Kaum eine Steuer wurde in den letzten Jahren so heiß diskutiert wie die Ökosteuer. Und selten ist eine öffentlic he Diskussion so emotional und oberfläc hlic h geführt worden.
Es gibt in Deutsc hland Bürgerinitiativen für die Ökosteuer, was mir von keiner anderen Steuer bekannt ist. Gleiczeitig bringt das Thema Benzinpreise das gesamte konservative Parteienspektrum auf die Palme und der Volkszorn entlädt sich so stark, das sich die Regierung gezwungen fühlt, Ihre eigenen politischen Entscheidungen
teilweise zu revidieren.
Ist die Ökosteuer also ungerecht, nur eine weitere Steuer, die den leeren Kassen des Staates neue Mittel zufließen lässt? Oder ist Sie wirklich ein mächtiges umweltpolitisches Werkzeug, dass das Weltklima retten kann und die Bürger zu energiebewusstem Verhalten erzieht? Auf den Punkt gebracht, was kann die Ökosteuer für die Umwelt tun und hat sie diesen Titel überhaupt verdient?
Die zweite große Frage betrifft die Verwendung der Einnahmen durch die Ökosteuer:
Angetreten ist die Rot-Grüne Regierung mit der Devise, gut für die Umwelt UND gut für den Arbeitsmarkt. Stimmt diese Argumentation? Bringt die Ökosteuer wirklich eine zweite Dividende, wie teilweise behauptet? Irgendetwas wird schon dran sein, wenn sogar erklärte Ökosteuergegner wie Edmund Stoiber ankündigen, auf die Einnahmen der Ökosteuer könne er im Falle eines Wahlsieges nicht verzichten. Also doch nur eine weitere Steuer? Die zweite Hauptfrage ist also: Was passiert auf der Ausgabenseite?
[...]
Inhaltsverzeichnis
Einführung:
Steuerkategorisierung
Vorüberlegungen zu Steuerwirkungen
Überwälzungen
Effiziente Besteuerung
Steuersysteme
Vorüberlegung zur Umweltsteuer
Nachhaltigkeit
Knappheitsproblem
Externe Effekte
Öffentliche Güter
Die Korrektur externer Effekte durch die Pigou-Steuern
Der Standart-Preis-Ansatz
Formale Definition Umweltsteuer
Ökologische Steuerreform
Umweltsteuer auf dem Prüfstand
Doppelte Dividende
Verschiedene Definitionen
Untersuchungen zur doppelten Dividende:
Zusammenfassung Theorie-Teil
Umweltpolitische Instrumente im Vergleich
Die Ökosteuer in ihrer heutigen Form
Analyse
Umweltsteuern in Europa
Effekte der Ökosteuer
Erste Dividende: Ökologische Wirksamkeit
Zweite Dividende: ökonomische Wirksamkeit
Kritik
Verbesserungsvorschläge
Weg von der Ökosteuer hin zur nachhaltigen Steuerpolitik
Bewertung
Literaturverzeichnis
Internet:
Einführung
Kaum eine Steuer wurde in den letzten Jahren so heiß diskutiert wie die Ökosteuer. Und selten ist eine öffentliche Diskussion so emotional und oberflächlich geführt worden.
Es gibt in Deutschland Bürgerinitiativen für die Ökosteuer, was mir von keiner anderen Steuer bekannt ist. Gleichzeitig bringt das Thema Benzinpreise das gesamte konservative Parteienspektrum auf die Palme und der Volkszorn entlädt sich so stark, das sich die Regierung gezwungen fühlt, Ihre eigenen politischen Entscheidungen teilweise zu revidieren.
Ist die Ökosteuer also ungerecht, nur eine weitere Steuer, die den leeren Kassen des Staates neue Mittel zufließen lässt? Oder ist Sie wirklich ein mächtiges umweltpolitisches Werkzeug, dass das Weltklima retten kann und die Bürger zu energiebewusstem Verhalten erzieht? Auf den Punkt gebracht, was kann die Ökosteuer für die Umwelt tun und hat sie diesen Titel überhaupt verdient?
Die zweite große Frage betrifft die Verwendung der Einnahmen durch die Ökosteuer:
Angetreten ist die Rot-Grüne Regierung mit der Devise, gut für die Umwelt UND gut für den Arbeitsmarkt. Stimmt diese Argumentation? Bringt die Ökosteuer wirklich eine zweite Dividende, wie teilweise behauptet?
