Die Staaten Europas schließen sich immer enger und umfassender zusammen. Nach dem zweiten Weltkrieg bildeten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1952 und die Römischen Verträge 1958 das Fundament des europäischen Einigungsprozesses. Die interstaatliche Zusammenarbeit veränderte sich über verschiedene sicherheitspolitische und wirtschaftliche Bünde und Neuordnungen mit dem Vertrag von Maastricht am 01. November 1993 zu einem Staatenverbund, genannt ‚Europäische Union’ (EU). Seit dem entwickeln die Mitgliedsstaaten der EU immer weitere gemeinsame Grundlagen und Kooperationsmöglichkeiten vor allem auf wirtschaftlicher Ebene, beispielsweise durch den gemeinsamen Markt und die Währungsunion.
Auf der Regierungskonferenz von Laeken im Dezember 2001 wurde von den Staats- und Regierungschefs beschlossen, einen Konvent einzusetzen, der den nächsten Schritt des seit dem Mai 2004 25 Mitgliedsstaaten zählenden Europa vorbereiten sollte. Der von diesem Konvent ausgearbeitete und von der am 04. Oktober 2003 begonnenen Regierungskonferenz geänderte Vertrag über eine Verfassung für Europa wurde am 29. Oktober 2004 von den Staats- und Regierungschefs aller 25 Mitgliedsstaaten in Rom unterzeichnet.
In der vorliegenden Hausarbeit wird diese Verfassung vor dem Hintergrund der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – zu der neue Vertretungsorgane gezählt werden müssen – und der ihr inhärenten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) – Möglichkeiten der Zusammenarbeit – betrachtet. Zunächst wird kurz auf den Konvent und dessen Auftrag eingegangen. Anschließend werden die wichtigsten Neuerungen und mögliche Folgen aufgezeigt, welche die vom Konvent vorbereitete und von den Vertretern der Mitgliedsstaaten unterzeichnete Verfassung auf dem Gebiet der außen- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der Mitglieder zulässt. Vor allem die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit werden eingehend erklärt. In der daran im letzten Teil anschließenden Stellungnahme wird der Begr iff und die Möglichkeit der ‚differentiellen Integration’ – treffend beschrieben durch den stärker verbreiteten Ausdruck ‚Europa der zwei Geschwindigkeiten’ – eingehender betrachtet. Eine Einschätzung, ob eine Vereinheitlichung von Strukturen oder eher zwischenstaatliche Zusammenarbeit mit der Verfassung erreicht wird, schließt die Arbeit ab
Inhalt
1. Einleitung
2. Der Verfassungskonvent
2.1. Modalitäten der Ratifizierung
2.2. Inhaltsübersicht über die Verfassung
3. Relevante Änderungen im Bereich der GASP
3.1. European Defence Agency
3.2. Außenminister der Europäischen Union
3.3. Präsident des Europäischen Rates
3.4. Solidaritätsklausel
3.5. Formen der Zusammenarbeit
3.5.1. Engere Zusammenarbeit
3.5.2. Verstärkte Zusammenarbeit
3.5.3. Strukturierte Zusammenarbeit
4. Fazit und Ausblick
Literaturnachweis
1) Einleitung
Die Staaten Europas schließen sich immer enger und umfassender zusammen. Nach dem zweiten Weltkrieg bildeten die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1952[1] und die Römischen Verträge 1958[2] das Fundament des europäischen Einigungsprozesses. Die interstaatliche Zusammenarbeit veränderte sich über verschiedene sicherheitspolitische und wirtschaftliche Bünde und Neuordnungen[3] mit dem Vertrag von Maastricht am 01. November 1993 zu einem Staatenverbund, genannt ‚Europäische Union’ (EU). Seit dem entwickeln die Mitgliedsstaaten der EU immer weitere gemeinsame Grundlagen und Kooperationsmöglichkeiten vor allem auf wirtschaftlicher Ebene, beispielsweise durch den gemeinsamen Markt und die Währungsunion[4]. Aber auch in den Bereichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik lässt sich zumindest der Wille zu übereinstimmendem Handeln erkennen[5].
