Der Spanische Bürgerkrieg gilt als Generalprobe für den II. Weltkrieg, der bereits einige Monate nach dessen Beendigung mit dem deutschen Überfall auf Polen ausgelöst wurde. Sowohl für das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien als auch für die stalinistische Sowjetunion bot sich der Spanis che Bürgerkrieg für die Erprobung neuer Militärtechnik und neuer Strategien sowie für die Ausbildung von Militär an. Traurige Berühmtheit hat in diesem Zusammenhang das Schicksal der baskischen Kleinstadt Gernika1 erlangt. Sie wurde zum Symbol für Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung. Eine unübersehbare Masse von Kriegsberichten, Romanen und Erzählungen über die Erfahrungen und Hintergründe des Bürgerkrieges liegen von AutorInnen der unterschiedlichen politischen Lager vor. Die Bombardierung der baskischen Kleinstadt Gernika ist allerdings nur selten ein Thema in der Literatur über den Bürgerkrieg. Eine erstaunliche Tatsache, da die Bombardierung als das erste Kriegsverbrechen der deutschen Nationalsozialisten gilt und das damit ihr verbundene Leid der Zivilbevölkerung große Anteilnahme in Europa hervorrief. Der Angriff und die Zerstörung der Stadt löste sowohl innerhalb als auch außerhalb Spaniens große Empörung aus. Inspiriert durch die Ereignisse in Gernika malte der im französischen Exil lebende Maler Pablo Picasso das surrealistische Gemälde "Guernica" (Originaltitel: "La muerte de Guernica"), das im Rahmen der Weltausstellung in Paris im Pavillon des republikanischen Spaniens ausgestellt wurde. Mittlerweile hängt eine Kopie des Gemäldes im UN Sicherheitsrat in New York. Ein anderer Künstler, der sich der Thematik annahm, war der deutsche Emigrant Oskar Kokoschka. In der Literatur war neben nationalsozialistischen und francistischen AutorInnen (u.a. Werner Beumelburg, Heinz Bongark, Maria de Smeth) der deutsche Romancier und Emigrant Hermann Kesten einer der ersten, die sich in literarischer Form diesem Thema widmeten. 1938 schrieb er im französischen Exil seine Novelle "Die Kinder von Gernika"2, die im folgenden Jahr im Allert de Lang-Verlag in Amsterdam erschien. [...] 1 Die Schreibart "Gernika" ist die baskische Variante des Namens. Silvia Schlenstedt irrt sich, wenn sie in ihrem Nachwort schreibt, daß es sich um eine leicht abgewandelte Form des Stadtnamens "Guernica" handelte. (Schlenstedt, in: Kesten 1985, S. 154) 2 Ich werde im folgenden, wenn ich aus dem Roman zitiere, mich auf die Rowohlt Ausgabe von 1955 stützen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Bombardierung von Gernika
3. Hermann Kesten und seine Novelle "Die Kinder von Gernika"
3.1 Biographischer Hintergrund
3.2 Inhalt der Novelle
3.3 Bedeutung und Bewertung der Novelle
3.4 Historischer Hintergrund der Novelle und die Auswirkungen auf die Geschichte
3.5 Wie stellt Hermann Kesten das Leben während des Bürgerkrieges dar?
3.6 Wie setzt Kesten die Bombardierung Gernikas in Szene?
3.7 Wie setzt Kesten die Flucht aus Gernika in Szene?
3.8 Wie thematisiert er die deutsche Beteiligung an dem Greuel?
3.9 Wie beschreibt er die psychologischen Folgen des Bürgerkrieges?
4. Fazit
5. Verwendete Literatur
1. Einleitung
Der Spanische Bürgerkrieg gilt als Generalprobe für den II. Weltkrieg, der bereits einige Monate nach dessen Beendigung mit dem deutschen Überfall auf Polen ausgelöst wurde. Sowohl für das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien als auch für die stalinistische Sowjetunion bot sich der Spanische Bürgerkrieg für die Erprobung neuer Militärtechnik und neuer Strategien sowie für die Ausbildung von Militär an. Traurige Berühmtheit hat in diesem Zusammenhang das Schicksal der baskischen Kleinstadt Gernika[1] erlangt. Sie wurde zum Symbol für Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung.