Irgendetwas wird schon dran sein, wenn sogar erklärte Ökosteuergegner wie Edmund Stoiber ankündigen, auf die Einnahmen der Ökosteuer könne er im Falle eines Wahlsieges nicht verzichten. Also doch nur eine weitere Steuer?
Die zweite Hauptfrage ist also: Was passiert auf der Ausgabenseite?
Die dritte Frage, die ich mir stelle, schließt an der zweiten an: Wenn es stimmt, das die Ökosteuer tatsächlich gut für die Umwelt ist, gleichzeitig aber von Umweltverbänden die laute Kritik kommt, sie sei nicht konsequent und zu schwach, wie müsste sie ausgestaltet sein, um hohe umweltpolitische Ziele zu erreichen?
Die Zahl der Studien zu Umweltsteuern/Ökosteuern ist mittlerweile sehr groß und entsprechend unüberschaubar, entsprechend wiedersprüchlich sind teilweise die Ergebnisse. Sie lassen sich jedoch nach einem grundsätzlichen Unterscheidungsmerkmal differenzieren: Die Theorielastigkeit. Die Grundsatzforschung zu Umweltsteuern bewegt sich auf sehr abstrakten volkswirtschaftlichen Berechnungen, entsprechend abstrakt sind die Ergebnisse und praktische Übertragbarkeit dieser Forschungen. Auf die Grundlagen dieser Überlegungen und ihrer Ergebnisse will ich im ersten Teil dieser Hausarbeit eingehen.
Die „praxisnahen“ Studien beschäftigen sich mit sehr konkreten Zahlen und Auswirkungen und haben ihre Grundlage in der theoretischen Forschung. Sie sind oft geprägt von der (politischen) Motivation der Verfasser. Auf dies beziehe ich mich im zweiten Teil dieser Arbeit, in dem es um die Ökosteuer in Deutschland geht. Dort interessiert mich auch die Frage, wie mit Hilfe von Steuerpolitik eine nachhaltige Umweltpolitik gestaltet werden kann. Dabei ist es nur schwer möglich, sich auf reine Fakten zu stützen. Steuerpolitik, Umweltpolitik und Wirtschaftspolitik sind zu stark von verschiedenen Positionen geprägte Felder, als dass Objektivität gewährleistet werden kann.
Hinzufügen möchte ich, dass mir im Vorfeld die Ökosteuer als ein durchaus sinnvolles und nützliches Projekt erscheint, auch diese Meinung wird sich nicht immer verbergen lassen. Ob sie sich im Laufe der Arbeit als richtig erweist, wird sich herausstellen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Matthias Gebhard
Vorüberlegungen zu Steuern
Deutsche Abgabenverordnung ( § 3 Abs. 1):[1]
„Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Zölle und Abschöpfungen sind Steuern im Sinne des Gesetztes.“
Rechfertigung von Steuern[2]:
- Äquivalenzprinzip (Benefit principle): Leistung erwirkt Gegenleistung des Staates, diese sind aber nicht individuell zurechenbar, sondern können nur größeren Personengruppen oder der Gemeinschaft aller Staatsbürger zugeordnet werden.
- Leistungsfähigkeitprinzip( Ability to pay principle): Leistungsfähigkeit wird bestimmt aus privatem Reinvermögenszugang. Dient der Rechtfertigung einzelner Steuern, setzt aber eine Zustimmung zum Äquivalenzprinzip voraus.
Zweck von Steuern:[3]
- Erzielung von Staatseinnahmen (fiskalisches Ziel)
- Lenkung (politisches Ziel)
- Umverteilungszweck (politisches Ziel)
Kriterien für die inhaltliche Erfassung von Steuern:
- Fiskalzwecknormen
- Lenkungszwecknormen
- Umverteilungszwecknormen
- Vereinfachungszwecknormen
Eine handwerklich gute Steuer hat:
- Eine möglichst breite Definition der Bemessungsgrundlage (Steuergegenstand/Steuerobjekt)
- Eine definierte Zielgruppe (Steuersubjekt)
- Geringe Erhebungskosten & geringe Entrichtungskosten (geringe Vollzugskosten)
Steuergerechtigkeit
Das Prinzip der horizontalen Steuergerechtigkeit: Gleiche Steuerlasten für gleichartige Sachverhalte, Steuerpflichtige gleicher Leistungsfähigkeit werden gleich besteuert.
Das Prinzip der vertikalen Steuergerechtigkeit: Steuerpflichtige unterschiedlicher Leistungsfähigkeit werden unterschiedlich belastet.
