Auch nach über fünfzig Jahren ringt Deutschland noch immer mit der Verarbeitung der belastenden Vergangenheit. Neben vielen anderen Problemen bleibt die Frage nach den Gründen für die Katastrophe des Nationalsozialismus nach wie vor von zentraler Bedeutung. Weltwirtschaftskrise, drückende Kriegsschulden und Antikommunismus machen zwar die Sehnsucht der Deutschen nach einer starken Hand verständlich, können jedoch schwerlich die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und die Greuel des Holocaust befriedigend erklären. Bei allen Versuchen, den Nationalsozialismus in die Kontinuität der Weltgeschichte einzubinden, ihn gleichsam nachvollziehbar und transparent zu machen, stößt man unweigerlich auf einen Faktor, der diese Aufgabe erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht: Den Faktor Hitler. Dieser politische Aufsteiger aus Braunau am Inn, der wie aus dem Nichts in die Geschichte eintrat und binnen weniger Jahre zum mächtigsten Mann Europas und wohl gefürchtetsten Diktator der damaligen Welt wurde, der innerhalb noch kürzerer Zeit ganz Europa in Schutt und Asche legte und buchstäblich mit wehenden Fahnen unterging, füllt mittlerweile tausende von Seiten Biographie. Akribisch wurde versucht, das Dritte Reich mit all seinen Facetten aus seiner Jugend, seinem Charakter, seiner Psyche oder auch seinem Umfeld zu erschließen. Ist dieser Anspruch gerechtfertigt? Ist es tatsächlich möglich, Hitlers Intentionen, Methoden und Ziele auf das NS-System zu übertragen? Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, sich Gedanken über die Bedeutung zu machen, die Hitler für das Regime hatte. Im Folgenden soll nun versucht werden, diese Bedeutung für den Zeitraum von 1933-1939 zu skizzieren. Zu diesem Zwecke soll zuerst einmal ein Überblick über Befugnisse und Machtbasis des Führers Hitlers gegeben werden, sowohl was die Ämter anging, die er bekleidete, als auch was die Kompetenzen angeht, die er sich darüber hinaus nach und nach sicherte. Dann muss auf den Dualismus zwischen Partei und Staat eingegangen werden, der den Herrschaftsalltag im Dritten Reich bestimmte und auf den ersten Blick so gar nicht zur propagierten diktatorischen Ordnung passen will. Schließlich sollen noch einige Tendenzen der modernen Forschung aufgezeigt werden, die noch immer uneins in diesem wichtigen Punkt ist.
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Macht des Führers
- Führer der Partei
- Reichskanzler
- Gerichtsherr
- Reichspräsident und Oberbefehlshaber
- Gesetzgeber
- Verknüpfung mit der Person Hitler
- Führerkult und Führermythos
- 3. Der Dualismus von Staat und Partei
- Einheit von Partei und Staat
- Institutioneller Darwinismus
- Ämterakkumulation
- Sonderposten
- 4. Tendenzen der Forschung
- Intentionalismus
- Funktionalismus
- Versuch der Synthese
- 5. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung Hitlers für das NS-System im Zeitraum von 1933 bis 1939. Ziel ist es, Hitlers Machtbasis und Einfluss auf das Regime zu beleuchten und die gängigen Forschungstendenzen zu diesem Thema zu diskutieren.
- Hitlers Machtbefugnisse und -basis
- Der Dualismus zwischen Partei und Staat im Dritten Reich
- Der Führerkult und seine Rolle im NS-System
- Die Rolle Hitlers bei der Auslösung des Zweiten Weltkriegs
- Kontroversen und verschiedene Forschungsperspektiven zur Bedeutung Hitlers
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung thematisiert die anhaltende Auseinandersetzung Deutschlands mit der NS-Vergangenheit und die zentrale Frage nach den Ursachen des Nationalsozialismus. Während wirtschaftliche und politische Faktoren die Sehnsucht nach einer starken Führung erklären können, bleibt die Bedeutung Hitlers als Schlüsselfaktor unverzichtbar. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Bedeutung Hitlers für das NS-Regime im Zeitraum von 1933 bis 1939 zu untersuchen, indem sie seine Machtbefugnisse, den Dualismus von Partei und Staat und die verschiedenen Forschungsperspektiven beleuchtet.
2. Die Macht des Führers: Dieses Kapitel analysiert die Machtfülle Hitlers, die sich nicht nur aus seinen verschiedenen Ämtern (Führer der Partei, Reichskanzler, Reichspräsident, Oberbefehlshaber etc.) speiste, sondern auch aus seinem gezielten Aufbau eines Führerkults. Es wird die Verschmelzung von Staat und Partei und Hitlers Fähigkeit zur Ämterakkumulation und Einflussnahme untersucht. Die zentrale These ist, dass Hitlers Macht weit über die formalen Befugnisse hinausging und durch den Führerkult und die gezielte Inszenierung seiner Person gestützt wurde.