Eine unübersehbare Masse von Kriegsberichten, Romanen und Erzählungen über die Erfahrungen und Hintergründe des Bürgerkrieges liegen von AutorInnen der unterschiedlichen politischen Lager vor. Die Bombardierung der baskischen Kleinstadt Gernika ist allerdings nur selten ein Thema in der Literatur über den Bürgerkrieg. Eine erstaunliche Tatsache, da die Bombardierung als das erste Kriegsverbrechen der deutschen Nationalsozialisten gilt und das damit ihr verbundene Leid der Zivilbevölkerung große Anteilnahme in Europa hervorrief. Der Angriff und die Zerstörung der Stadt löste sowohl innerhalb als auch außerhalb Spaniens große Empörung aus. Inspiriert durch die Ereignisse in Gernika malte der im französischen Exil lebende Maler Pablo Picasso das surrealistische Gemälde "Guernica" (Originaltitel: "La muerte de Guernica"), das im Rahmen der Weltausstellung in Paris im Pavillon des republikanischen Spaniens ausgestellt wurde. Mittlerweile hängt eine Kopie des Gemäldes im UN Sicherheitsrat in New York. Ein anderer Künstler, der sich der Thematik annahm, war der deutsche Emigrant Oskar Kokoschka.
In der Literatur war neben nationalsozialistischen und francistischen AutorInnen (u.a. Werner Beumelburg, Heinz Bongark, Maria de Smeth) der deutsche Romancier und Emigrant Hermann Kesten einer der ersten, die sich in literarischer Form diesem Thema widmeten. 1938 schrieb er im französischen Exil seine Novelle "Die Kinder von Gernika"[2], die im folgenden Jahr im Allert de Lang-Verlag in Amsterdam erschien. Die Novelle erschien in Deutschland erstmalig 1947 im Wiesbadener Limes Verlag.
Neben diesem Roman liegen in deutscher Sprache noch eine Übersetzung des von den beiden britischen Journalisten Gordon Thomas und Max Morgan Witts 1974 verfaßten Romans "Der Tag an dem Guernica starb" und "Schweigen über Guernica" des österreichischen Schriftstellers Christoph Janacs, der erstmalig 1988 erschien, vor.
Für die vorliegende Hausarbeit werde ich diese literarischen Verarbeitungen außer acht lassen und mich ganz auf den Roman von Kesten konzentrieren. Einleitend werde ich auf die Bombardierung von Gernika und dessen politisch-historische Bedeutung eingehen, die den dramaturgischen Höhepunkt in Kestens Erzählung bildet. Vor diesem Hintergrund der historischen Fakten, die in den Roman einwirken, und einem Exkurs über seinen biographischen Background zur Zeit des Verfassens will ich seinen Roman untersuchen. Bevor ich auf die unterschiedlichen Aspekte näher eingehe, werde ich kurz den Inhalt der Novelle vorstellen.
Die fiktive Auseinandersetzung mit der Thematik des Lebens einer spanischen Familie während des spanischen Bürgerkrieges werde ich in folgende Schwerpunktthemen unterteilen, um sie gezielt zu analysieren:
- Wie beschreibt Kesten die Auswirkungen des Bürgerkrieges auf die Zivilbevölkerung?
- Wie weit ist der historische Rahmen in die Handlung integriert?
- Wie setzt er die Bombardierung Gernikas in Szene?
- Wie thematisiert er die deutsche Beteiligung an der Bombardierung?
- Wie beschreibt er die Flucht aus Gernika und das Leben der Flüchtlinge?
- Wie charakterisiert er die psychologischen Folgen des Krieges für die Zivilbevölkerung?
Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen, erscheint es mir möglich, eine Einordnung des Romans unter dem Gesichtspunkt der Intention des Autors treffen zu können.