Steuerkategorisierung
Einteilung nach dem Gegenstand der Besteuerung:
- Besitzsteuern knüpfen an das Einkommen, das Vermögen oder die Vermögenserträge an.
- Verkehrssteuern erfassen Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. (z.B. Kauf von Grundstücken, Geldverkehr oder Mehrwertsteuer(=allgemeine Verbrauchssteuer)
- Speziellen Verbrauchersteuern auf Lebensmittel, Genussmittel oder andere Verbrauchsgüter (z.B. Mineralölsteuer)
Einteilung nach der Körperschaft, der die Erträge zufließen (Steuerempfänger)
Je nach der Körperschaft, der die Erträge zufließen, werden die Finanzabgaben in Bundessteuern, Landessteuern, Gemeindesteuern, Gemeinschaftssteuern und Kirchensteuern unterschieden. Es lassen sich jedoch nur wenige Steuern einer einzigen Körperschaft zuschreiben
Einteilung nach Erhebungsart
- Direkte Steuern:,,Direkte Steuern sind nicht abwälzbare Steuern, d.h. Steuerschuldner und Steuerträger sind identisch, z.B. Einkommen-, Lohn- und Vermögenssteuer."8 Die Steuern werden also von demjenigen getragen, bei dem sie erhoben werden.
- Indirekte Steuern: Indirekte Steuern sind abwälzbare Steuern, d.h. Steuerschuldner und Steuerträger sind nicht identisch.
Einteilung nach Erhebungsgrößen
- Mengensteuern (specific taxes), pro Einheit
- Wertsteuern (ad valorem taxes), anteilig
Vorüberlegungen zu Steuerwirkungen
Überwälzungen
Welche Wirkungen gehen von Steuern aus? Wie verteilt sich eine gegebene Steuer auf die Bewohner eines Landes? Wer trägt die Steuer wirklich?[4]
Man unterscheidet zwischen formeller Steuerlast und materieller Steuerlast. Unter formeller Steuerlast versteht man den Geldbetrag, den das Individuum an den Staat abgeben muss. Unter der materiellen Steuerlast versteht man die Wohlfahrtseinbußen, die bei dem Steuerpflichtigem und anderen Personen nach Abschluss aller Überwälzungen und Verzerrungen verbleibt.
Die Überwälzbarkeit einer Steuer hängt vor allem von den Ausweichmöglichkeiten der Betroffenen ab, und es gilt allgemein der Satz, dass jener die Hauptlast zu tragen hat, der weniger elastisch reagiert.
Als Folge einer Mengensteuer bildet sich ein neues Preisgefüge, die Kosten der Steuer werden auf den am wenigsten elastischen Marktteilnehmer abgeschoben. Bei der Mineralölsteuer wird die Steuer z. B. auf die Endverbraucher überwälzt. Diese können dann die zusätzlichen Belastungen querwälzen, also den Konsum eines anderen Gutes (bespielsweise Luxusgüter) einschränken. Eine ideale Steuer ist nur geringfügig überwälzbar.
Effiziente Besteuerung
Bei der Theorie der effizienten Besteuerung geht es um die Beurteilung und Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Steuern.[5]
Unterschiedliche Steuern mit gleichem Aufkommen verursachen unterschiedliche volkswirtschaftliche Schäden.
Fast jede Steuer schädigt den Bürger über die eigentliche Zahllast der Besteuerung hinaus (man spricht von der Zusatzlast der Besteuerung). Jede Steuer führt zu Marktallokationen. So können Steuern dazu führen, dass es eine Verlagerung bestimmter Produktionsfaktoren aus dem Steuersystem heraus gibt. (z.B. Schwarzgeld, Steuerhinterziehung, Steuerflucht). „Gute“ Steuern führen zu geringen Verzerrungen, „schlechte“ zu hohen. Unterm Strich führen Verzerrungen zu Wohlfahrtseinbußen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Steuersysteme
Im Wissen um die oben genannten Effekte versuchen Ökonomen, ideale und gerechte Steuersysteme zu modellieren. Diese Modelle sind stark theoretisch, sie helfen Steuern zu bewerten.
