränderungen im Handlungsablauf vorgenommen werden, um den anderen kulturellen Wertvorstellungen gerecht zu werden: So wurde z.B. bei der Jugend-TV-Serie „Sailor Moon“( „ Tsukino Usagi “ ) (Erstausstrahlung Europa 1995) die -in Japan nicht ungewöhnliche- Randerzählung einer homosexuellen Liebesbeziehung in der amerikanischen und deutschen Fassung vermieden, indem einer der beiden männlichen Charaktere einen anderen Namen und eine weibliche Synchronsprecherin bekam, und so schliesslich eine für den westlichen Markt akzeptable Beziehung zwischen Mann und Frau gezeigt werden konnte 8.
Eine weitgreifende wissenschaftliche Recherche gestaltet sich auch deswegen ohne Japanischkenntnisse von Deutschland aus schwierig, da die hier erhältlichen Filme nur ein kleiner Teil der tatsächlich produzierten sind. Für den Exportmarkt bestimmte, auch nur über das Internet beziehbare Produktionen sind meist nur die, die in Japan schon einige Zeit erfolgreich gezeigt wurden. So ist es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, ein umfassendes Bild der japanischen Animationsfilmlandschaft zu zeichnen; die Schwerpunkte liegen daher in den Bereichen, die auf der Basis allgemeingültiger Fakten nachvollzogen werden können und die sich aus der gegenseitiger Einflussnahme westlicher Länder und Japan ergeben: die wirtschaftliche Entwicklung, die Veränderung der thematischen Gewichtung und die Rezeption vor allem in den USA 9.
Die Anfänge
Der Beginn der Geschichte des japanischen Animationsfilms wird heute auf 1913 datiert, als in Japan die erste öffentliche Filmvorführung mit animierten Tuschezeichnungen von Kitayama Seitaro stattfindet, wobei mit grosser Wahrscheinlichkeit auch schon davor mit verschiedenen Materialien und Techniken experimentiert wurde. Der erste ausserhalb Japans gezeigte Trickfilm „Momotaro“ (Aufführung 1919 in Frankreich) stammt ebenfalls von Kitayama. In den 20er Jahren wird meist im traditionell japanischen Stil auf Papier oder Seide gezeichnet, es entstehen allerdings auch experimentellere Werke unter der Verwendung anderer Materialien, wie z.B. die Kreidezeichnungen auf Schiefertafeln von Shimokawa Oten oder animierte Scherenschnitte. Diese kurzen Filme behandeln hauptsächlich Themen aus der japanischen Mythen- und Sagenwelt, vereinzelt tauchen aber auch Adaptionen von US-Comics (z.B. „Fritz the Cat“) auf . Der erste Langfilm „Momotaro no Umiwashi“ von Mitsuyo Seo kommt 1945 in die Kinos 10.
Bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg gibt es in Japan kein Animationsstudio, die Filme werden meist von den Zeichnern privat produziert und verkauft. Ab 1950 existieren verschiedene kleinere Firmen, die allerdings anfangs eher lose Zusammenschlüsse mehrerer Zeichner sind als kommerziell arbeitende Studios. In den folgenden Jahren organisieren sich diese Betriebe, und die Industrialisierung nimmt -wie überall in Japan- auch in diesem Bereich zu 11.
Die späten 50er, die 60er und 70er Jahre
Wirtschaftliche Entwicklung
Im Jahre 1957 wird Japans erstes grosses Animationsstudio, Toei Doga, als Tochtergesellschaft des Filmkonzerns Toei gegründet. Dieser Konzern produzierte bis dahin seit seiner Gründung im Jahr 1947 Life-Action-Filme, betrieb Kinos in ganz Japan und arbeitete eng mit verschiedenen nationalen Fernsehsendern zusammen12. Im Gegensatz zu der bisher gängigen Produktionsweise der früheren animierten Filme -meist vergaben private Regisseure bzw. die Autoren der Manga-Vorlagen ihre Aufträge an Zeichner kleiner Firmen- arbeiten hier festangestellte Vollzeitbeschäftigte für alle Bereiche.
Die erste Langfilmproduktion dieses Studios ist „Panda and the Magic Serpent“ („ Hakujaden “ ) unter der Regie von Taiji Yabushita, und erscheint im Oktober 1958.