Auf eine Auseinandersetzung mit der speziellen Situation Euzkadis während des Bürgerkrieges muß ich in diesem Rahmen leider verzichten, ebenso werde ich auf eine Wiedergabe der Rezeption des Romans in Deutschland verzichten.
Das Baskenland nahm eine eigene Rolle in dem Konflikt ein, die sich deutlich von der anderer spanischer Provinzen unterschied. Kesten arbeitet diese Aspekte deutlich heraus und die Verwendung der baskischen Schreibweise der Stadt Gernika läßt Platz für Interpretationen.[3]
2. Die Bombardierung von Gernika
Am Montag, den 26. April 1937, bombardierte die Legion Condor, eine zeitweise 5.000 - 10.000 Soldaten umfassende, dem direkten Befehl Hitlers Stellvertreters und Reichsluftmarschalls Hermann Görings unterstehende Eliteeinheit der deutschen Luftwaffe, mit Flugzeugen des Typs Junker JU 52 und Heinkel He 111 Gernika[4]. Ob an diesem Einsatz gegen die "heilige Stadt des Baskenlandes" - wie die Stadt bezeichnet wird - auch italienische und spanische Piloten beteiligt waren, konnte bis heute nicht geklärt werden[5]. Die Bombardierung von Gernika war Teil der Nordoffensive der francistischen Truppen unter General Mola gegen die spanische Republik, die am 31. März 1937 mit der Bombardierung der baskischen Stadt Durango - ebenfalls durch die Legion Condor - eingeleitet wurde. Wieviele Menschen bei der dreieinviertelstündigen Bombardierung Gernikas am Nachmittag des 26. Aprils, dem traditionellen Markttag, und dem gezielten Beschuß der Zivilbevölkerung mit Bordmaschinengewehren getötet wurden, konnte nicht ermittelt werden. Die Schätzungen reichen von über 100 bis hin zu knapp 2.000 Todesopfern (Piper 2003: 72f.). Ebenso unklar ist die Zahl der Verwundeten. Schätzungen betreffs der Zerstörung Gernikas sprechen von 71% völlig zerstörten Häusern und weiteren 7 % schwer beschädigten (ebd.: S. 73).
Der britische Journalist George Steer schrieb über den Verlauf des Luftangriffs auf die Stadt in einem Artikel für die britische Tageszeitung Times: "Zuerst warfen kleine Gruppen von Flugzeugen schwere Bomben und Handgranaten über der ganzen Stadt ab, wobei sie sich hübsch ordentlich ein Gebiet nach dem anderen vornahmen. Dann kamen die Jagdflieger im Tiefflug und beschossen aus Maschinengewehren die, die in Panik aus den Bunkern rannten" (George Steer, in: Times vom 28. April 1937; nachgedruckt und übersetzt in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst 1980: 107). Die 33 km östlich von Bilbo gelegene Stadt, in der zu diesem Zeitpunkt 6.000 - 7.000 EinwohnerInnen lebten und ca. 3.000 Flüchtlinge beherbergt wurden, war für die Offensive strategisch unbedeutend. In der Stadt selber war zum Zeitpunkt des Angriffs kein Militär stationiert - nur versprengte Teile der republikanischen Truppen hielten sich hier auf.
Die beiden außerhalb der Stadt liegenden Waffenfabriken - "Unceta & Cía" und "Talleres de Guernica S.A." - blieben von der Bombardierung verschont und wurden später unter francistischer Aufsicht weitergeführt. Die Stadt ist vorrangig wegen ihrer Geschichte und engen Verbindung mit der baskischen Demokratie von politischer Bedeutung gewesen. Sie zählt zu den ältesten Städten des Baskenlandes und fungiert zudem als das kulturelle und religiöse Zentrum.
