Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von Basel III auf das Controlling von Banken und welche Herausforderungen sich aus den Kapital- und den Liquiditätsvorschriften ergeben. Folgende Fragen sollen beantwortet werden: Welche Änderungen sieht Basel III vor? Wie wirken sich diese Änderungen auf den Bankensektor aus? Welche Maßnahmen sind durch das Bankencontrolling zu ergreifen?
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
1.2. Von Basel I zu Basel III - Ein Überblick
1.3. Abgrenzung des Themas
1.4. Gang der Untersuchung
2. Darstellung der allgemeinen Änderungen von Basel
2.1. Kapital
2.1.1. Qualität, Konsistenz und Transparenz derEigenkapital- basis
2.1.1.1, Defizite in der bisherigen Eigenkapitalregulierung
2.1.1.2. Kapitalbestandteile
2.1.2. Verbesserung der Risikodeckung
2.1.3. Einführung einer Verschuldungsgrenze (Leverage Ratio) .
2.1.4. Reduktion von Prozyklizität und Stärkung von antizyklischen Puffern
2.1.4.1. Eindämmung von übermäßiger Zyklizität der Mindestkapitalanforderungen
2.1.4.2. Förderung einer stärker zukunftsorientierten Risikovorsorge
2.1.4.3. AufbauvonKapitalpolstern
2.1.4.4. Vermeidung übermäßig hohen Kreditwachstums 16 2.1.5. Systemische Risiken und gegenseitige Geschäftsbezie hungen
2.2. Liquidität
2.2.1. Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio)
2.2.2. Strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio)...
2.2.3. Überwachungsinstrumente
2.3. Bestimmungen für die Übergangsphase
2.4. Quantitative Auswirkungsstudie
3. Die geänderten Vorschriften von Basel III und deren Auswirkungen auf das Bankencontrolling
3.1. Konsequenzen für den Bankensektor
3.1.1. Auswirkungen auf den gesamten Finanzsektor
3.1.2. Auswirkungen auf einzelne Kreditinstitute
3.1.3. Auswirkungen auf einzelne Geschäftsfelder und Produkte.
3.1.4. Zusammenfassung der Konsequenzen für den Bankensektor
3.2. Resultierende Handlungsoptionen und Aufgaben für das Controlling
3.2.1. Aufgaben des Bankencontrollings
3.2.2. Handlungsoptionen aus den Kapitalanforderungen
3.2.3. Handlungsoptionen aus den Liquiditätsanforderungen
3.2.4. Übergreifende Herausforderungen an das Controlling
3.2.5. Zusammenfassung der Herausforderungen für das Controlling
4. Fazit
Anhang
Verzeichnis der zitierten Literatur
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die drei Säulen von Basel II
Abbildung 2: Überarbeitung der Eigenkapitaldefinition nach Basel III
Abbildung 3: Die neuen Eigenkapitalstandards nach Basel III
Abbildung 4: Beschränkungen im Falle eines Unterschreitens der Kapitalpuffer
Abbildung 5: Definition der LCR
Abbildung 6: Definition der NSFR
Abbildung 7: Die Übergangsbestimmungen im Überblick
Abbildung 8: Ergebnisse der quantitativen Auswirkungsstudie
Abbildung 9: Zusammenfassung der Konsequenzen für den Bankensektor..
Abbildung 10: Abgrenzung operatives und strategisches Controlling
Abbildung 11: Zusammenfassung der Herausforderungen des Bankencontrollings durch Basel III
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
1.1. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht
Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) wurde 1974 von den Zentralbanken und Bankaufsichtsbehörden der damaligen GlO-Staaten[1] gegründet. Der Auslöser war die Auflösung des Bretton Woods Systems[2] 1973, wodurch ein neuer Markt für Devisenspekulationen geschaffen wurde, welcher zahlreiche Bankenpleiten nach sich zog. Diese waren nahezu ausnahmslos auf zu hohe Risikobereitschaft bzw. zu geringe Eigenmittelausstattung der Banken zurückzuführen. Die Gründe waren große Defizite in der Kontrolle und Regulierung internationaler Finanzgeschäfte. Es tat sich also die Notwendigkeit auf, ein Gremium zu gründen, welches diese Aufgaben auf internationaler Ebene übernimmt.