Auf der Regierungskonferenz von Laeken im Dezember 2001 wurde von den Staats- und Regierungschefs beschlossen, einen Konvent einzusetzen, der den nächsten Schritt des seit dem Mai 2004 25 Mitgliedsstaaten zählenden Europa vorbereiten sollte. Der von diesem Konvent ausgearbeitete und von der am 04. Oktober 2003 begonnenen Regierungskonferenz geänderte Vertrag über eine Verfassung für Europa wurde am 29. Oktober 2004 von den Staats- und Regierungschefs aller 25 Mitgliedsstaaten in Rom unterzeichnet. Er muss nun von den Mitgliedsstaaten – entweder durch die jeweiligen Parlamente oder durch Referenden[6] – ratifiziert werden.
In der vorliegenden Hausarbeit wird diese ‚Verfassung’[7] vor dem Hintergrund der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – zu der neue Vertretungsorgane gezählt werden müssen – und der ihr inhärenten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) – Möglichkeiten der Zusammenarbeit – betrachtet. Zunächst wird kurz auf den Konvent und dessen Auftrag eingegangen. Anschließend werden die wichtigsten Neuerungen und mögliche Folgen aufgezeigt, welche die vom Konvent vorbereitete und von den Vertretern der Mitgliedsstaaten unterzeichnete Verfassung auf dem Gebiet der außen- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der Mitglieder zulässt. Vor allem die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit werden eingehend erklärt. In der daran im letzten Teil anschließenden Stellungnahme wird der Begriff und die Möglichkeit der ‚differentiellen Integration’ – treffend beschrieben durch den stärker verbreiteten Ausdruck ‚Europa der zwei Geschwindigkeiten’ – eingehender betrachtet. Eine Einschätzung, ob eine Vereinheitlichung von Strukturen oder eher zwischenstaatliche Zusammenarbeit mit der Verfassung erreicht wird, schließt die Arbeit ab.
Wenn von „dem Außenminister“ oder „dem Präsidenten“ die Rede ist, soll damit nicht ausgeschlossen werden, dass auch eine Frau das jeweilige Amt innehaben kann. Aufgrund der flüssigeren Lesbarkeit wird auf eine explizite Nennung der jeweiligen weiblichen Form verzichtet.
2) Der Verfassungskonvent
Im Dezember 2001 fand im belgischen Laeken bei Brüssel eine Sitzung des Europäischen Rates (ER) statt. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge in den USA im September 2001 und der Erweiterungsrunden der Union im Mai 2004 und im Jahr 2007 wurde die Einberufung eines Konvents beschlossen. Zur Vorbereitung der Regierungskonferenz (RK)[8] 2004 sollte dieser Konvent unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing „Empfehlungen und Optionen für eine umfassende Reform der Europäischen Union (EU) ausarbeiten“[9].
2.1) Modalitäten der Ratifizierung
Am 28. Februar 2002 nahm der Konvent mit insgesamt 105 Vertretern der Mitgliedsstaaten, den Beitrittsländern und dem EU-Parlament sowie dem Präsidenten Giscard d’Estaing und seinen Vizepräsidenten Giuliano Amato und Jean-Luc Dehaene seine Arbeit auf. Mit der Aufnahme von zunächst zehn Mitgliedsstaaten im Mai 2004[10] und zwei weiteren in 2007[11] wurde eine Neuordnung der europäischen Strukturen notwendig, um in Zukunft die Handlungsfähigkeit der EU zu gewährleisten und darüber hinaus die europäischen Staaten noch enger aneinander zu binden. Ziele der vom Konvent vorzubereitenden Reform waren eine genauere Kompetenzabgrenzung innerhalb der EU, Erhöhung der Transparenz und Effizienz und Ausbau der demokratischen Strukturen.
Nach 16-monatigen nicht-ständigen Verhandlungen konnte der italienischen EU-Präsidentschaft am 18. Juli 2003 der Entwurf des Vertrags über eine Verfassung überreicht werden. Auf der Sitzung des ER in Thessaloniki wenige Tage später wurde der Entwurf von den damals noch 15 Mitgliedsländern angenommen. Dieser galt als Grundlage für die am 4. Oktober 2003 in Rom begonnene RK. Bis zum Dezember wollte Silvio Berlusconi als damaliger EU-Präsident die RK abgeschlossen und eine Verfassung für Europa erarbeitet haben, damit diese noch vor den EU-Parlamentswahlen im Juni 2004 von ab Mai allen 25 Mitgliedsstaaten unterzeichnet werden konnte. Doch aufgrund von – auch schon vorher abzusehenden – Unstimmigkeiten im Bereich der Abstimmungsmodalitäten[12] wurden erst am 18. Juni nach den Wahlen unter irischer Präsidentschaft die Einzelheiten der Verfassung einstimmig beschlossen.