Welche militärische Intention der Angriff daher hatte, ist auch heute noch umstritten. Gerd Piper zählt in seinem Artikel "Guernica - Geschichte eines Luftangriffs" fünf mögliche Gründe dafür auf (ebd.: 73f.), die in der Literatur aufgeführt werden. Die häufigste Erklärung lautet, daß eine Terrorisierung der Zivilbevölkerung geplant war. Das damit verfolgte Ziel war demnach die Demoralisierung der Bevölkerung und die Brechung des baskischen Widerstandes. In den Erinnerungen von hochrangigen Militärs, die an der Aktion beteiligt waren, als auch in den Stellungnahmen aus dem francistischen und nationalistischen Lager, heißt es hingegen, daß die Bombardierung der 10m langen Brücke über den Fluß Oca gegolten habe. Erklärtes Ziel dieses Manövers wäre demnach das Abschneiden der Verbindung für den Nachschub gewesen, der aus jener Region jedoch nicht zu erwarten war. Die besagte Brücke wurde während des Angriffes nicht zerstört, was diese Theorie unglaubwürdig macht. Andere Theorien sprechen von einem Racheakt für ein abgeschossenes Flugzeug in der Umgebung Gernikas, oder der geplanten Zerstörung des baskischen Parlamentes und der Eiche als Symbole bzw. der Waffenfabriken. Diese Versionen erscheinen ebenfalls sehr unwahrscheinlich, da keines der Gebäude und auch nicht die Eiche während des Angriffes zerstört wurde und auch keine Abschüsse von Flugzeugen in der Umgebung bekannt sind.
Drei Tage nach der Bombardierung, am 29. April, marschierten francistische Truppen in die Stadt ein und besetzten sie. Der aufständische Generalmajor Francisco Franco Bahamonde dementierte am Tag zuvor öffentlich sowohl eine Beteiligung faschistischer Truppen als auch der deutschen Luftwaffe an der Bombardierung Gernikas. Er nannte als Urheber für die Vernichtung der Stadt die "roten Truppen". Der Version zufolge hätten Anarchisten und fliehende baskische Truppen Gernika selber in Brand gesteckt. Jene Version der Ereignisse war bis Anfang der 70er Jahre Doktrin im spanischen Staat und auch in Deutschland wurde die Beteiligung deutscher Truppen vertuscht. Wilfred von Oven, ein persönlicher Referent des nationalsozialistischen Propaganadaministers Joseph Goebbels und Mitglied der Legion Condor, behauptete 1978 zynisch in seiner Hommage an die Legion Condor: "Die Bombardierung Guernicas war ein so unbedeutendes Ereignis des Kriegsalltags, daß Franco erst am 28. April durch die internationale Presse davon erfuhr" (Oven 1978: 411).
Der NVA-Major Günter Pritzke verweist in Zusammenhang mit den Bombardierungen der baskischen Städte Gernika und Durango auf die Erprobung neuer Waffentechnologie: "Beide Angriffe dienten dem Ziel, die Möglichkeit der völligen Vernichtung einer Stadt und ihrer Bevölkerung in der Praxis zu erproben, sowie die Wirkung eines kombinierten Einsatzes von Spreng- und Brandbomben bei Terrorangriffen zu studieren" (Pritzke, in: Militärakademie "Friedrich Engels" 1966: 271).
Obwohl die deutsche Schuld an der Zerstörung Gernikas eindeutig belegt ist, tut sich die Bundesrepublik Deutschland bis heute schwer mit einer Wiedergutmachung für die begangenen Verbrechen[6]. Erst 1997 entschuldigte sich der damalige Bundespräsident Roman Herzog öffentlich für die von der Legion Condor begangenen Verbrechen. Statt einer Auseinandersetzung mit der deutschen Schuld, wurden Mitglieder der Legion Condor nach dem II. Weltkrieg für den Aufbau der deutschen Luftwaffe herangezogen, ein Geschwader der Luftwaffe wurde nach Flugkapitän und Legion Condor Mitglied Mölders benannt und eine "Spanische Allee" in Berlin erinnert immer noch an jene Spezialeinheit[7].
