als eine „bahnbrechende, monumentale Studie“ bezeichnet: von Norbert Elias .Erika Fischer-Lichte hat mit "Theater im Prozeß der Zivilisation" eine Theatergeschichte vorgelegt, die unter dem Blickwinkel der Körpergeschichte verfasst wurde und auf wesentlichen Erkenntnissen von Norbert Elias Theoriegebäude aus "Über den Prozeß der Zivilisation" basiert. Somit schafft Fischer-Lichte eine Verbindung zwischen Elias sozialhistorischen Theorien und dem Theater als historisches Phänomen. Ich möchte diese Verbindung nutzen, um die Entwicklung der Narrenfigur im Theater Frankreichs und des heiligen römischen Reiches deutscher Nation in dem Zeitraum miteinander zu vergleichen, der für die weitere Entwicklung beider Staaten grundlegend war: das 18. Jahrhundert. Ich werde dazu die Schlußfolgerungen von Elias zu den verschiedenen Entwicklungstendenzen beider Staatengebilde und dessen bürgerlicher Gesellschaft als sich entwickelnder gesellschaftlicher Willensträger als Basis verwenden und überprüfen, ob sich seine Ergebnisse auf die Entwicklung des Narren als theaterspezifisches Phänomen übertragen lassen.
Mein Vorgehen wird dabei folgendermaßen aussehen: zuerst werde ich kurz die mögliche Funktion des Narren im Theater dieser Zeit in Bezug auf den Zivilisationsprozeß darstellen. Daran schließt sich die Analyse der Entwicklung des Narren im französischen Theater an. Ich habe dafür zwei Stücke von Marivaux ausgewählt die im Théatre italien im ersten Drittel des 18. Jahrhundert aufgeführt wurden, "Arlequin poli par l´amour" (1720) und "La double inconstance" (1723). Danach möchte ich zu der Entwicklung des Narren im deutschen Theater der zweiten Hälfte des 18 Jahrhunderts übergehen, wobei ich mich vor allem auf Justus Mösers "Harlekin oder Vertheidigung des Groteske-Komischen" beziehen werde. Es geht mir hier, wie ich extra betonen möchte, nicht um eine umfassende Betrachtung zur französischen und deutschen Komödie dieser Zeit, sondern lediglich um die Überprüfung der Tragfähigkeit von Elias Thesen zur Entwicklung von Frankreich und dem deutschen Staatengebilde für einen Vergleich zwischen französischer und deutscher Theatergeschichte.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- 1. Die Entlastungsfunktion der Narrenfigur im 17. und 18. Jahrhundert
- 2. Veränderungen des Harlekins im französischen Theater
- 2.1 Marivauxs Harlekin
- 3. Die Eigenheiten der Entwicklung des deutschen Bürgertums
- 3.1 Der deutsche Harlekin: eine literarische und theaterpraktische Doppelexistenz
- Nachbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung der Narrenfigur im französischen und deutschen Theater des 18. Jahrhunderts. Sie zielt darauf ab, die Thesen von Norbert Elias aus "Über den Prozeß der Zivilisation" auf die Theatergeschichte beider Länder anzuwenden und deren Übertragbarkeit zu überprüfen. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der Entwicklung der Narrenfigur im Kontext der unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen Frankreichs und des Heiligen Römischen Reiches.
- Die Entlastungsfunktion der Narrenfigur im Kontext des Zivilisationsprozesses
- Vergleich der Entwicklung des Harlekins im französischen und deutschen Theater
- Der Einfluss der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen auf die Narrenfigur
- Anwendung von Elias' Thesen auf die Theatergeschichte
- Untersuchung der literarischen und theaterpraktischen Aspekte der Narrenfigur
Zusammenfassung der Kapitel
Vorbemerkung: Die Vorbemerkung erläutert den theoretischen Rahmen der Arbeit, indem sie die Relevanz von Norbert Elias' "Über den Prozeß der Zivilisation" und Erika Fischer-Lichtes Anwendung dieser Theorie auf die Theatergeschichte hervorhebt. Die Autorin begründet ihre Wahl, Elias' Thesen auf die Entwicklung der Narrenfigur im französischen und deutschen Theater anzuwenden, und skizziert ihren methodischen Ansatz.
1. Die Entlastungsfunktion der Narrenfigur im 17. und 18. Jahrhundert: Dieses Kapitel beschreibt die Herausforderungen, den Narren als einheitliches europäisches Phänomen zu betrachten, aufgrund der regionalen Vielfalt an Namen und Ausprägungen der Figur. Es wird die Vermischung italienischer Dienerfiguren mit mitteleuropäischen Narrentypen im Zuge der Wandertruppenbewegungen thematisiert. Die Kapitel legt den Grundstein für die anschließende Analyse der Narrenfigur im Kontext des Zivilisationsprozesses, indem es die Diversität und Entwicklung der Figur aufzeigt.