Das Produktionsmuster bei Toei Doga ähnelt dem des amerikanischen Disney-Konzerns 13:
Ungefähr jedes Jahr entsteht ein neuer Kinofilm, und die Animationen sind qualitativ hochwertiger als die bisher Bekannten privat produzierten. Auch inhaltlich lassen sich Parallelen ziehen:
Die Handlung wird von Musiknummern unterbrochen, die Protagonisten sind Tiere mit menschlichen Verhaltensmustern oder Menschen mit Tieren als Begleiter, und die zugrundeliegende Thematik bewegt sich oft im Bereich von volkstümlichen Sagen oder Märchen.
Toei Doga entwickelt ein eigenes Filmformat, Toeiscope, in dem die beiden folgenden Produktionen „Magic Boy“ (1959) und „Alakazam the Great“ (1960) hergestellt werden14.
Vielleicht auch wegen der daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Übetragung auf in den USA gängige Formate sind diese frühen Filme dort kommerziell nicht erfolgreich 15. Dennoch tragen sie dazu bei, den amerikanischen Markt für japanische Produktionen zu öffnen; es werden nun weiterhin Animationsfilme importiert, die Ausstrahlung erfolgt jedoch hauptsächlich in Cartoon-Blocks im Kinderfernsehen 16 .
In Japan beginnt die Produktion von Animationsfilmen speziell für das Fernsehen erst 1962:
Gegen Mitte der 50er Jahre verzeichnete die Filmindustrie extrem rückläufige Besucherzahlen, und mit einem Boykott der nationalen Fernsehsender, d.h. mit der Einstellung der Lieferung von neuen Filmen versuchte sie, dem entgegenzuwirken. Erst im Jahre 1959 gab es Annäherungen zwischen beiden Parteien, indem Filmkonzerne sich finanziell an einzelnen Sendern beteiligten, wie z.B. Toei Doga bei der Gründung von „Net“ 17.
Die erste speziell für das Fernsehen animierte Produktion ist „Astro Boy“( „ Tetsuwan Atomu “ ) (1962) von dem bisher als Manga-Zeichner bekannten Tezuka Osamu 18. Diese Serie gilt als Debut seines 1962 gegründeten Studios Mushi, es folgen in den nächsten Jahren diverse, meist erfolgreich in die USA exportierte TV-Serien 19 .
Nach dem US-Start von „Astro Boy“ im September 1963 bei NBC 20 steigert sich die Nachfrage in den USA nach japanischen Animationen drastisch.
Diese Erfolge erlauben Tezuka, 1968 ein weiteres Studio, Tezuka Productions, aufzubauen und hier neben weiteren Serien auch mehrere Langfilme zu produzieren 21,. Die Produktionen dieses Studios entwickeln verstärkt einen eigenen Stil und orientieren sich nicht mehr so stark an westlichen Vorbildern wie z.B. Disney- oder Hanna-Barbera-Produktionen 22. Die relativ niedrigen Produktionskosten von Animationen ausschliesslich für den TV-Bereich und die Aussicht auf erfolgreiche Exporte führen zu einem Schub von Neugründungen diverser Studios, von denen jedoch einige nur kurze Zeit bestehen. Heute noch existent sind z.B.: Tatsunoko Pro (gegründet 1962, Spezialisierung ausschliesslich auf Fernsehserienanimation und Exporte) 23, Telecom Animation Ltd. (1970 als Tochtergesellschaft von Tokio Movie Shinsha (TMS) gegründet) 24, Studio Sunrise (1972), das 1977 in Nippon Animation umbenannt wird, und Madhouse Productions (1973) 25.
Der Grossteil der Exportlandschaft wird allerdings bis in die späten 70er hinein von bereits etablierten Studios wie Toei und Mushi bestimmt.
In den frühen 60er Jahren wird Hollywoods erste Überseeproduktion in Japan hergestellt 26. Andere Länder im asiatischen und südpazifischen Bereich, vor allem Südkorea, Australien und Taiwan beginnen Handelsbeziehungen mit japanischen Animationsstudios, meist auf der Basis von Koproduktionen. So unterzeichnet z.B. die Tongyang Broadcasting Company (Seoul) 1966 einen Teilhabervertrag an der japanischen Serie „Golden Bat“, und zwei Jahre später schliesst sich die Ying Jen Advertising Company aus Taipei mit Toei Doga zusammen, um ihre Zeichner in der Herstellung „japanischer“ Animationsserien zu schulen 27.