Der Ausschuss tritt seither vierteljährlich zusammen. Die Hauptaufgabe des Baseler Ausschusses ist es, dazu beizutragen, dass hohe und möglichst einheitliche Standards in der Bankenaufsicht eingeführt werden. Die erarbeiten Richtlinien und Empfehlungen sind nicht rechtlich binden. Sie stellen lediglich Empfehlungen dar, die in nationales Recht umgesetzt werden können.[3] Diese Empfehlungen werden aber in der Regel in nationales Recht übernommen, da Sie die Grundlage für internationale Standards in der Bankenregulierung bilden. Ziel des Ausschusses ist es, dass die nationalen Aufsichtsbehörden der Mitgliedsstaaten ihre Arbeit besser abstimmen können und gemeinsame Prinzipien in der Bankenaufsicht entwickeln.
1.2. Von Basel I zu Basel III - Ein Überblick
Die Begriffe „Basel I“, „Basel II“ und „Basel III“ bezeichnen drei Generationen von Vorschlägen des Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, welche eine ausreichende Kapital- und Liquiditätsaustattung des Bankensystems sicherstellen sollen. Die 1992 in Kraft getretenen Regelungen von Basel I enthielten eine pauschalisierte Eigenkapitalanforderung, wonach Banken Eigenkapital in einer Höhe von mindestens 8 % der Gesamtsumme ihrer Risikoaktiva vorzuhalten hatten. Das Problem bei Basel I bestand darin, dass alle Kreditnehmer unter Risikogesichtspunkten gleich behandelt wurden. Ein Unternehmen, dass ein AAA-Kreditrating besitzt wurde genauso eingestuft, wie ein Unternehmen mit einem B-Kreditrating.[4]
Als Basel II[5] im Jahr 2006 in Kraft getreten ist, wurden die Mindesteigenkapitalanforderungen stark verschärft. Die Aktiva werden hinsichtlich der Eigenkapitalhinterlegung viel differenzierter betrachtet, u. a. gewichtet nach deutlich mehr Forderungsklassen[6], externem oder internem Schuldner-Rating[7], sowie anderen Faktoren wie bspw. Laufzeiten und Sicherheiten.[8] Basel II stützt sich dabei auf folgende drei Säulen (vgl. Abb. 1):
Die erste Säule beschreibt die Mindesteigenmittelanforderungen, dabei wird nach den Themenfeldem „Definition des Eigenmittelbegriffs“, „Messung des Risikopotentials“ und „Verhältnis Risikopotential zu Eigenmitteln“ differenziert. Für die Bestimmung des Risikopotentials werden zudem die drei Risikokategorien Marktpreisrisiken, Kreditrisiken und operationeile Risiken erfasst.
Die zweite Säule definiert den aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess. Dabei wird der Fokus auf eine funktionierende Gesamtbanksteuerung und ein institutsinternes Eigenmittelmanagement gelegt.
Die dritte Säule von Basel II definert die erweiterte Offenlegung, d.h. durch Offenlegungsvorschriften sollen Marktmechanismen dazu beitragen den Bankenmarkt zu regulieren. Risikoaverses Verhalten wird honoriert und risikoreiches Verhalten hingegen sanktioniert.[9]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbilding 1: Die drei Säulen von Basel II
Quell: In Anlehnung an Gabler Verlag (2011a), Stichwort: Basel II
Am 26.12.2010 wurden schließlich die Basel III-Regelungen[10] veröffentlicht, diese behalten das System der Risikogewichtung zwar bei, verschärfen aber insgesamt die Kapital- und Liqiditätsanforderungen stark. Die Zielsetzung dieses Reformenpakets besteht darin einzelne Institute und den gesamten Bankensektor zu stabilisieren. Der Zweck von Basel III besteht darin, den Finanzsektor gegenüber Schocks und Stresssituationen zu stabilisieren, um so zu verhindern, dass sich die Probleme des Finanzsektors auf die Realwirtschaft ausweiten. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass die bisherigen regulatorischen Instrumente aus Basel II nicht funktionieren. Die zentrale Lektion aus der Krise war also, dass ein funktionsfähiger internationaler Ordnungsrahmen für die Finanzwirtschaft geschaffen werden muss.[11]
1.3. Abgrenzung des Themas
Die vollständige Umsetzung von Basel III soll bis zum Jahr 2019 abgeschlossen sein. Jedoch beginnt die Übergangsphase bereits im Jahr 2013, wodurch sich schon jetzt ein erheblicher Handlungsbedarf für die betroffenen Kreditinstitute (KIs) abzeichnet. Die Basel III-Regelungen sind zwar noch nicht in deutsches Recht übergegangen und die finale Ausgestaltung für den deuschen Bankenmarkt steht noch zur Entscheidung, aber anhand der jetzigen Basel III-Regelungen können schon Handlungsmaßnahmen abgeleitet werden. Deshalb ist es wichtig zeitnah Entscheidungen zu treffen, die diesen Prozess begleiten und eine erfolgreiche Umsetzung gewährleisten. Bei der strategischen Planung dieser Maßnahmen spielt auch das Bankencontrolling eine tragende Rolle. Durch das Controlling müssen Handlungsfelder identifiziert und Basel III-geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von Basel III auf das Controlling von Banken und welche Herausforderungen sich aus den Kapital- und den Liquiditätsvorschriften ergeben.
