Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, die eigene Marke von der Konkurrenz abzuheben und Kunden für sich zu gewinnen. Wie kann dies am besten gelingen? Erfolgreiche Marken wie Apple und Red Bull machen es vor: Anstatt sich den Fakten eines Verkaufsgegenstandes zu widmen, konzentrierten sie sich auf das emotionale Erlebnisprofil rund um den Kauf, das in der Werbung attraktiv präsentiert wird. Dabei werden visuelle und sprachliche Stilmittel genutzt. Doch welche sind die erfolgversprechendsten?
Die Autorin Verena Laqua beantwortet diese Fragen, indem sie die Bedeutung von Emotionen im Hinblick auf (Kauf-)Entscheidungen darstellt. Vier praktische Beispiele zeigen auf, durch welche Stilmittel Fernsehwerbung am erfolgreichsten gestaltet werden kann. Laqua geht insbesondere auf die Abgrenzung und Analyse der Reize einer Werbebotschaft ein, die für einen Erfolg verantwortlich sind.
Aus dem Inhalt:
- Marketing;
- Werbekommunikation;
- Konsumentenverhalten;
- Werbepraxis;
- Fernsehwerbung;
- Markenpräferenz
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Emotionen
2.1 Erklärungsansätze für Emotionen
2.2 Intrapersonale Verarbeitung und expressives Verhalten
2.3 Definitorische Abgrenzung des Emotionsbegriffes
3 Emotionsinduzierende Kommunikation in der Werbung
3.1 Interpersonale Kommunikation
3.2 Bedeutung und Wirkungsmodelle emotionsinduzierender Werbung
4 Gestaltung emotionsinduzierender Werbung
4.1 Einfluss von Emotionen auf die Verhaltensweise von Konsumenten
4.2 Stilmittel in der Werbung
5 Analyse emotionsinduzierender Fernsehwerbespots
5.1 Beschreibung der vier Fernsehwerbespots
5.2 Methoden und Vorgehen der Analyse
5.3 Ergebnisse
5.4 Ergebnisdiskussion und Limitationen
6 Fazit und Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang
Anhang A: Quantitative Analyse der Bedeutung von sprachlichen Stilmitteln in der Werbung
Anhang B: Quantitative Analyse der Bedeutung von visuellen Stilmitteln in der Werbung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Klassifikation von Emotionen nach Ortony, Clore & Collins
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Enkodier/ Dekodier Modells
Abbildung 3: Rossiter-Percy-Gitter der Produktkategorisierung
Abbildung 4: Wirkungsgefüge emotionsinduzierender Werbung
Abbildung 5: Verlauf und Trendlinien der erfassten Reaktionen mittels der HRT-Methode
Abbildung 6: Verlauf der erfassten Reaktionen mittels der SC- und der Moment-to-Moment-Methode
Abbildung 7: Meaning Map der Bierwerbung von Budweiser
Abbildung 8: Meaning Map der Bierwerbung von Heineken
Abbildung 9: Meaning Map der Bierwerbung von Miller Lite
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ungelernte emotionale Reaktionsmuster (Basisemotionen) nach Watson
Tabelle 2: Übersicht verschiedener Modelle von Basisemotionen
Tabelle 3: Informationelle Motive
Tabelle 4: Transformationelle Motive
Tabelle 5: Platzierung der Top fünf sprachlichen Stilmittel
Tabelle 6: Platzierung der Top fünf visuellen Stilmittel
1 Einleitung
Vor dem Hintergrund gesättigter Märkte und zunehmend homogener Güter wird es für Werbungtreibende zur Herausforderung, eine Differenzierung der eigenen Marke von den Konkurrenzgütern zu erreichen und somit eine Markenpräferenz in dem Bewusstsein der Konsumenten aufzubauen. Differenzierungspotential bietet die Kommunikation eines emotionalen (Zusatz)Nutzens der Marke mithilfe emotionsinduzierender Werbung (vgl. Föll 2007, S. 184). Überdurchschnittlich erfolgreiche Marken wie Apple, Coca-Cola oder Red Bull verfügen über ein emotionales Erlebnisprofil statt eines Sachprofils (vgl. Kroeber-Riel/ Esch 2004, S. 77; Bittner/ Schwarz 2010, S. 14), dessen Aufbau in der Werbung durch die Zusammenführung visueller und sprachlicher Stilmittel erfolgt. Im Rahmen der Werbeforschung besteht bis heute die von Shimp (1976, S. 30) angesprochene große Lücke zwischen den Forschungsarbeiten, die die Ebene der Konzeptualisierung thematisieren und denjenigen, welche sich der Perspektive der Rezipienten kommerzieller Werbung widmen. Zwar werden an dieser Stelle zahlreiche Publikationen über die Effekte der Werbung auf Seiten der Rezipienten veröffentlicht, aber nur sehr wenige Forschungsarbeiten fokussieren die Abgrenzung und Analyse der Reize einer Werbebotschaft, die für den spezifischen Effekt verantwortlich sind. Diese Masterarbeit führt beide Perspektiven zusammen.