Die Zusammenarbeit mit europäischen Ländern kommt erst in den 70er Jahren auf. Eine der ersten und vielleicht auch die bekannteste TV-Serie ist die deutsch-japanische Koproduktion „Biene Maya“( „ Mitsubachi Maaya no Boken “ ) von 1975, für deren Produktionsdesign allerdings der Amerikaner Marty Murphy (Hanna-Barbera-Studios) verantwortlich zeichnet.
Thematische Schwerpunkte
Die frühen Langfilme von Toei Doga basieren hauptsächlich auf traditionellen japanischen Erzählungen und Mythen 28. Mit dem anwachsenden Exportmarkt entwickelt sich eine Tendenz, eher westliche Themen als Grundlage zu verwenden. So produzieren die beiden grossen Studios Toei Doga und Mushi in den 60er und frühen 70er Jahren Filme wie „Sindbad the Sailor“ (1962, Toei Doga), „Gulliver`s Travels“ (1966, Toei Doga ), „Tales of Andersen“ (1967, Toei Doga), „Cleopatra“ (1970, Mushi) und „Ali Baba“ (1971, Toei Doga) 29. Gegen Ende der 60er tauchen vor allem im Fernsehen vermehrt Animationen mit einem Schwerpunkt auf Science-Fiction auf. Hier lassen sich besonders zwei Genres unterscheiden: Das Thema der Riesenroboter („Mecha-Anime“) wie z.B. die Serie „Mazinger Z“ (ab 1972), und die Weltraumabenteuer („Outer-Space“). Ein Grund für die Popularität dieser Thematik könnte die amerikanische Serie „Star Trek“ sein (Erstausstrahlung USA 1966), die nach ihrem Start im japanischen Fernsehen 1968 schnell grosse Beliebtheit erreicht.
Diese Entwicklung erreicht ihren Höhepunkt Mitte der 70er Jahre: Das japanische Pendant zum amerikanischen „Star Wars“, „Space Battleship Yamato“( „ Uchu senkan Yamato “ ) erscheint 1974 erstmals als TV-Serie, der populärere Langfilm kommt 1977 in die Kinos - zufällig exakt zeitgleich mit dem US-Kinostarts von „Star Wars“. Inwiefern hier beiderseitige Einflussnahme vorliegt, lässt sich aus heutiger Position nur schwer nachvollziehen.
Der durchschlagende Erfolg von „Star Wars“ in den USA erlaubt verstärkte Importe von japanischen Produktionen mit ähnlicher Thematik. Amerikanische TV-Konzerne kaufen Serien wie „Science Ninja Team Gatchaman“ (im japanischen Fernsehen seit 1972), nehmen aber einige Modifikationen zur Anpassung an den nationalen Markt vor (Umbenennung, Kürzen der Episoden). So laufen ab 1978 „Gatchaman“ unter dem Titel „Battle of the Planets“ und 1979 „Space Battleship Yamato“ als „Star Blazers“ im amerikanischen Fernsehen. In den Jahren davor waren gerade solche Produktionen mit thematischem Schwerpunkt auf Science-Fiction von US-Produzenten wegen nicht kindgerechter Handlung und dem allgemeinen Widerspruch zum Stil der klassischen amerikanischen Cartoons abgelehnt worden 30.
Rezeption
Dieser in den USA neuartige Stil findet vor allem bei älteren Jugendlichen grossen Anklang. Eine weiterere Voraussetzung für die Bildung eines an japanischen Animationen interessierten Publikums könnte ganz allgemein auch die Welle von japanischen Life-Action-Filmen wie die des Regisseurs Akira Kurosawa 31 sein, die in den frühen 60er Jahren Amerika erreichte 32. Vor allem in den USA bilden sich in den 70er Jahren verschiedene Fanclubs. Sie rekrutieren sich meist aus Mitgliedern schon bestehender Science-Fiction- oder Comic-Fangemeinden und beginnen schnell, sich zu organisieren: Jährliche oder Halbjährliche „Conventions“, der Import von unveröffentlichen Videobändern und der Austausch mit japanischen Fans bilden die Grundlage der meisten Vereinigungen. Einer der ältesten, heute noch agierenden Clubs ist die „Cartoon/ Fantasy Organisation“ (C/FO), gegründet im Mai 1977 in Los Angeles, die einen frühen Höhepunkt erfuhr, als Tezuka Osamu im Herbst 1977 eines ihrer Treffen besuchte 33. Das relativ schnelle Anwachsen einer Fangemeinde in den USA im Gegensatz zu Europa könnte vor allem daran gelegen haben, dass sowohl die USA als auch Japan über das gleiche NTSC- Fernsehformat verfügen, d.h. dass Videokassetten sich in beiden Ländern problemlos auf den gängigen Geräten abspielen lassen, während in Europa eine Konvertierung des Materials nötig ist, die viele Fans nicht bewerkstelligen können 34.