Es sollen dabei drei zentrale Fragen beantwortet werden:
- Welche Änderungen sieht Basel III vor?
- Wie wirken sich diese Änderungen auf den Bankensektor aus?
- Welche Maßnahmen sind durch das Bankencontrolling zu ergreifen?
1.4. Gang der Untersuchung
Zu Beginn dieser Arbeit werden die wesentlichen Änderungen von Basel III herausgearbeitet. Im ersten Teil werden die Änderungen bei den Kapitalanforderungen erläutert. Anschließend wird auf die neuen Liquiditätsstandards eingegangen und am Ende des zweiten Kapitels werden die Bestimmungen für die Übergangsphase vorgestellt. Im dritten Teil werden die Konsequenzen von Basel III auf den Bankensektor untersucht, dabei werden mögliche Folgen für die ganze Branche, für einzelne Institute und für einzelne Geschäftsfelder und Produkte erläutert. Im Anschluss daran wird analysiert mit welchen Herausforderungen das Bankencontrolling aus den Kapital- und Liquiditätsanforderungen zu rechnen hat und wie diese gelöst werden können. Die Arbeit endet mit einem Fazit des Autors.
2. Darstellung der allgemeinen Änderungen von Basel III
Im folgenden Kapitel werden die allgemeinen Änderungen von Basel III herausgearbeitet. Schwerpunkte werden hierbei auf die Änderungen der Kapital- und der Liquiditätsanforderungen gelegt, sowie auf die Übergangsregelungen. Dem Leser soll hiermit ein kurzer Überblick über die wesentlichen Änderungen gegeben werden um ein einheitliches Verständnis für die späteren Untersuchungen zu schaffen.
2.1. Kapital
Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors soll durch die Verbesserung der globalen Eigenkapitalregelungen erhöht werden. Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten oder bei Eintritt eines Stresstest-Szenarios sollten Banken über genügend Kapital verfügen, um aus eigener Kraft das Fortbestehen sichern zu können. Im Folgenden Abschnitt werden die geänderten Regelungen an die Kapitalanforderungen erläutert.
2.1.1. Qualität, Konsistenz und Transparenz derEigenkapitalbasis
Wie der Titel dieses Unterkapitels andeutet sieht der Baseler Ausschuss in seinem Regelwerk nicht nur eine quantitative Ausweitung der Kapitalbasis der Banken vor, sondern die Regeln sollen auch eine qualitative Verbesserung des aufsichtlichen Kapitals zur Folge haben. Zudem ändern sich auch die Anforderungen an die Zusammensetzung des Eigenkapitals.
2.1.1.1. Defizite in der bisherigen Eigenkapital-Regulierung
„Institute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere im Interesse der Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, über eine angemessene Eigenkapitalausstattung verfügen.“[12]
So schreibt es das deutsche Kreditwesengesetz vor. Die Finanzmarktkrise brachte aber hervor, dass gerade das Kapital höchster Qualität, das sogenannte harte Kernkapital, dem Bankensektor weltweit nur ungenügend zur Verfügung stand. Zudem zeigte sich, dass Eigenkapital nicht in allen Ländern einheitlich definiert ist und es teils an Offenlegungspflichten mangelte, dies führte dazu, dass die Qualität des Eigenkapitals unterschiedlicher Kreditinstitute nicht richtig verglichen werden konnte.[13]
Zudem wuchs der Anteil hybrider Kapitalbestandteile[14] am aufsichtlichen Kapital stetig an. Die Gründe hierfür waren u.a. die kostengünstige Kapitalaufnahme über meist ausländische Tochtergesellschaften. Das große Problem bei dieser Kapitalform ist, dass das Hybridkapital teilweise nur eingeschränkt zum Verlustausgleich zur Verfügung stand, oder, dass wegen eingeräumter Kündigungsrechte das Kapital nicht dauerhaft im Unternehmen verblieb und somit dem KI nicht zur Verfügung steht, wenn es dieses zum Ausgleich von Verlusten benötigte.