Das Ziel dieser Masterarbeit mit dem Titel „Aufbau von Emotionen durch die Zusammenführung visueller und sprachlicher Stilmittel in der Fernsehwerbung“ besteht darin, die Bedeutung von Emotionen im Hinblick auf (Kauf)Entscheidungen herauszukristallisieren und diejenigen sprachlichen und visuellen Stilmittel zu identifizieren, die für den Aufbau positiver Emotionen am geeignetsten erscheinen.
Mit dem Ziel zunächst eine fundierte konzeptionelle Basis zu schaffen, wird im ersten Teil der Arbeit auf dessen theoretische Basiskonstrukte eingegangen, um anschließend an vier praktischen Beispielen zu analysieren, durch welche visuellen und sprachlichen Stilmittel Fernsehwerbung gestaltet werden kann.
Das Kapitel zwei nähert sich zu Anfang dem komplexen Begriff „Emotionen“, indem die Entstehung von Emotionen aus der Sichtweise verschiedener wissenschaftlicher Herangehensweisen thematisiert wird. Anschließend werden die aktuellen Erkenntnisse zur intrapersonalen Verarbeitung von Emotionen und deren Einfluss auf das expressive Verhalten vorgestellt, in denen sich die zuvor erläuterten Forschungsansätze z.T. wiederfinden. Das Kapitel schließt mit einer definitorischen Abgrenzung ab.
Werbebotschaften können auf unterschiedlichen Ebenen kommuniziert werden. Um Implikationen für die Werbepraxis zu formulieren, fokussiert Kapitel drei die zwischenmenschliche Kommunikation und differenziert zwischen dem verbalen und nonverbalen Austausch von Informationen. Nachfolgend rückt die Werbung in das Zentrum der Betrachtung. Diese wird definitorisch abgegrenzt, im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Bedeutung betrachtet und hinsichtlich ihrer Dimensionen entfaltet. Des Weiteren werden die Herausforderungen in der Werbelandschaft dargestellt, denen sich Werbungtreibende bewusst werden müssen, um das Instrument der Werbung entsprechend der jeweiligen Zielsetzung des Unternehmens sinnvoll einzusetzen. Aus den Herausforderungen des Marktes kristallisiert sich die Vermittlung eines emotionalen Zusatznutzens der Marke durch die Werbung als bedeutsames Differenzierungspotential für Unternehmen heraus. Aus diesem Grund werden zum Ende des Kapitels die Wirkungsmodelle emotionsinduzierender Werbung aufgegriffen, um einen normativen Rahmen emotionsinduzierender Werbung darzulegen.
Kapitel vier greift anfangs die Bedeutung von Emotionen auf der Entscheidungsebene von Menschen auf und thematisiert deren Einfluss auf die Verhaltensweise von Konsumenten. Anschließend wird sich der Gestaltungsebene emotionsinduzierender Werbung gewidmet. Mithilfe eines Literature Reviews wird auf Basis einer quantitativen Analyse herauskristallisiert, welche sprachlichen und visuellen Stilmittel in der Werbeforschung am relevantesten sind. Darauffolgend werden die bedeutsamsten Stilmittel in der Forschung vorgestellt und um die im Praxisteil dieser Arbeit (Kapitel fünf) anzuwendenden Stilmittel ergänzt. Darüber hinaus werden Inszenierungsformen der Zusammenführung beider Stilmittelarten vertieft.