2. Veränderungen des Harlekins im französischen Theater: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung des Harlekins im französischen Theater des 18. Jahrhunderts, insbesondere anhand von Marivaux' Stücken "Arlequin poli par l'amour" und "La double inconstance". Es untersucht, wie sich der Harlekin in diesem Kontext verändert und welche Rolle er in Bezug auf die zivilisatorischen Veränderungen spielt. Der Fokus liegt auf der Adaption und Transformation der traditionellen Figur innerhalb des französischen Theaters.
3. Die Eigenheiten der Entwicklung des deutschen Bürgertums: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Entwicklung des Harlekins im deutschen Theater der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wobei Justus Mösers "Harlekin oder Vertheidigung des Grotesk-Komischen" im Mittelpunkt steht. Es beleuchtet die spezifischen Eigenschaften des deutschen Harlekins und wie seine Entwicklung mit der Entwicklung des deutschen Bürgertums verknüpft ist. Der Vergleich mit dem französischen Kontext wird vorbereitet.
Schlüsselwörter
Harlekin, Narrenfigur, französisches Theater, deutsches Theater, 18. Jahrhundert, Norbert Elias, Zivilisationsprozeß, Bürgertum, Komödie, Theatergeschichte, Marivaux, Justus Möser, Verhaltensänderungen, gesellschaftliche Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Entwicklung der Narrenfigur im französischen und deutschen Theater des 18. Jahrhunderts
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Narrenfigur, insbesondere des Harlekins, im französischen und deutschen Theater des 18. Jahrhunderts. Sie analysiert die Veränderungen dieser Figur im Kontext des Zivilisationsprozesses nach Norbert Elias und vergleicht die Entwicklungen in beiden Ländern.
Welche theoretische Grundlage verwendet die Arbeit?
Die Arbeit basiert auf den Thesen von Norbert Elias' "Über den Prozeß der Zivilisation" und bezieht sich auch auf die Anwendung dieser Theorie auf die Theatergeschichte durch Erika Fischer-Lichte. Der Fokus liegt auf der Übertragbarkeit von Elias' Thesen auf die Theatergeschichte Frankreichs und des Heiligen Römischen Reiches.
Welche Aspekte der Narrenfigur werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Entlastungsfunktion der Narrenfigur, die Veränderungen des Harlekins im französischen und deutschen Theater, den Einfluss gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen auf die Figur, sowie die literarischen und theaterpraktischen Aspekte der Narrenfigur.
Wie wird der Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland durchgeführt?
Der Vergleich konzentriert sich auf die Entwicklung des Harlekins in beiden Ländern. Die Arbeit analysiert die unterschiedlichen Adaptionen und Transformationen der Figur im Kontext der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Frankreich und im Heiligen Römischen Reich.
Welche Autoren und Werke werden analysiert?
Die Arbeit analysiert Werke von Marivaux (insbesondere "Arlequin poli par l'amour" und "La double inconstance") im französischen Kontext und Justus Mösers "Harlekin oder Vertheidigung des Grotesk-Komischen" im deutschen Kontext. Die Arbeit thematisiert auch die Herausforderungen, den Narren als einheitliches europäisches Phänomen aufgrund der regionalen Vielfalt zu betrachten.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Vorbemerkung, drei Hauptkapitel (die sich mit der Entlastungsfunktion der Narrenfigur, dem französischen und dem deutschen Harlekin befassen) und eine Nachbemerkung. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte der Entwicklung der Narrenfigur und deren Kontextualisierung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Harlekin, Narrenfigur, französisches Theater, deutsches Theater, 18. Jahrhundert, Norbert Elias, Zivilisationsprozeß, Bürgertum, Komödie, Theatergeschichte, Marivaux, Justus Möser, Verhaltensänderungen, gesellschaftliche Entwicklung.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit wendet den theoretischen Ansatz von Norbert Elias auf die Theatergeschichte an, um die Entwicklung der Narrenfigur zu analysieren und zu vergleichen. Der methodische Ansatz wird in der Vorbemerkung detaillierter erläutert.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Wissenschaftler und Studierende der Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie, die sich für die Entwicklung der Narrenfigur, den Zivilisationsprozeß und die Geschichte des 18. Jahrhunderts interessieren.
- Quote paper
- Claudia Gallé (Author), 2003, Die Entwicklung des Harlekins in Frankreich und Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39354