Ein weiteres Defizit welches sich im Rahmen der Finanzkrise herauskristallisierte, war, dass die Kapitalausstattung vieler Institute im Vergleich zu den eingegangenen Risiken oft zu gering war, wodurch das Fortbestehen solcher Institute durch staatliche Kapitalzuführungen gesichert werden musste.
2.1.1.2. Kapitalbestandteile
In Abbildung 1 ist die überarbeitete Eigenkapitaldefmition schematisch dargestellt. Hier wird deutlich, dass zukünftig ein starkes Gewicht auf dem harten Kemkapital liegen wird. Bei Aktiengesellschaften (AGs) besteht dieses aus den ausgegebenen Aktien, sowie dem zugehörigen Aufgeld und die einbehaltenen Gewinne.[15] Zur Sicherstellung der Qualität des harten Kernkapitals muss ein 14 Punkte umfassender Kriterienkatalog (z. B. letzter Rang im Liquidationsfall) erfüllt werden.[16] Bei Instituten anderer Rechtsform als der Aktiengesellschaft (z. B. Genossenschaften oder Sparkassen) werden deren typische Eigenkapitalinstrumente auch als hartes Kemkapital anerkannt. Vorausgesetzt diese Institute erfüllen ebenfalls den oben erwähnten Kriterienkatalog. Die Kriterien müssen aber nicht genau erfüllt werden, wichtig ist die Erfüllung der zentralen Anforderungen an das harte Kernkapital, insbesondere die unzweifelhafte Verlustabsorbtions- Fähigkeit und die Dauerhaftigkeit, in vergleichbarer Weise wie das Stammkapital einer AG.[17]
Neben dem harten Kemkapital, sind laut Basel III-Rahmenwerk auch zusätzliche Kemkapitalinstrumente zulässig. Diese sind ebenfalls durch einen 14 Punkte umfassenden Kriterienkatalog geregelt.[18] Das harte und das zusätzliche Kemkapital dienen der Verlustabsorption um so eine Insolvenz zu verhindern (going concern capital). Das Ergänzungskapital[19] hingegen dient der Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger im Insolvenzfall (gone concern capital).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Überarbeitung der Eigenkapitaldefinition nach Basel III
Quelle: In Anlehnung an Deutsche Bundesbank (2010a), S. 10.
Mit der Umsetzung der Basel III-Regelungen wird sich nicht nur die Qualität des Eigenkapitals verbessern, sondern es wird seitens des Baseler Ausschusses auch eine quantitative Verbesserung angestrebt. Diese neuen Eigenkapitalstandards
sind in Abbildung 3 schematisch dargestellt. Das gesamte regulatorische Eigenkapital muss künftig acht Prozent der risikogewichteten Aktiva (RWA) betragen, wobei sechs der acht Prozent aus Kernkapital und dieses zu viereinhalb Prozent aus hartem Kernkapital bestehen muss, um den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die neuen Eigenkapitalstandards nach Basel III
Quelle: Eigene Darstellung.
2.1.2. Verbesserung der Risikodeckung
Neben der Verbesserung der Eigenkapitalbasis ist es für ein stabiles Finanzsystem zudem unerlässlich, dass alle wesentlichen Risiken in der Eigenkapitalregelung erfasst werden. Die Finanzmarktkrise zeigte, dass u. a. die Nichterfassung bilanzieller und außerbilanzieller Risiken und Risikopositionen aus Derivaten die Krise zuspitzten.[20]
Insbesondere verschärfen sich mit Basel III die Regelungen hinsichtlich des Kontrahentenrisikos (CCR, „counterparty credit risk“)[21] Die Bestimmungsgröße des CCR ergibt sich aus dem Forderungsbetrag bei Ausfall (EAD, „exposure at default“). Dieser wird in der Regel von der Bank über den erwarteten, positiven Wiederbeschaffungswert (EPE, „expected positive exposure“) geschätzt.