Zur Analyse emotionsinduzierender Fernsehwerbespots auf Basis der Publikation von Micu und Plummer (2010) erfolgt in Kapitel fünf zunächst eine Beschreibung der vier zu untersuchenden Bierwerbespots, wobei das Hauptaugenmerk auf den in den verschiedenen Werbespots verwendeten sprachlichen und visuellen Stilmitteln liegt. Darauffolgend werden die anzuwendenden Methoden beschrieben, die Evaluierungsgrundlage für die Analyse emotionaler Reaktionen der Probanden auf die Werbespots bilden. Eine folgende Beschreibung des Vorgehens der Analyse steckt den theoretischen Rahmen für die folgende Ergebnispräsentation ab. Bei dieser werden die Resultate der erfassten Reaktionen mittels der physiologischen Methoden sowie die Resultate der Selbstreporte und symbolischen Methode präsentiert. Abschließend erfolgen eine Ergebnisdiskussion und eine kritische Würdigung der im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Methoden.
Die vorliegende Masterarbeit schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse in einem Fazit ab. Darüber hinaus weist ein Ausblick auf die Vernachlässigung bestimmter Themengebiete innerhalb der Werbeforschung hin, denen sich im Hinblick auf eine effektive Gestaltung von Werbekommunikation zukünftig gewidmet werden sollte.
2 Emotionen
Viele psychologische und neurobiologische Forschungen stellen heraus, dass Emotionen einen grundlegenden Einfluss auf das Denken, Entscheiden und Handeln von Menschen haben. Darüber hinaus spielen sie eine große Rolle in sozialen Interaktionen sowie der physischen und mentalen Gesundheit (vgl. Izard 2010, S. 363). Um es nach Izard (1994, S. 19, 63f.) in einem Satz zu formulieren: Emotionen bilden das primäre Motivationssystem des Menschen. Das Phänomen „Emotion“ kann abhängig von der Forschungsrichtung völlig unterschiedlich definiert werden. Dementsprechend existiert noch immer keine allgemeingültige Definition des Emotionsbegriffes (vgl. u.a. Schmidt-Atzert et al. 2014, S. 20 ff.; Izard 2010, S. 363). Entgegen der allgemeinen Vorgehensweise, den Forschungsgegenstand bereits zu Beginn der Arbeit mit einer exakten Definition abzugrenzen, wird in dieser Arbeit erst am Ende des zweiten Kapitels (Punkt 2.3) eine begriffliche Eingliederung vorgenommen.
Um ein im Rahmen dieser Arbeit geltendes Verständnis des Emotionsbegriffes zu schaffen, folgt zunächst eine Beschreibung der drei für diese Arbeit relevanten Ansätze der Erklärung von Emotionen. Diese finden sich anschließend z.T. in der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes bezüglich der intrapersonalen Verarbeitung von Emotionen und des expressiven Verhaltens wieder. Abschließend erfolgt eine definitorische Abgrenzung des Emotionsbegriffes, um eine für diese Arbeit geltende Verständnisbasis zu schaffen.
2.1 Erklärungsansätze für Emotionen
Die Komplexität des Begriffes „Emotion“ wird u.a. durch die verschiedenen Forschungsrichtungen deutlich, die sich mit der Entstehung von Emotionen, deren Zweck und deren individuellen Ausgestaltung beschäftigen. Im Folgenden werden drei grundlegende Ansätze dargestellt, die die Emotionsforschung maßgeblich beeinflusst haben und für diese Arbeit von großer Bedeutung sind.
2.1.1 Behavioristische (lernpsychologische) Emotionstheorien
Die lernpsychologischen Vorstellungen hinsichtlich der Entstehung von Emotionen gehen davon aus, dass Emotionen nur zu einem geringen Teil angeboren sind und sich im Verlauf des Lebens durch erlernte Reaktionen auf bestimmte Umweltbedingungen manifestieren. Emotionen führen zu Veränderungen des gesamten physischen Mechanismus, insbesondere des vegetativen Nervensystems und des Drüsensystems (vgl. Watson 1919a, S. 195; Meyer et al. 2001, S. 45). Als Hauptvertreter der klassisch-behavioristischen Lerntheorie gilt der Psychologe John B. Watson. Nach Watson (1919a, S. 195) sind Emotionen erbliche Reaktionsmuster. Unter diesen versteht man eine gewisse Konstanz im Auftreten einer Reaktion, wenn ein bestimmter auslösender Reiz dargeboten wird. Somit basieren Emotionen auf Reiz-Reaktions-Beziehungen. Watson unterscheidet weiterhin zwischen zwei Arten emotionaler Reaktionsmuster: Den angeborenen (ungelernten) und den gelernten. Da die angeborenen Reaktionsmuster die Grundlage für die gelernten Reaktionsmuster bilden, gelten diese als Basis- oder Primäremotionen, während die gelernten Reaktionsmuster als abgeleitete oder sekundäre Emotionen bezeichnet werden (vgl. Meyer et al. 2001, S. 67).
