Die Schulmusikerziehung zur Zeit des Dritten Reiches


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe

1. Einleitung:

2. Erziehungsvorstellungen und Schulpolitik:

3. Richtlinien und Lehrpläne:

4. Aufgaben und Ziele:

5. Unterrichtsinhalte:

6. Unterrichtsmethoden:

6.1. Unterrichtsmaterialien:

7. Fazit:

Literaturverzeichnis:


 1. Einleitung:

 

Musik hat über die Zeit hinweg immer eine große gesellschaftliche Rolle gespielt. Vom prägenden Identifikationsmittel ganzer Jugendkulturen bis hin zu politischen Hymnen lässt sich die Verbindung von Geschichte, Mensch und Musik nicht leugnen.

 

Mit der Machtübernahme von Adolf Hitler am 30. Januar 1933 begann eine Zeit, welche die deutsche Geschichte politisch zeichnete und auch pädagogische Spuren hinterließ.

 

Es wird angenommen, dass eine Analyse der Schulpädagogik die Mentalität der damaligen Zeit widerspiegelt und die politisch beeinflussende Erziehung verschleiert wurde und dennoch unübersehbar ist.

 

Im Folgenden wird der Musikunterricht an öffentlichen Schulen in der Zeit des dritten Reiches vorgestellt und die musikalische Erziehung im Schulunterricht genau betrachtet. Erwartet werden sichtbare manipulatorische Eigenschaften der Inhalte, wie auch Methoden. Außerdem wird davon ausgegangen, dass das damalige Unterrichtskonzept sich deutlich vom heutigen unterscheidet.

 

In diesem Sinne wird mit der Darstellung der Erziehungsvorstellungen und Schulpolitik begonnen. Es schließt sich ein Abschnitt über die Richtlinien und Lehrpläne an, sowie eine Präsentation der Aufgaben und Ziele des Musikunterrichtes. Als nächstes werden daraufhin die Unterrichtsinhalte und Unterrichtsmethoden, sowie die dazugehörigen Unterrichtsmaterialien betrachtet. All diese Punkte sind nicht nur aus geschichtlichem Interesse von Bedeutung, sondern lassen auch einen neuen Einblick in alte Strukturen zu, deren Erbe vielleicht immer noch zu finden ist. Diese Arbeit schließt mit einem Fazit, welches die einzelnen Erkenntnisse zusammenfasst und einen besonderen Fokus auf die Beantwortung der Hypothesen legt.  

 

2. Erziehungsvorstellungen und Schulpolitik:

 

Der 30. Januar 1933 zog einige politische und gesellschaftliche Folgen mit sich, ohne dass die meisten Deutschen zu diesem Zeitpunkt davon ahnten. Viele erlebten den 30. Januar als einen Tag, der auf nichts Besonderes hindeutete. Mit der Gleichschaltung, welche einer Vereinheitlichung sämtlicher Lebensbereiche und Besetzung aller wichtigen Einrichtungen durch das NS-Regime war, bekamen alle wichtigen Tätigkeiten und Institutionen eine politische Funktion. „Schule“ hatte einen besonderen Stellenwert für Hitler, denn sie war ein Ort, an dem die Entwicklung des „Wehrwillens“ gefördert werden konnte und die Urteils und Kritikfähigkeit der jungen Schüler reduziert werden sollte.[1]

 

Ziel war es, die Jugend zu einem opferwilligen und sich dem Führer unterordnenden Teil der Gemeinschaft zu formen. Aus diesem Grund war die nationalistische Propaganda und der Führerkult in den Schulen täglich präsent.[2]

 