Wird die interne Modellmethode (IMM oder IRB-Ansatz)[22] angewendet, dann muss die Bank den EAD aus einem EPE berechnen, der auf Basis einer dreijährigen Datenhistorie ermittelt wird, die mindestens eine einjährige Stressperiode enthalten muss.[23] Zusätzlich hierzu wird vom Baseler Ausschuss auch eine Verschärfung der aufsichtlichen Anforderungen an die Stresstest- und Backtesting- Verfahren angestrebt.[24]
Auf der Grundlage von Stresstests und Szenarioanalysen müssen Banken künftig Risikofaktoren identifizieren, die positiv mit dem CCR korrelieren. Diese speziellen Korrelationsrisiken müssen mit zusätzlichem EK unterlegt werden.
Auch OTC-Geschäfte (außerbörslicher Handel, „over the counter“) werden strenger überwacht. Es erhöht sich z. B. der Nachschussrisikozeitraum („margin period“) von bisher 10 bzw. 5 Tagen auf 20 Tage, wenn diese Geschäfte mehr als 5.000 Transaktionen umfassen oder es hierfür keinen aktiven, liquiden Markt gibt. Diese Regelungen werden voraussichtlich zu höheren EPE's führen, wodurch sich auch die Kapitalanforderungen erhöhen werden, da hierdurch das Kontrahentenrisiko steigt.
Obwohl künftig auch für Geschäfte, die über zentrale Clearingstellen abgewickelt werden, ein Risikogewicht von 2 % vorgesehen ist, wird für die Nutzung von zentralen Gegenparteien ein starker Anreiz geboten, da bilaterale Geschäfte noch höhere Kapitalforderungen erhalten sollen.[25]
2.1.3. Einführung einer Verschuldungsgrenze (Leverage Ratio)
Ein treibender Faktor der Krise war, dass sich im Bankensystem eine übermäßige Verschuldung aufgebaut hatte. In der schlimmsten Phase der Krise sah sich der Bankensektor durch den Markt dazu gezwungen, seine Verschuldung in einer Weise abzubauen, die den Abwärtsdruck auf die Preise von Vermögenswerten erhöhte, wodurch sich der Effekt zwischen Verlusten, schrumpfendem Eigenkapital und Kreditverknappung noch verstärkte.[26] Durch die Einführung einer Verschuldungsgrenze (Leverage Ratio) soll künftig einer übermäßigen Verschuldung entgegengewirkt werden.
Die finale Ausgestaltung der Leverage Ratio ist noch nicht verabschiedet. Übergangsweise beträgt die Mindestunterlegungsquote drei Prozent, das heißt, dass die gesamten Aktiva (bilanziell und außerbilanziell) einer Bank nicht größer als das 33-Fache des gesamten Kemkapitals sein dürfen. Alle Positionen sind hierbei ungewichtet. Der Ausschuss möchte damit Transparenz im Hinblick auf die Verschuldung der Kreditinstitute schaffen und gleichzeitig eine Begrenzung derselben vorgeben.
Die Vergleichsgrößen für die Leverage Ratio sind für den Nenner das gesamte Tier 1-Kapital und für den Zähler die Aktiva auf Grundlage der jeweiligen Rechnungslegungsvorschriften. Sie ist also definiert als:
LR = Bilanzsumme / Tier 1-Kapital
(Tier 1-Kapital = Stammaktien + einbehaltene Gewinne + zusätzliche Komponenten[27] )
Für Positionen die vom Eigenkapital abgezogen werden gilt, dass diese auch nicht auf die Bemessungsgrundlage der Aktiva angerechnet werden, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden.[28]
2.1.4. Reduktion von Prozyklizität und Stärkung von antizyklischen Puffern
Durch prozyklische Elemente wurde das Finanzsystem während der Krise zusätzlich destabilisiert. Verantwortlich hierfür zeigten sich insbesondere die Buchhaltungsstandards. So mussten Banken z. B. den Bilanzwert ihrer Wertpapiere zeitnah an gesunkene Börsenkurse anpassen. Die Prozyklizität wirkt sich während Krisenzeiten in dreierlei Hinsicht negativ für Banken aus: Die Verschlechterung des Kreditportfolios führt zu höheren Eigenmittelanforderungen, eintretende Verluste verringern die Eigenkapitalbasis und in Krisenzeiten erschwert sich die Beschaffung von Eigenkapital am Kapitalmarkt. Aus diesen Gründen führt der Baseler Ausschuss Maßnahmen ein um dieser Prozyklizität entgegenwirken zu können.[29] Im folgenden Abschnitt werden die Maßnahmen und deren Ziele erläutert.