Nach Watson basieren die Emotionen Wut, Furcht und Liebe auf angeborenen Reaktionsmustern. Zu dieser Erkenntnis gelangte er durch zahlreiche Experimente mit Säuglingen und Kleinkindern (vgl. Meyer et al. 2001, S. 70; vgl. Watson 1968, S. 161 ff.). Tabelle 1 zeigt auf, worin die angeborenen Reaktionsmuster bestehen und welche Reize diese auslösen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Ungelernte emotionale Reaktionsmuster (Basisemotionen) nach Watson
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Watson 1968, S. 167 f.
Watson (1968, S. 167 f.) sah die Beschreibung der drei Basisemotionen, insbesondere durch den hohen Einfluss viszeraler Reaktionen, deren Erforschung noch am Anfang stand, als vorläufig an. Sein zweites Forschungsinteresse galt den sekundären Emotionen. Im Laufe der menschlichen Entwicklung werden die angeborenen emotionalen Reaktionsmuster modifiziert. Die emotionalen Reaktionen sind dann auch durch andere als die ungelernten Auslösereize erzeugbar. Außerdem kann bei Erwachsenen eine Vielzahl neuer Emotionen, wie bspw. Eifersucht, Trauer, Stolz oder auch Dankbarkeit beobachtet werden, was durch zusätzliche Reize und entsprechende Lernerfahrungen zu erklären ist. Unter Bezugnahme auf die Arbeiten der russischen Physiologen Pawlow und Bechterew nahm Watson an, dass sich das Lernen durch eine spezifische Form der persönlichen Erfahrung mit angeborenen Auslösereizen und vorerst neutralen Reizen manifestiert, was heute unter dem Begriff „klassische Konditionierung“ bekannt ist. Das Lernen resultiert dann in einer Ausbildung gelernter bzw. konditionierter emotionaler Reaktionen (vgl. Meyer et al. 2001, S. 74 f.). Da Kapitel 3.2.4.1 die evaluative Konditionierung zum Gegenstand hat, wird die ihr zugrunde liegende klassische Konditionierung an dieser Stelle erneut aufgegriffen und vertieft.
Die Funktion von Emotionen sieht Watson nicht in adaptivem Verhalten (siehe Kapitel 2.1.2), vielmehr sollen emotionale Reize den Organismus in einen „chaotischen Zustand“ versetzen. Emotionale Reaktionen haben tendenziell schlechte Effekte, da sie störend auf organisierte Aktivitäten wirken und diese unterbrechen (vgl. Watson 1919b, S. 194 f.).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der zentrale Forschungsgegenstand dieser lernpsychologischen Theorien in der Frage besteht, auf welche Weise emotionale Reaktionen bzw. Dispositionen, die diesen zugrunde liegen, gelernt und durch Lernprozesse wieder verändert bzw. verlernt werden. Somit kommt der Ontogenese emotionaler Dispositionen eine zentrale Bedeutung zu. Die behavioristische Orientierung dieser Theorie ist durch die Beschränkung auf intersubjektiv beobachtbares Verhalten und dessen Beeinflussung durch Reize gegeben. Allerdings muss an dieser Stelle bemerkt werden, dass die behavioristischen Theorien in der heutigen psychologischen Forschung keine bedeutsame Rolle mehr spielen. Jedoch gehen aus ihnen fundamentale Erkenntnisse über den Erwerb und die Veränderung emotionaler Dispositionen hervor, die heute aus kognitiver Perspektive untersucht werden (vgl. Meyer et al. 2001, S. 45, 75).
2.1.2 Evolutionspsychologische Emotionstheorien
Im Gegensatz zu den im vorangegangenen Kapitel dargestellten behavioristischen Emotionstheorien, gehen die Vertreter der evolutionspsychologischen Emotionstheorien davon aus, dass Menschen über angeborene motorische Programme verfügen, die für das Entstehen und die Differenzierung von Emotionen verantwortlich sind (vgl. Merten 2003, S. 37 f.). Im Kern fußen die evolutionstheoretischen Überlegungen auf den Arbeiten von Darwin. Darwin (1871) zufolge ist das erfolgreiche Überleben einer Spezies von der Anpassung an deren Umwelt abhängig. Neben körperlichen Gegebenheiten sieht er psychische Eigenschaften, Gedächtnisleistung, Intelligenz und Emotionen als wichtige Faktoren einer evolutionären Entwicklung, die zum Überleben einer Rasse beiträgt. Hierbei kommt insbesondere dem Ausdruck von Emotionen eine besondere funktionale Bedeutung zu (vgl. Winder 2006, S. 35).