3. Hermann Kesten: Die Kinder von Gernika
"Ich will das schreiben", antwortete Carlos. "Das alles. Dieses Leben. Diese Kriege. Diese Mordmaschinen. Man muß es für die Leute schreiben."
(Hermann Kesten: Die Kinder von Gernika)
3.1 Biographischer Hintergrund
Der deutsche Romancier Hermann Kesten ging 1933 ins Exil nach Paris, einer "heitere[n] Stadt für (...) Vertriebene" (Kesten 1955: 11), und lebte in der Folgezeit abwechselnd in Paris, Nizza, Sanary-sur-Mer, Amsterdam und Ostende. Ihm oblag in den 30er Jahren die Leitung der deutschen Abteilung des Verlages Allert de Lange in Amsterdam. In diesem Verlag erschien 1939 die erste Auflage seines Romans "Die Kinder von Gernika", der zu den Hauptwerken Kestens gezählt wird. Im Vorwort zum 1955 im Rowohlt Verlag erschienen Roman bezeichnet der Literat Thomas Mann ihn als den Höhepunkt im Schaffen Hermann Kestens.
Bereits 1938 erschien in der MigrantInnenzeitung "Das Wort" ein Kapitel der Novelle als Vorabdruck.
Paris war zu jener Zeit einerseits das Zentrum von EmigrantInnen als auch der Sitz des baskischen Exilparlamentes unter dem baskischen Präsidenten José Antonio de Aguirre. Ob Hermann Kesten Kontakte zu BaskInnen pflegte ist anhand der Sekundärliteratur und seiner zugänglichen Briefwechsel nicht zu belegen. Die Verwendung der baskischen Schreibweise des Stadtnamens Gernika und die vielen Aspekte baskischer Geschichte, die er in seine Erzählung einbaut, legen eine solche Vermutung dennoch nahe.
In jener Zeit verschärfte sich die Lage der MigrantInnen im französischen Exil zunehmend. Die Volksfrontregierung in Frankreich scheiterte 1938 und die neue Regierung vertrat eine rigorose Politik gegenüber MigrantInnen. Hermann Kesten sah sich auch davon betroffen. Die Frage, ob diese Erfahrungen in der Beschreibung der Flüchtlingsthematik in "Die Kinder von Gernika" ihren Niederschlag erhalten, kann ich im Rahmen der Hausarbeit leider nicht klären.
Mit der Thematik Spanien hatte sich Kesten bereits ein paar Jahre zuvor auseinandergesetzt. In seiner Migrationszeit entstanden die beiden Historienromane "Ferdinand und Isabella" und "König Philipp der Zweite".
In Spanien zeichnete sich währenddessen der Sieg der Aufständischen ab. Bereits Mitte 1937 hatte "Caudillo" Franco das Baskenland unter seine Kontrolle gebracht. Die Eroberung der baskischen Stadt Bilbo im Juni 1938 bildete den Abschluß der Offensive gegen das (spanische) Baskenland. Auf Grundlage eines internationalen Abkommens wurden im selben Jahr die Internationalen Brigaden aufgelöst und ein Rückzug ausländischer Freiwilliger aus Spanien von den europäischen Regierungen vereinbart, an den sich weder Italien noch Deutschland oder das ebenfalls faschistische Portugal hielten. Ins gleiche Jahr fällt die Eingliederung von Österreich in das sogenannte III. Reich.
3.2 Inhalt der Novelle
Der Roman baut auf zwei Erzähl- und Zeitebenen auf. Einerseits handelt es sich um die aktuelle Situation, in der sich der 15jährige Carlos Espinosa befindet und dem Ich-Erzähler, einem deutschen Emigranten, entgegentritt. Auf der anderen Ebene wird ein Rückblick über die Familiengeschichte der Espinosas während des ersten Jahres des Bürgerkrieges gegeben. Bei dem Ich-Erzähler handelt es sich um einen Freund seiner Adoptivfamilie, von dem sich Carlos Hilfe erhofft und erhält. Dieser Erzähler weist deutliche Übereinstimmungen mit dem Lebenslauf von Hermann Kesten auf.