2.1.4.1. Eindämmung von übermäßiger Zyklizität der Mindestkapitalanforderungen
Bereits in der Rahmenvereinbarung zu Basel II wurden Vorkehrungen getroffen, die einer übermäßigen Zyklizität der Mindestanforderungen entgegenwirken sollten. Es wurde u. a. verlangt, dass für die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeiten (PD) langfristige Datenreihen zu verwenden sind. Außerdem müssen anhand dieser Verlustschätzungen die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen berechnet werden. Was den Effekt hat, dass sich über lange Zeiträume die PDs von Unternehmen „glätten“, da ganze Konjunkturzyklen mit Auf- und Abschwungphasen Berücksichtigung finden.[30]
Es wurden zudem bei der Ausarbeitung der Basel III Rahmenvereinbarung Maßnahmen geprüft, die darauf abzielten mehr Ausgewogenheit zwischen der Risiko- sensitivität und der Stabilität der Kapitalanforderungen zu schaffen. So wurde z. B. diskutiert, die unter günstigen Bedingungen zu niedrig angesetzten PDs durch PDs zu ersetzen, die während eines Abschwungs Verwendung finden würden.[31] Eine andere Möglichkeit sieht vor, konjunkturunabhängige PDs zu verwenden. Diese würden über einen Skalierungsfaktor in die zugrundegelegten PD- Modelle der Banken eingerechnet werden, um so konjunkturunabhängige Schätzungen zu erhalten.[32]
2.1.4.2. Förderung einer stärker zukunftsorientierten Risikovorsorge
Der Baseler Ausschuss setzt sich künftig dafür ein, dass Wertberichtigungen nach erwarteten Verlusten (EL, expected loss) anstatt den tatsächlich eingetretenen Verlusten (IL, incurred loss) zu berechnen sind. Dies ist relevant, da der EL auch Verluste berücksichtigt, die aufgrund zukünftiger Ereignisse zu erwarten wären und noch nicht eingetreten sind. Der IL ist stark stichtagsbezogen und es können erst Wertberichtigungen vorgenommen werden, wenn ein Verlust tatsächlich eingetreten ist. Der EL erfasst hingegen die Risiken über die gesamte Laufzeit und es werden bereits Wertberichtigungen gebildet, wenn noch kein Verlust eingetreten ist. Dies hat zum Vorteil, dass frühere Wertberichtigungen die zyklischen Schwankungen abmildern. Die Anforderungen an den EL-Ansatz sind aber im Gegensatz zum IL-Ansatz wesentlich komplexer.[33]
2.1.4.3. Aufbau von Kapitalpolstern
Ein wichtiges Augenmerk des Ausschusses liegt darauf, Kapitalpolster zu fördern, auf die in Stressphasen zurückgegriffen werden kann. Neben dem Kapitalerhaltungspuffer (Capital Conservation Buffer) muss ein antizyklischer Kapitalpuffer (Countercyclical Capital Buffer) von den Banken in Zeiten übermäßig hohen Kreditwachstums aufgebaut werden. Der Kapitalerhaltungspuffer ist auf 2,5 % festgesetzt. Durch ihn sollen Risiken abgedeckt werden, die mit einem „normalen“ Konjunkturverlauf verbunden sind. Der antizyklische Puffer hingegen ist in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase[34] aufzubauen und kann während einer wirtschaftlichen Abschwungphase abgebaut werden. Auf diese Weise sollen den Konjunkturzyklus verstärkende Effekte bei der Unternehmensfinanzierung durch Banken reduziert werden.[35] Für den antizyklischen Kapitalpuffer wurde eine Obergrenze von 2,5 % festgelegt. Zum Aufbau dieses, von den nationalen Aufsichtsbehörden festgelegten, Puffers haben die Banken 12 Monate Zeit. Eine Auflösung ist jederzeit ohne Vorankündigung möglich, wenn es die Umstände erfordern.
Beide Kapitalpuffer sind aus hartem Kemkapital zu bilden. Bei einer Unterschrei- tung der Kapitalpuffer werden Ausschüttungen und Bonuszahlungen beschränkt.[36] In Abbildung 4 sind diese Beschränkungen zusammengefasst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Beschränkungen im Falle eines Unterschreitens der Kapitalpuffer
Quelle: Bankenverband (2011), S.10.