Die Funktion emotionaler Ausdrücke interpretiert Darwin hinsichtlich zweierlei Dimensionen: Als Signale des Körpers zur Vorbereitung auf bestimmte Handlungen (organismische Funktion) sowie als eine Form von Kommunikation an das soziale Umfeld über den eigenen „inneren Seelenzustand“ (kommunikative Funktion) (vgl. Winder 2006, S. 35 f.; Merten 2003, S. 38).
Auch neuere Studien bestätigen Darwins Theorie der Vererbung einer bestimmten emotionalen „Grundausstattung“ des Menschen (vgl. Grossman et al. 2007; Ohman/ Mineka 2001; Panksepp 2008 etc.). Diese belegen, dass einige Emotionen sowie das verbundene Ausdrucksverhalten kein Ergebnis des sozialen Lernens sind, sondern angeboren sind und in den ersten Lebensjahren entwickelt werden (vgl. Izard 2011). Zudem wurde die Existenz bestimmter Emotionen festgestellt, die bei allen Menschen in jeglichen Kulturen sowie höher entwickelten Tieren auftreten. Diese Emotionen werden als Primär-, Basis- oder fundamentale Emotionen bezeichnet und scheinen universell grundlegend und durch eine spezifische charakteristische Mimik erkennbar zu sein. Wenngleich ihre Existenz nicht bestritten wird, so gibt es einen geringen Konsens über deren Anzahl, Gegenstand sowie über deren Einordnung als primäre Emotionen (vgl. Ortony/ Turner 1990, S. 315, 317). Einen Überblick über den Dissens verschiedener Evolutionstheoretiker und deren vertretene Basisemotionen gibt Tabelle 2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Übersicht verschiedener Modelle von Basisemotionen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Izard 2011, S. 373; Panksepp/ Watt 2011, S. 388; Ekman/ Cordaro 2011, S. 365.
Im Rahmen dieser Arbeit ergibt sich die Bedeutung der evolutionspsychologischen Ansätze durch ihren Beitrag zum Verständnis der intrapersonalen Verarbeitung von Emotionen (Kapitel 2.2).
2.1.3 Kognitive Emotionstheorien
Die kognitiven Emotionstheorien, auch als Bewertungs- oder Einschätzungstheorien der Emotion (engl. appraisal theories) bezeichnet (vgl. Reisenzein et al. 2003, S. 11), sind seit 1989 zu den dominierenden Theorien der Entstehung von Emotionen geworden (vgl. Reisenzein 2009, S. 435). Im Kern gehen diese auf William James und Carl Lange zurück, die unabhängig voneinander sehr ähnliche Emotionstheorien entwickelten, weshalb die Literatur häufig von der James/ Lange-Theorie spricht. Hiernach folgt der Wahrnehmung bestimmter Reize eine unmittelbare körperliche Reaktion, welche ursächlich für resultierende Gefühle ist. Demnach zittern wir nicht, weil wir Angst haben, sondern wir haben Angst, weil wir zittern. Diese Erkenntnis drehte den bisher vermuteten Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung von Gefühlen und der körperlichen Reaktion um (vgl. James 1890, S. 449 ff.). Die James/ Lange-Theorie wurde in den folgenden Jahren von vielen Forschern weiterentwickelt (vgl. Cannon 1927, Schachter/ Singer 1962, Lazarus et al. 1970 etc.). Allerdings können alle kognitiven Emotionstheorien auf ein Kernpostulat zurückgeführt werden:
„Die Art und Intensität der von einem Objekt (einem Ereignis, einer Person usw.) hervorgerufenen Emotionen hängt davon ab, wie die Person das Objekt einschätzt; insbesondere, wie sie es relativ zu ihren Wünschen und Zielen bewertet“ (Reisenzein 2009, S. 435).