[...]
1 Die Bezeichnung „Japanese Cartoons“ war bei den amerikanischen Fans nicht sehr beliebt, da „Cartoon“ in Amerika oft mit Comics für Kinder in Verbindung gebracht wurde; der Begriff „Japanimation“ wurde ebenfalls verworfen, da er bald zu Verunglimpfungen wie „Jap-Animation“ etc. führte. in: Fred Patten: „Anime in the United States“, >in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 67
2 in: ebd., S.57
3 in: Karen Raugust: „The Animation Business Handbook“, S. 272
4 in: Antonia Levi: „New Myths for the Millenium: Japanese Animation“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 34
5 in: Helen McCarthy: „The anime! movie guide“, S. 135
6 in: Fred Patten: „Anime in the United States“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 65
7 in: ebd., S. 70
8 in: Antonia Levi: „New Myths for the Millenium: Japanese Animation“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 34
9 Für Europa, insbesondere für Deutschland existieren keine verlässlichen Quellen, die das Zuschauerverhalten oder auch die Entstehung von Fangemeinden dokumentieren.
10 in: Olivier Cotte: „...il était une fois le dessin animé“, S. 292
11 in: ebd., S. 293
12 in: Tatsuro Hanada/ Klaus Winkler: „Kommerzielles Fernsehen in der Medienkonkurrenz - Band III“, S. 200
13 vgl. in dieser Zeit erscheinende Disney-Produktionen wie z.B. „Lady and the Tramp“ (USA 1955) und „Sleeping Beauty“ (USA 1959)
14 in: Jeff Lenburg: „The encyclopedia of Animated Cartoons“, S. 162
15 Alle drei Filme erscheinen in den USA zufällig fast zeitgleich im Juni/ Juli 1961.
16 in: Fred Patten: „Anime in the United States“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 56
17 in: Tatsuro Hanada/ Klaus Winkler: „Kommerzielles Fernsehen in der Medienkonkurrenz - Band III“, S. 200
18 Sein bekanntestes Werk ist wahrscheinlich „The Phoenix“ („Hi no tori“) aus dem Jahr 1955.
19 z.B. „Gigantor“, „Prince Planet“, „Marine Boy“ (Erstausstrahlung USA 1966), „The Amazing 3“, „Speed Racer“ (1967), „Kimba the white Lion“ (1965) in: Olivier Cotte: „...il était une fois le dessin animé“, S. 293
20 in: Fred Patten: „Anime in the United States“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 56
21 u.a. auch die Verfilmung des Mangas „The Phoenix“ unter dem Titel „Space Firebird“ 1980
22 „Tezuka, le reformateur et esthète de l´animation japonaise“ in: Olivier Cotte: „...il était une fois le dessin animé“, S. 294
23 Tatsunoko Pro: Produktion von z.B. „Space Age“ (1965), „Speed Racer“ (1967), später „Honeybee Hutch“ und „Pinocchio“
24 TMS produziert u.a. „Lupin III“ von Miyazaki Hayao, und hat in den 80er und 90er Jahren grossen Erfolg mit verschiedenen TV-Serien.
25 Die letzten Erfolge von Madhouse Productions waren u.a. „Metropolis“, „Perfect Blue“ und „Animatrix“. in: „www.animenewsnetwork.com“
26 in: John A. Lent: „Overseas Animation Production in Asia“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 239
27 in: ebd., S. 239
28 vgl. oben: „Panda and the Magic Serpent“, „Alakazam the Great“, „Magic Boy“
29 in: Robert Vrielynck: „Le cinéma d´animation avant et après Walt Disney“, S. 145
30 in: Fred Patten: „Anime in the United States“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 59
31 z.B. „The 7 Samurai“ (1954), „Yojimbo“ (1961)
32 in: James Clarke: „Animated Films“, S. 117
33 in: Fred Patten: „Anime in the United States“ in: „Animation in Asia and the Pacific“, S. 59
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema dieses Textes?