Nicht nur die Sport und Wehrerziehung spielten eine wichtige Rolle, auch die Musik wurde für das „Erziehen“ in der NS-Zeit benutzt. Musik und die „musische Erziehung“ galten als besonders geeignete Mittel für die Vermittlung einer manipulierten Weltanschauung, sowie die Erschaffung einer Prägung des Einzelnen im Sinne einer nationalistischen Gemeinschaft. Aus diesem Grund wurde die Existenz von sozialen Unterschieden verschleiert und das Bild einer heilen, konfliktfreien Gesellschaft erschaffen. Der Begriff der „musischen Erziehung“ war allerdings keine Erfindung des NS-Staates, denn das Ideal der Zurückbesinnung auf die Verbindung von Wissen und Leidenschaft reicht bis in die zwanziger Jahre zurück. Der Philosoph Hans Freyer und der Pädagoge Ernst Krieck prägten den Begriff und wiesen der Musik eine besondere, charakterformende Wirkung, sogenannte „Menschenformung“ zu.[3]

 

Die „musische Erziehung“ war nach der Machtergreifung aus der NS-Politik nicht mehr weg zu denken. Der Begriff sprach nicht ein Individuum an, sondern zielte auf das Bilden der Illusion von Gleichheit und Vermitteln eines Gemeinschaftsgefühls, welchem jeder einzelne unterliegen sollte. Dieses Verständnis von Erziehung durch Musik wurde zur Grundlage des Erziehungskonzepts der Schulmusikerziehung im Dritten Reich.[4]

 

Zu Beginn des Regierungswechsels 1933 ging der tägliche Schulalltag zunächst ohne besondere Eingriffe in die Schulpolitik weiter und hielt an den bisherigen Richtlinien und Plänen aus der Weimarer Republik fest. Schon bald kamen die ersten Forderungen vom NS Regime. Hitlers Fokus lag nicht auf der fundierten, fachlichen Ausbildung der Jugend, sondern fast ausschließlich auf der Indoktrinierung seiner Weltanschauung, sowie auf der Erschaffung einer Vereinheitlichung und der Umschulung zum nationalistischen Geist.[5]

 

Das neugeschaffene Reichserziehungsministerium von 1934 (REM), welches sich als Fachministerium und oberste Schulbehörde verstand, begann mit der Vereinheitlichung des Schulsystems. Die Schulverwaltung wurde allerdings sofort wieder den einzelnen Ländern übertragen.[6]

 

Hitler versprach der damaligen Bevölkerung nicht nur soziale Verbesserung und die Befreiung aus den „Fesseln“ des Versailler-Vertrages, auch wollte er einen Staat erschaffen, indem Bildung jeder sozialen Klasse zugänglich war. Jedoch konnte Hitler seine Wünsche nicht umsetzten und es blieb bei der Erschaffung einer Illusion von gesellschaftlicher Konfliktfreiheit durch die NS-Schulpolitik.[7]

 

So gab die Schulpolitik im Dritten Reich den Lehrkräften vor, nationalistische, antidemokratische, rassistische und militärische Gedanken der Schüler aufzubauen und zu fördern.

 

Um diese Ziele besser verfolgen zu können wurden die Jungen und Mädchen in den Schulen getrennt. Wohingegen die Mädchen zu perfekten Hausfrauen und Müttern erzogen werden sollten, lag der Schwerpunkt bei den Jungen auf der Kriegsvorbereitung.

 

Die NS-Regierung legte großen Wert auf Disziplin, Sauberkeit, Ehre, Zucht und Ordnung. Interessanter Weise fanden diese Werte auch bei Nichtparteimitgliedern Zustimmung.[8]

 

Obwohl schon mit der Machtergreifung alle damaligen Lehrer dem NS-Lehrerbund beitreten mussten und alle anderen Lehrkräfte gekündigt wurden, kamen die ersten Eingriffe in die Schulpolitik erst ab 1936 bzw. neue Lehrpläne und Richtlinien erst 1937.[9]

 

Die zu erwartenden Manipulationen konnten gleich im ersten Punkt erkannt werden. Musik wurde nicht um des Musikwillens in der Schule unterrichtet, sondern um zu beeinflussen und ebenfalls die emotionale Seite der Schüler zu stimulieren. Musik galt als Ergänzung zur Rationalität und sollte im politischen Sinne das Wissen mit dem Gefühl verbinden, die Gesamtheit der Schülerpersönlichkeit anzusprechen und deutschtreue Menschen zu erschaffen. Im kompletten Gegensatz steht hierzu die heutige gewünschte Trennung von politischen Ansichten und Unterrichtsinhalten, sowie die beabsichtigte Förderung von Individualität.