Eine der bedeutendsten neueren kognitiven Emotionstheorien wurde von Ortony, Clore und Collins (1988) (vgl. Reisenzein et al. 2003, S. 135; Reisenzein 2009) veröffentlicht. Demzufolge können drei verschiedene Faktoren ursächlich für das Entstehen von Emotionen sein: Ein Ereignis, eine Handlung oder ein Objekt (siehe Abb. 1). Entsprechend des auslösenden Faktors können ereignisbedingte, handlungsbedingte und objektbedingte Emotionen unterschieden werden, die auf drei Arten intrapersonal bewertet werden: (1) Bewertung nach Erwünschtheit (erwünscht oder unerwünscht), (2) Bewertung nach Lobwürdigkeit (lobenswert oder tadelnswert) und (3) Bewertung nach Attraktivität (anziehend oder abstoßend).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Klassifikation von Emotionen nach Ortony, Clore & Collins
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ortony et al. 1988; Reisenzein et al. 2003, S. 144; Reisenzein 2009, S. 438.
Unter ereignisbezogenen Emotionen verstehen Ortony et al. eine bestimmte Ausprägung des Gefühls der (Un)Zufriedenheit bei dem Eintreten eines (un)erwünschten Ereignisses. Die Bewertung eines Ereignisses erfolgt anhand einer persönlichen Erwünschtheit (kein normativer Wunsch). Beispielsweise ist ein Gewinn im Lotto ein erwünschtes Ereignis über das man sich freut, wohingegen der unerwartete Tod eines Freundes ein unerwünschtes Ereignis ist und Leid birgt. Weitere Differenzierungsebenen sind der Fokus des Ereignisses (betrifft die eigene Person oder Dritte), die subjektive Eintrittswahrscheinlichkeit des Ereignisses sowie bei als sicher auftretend eingestuften Ereignissen, inwieweit die Konsequenz des Ereignisses die Erwartung bestätigt oder widerlegt (vgl. Ortony et al. 1988, Reisenzein et al. 2003, S. 136 f., Reisenzein 2009, S. 437 f.).
Die handlungsbezogenen Emotionen beziehen sich auf Ereignisse, die durch die eigene oder eine dritte Person (Gruppe oder Institution) willentlich und kontrollierbar herbeigeführt oder verhindert werden können. Deren Bewertung erfolgt anhand der Erfüllung internalisierter moralischer oder sozialer Normen, welche eine Handlung als lobens- oder tadelnswert einstufen. Neben der singulären Betrachtung der hier dargestellten Emotionen, sprechen Ortony et al. von Verbundemotionen, die sich durch den Zusammenhang zwischen ereignisbezogenen und handlungsbezogenen Emotionen ergeben. Diese haben den Hintergrund, dass (un)erwünschte Ereignisse häufig auf eigene Handlungen oder Handlungen Anderer zurückgeführt werden. Es können die folgenden Verbund-emotionen unterschieden werden (vgl. Ortony 1988, Reisenzein et al. 2003, S. 138, 150 f.):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die dritte zu unterscheidende Kategorie betrifft die objektbezogenen Emotionen. Diese beziehen sich auf Tiere, Personen und Gegenstände. Das Objekt wird hinsichtlich seiner Attraktivität beurteilt, also inwieweit eine Person einem jeweiligen Objekt anziehende oder abstoßende Eigenschaften zuspricht. Demnach erfolgt eine Differenzierung nach der Einstellung einer Person bezüglich eines Objektes und somit deren Meinung über dessen Eigenschaften (vgl. Ortony et al. 1988, Reisenzein et al. 2003, S. 139).
Zusammenfassend sind Emotionen valenzspezifische Reaktionen auf Ereignisse, Handlungen oder Objekte und dementsprechend hedonisch geprägte positive oder negative Gefühle. Die herausragende Bedeutung für diese Arbeit liegt in der primären Funktion von Emotionen. Diese sehen Ortony et al. in deren informativer Natur. Emotionen informieren das Bewusstsein eines Menschen darüber, ob ein Sachverhalt oder eine Gegebenheit gut oder schlecht ist und somit die persönlichen Wünsche bzw. Einstellungen positiv oder negativ tangiert. Die jeweilige Bewertung einer Situation leitet Menschen zu daraus resultierenden Handlungen an (vgl. Reisenzein et al. 2003, S. 140).