Das Fundament der Familienerzählung bildet das Verhältnis seines nach 20 Jahre Abwesenheit zurückgekehrten Onkels Pablos zu seinem Vater Antonio. Das Verhältnis der beiden Brüder, in dem einige Kritiker eine moderne Variation der alttestamentarischen "Kain und Abel"-Parabel sehen, steht dabei im Mittelpunkt des Romans[8]. Andere Interpretationen sehen im Vater die Verkörperung des biblischen Propheten Hiob[9].
Um das Verhältnis der beiden Brüder rankt sich die Familiengeschichte, die im Laufe der Erzählung immer stärker durch die Ereignisse des Bürgerkrieges tangiert wird. Die Familiengeschichte beinhaltet Banalitäten wie den Streit der beiden Brüder und Ehebruch.
Je näher die francistischen Truppen vorrücken, desto dringender wird Antonios Wunsch mit seiner Familie Spanien zu verlassen und nach Frankreich zu fliehen. Der Versuch die Apotheke zu verkaufen, um Geld für die Flucht zu haben, scheitert. Mit den potentiellen Käufern der Apotheke schafft sich Kesten die Möglichkeit "Grundtypen des Verhaltens und der sozialen Moral" (Schlenstedt, in: Kesten 1985: 155) einzuführen. Ein potentieller Käufer droht seine Kontakte zu den gefürchteten Anarchisten zu nutzen, um ihn enteignen zu lassen. Ein anderer, den Onkel Pablo mitbringt, stellt sich als ein deutscher Spion dar, der im Auftrage des deutschen Großkonzerns Krupp in Spanien aktiv ist.
[...]
[1] Die Schreibart "Gernika" ist die baskische Variante des Namens. Silvia Schlenstedt irrt sich, wenn sie in ihrem Nachwort schreibt, daß es sich um eine leicht abgewandelte Form des Stadtnamens "Guernica" handelte. (Schlenstedt, in: Kesten 1985, S. 154)
[2] Ich werde im folgenden, wenn ich aus dem Roman zitiere, mich auf die Rowohlt Ausgabe von 1955 stützen.
[3] Kesten benutzt in seinem Roman die baskische Schreibweise der Stadt Gernika, während er bei den anderen Städtenamen die spanische Schreibweise verwendet (z.B. San Sebastian statt Donostia; Bilbao statt Bilbo) .
[4] Ich werde im Rahmen dieser Hausarbeit, soweit es sich nicht um Zitate handelt, die baskische Schreibweise von Städtenamen benutzen (z.B. Bilbo statt Bilbao, Gernika statt Guernica etc.).
[5] Im Bericht von Gabriel Peri in der Pariser Zeitung Humanite vom 28. April 1937 (nachgedruckt in: NGBK 1980, S. 109) wird von italienischer Beteiligung gesprochen. Hans-Heinrich Abendroth hingegen hält in seiner Studie "Hitler in der spanischen Arena" diese These für nicht haltbar, da die Beteiligung italienischer Einheiten nur marginal in der Literatur und der zeitgenössischen Berichterstattung Erwähnung fand (vgl. Abendroth 1973, S. 160).
[6] vgl. z.B.: Kelly / Bastian: Guernica und die Deutschen. Dokumentation über gescheiterte Wiedergutmachung, Hamburg-Zürich 1992, Piper: Guernica - Geschichte eines Luftangriffs, in AMI (33) 2003, Heft 7-8.
[7] s. Peter Kratz: Über den "Antifaschistischen Schutzwall" gegrinst, in: Scheinschlag vom 16. März 1992; Jürgen Karwelat: Im Westen was Neues, in: taz vom 15.01.1992.
[8] vgl. Schlenstedt, in: Kesten 1985: 158.
[9] ebd.: 158.
- Quote paper
- Maurice Schuhmann (Author), 2003, Die Bombardierung von Gernika als Motiv in der Literatur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39231
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.