2.1.4.4. Vermeidung übermäßig hohen Kreditwachstums
Die Finanzkrise hat aufgezeigt, dass sich aus einer Phase übermäßigen Kreditwachstums, erhebliche Verluste für Banken ergeben können. Diese können den gesamten Bankensektor destabilisieren und somit auch sehr schnell auf die Realwirtschaft überschlagen.
Die Maßnahmen zur Reduktion der Prozyklizität sind so gestaltet, dass diese einander ergänzen. Deshalb ist ein weiterer positiver Effekt erkennbar, welcher sich aus den oben beschriebenen Maßnahmen ergibt. In Aufschwungphasen wird ein übermäßig hohes Kreditwachstum eingedämmt, da z.B. der Aufbau der Kapitalpolster (vor allem der antizyklische Puffer) eine dämpfende Wirkung auf exzessives Kreditwachstum hat.[37]
[...]
[1] Zu den GlO-Staaten gehören: USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, die Niederlande, Schweden und Japan.
[2] System fester Wechselkurse, das vom goldhinterlegten US-Dollar als Leitwährung bestimmt war.
[3] Vgl. BCBS (2009).
[4] Vgl. Hull (2011), S. 275.
[5] BCBS (2006).
[6] Vgl. §§ 25 ff., 73 ff. SolvV.
[7] Vgl. §§ 41 ff., 107 ff. SolvV.
[8] Schmitt (2011), S.105.
[9] Vgl. Gabler Verlag (2011a), Stichwort: Basel II.
[10] BCBS (2010a) und BCBS (2010b).
[11] Zeitler (2011), S. 3.
[12] §10 AbS. 1 Satz 1 KWG.
[13] BCBS (2010a), Tz.7
[14] Kapitalinstrumente die sowohl über Fremd- als auch über Eigenkapitalmerkmale verfügen.
[15] BCBS (2010a), Tz. 52.
[16] Vgl. Anhang-Abbildung 1.
[17] Deutsche Bundesbank (2010a), S. 9.
[18] Vgl. Anhang-Abbildung 2.
[19] z. B. langfristige Nachrangverbindlichkeiten, Vorzugsaktien und das darauf gezahlte Aufgeld.
[20] BCBS (2010a), Tz. 97.
[21] Das Kontrahentenrisiko beschreibt das Risiko, dass der Kontrahent einer Transaktion vor der endgültigen Abwicklung der resultierenden Zahlungsverpflichtung ausfällt.
[22] „Institute können zur Ermittlung der regulatorischen Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken auch einen risikosensitiveren Ansatz wählen, der auf institutseigenen Ratingverfahren basiert (IRB-Ansatz) und bei dem die Bonitätsgewichtungen über schuldnerbezogene Risikoparameter bestimmt werden (Teil 2, Kapitel 4, SolvV)“.
[23] Vgl. BCBS (2010a), Tz. 98.
[24] Vgl. BCBS (2010a), Tz. 116 ff.
[25] Vgl. Deloitte (2011b), S.7.
[26] Vgl. BCBS (2010a), Tz. 151.
[27] Zusätzliche Komponenten müssen Verluste absorbieren können, nachrangig sein und sind nie fällig.
[28] Vgl. Deloitte (2011b), S. 9.
[29] Vgl. BCBS (2010a), Tz. 18 ff.
[30] Vgl. BCBS (2006), Tz. 461-467.
[31] Vgl. Committee of European Banking Supervision (2009).
[32] Vgl. Financial Services Authority (2009) und BCBS (2010a), Tz. 20 ff.
[33] Vgl. Deutsche Bundesbank (2010a), S. 26.
[34] Die Identifizierung von Phasen extremen Kreditwachstums im jeweiligen Land und damit die Festlegung des antizyklischen Kapitalzuschlags liegen im Ermessen der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde. Vgl. BCBS (2010c).
[35] Suyter (2011), S. 3.
[36] Bankenverband (2011), S. 9.
[37] Vgl. BCBS (2010a), Tz. 29 ff.
- Arbeit zitieren
- Steffen Weiß (Autor:in), 2011, Die Auswirkungen von Basel III auf das Controlling von Banken. Welche Herausforderungen ergeben sich durch die neuen Kapital- und Liquiditätsvorschriften und wie lassen sich diese durch das Controlling bewältigen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387224
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