 

Eigentlich positive Werte, wie Gemeinschaft und das Überwinden von sozialen Unterschieden, wurde das Gewandt von Rassismus übergestülpt und durch das Fehlen einer wirklichen Aufklärung, über die bestehenden gesellschaftlichen Konflikte, sinnentkernt. Trügerischer Weise kann diese Imbalance zwischen Angeblichem und Tatsächlichem auf den ersten Blick den vermeintlichen Eindruck von guten Elementen in einer grausamen Zeit vermitteln.

 

3. Richtlinien und Lehrpläne:

 

Die Einwirkung des NS-Regimes auf den schulischen Musikunterricht erfolgte nicht nur durch neue Lehrpläne und Richtlinien. Nach der Machtergreifung spielte die „Umschulung“ der Lehrkräfte im nationalsozialistischen Sinn eine entscheidende Rolle. Ebenso war sie dafür verantwortlich, wie die nationalistische Ideologie auf die Schulmusikerziehung umgesetzt wurde.

 

Bis 1937 wurden die Musikrichtlinien und Lehrpläne aus den zwanziger Jahren überwiegend von der Kestenberg-Reform übernommen. Erst zwischen 1937 und 1942 entstanden neue Richtlinien vom Reichserziehungsministerium für alle Schultypen, welche inhaltlich keine großen Veränderungen zeigten und weitgehend an die Reform der zwanziger Jahre erinnerten. Die größte Veränderung in den damaligen Vorgaben war, dass die musische Erziehung als „weltanschauliche Schulung“ verstanden und die Richtlinien im Sinne der nationalistischen Erziehungsziele umfunktioniert wurden. Die Musikerziehung erhielt größte Aufmerksamkeit und, bis auf wenige Schulformen, wurde Musik als Schulfach nun durchgehend zwei Mal in der Woche unterrichtet. Dieses zeigt noch einmal deutlich, welch hohen Stellenwert Musik für die Schulpolitik hatte und das Musik längst nicht mehr zu den Randfächern zählte, sondern durch die besondere erzieherische Eigenschaft zum wichtigen Bestandteil der manipulatorischen Methoden wurde.[10]

 

Die ersten neuen Richtlinien erschienen 1937 für die unteren Jahrgänge der Volksschulen, die allerdings schon zwei Jahre später durch den Erlass „Erziehung und Unterricht in der Volksschule“ aufgehoben wurden. Die Richtlinien von 1939 orientierten sich stark an denen von 1927. Viele Passagen wurden sogar wortwörtlich übernommen. Das Ziel des Musikunterrichtes von 1927 war es, den Schülern mit „Freude und Frohsinn“ zu erfüllen. 1939 wurde dieses Ziel durch den weiteren Satz: „und durch ihre [der Musik] völkische und gemeinschaftsbildene Kraft dazu mithelfen, die Kinder zu deutsch-bewußten Menschen zu erziehen“[11] ergänzt. Die Musikerziehung wurde, wie alle anderen Fächer auch, zum Mittel nationalsozialistischer Manipulation und somit hatte sich ebenfalls die musikalische Komponente der Richtlinien (Notenlernen, Gehörbildung, Musikinstrumente) den völkischen-politischen Prämissen zu unterwerfen.[12]

 

In den Richtlinien der Hilfsschulen, welche heute der Förderschule gleich kommt, wurde nicht von Musik- sondern nur von Gesang gesprochen. Somit gab es in den Hilfsschulen keinen Musik-, sondern Gesangsunterricht, der überwiegend als therapeutisches Mittel für die Schüler eingesetzt wurde. Ziel war es, die Lust und Freude am Gesang zu wecken und die Kinder Teil der nationalsozialistischen Gemeinschaft werden zu lassen.[13]