Der Text behandelt die Geschichte und Entwicklung des Anime, also japanischer Zeichentrickfilme, von ihren Anfängen bis in die späteren Jahre. Er untersucht wirtschaftliche Entwicklungen, thematische Schwerpunkte und die Rezeption von Anime, insbesondere in den USA.
Wie definieren die Autoren den Begriff "Anime"?
Die Autoren erklären, dass der Begriff "Anime" in Japan alle Arten von Animationsfilmen bezeichnet, unabhängig von ihrer Herkunft. Im Westen hat sich der Begriff jedoch als Gattungsbezeichnung speziell für japanische Produktionen etabliert.
Was ist die Bedeutung von Manga für Anime?
Üblicherweise liegt einem Anime eine Comicvorlage (Manga) zugrunde. Manga sind in Japan sehr verbreitet und richten sich an fast alle Bevölkerungsgruppen, wodurch sie ein normaler Bestandteil der japanischen Literatur sind.
Welches Vorurteil gegenüber Anime wird im Text angesprochen?
Ein weitverbreitetes Vorurteil, besonders in den USA, ist der Glaube, dass sich ein Grossteil der Anime-Produktionen im pornographischen Bereich bewegt. Der Text erklärt, dass dies möglicherweise auf die Art der Vermarktung in den frühen 90er Jahren zurückzuführen ist, als "Über 18"-Produkte oft in der Anime- und Manga-Abteilung gelagert wurden.
Wer war Kitayama Seitaro und was ist seine Bedeutung für Anime?
Kitayama Seitaro wird als der Schöpfer der ersten öffentlichen Filmvorführung mit animierten Tuschezeichnungen in Japan im Jahr 1913 genannt. Er schuf auch "Momotaro", den ersten japanischen Trickfilm, der außerhalb Japans gezeigt wurde.
Wann wurde Toei Doga gegründet und welche Rolle spielte das Studio in der Anime-Industrie?
Toei Doga, Japans erstes grosses Animationsstudio, wurde 1957 als Tochtergesellschaft des Filmkonzerns Toei gegründet. Das Studio professionalisierte die Anime-Produktion und orientierte sich zunächst am Produktionsmuster von Disney.
Was war "Astro Boy" und welche Bedeutung hatte es für die Anime-Industrie?
"Astro Boy" (Tetsuwan Atomu) war die erste speziell für das Fernsehen animierte Produktion in Japan (1962) und gilt als Debut des Studios Mushi von Tezuka Osamu. Die Serie war äusserst erfolgreich und trug massgeblich zur Popularisierung von Anime im Ausland, insbesondere in den USA, bei.
Wie wurde Anime in den USA rezipiert und welche Faktoren trugen zur Bildung einer Fangemeinde bei?
Anime fand vor allem bei älteren Jugendlichen in den USA grossen Anklang. Die Welle japanischer Life-Action-Filme und das Vorhandensein des gleichen NTSC-Fernsehformats wie in Japan trugen zur Bildung einer Fangemeinde bei.
Welche thematischen Schwerpunkte gab es in den frühen Anime-Produktionen?
Die frühen Langfilme basierten hauptsächlich auf traditionellen japanischen Erzählungen und Mythen. Mit dem anwachsenden Exportmarkt wurden jedoch zunehmend westliche Themen als Grundlage verwendet. Science-Fiction-Animationen, insbesondere das Thema der Riesenroboter (Mecha-Anime) und Weltraumabenteuer, wurden ebenfalls populär.
Wie wurden Anime-Serien für den westlichen Markt angepasst?
Japanische Animationsfilme und -Serien, die in den USA und Europa erschienen, wurden oft modifiziert, um sie an den westlichen Markt anzupassen. Dies umfasste das Kürzen von Dialogen, das Verändern von Handlungsabläufen und das Anpassen kultureller Wertvorstellungen.
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- Antonia Joseph (Author), 2004, Anime - die Geschichte japanischer Animationsfilme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39437