First-best-Steuersysteme
„First- Best-Modelle sind dadurch charakterisiert, dass es außer der Pigou-Steuer keinerlei verzerrende Steuern gibt. In einem Second-Best-Modell dagegen existieren neben der Umweltsteuer andere verzerrende Steuern, die jedoch unter Vernachlässigung der Umweltproblematik optimal gewählt sind.“[6] In einem erstbesten Steuersystem muß es objektiv unmöglich sein, einen Konsumenten besser zu stellen, ohne mindestens einen anderen schlechter zu stellen.
Die Zusatzlasten werden um so größer werden, je besser die Individuen der Steuer ausweichen können. Bei vorgegebenem Steueraufkommen ist deshalb jenes Steuersystem aus der Sicht der Individuen optimal, das keine Ausweichreaktion zulässt. Zu diesen erstbesten Steuersystemen (First-best) gehören die allgemeinen Verbrauchersteuern und Pauschalsteuern.
Pauschalsteuern, die nach persönlicher Leistungsfähigkeit differenzieren, lassen sich praktisch nicht erheben, weil persönliche Leistungsfähigkeit nicht rechtssicher beobachtbar ist. An diesem Informationsproblem scheitert der Versuch, ein erstbestes Steuersystem zu etablieren, das ausschließlich Einkommenseffekte erzeugt. Steuern auf spezielle Güter sowie Subventionen für spezielle Güter sind kein erstbestes Steuersystem.
Second-best-Steuersysteme
„Zweitbeste Steuern minimieren die Zusatzlast unter der Nebenbedingung, dass nur Markttransaktionen besteuert werden können, während physische Verbräuche und Anfangsausstattungen mangels Beobachtbarkeit nicht besteuerbar sind. Markttransaktionen wie die Erzielung von Einkommen oder der Kauf von Gütern sind gut beobachtbar. Differenzierte Steuersätze sind unter Umständen besser als einheitliche.“
In der Welt zweitbester Besteuerung kann die Einführung einer zusätzlichern verzerrenden Steuer wohlfahrtserhöhend wirken.
Jedes zweitbeste Steuersystem hat folgende Eigenschaft: Es verzerrt nur die Konsumentenentscheidungen, aber nicht die Produzentenentscheidungen. Diesen Satz nennt man das Produktionseffizienztheorem. Er beruht auf der Einsicht, das Produzentensteuern letztlich ohnehin von den Konsumenten getragen werden, aber außerdem Verzerrungen auslösen, die das Sozialprodukt mindern.
Vorüberlegung zur Umweltsteuer
Nachhaltigkeit
„Soziale Marktwirtschaft ist der Nachhaltigkeit verpflichtet. Das bedeutet, dass die Systeme nicht zu Lasten der Zukunftschancen nachfolgender Generationen überfordert werden dürfen. Auch müssen sich die Beitragszahler auf eine gewisse Stetigkeit der Leistungen verlassen können. Dies bedeutet auch, dass strukturelle Reformen entsprechende Übergangsregelungen vorsehen müssen.“[7]
„Zunächst heißt dies nichts anderes, als dass die Steuerpolitik Wachstum und Investitionen fördert, dass sie für eine gerechte Besteuerung sorgt. Zudem muss sie mit den anderen wirtschafts- und finanzpolitischen Eckdaten kompatibel sein. Das heißt auch, dass steuerliche Entlastungen sich im Rahmen der Haushaltsspielräume bewegen müssen.“[8]
„...Ziel ist eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development), d.h. von der Möglichkeit, die Bedürfnisse der heutigen Generation so zu befriedigen, dass auch zukünftige Generationen in der Lage sind, ihre Bedürfnisse zu erfüllen (Brundtland-Kommission 1987).“
Ökonomische Interpretation der Nachhaltigkeit
„Bei einer Entscheidung sollen alle Kosten und Nutzen in der Gegenwart wie auch in der
[...]
[1] Aus Innenansichten, Steuern von A bis Z, Bundesministerium der Finanzen, 2001, S. 7
[2] Vergleiche Homburg, Kapitel 1
[3] ebendieser
[4] ebendieser, S. 153
[5] ebendieser, S. 157
[6] Vergleiche Gottfried, S.503 ff. und Hombach S. 207 ff.
[7] Vergleiche CDU-Diskussionspapier der „Kommission Sozialstaat 21 – Arbeit für alle“
[8] BM Hans Eichel " Das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik " anlässlich der Jahrestagung des BDI am 27. Juni 2000 in Berlin von http://www.bundesfinanzministerium.de/Aktuell-.445.567/BM-Hans-Eichel-Das-Prinzip-der-Nachhaltigkeit-in...htm?sort=nc.Titel