Nicht nur die Frauenfiguren, sondern auch die Männerfiguren in der mittelhochdeuschen Literatur entsprechen fast immer Stereotypen. Umso erstaunlicher ist es, dass Wolfram von Eschenbach mit der Figur der Orgeluse ein Individuum geschaffen hat, welches in der Literatur jener Zeit einmalig ist. Es ist schon ungewöhnlich, dass ihr Verhalten ihren Mitmenschen gegenüber keinesfalls ihrem gesellschaftlichen Rang entspricht, aber vor allem der Widerspruch zwischen ihrem wunderschönen Äußeren und ihrem verdorbenen Inneren gestaltet eine Innovation in der mittelhochdeutschen Literatur. Sogar ihre Sprechweise widerspricht ihrer gesellschaftlichen Stellung, ihrer Schönheit und ihrer Weiblichkeit. Auch ihr kompletter Wandel, der im Laufe der Handlung erreicht wird entspricht nicht dem Verhalten der meisten Romanfiguren des Mittelalters.
In folgendem Text sollen die Umstände für Orgeluses widersprüchliches Verhalten erläutert werden. Außerdem wird ihre besonders wichtige Rolle für den Parzivalroman untersucht und erklärt. Zu diesem Zweck werden die verschiedenen Entwicklungsphasen und ihre Rolle im Parzival-Roman Orgeluses analysiert. Auch der Vergleich mit Chrétien de Troyes Perceval soll erläutern was Wolfram durch die Veränderung seiner Orgeluse gegenüber der Orgueilleuse aus der Vorlage bezweckt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Orgeluse vor ihrem Wandel
- II.1. Gawans erste Begegnung mit Orgeluse
- II.2. Der gemeinsame Ritt von Gawan und Orgeluse
- II.3. Der Ritt zur Schlucht
- III. Orgeluses Wandel
- III.1. Orgeluses plötzliche Sorgen um Gawan
- III.2. Orgeluses Schicksal
- III.3. Der weitere Verlauf von Orgeluses Wandel
- V. Orgeluses Rolle im Parzival-Roman
- VI. Wolframs Orgeluse im Vergleich mit Chrétiens Orgueilleuse
- VII. Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Figur der Orgeluse in Wolframs von Eschenbachs „Parzival“, indem sie ihr widersprüchliches Verhalten beleuchtet, ihre bedeutende Rolle im Roman untersucht und ihren Wandel im Laufe der Handlung beleuchtet. Zudem wird ein Vergleich mit Chrétien de Troyes' „Perceval“ angestellt, um zu verdeutlichen, welche Ziele Wolfram durch die Veränderung seiner Orgeluse gegenüber der Orgueilleuse aus der Vorlage verfolgt.
- Der Widerspruch zwischen Orgeluses äußerer Schönheit und ihrem verdorbenen Inneren
- Die Analyse der Entwicklungsphasen und Rolle der Orgeluse im Parzival-Roman
- Der Vergleich zwischen Wolframs Orgeluse und Chrétiens Orgueilleuse
- Die Bedeutung der Figur der Orgeluse für die Darstellung von Frauenbildern im Mittelalter
- Die Rolle der Minne und des Minnedienstes in der Handlung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung stellt die Figur der Orgeluse als ein außergewöhnliches Individuum in der mittelhochdeutschen Literatur vor, das sich von den gängigen Stereotypen abhebt. Der Fokus liegt auf dem Widerspruch zwischen Orgeluses Schönheit und ihrem verdorbenen Charakter, sowie auf ihrem ungewöhnlichen Wandel im Verlauf der Handlung.
II. Orgeluse vor ihrem Wandel
II.1. Gawans erste Begegnung mit Orgeluse
Dieser Abschnitt beschreibt Gawans Verliebtheit in Orgeluse bei ihrer ersten Begegnung, trotz ihres unangepassten Verhaltens. Er beleuchtet den Kontrast zwischen Orgeluses Schönheit und ihrem boshaften Charakter, sowie die Abweichung von der gängigen mittelalterlichen Kalokagathie. Gawans Entscheidung, Orgeluse trotz ihrer Warnungen zu dienen, wird ebenfalls behandelt.
II.2. Der gemeinsame Ritt von Gawan und Orgeluse
In diesem Kapitel wird Gawans Dienst bei Orgeluse beleuchtet, der von ihren Spottreden und Demütigungen geprägt ist. Orgeluses Manipulationen und die Verhöhnung Gawans werden anhand von Beispielen aus dem Text veranschaulicht. Gawans Liebesqualen und die Verbindung zwischen Orgeluses Schicksal und dem verzauberten Schloss Schastel marveile werden ebenfalls behandelt.
II.3. Der Ritt zur Schlucht
Dieser Abschnitt beschreibt Gawans weiteren Dienst bei Orgeluse, geprägt von Kämpfen und Manipulationen. Es wird deutlich, wie Orgeluse Gawan durch scheinbar einfache Aufgaben zu weiteren Gefechten drängt und ihre Motivation dahinter beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie die Darstellung von Frauenbildern im Mittelalter, den Widerspruch zwischen Äußerem und Innerem, den Wandel einer Figur, die Rolle der Minne, die mittelalterliche Kalokagathie und die Analyse von literarischen Figuren im Kontext ihres jeweiligen Romans. Zudem werden wichtige Konzepte wie die höfische Gesellschaft, der Minnedienst, der literarische Vergleich, der Charakter und das Schicksal einer Figur beleuchtet.
- Quote paper
- Christina di Bartolomeo (Author), 2001, Die Orgelusefigur im "Parzival", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39376