2.2 Intrapersonale Verarbeitung und expressives Verhalten
Die Forschung bezüglich der Verarbeitung von Emotionen ist durch moderne Verfahren zwar fortgeschritten, allerdings herrschen aufgrund der Komplexität verbundener Prozesse divergierende Meinungen vor (vgl. Roth 2003, S. 256 ff.; Merten 2003, S. 90 ff.). Das folgende Kapitel greift die zuvor vorgestellten Ansätze zur Erklärung der Entstehung von Emotionen auf und bettet diese in den aktuellen Forschungsstand ein.
Die Grundlage der intrapersonalen Verarbeitung von Emotionen dieser Arbeit bilden die Erkenntnisse des Neurowissenschaftlers António Rosa Damásio (2004). In seinem Werk „Descartes` Irrtum“ (Damásio 2004, S. 193) werden Gefühle mit Emotionen gleichgesetzt, da aber die intrapersonale Verarbeitung von Emotionen dem Gefühl vorgeschaltet ist, wird im Anschluss von Emotionen gesprochen.
Nach Damásio (2004, S.150 ff., 182) wird das gesamte Wissen (angeborenes und durch Erfahrung gewonnenes Wissen) in dispositionellen Repräsentationen abgelegt. Angeborenes Wissen, das die Regulation biologisch notwendiger Prozesse zum Überleben beinhaltet (z.B. die Steuerung der Triebe und des Stoffwechsels), basiert auf dispositionellen Repräsentationen in Hypothalamus, Hirnstamm und dem limbischen System. Dagegen beruht das erlernte Wissen auf dispositionellen Repräsentationen in den Rindenfeldern höherer Ordnung und in zahlreichen subkortikalen Kerngebieten (der grauen Substanz). Manche dieser Repräsentationen zeichnen Erinnerungen für das vorstellbare Wissen auf, das man im Gedächtnis abrufen kann und z.B. für das Planen oder kreative Lösen von Aufgaben benötigt. Andere verorten wiederum Strategien und Regeln, die man auf die vorigen Vorstellungsbilder[2] anwendet. Das Lernen von neuem Wissen erfolgt durch die stetige Abänderung dispositioneller Repräsentationen. Damásio unterscheidet entsprechend der Wissensquelle zwischen primären und sekundären Emotionen.
Primäre Emotionen sind angeboren und basieren auf Schaltkreisen des limbischen Systems, wobei insbesondere der Amygdala und dem vorderen Teil des Gyrus cinguli eine besondere Bedeutung in der Vermittlung eines präorganisierten Gefühls zugesprochen wird (vgl. Fuster 1989; LeDoux 2003; Damásio 2004, S. 186 f.). Nimmt ein Mensch bestimmte optische oder akustische Reizmerkmale in der Umwelt, wie z.B. Größe (etwa bei der Konfrontation mit einem großen Tier) oder spezifische Geräusche (bspw. ein Knurren) wahr, wird deren Verarbeitung vom limbischen System, vorwiegend der Amygdala, entdeckt. Die Neuronen der Amygdala verfügen über eine dispositionelle Repräsentation, die einen für die jeweilige Emotion charakteristischen Körperzustand initiieren und eine Veränderung der kognitiven Verarbeitung anstoßen. Diese Körperreaktionen können auch ausgelöst werden, ohne dass ein bestimmtes Objekt gesehen oder gehört wird. Die frühen sensorischen Rindenfelder müssen lediglich das (die) Schlüsselmerkmal (Schlüsselmerkmale) eines Objektes bzw. Gegenstandes bemerken und einordnen, so dass Gehirnstrukturen wie die Amygdala Signale erhalten. Nach dem Anstoßen körperlicher Veränderungen empfindet der Mensch ein Gefühl in Verbindung mit dem jeweiligen Objekt, das es ausgelöst hat. Hierdurch wird die Verknüpfung zwischen dem Objekt und dem gefühlsbedingten Körperzustand wahrgenommen, so dass das Bewusstsein und die kognitive Verarbeitung und Einschätzung der Situation erweiterte Schutzstrategien ermöglichen. Das Empfinden einer emotionalen Reaktion hat darüber hinaus die Funktion das erworbene Wissen in Form von gewonnenen Erfahrungen bezüglich des spezifischen Objektes zu verallgemeinern. Im Ergebnis beruhen die flexiblen Reaktionsfähigkeiten eines Menschen auf den spezifischen Interaktionen mit dessen Umwelt. Zwar bedarf es angeborener Mechanismen diese Erkenntnisse anzustoßen, doch die resultierenden Gefühle dienen einem höheren Zweck. Somit bilden die primären Emotionen den Grundapparat für das Anstoßen sekundärer Emotionen (vgl. Damásio 2004, S. 183-187).