Nach der redaktionellen Überarbeitung und einer Verspätung von einem halben Jahr unterzeichneten schließlich die 25 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und die Beitrittskandidaten Bulgarien, Rumänien und die Türkei am 29. Oktober 2004 in Rom den Vertrag über eine Verfassung. Er soll bis 2006 von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, um am 1. November 2006 in Kraft treten zu können[13].
[...]
[1] 18.04.1956 Unterzeichnung des EGKS-Vertrags, genannt Montanunion, in Paris durch BRD, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder [s. Homepage der Bundesregierung]
[2] 25.03.1957 Unterzeichnung der nach dem Ort der Unterzeichnung benannten Römischen Verträge, bestehend aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG oder Euratom), durch die EGKS-Staaten [ebd.]
[3] U. a. 01.07.1967 Neuordnung der EGKS, EWG und EAG zur Europäischen Gemeinschaft (EG); 01.07.1968 Abschaffung der Binnenzölle durch eine Zollunion und Einführung gemeinsamer Außenzölle gegenüber Drittländern; 02.12.1969 Einigung der Staats- und Regierungschefs auf Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU); 01.01.1970 die EG übernimmt die Kompetenz der Außenhandelspolitik; 01.01.1979 das Europäische Währungssystem (EWS) mit der Europeen Currency Unit (ECU) tritt in Kraft; 07. – 10.06.1979 erste allgemeine und unmittelbare Direktwahl zum EU-Parlament; 01.07.1987 Einheitliche Europäische Akte (EEA) [ebd.]
[4] 01.01.1994 Bildung eines Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) zwischen EG/EU und EFTA (European Free Trade Association); 01.01.1999 der Euro als gemeinsame Währung, ab dem 01.01.2002 in zwölf Staaten als Bargeld [ebd.]
[5] 05.11.1993 Euro-Korps als Kern zukünftiger EU-Streitkräfte mit zunächst der BRD, Frankreich und Belgien; 26.03.1995 Abschaffung der Personenkontrollen mit dem Schengener Abkommen, Teilnehmer BRD, Frankreich, die Benelux-Länder, Spanien und Portugal [ebd.]
[6] Referenden sollen in Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, Irland, Dänemark, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Polen, Tschechien und Litauen durchgeführt werden. [ebd.]
[7] Man kann sich darüber streiten, ob das am 29. Oktober 2004 verabschiedete Papier als Verfassung oder Staatsvertrag bezeichnet werden soll. Es lassen sich für beide Seiten Argumente anführen, die aber den Rahmen dieser Fußnote sprengen würden. [Z.B. Regenbogen und Meyer, S. 701f.] Es finden sich meiner Meinung nach zu detaillierte Regelungen (im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit) und zu wenige Grundsätze (im Bereich der GASP und der Steuerhoheit), um von einer Verfassung für (ein einheitliches!) Europa sprechen zu können. Trotzdem wird im Weiteren der Terminus „Verfassung“ oder EVV verwendet, gemeint ist aber lediglich der ‚Vertrag über eine Verfassung für Europa’, wie es im offiziellen Wortlaut heißt.
[8] Die Unterschiede zwischen RK und Sitzungen des ER bestehen in den unterschiedlichen Inhalten, Änderung der vertraglichen Grundlagen vs. Einigung auf einen gemeinsamen Kurs innerhalb der bestehenden Verträge.
[9] S. Homepage der Bundesregierung
[10] Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Slowakische Republik, Slowenien, Ungarn, Malta und Zypern
[11] Bulgarien und Rumänien; mit der Türkei werden im Oktober 2005 Beitrittsgespräche begonnen
[12] Polen und Spanien wollten an der Stimmenverteilung aus dem Vertrag von Nizza, Protokolle, Bereich A, Art. 3, Abs. 1, festhalten und hätten im Rat jeweils etwa die gleiche Anzahl an Stimmen wie Deutschland bei nur halb so vielen Einwohnern gehabt. [s. Homepage der Bundesregierung] Schließlich einigte man sich auf eine Mehrheit von 55% – aber einer Mindestzahl von 15 – der Mitgliedsstaaten und 65% der von diesen zu vertretenden Bevölkerung, s. Art. I-25 EVV.
[13] Vgl. Art. IV-443, Abs. 4 EVV und Art. IV-447, Abs. 2 EVV
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