 

In den Mittelschulen wurde der bisherige „musikalische Werkunterricht“ 1939 durch „gemeinsam gesungen Lied“ abgelöst. Mehr als die Hälfte des Unterrichtes sollte dem Singen gewidmet werden, wobei es überwiegend um die Funktion und nicht um die Musik an sich ginge. Während das Auswendig-Singen einen hohen Stellenwert hatte, traten Musiktheorie, Geschichte, Gehörbildung etc. in den Hintergrund. Auch in den Richtlinien der Hauptschule standen Singen und das Volkslied im Mittelpunkt des Musikunterrichtes. Das NS-Regime hatte dieser Schulform große schulpolitische Bedeutung für die künftige nationalsozialistische Volksbildung zugesprochen. Nicht z.B. das Blattsingen, sondern das Auswendiglernen sollte besonders gefördert werden. Dieses konnte jedoch nicht durchgesetzt werden, weshalb die Musikrichtlinien für die Hauptschulen fast wortwörtlich denen der Mittelschulen entsprachen.[14]

 

Die höhere Schule, die als Zweites 1938 neue Richtlinien erhielt, galt als Ausleseschule und nahm im Dritten Reich eine Sonderstellung ein. Die Richtlinien brachten eine Vereinfachung der Schultypen und die Reduzierung auf acht Schuljahre. Anders als in der Volksschule orientierten sich die Richtlinien in den höheren Schulen nicht mehr an die der zwanziger Jahre. Ungewöhnlich für damalige Verhältnisse war, dass die Notwendigkeit individueller, musikalischer Erziehung betont wurde. Verglichen zu den alten Lehrplänen war der neue wesentlich klarer und übersichtlicher. Trotz der manipulatorischen, ideologischen Grundsätzen, welche die Vorgaben durchzogen, war der Einbezug und die Bedeutung von Musik im Schulalltag erstaunlich, ebenso wie die zahlreichen eigengestalterischen Möglichkeiten der Lehrer. Die Musikerziehung hatte zum Teil größeren Stellenwert als die „weltanschauliche Schulung“, weshalb dieses Konzept der Partei missfiel.[15]

 

Damit die Partei größeren Einfluss nehmen konnte und besser Kontrolle über die Schulsysteme hatte, entstanden die parteieigenen Schulen, auch „Heimschulen“ genannt. Zu den „Heimschulen“ zählten die „Adolf-Hitler Schule“, die „Deutschen Heimschulen“ und als Sonderform das „Musische Gymnasium“. In den musischen Gymnasien ging es überwiegend um die Ausbildung von talentierten, musikalischen Kindern, weshalb diese Form auch den größten wirklich musikalischen Lehranteil besaß. In den „Adolf Hitler Schulen“ hatte die Musik nur die Funktion der Förderung von nationalistischer Gemeinschaftserziehung. Der Einfluss der Partei war hier am größten.[16]

 

Auch hier lässt sich festhalten, dass der primäre Zweck des Musikunterrichts die Manipulation war und vor der wirklichen Vermittlung von musikalischem Wissen stand.

 

Im Vergleich zum heutigen System kann gesagt werden, dass der Unterschied in der Musikerziehung in den verschiedenen Schulsystemen heute nur noch in den verschiedenen Niveaustufen liegt, wohingegen früher Musikwissen von Musikerziehung verdrängt wurde.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Schulmusikerziehung zur Zeit des Dritten Reiches
Hochschule
Hochschule für Musik und Theater Hannover
Note
2,0
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V387626
ISBN (eBook)
9783668617209
ISBN (Buch)
9783668617216
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schulmusikerziehung, zeit, dritten, reiches
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Die Schulmusikerziehung zur Zeit des Dritten Reiches, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387626

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