3. Der Dualismus von Staat und Partei: Dieses Kapitel widmet sich dem scheinbaren Widerspruch zwischen der propagierten Einheit von Partei und Staat und der real existierenden Doppelstruktur. Es wird untersucht, wie Hitler diesen Dualismus nutzte, um seine Macht zu sichern und Konflikte zu managen. Die Analyse konzentriert sich auf die Mechanismen der Ämterakkumulation, die Rolle von Sonderposten und die Interpretation dieses Phänomens im Kontext des institutionellen Darwinismus. Es wird gezeigt, wie diese scheinbare Diskrepanz im Wesentlichen zu Hitlers Machtausübung beitrug.
4. Tendenzen der Forschung: Dieses Kapitel beleuchtet die unterschiedlichen Forschungsansätze zum Thema Hitlers Rolle im NS-System. Der Intentionalismus betont Hitlers persönliche Verantwortung und seine bewussten Entscheidungen, während der Funktionalismus die Bedeutung struktureller Faktoren und die Eigenlogik des Systems hervorhebt. Das Kapitel versucht eine Synthese beider Perspektiven, indem es anerkennt, dass Hitlers Person und die strukturellen Faktoren des NS-Systems untrennbar miteinander verbunden waren.
Schlüsselwörter
Hitler, NS-System, Macht, Führerkult, Partei, Staat, Dualismus, Intentionalismus, Funktionalismus, Diktatur, Zweiter Weltkrieg, Forschungsansätze.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Bedeutung Hitlers für das NS-System (1933-1939)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung Adolf Hitlers für das nationalsozialistische System in Deutschland zwischen 1933 und 1939. Sie beleuchtet seine Machtbasis, seinen Einfluss auf das Regime und diskutiert gängige Forschungstendenzen zu diesem Thema.
Welche Aspekte von Hitlers Macht werden behandelt?
Die Arbeit analysiert Hitlers Machtbefugnisse aus seinen verschiedenen Ämtern (Partei-Führer, Reichskanzler, Reichspräsident, Oberbefehlshaber etc.) und den Aufbau eines Führerkults. Sie untersucht die Verschmelzung von Staat und Partei und Hitlers Fähigkeit zur Ämterakkumulation und Einflussnahme. Ein zentrales Thema ist, wie seine Macht über die formalen Befugnisse hinausging.
Wie wird der Dualismus von Staat und Partei behandelt?
Die Arbeit untersucht den scheinbaren Widerspruch zwischen der propagierten Einheit von Partei und Staat und der real existierenden Doppelstruktur. Analysiert werden die Mechanismen der Ämterakkumulation, die Rolle von Sonderposten und die Interpretation dieses Phänomens im Kontext des institutionellen Darwinismus. Es wird gezeigt, wie diese scheinbare Diskrepanz zu Hitlers Machtausübung beitrug.
Welche Forschungsperspektiven werden verglichen?
Die Arbeit beleuchtet unterschiedliche Forschungsansätze zur Rolle Hitlers. Verglichen werden der Intentionalismus (Betonung der persönlichen Verantwortung Hitlers) und der Funktionalismus (Betonung struktureller Faktoren und der Eigenlogik des Systems). Es wird versucht, eine Synthese beider Perspektiven zu erreichen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Die Macht des Führers, Der Dualismus von Staat und Partei, Tendenzen der Forschung und Zusammenfassung. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt der Bedeutung Hitlers für das NS-Regime.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Hitler, NS-System, Macht, Führerkult, Partei, Staat, Dualismus, Intentionalismus, Funktionalismus, Diktatur, Zweiter Weltkrieg, Forschungsansätze.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel ist es, die Bedeutung Hitlers für das NS-Regime im Zeitraum von 1933 bis 1939 zu beleuchten und die gängigen Forschungstendenzen zu diesem Thema zu diskutieren. Es geht um die Analyse seiner Machtbasis und seines Einflusses.
Welche Zeitspanne wird untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf den Zeitraum von 1933 bis 1939.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Themenschwerpunkte sind Hitlers Machtbefugnisse und -basis, der Dualismus zwischen Partei und Staat, der Führerkult, Hitlers Rolle beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und verschiedene Forschungsperspektiven zur Bedeutung Hitlers.
- Arbeit zitieren
- Stephan Geier (Autor:in), 2002, Der Faktor Hitler - Die Bedeutung der Person Hitler für das NS-System, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3896