Das Auslösen von sekundären Emotionen erfolgt nach Damásio (2004, S. 189 ff.) durch eine bewusste Überlegung bezüglich einer Person, eines Ereignisses etc. Diese Überlegungen manifestieren sich in Vorstellungsbildern, die durch den Denkprozess organisiert werden. Die Vorstellungsbilder umfassen Aspekte der Beziehung zu einer Person, Merkmale der aktuellen Situation und die zu erwartenden Folgen für die eigene Person und Dritte. Es findet somit eine kognitive Bewertung statt (siehe Kapitel 2.1.3). Die neuronal erzeugten Vorstellungsbilder bestehen aus separat topographisch organisierten Repräsentationen, deren Bildung wiederum unter dem Einfluss dispositioneller Repräsentationen erfolgt. Durch die Verarbeitung der Vorstellungsbilder werden Signale ausgesandt, auf die Netzwerke im präfrontalen Cortex unbewusst, unwillkürlich und automatisch reagieren. Die präfrontale Reaktion basiert auf dispositionellen Repräsentationen, in denen die Arten von Situationen entsprechend der persönlichen Erfahrung gespeichert sind, die mit bestimmten emotionalen Reaktionen verbunden sind. Somit entspringt diese Reaktion den individuell erworbenen dispositionellen Repräsentationen. Diese Reaktion wird unbewusst, unwillkürlich und automatisch an die Amygdala sowie den vorderen Teil des Gyrus cinguli gesendet. Die dispositionellen Repräsentationen dieser Regionen reagieren wie folgt (vgl. Damásio 2004, S. 187 f., 191 f.):
1. Es werden Kerngebiete des autonomen Nervensystems aktiviert und Signale an den Körper über die peripheren Nerven geschickt, so dass die Viszera in einen der Situation entsprechenden Zustand versetzt werden. So beginnt z.B. das Herz vor Überraschung und Freude zu rasen, wenn man einen alten Freund plötzlich wiedersieht.
2. Weiterhin werden dem motorischen System Signale übermittelt, die die Skelettmuskulatur zu einem äußeren Bild des Gefühls in dem Gesichtsausdruck und der Körperhaltung veranlassen, es entsteht bspw. ein freundlicher Gesichtsausdruck.
3. Dies geschieht, indem die Skelettmuskulatur das Hormon- und Peptidsystem aktiviert, die ihrerseits mithilfe chemischer Botenstoffe (z.B. Endorphin zur Entstehung eines Glücksgefühls (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein 2013, S. 124)) den Zustand des Körpers und des Gehirns verändern.
4. Die chemischen Botenstoffe wiederum aktivieren durch bestimmte Entladungsmuster die nichtspezifischen Neurotransmitter-Kerne im Gehirnstamm und dem basalen Vorderhin, woraufhin deren chemische Botschaften in unterschiedliche Regionen des Telenzephalons (z.B. Großhirnrinde und Basalganglien) gesendet werden.
Somit erfassen die Prozesse einer Reaktion auf einen Reiz den gesamten Organismus. Die physiologischen Veränderungen durch die Punkte 1), 2) und 3) bewirken einen „emotionalen Körperzustand“ und werden im Anschluss an das somatosensible und limbische System zurückgesandt. Punkt 4) hingegen betrifft Veränderungen, die außerhalb des Körpers in einer Reihe von Gehirnstammstrukturen entstehen und für die Körperregulation verantwortlich sind. Diese Veränderungen haben einen großen Einfluss sowohl auf die Art als auch die Leistungsfähigkeit kognitiver Prozesse und stellen eine parallele Bahn einer emotionalen Reaktion dar (vgl. Damásio 2004, S. 191 ff.).
Im Anschluss wird Damásios` Hypothese der „somatischen Marker“ lediglich in den Grundzügen dargestellt. Eine ausführlichere Erläuterung erfolgt in Kapitel 4.1 in Zusammenhang mit dem Verhalten von Konsumenten. Damásio (2004, S. 227, 237 ff.) sieht den Zweck des Denkens in einer Entscheidung, wobei der Kern der Entscheidung in der Auswahl einer von mehreren Reaktionsmöglichkeiten liegt. Wenn von einer Entscheidung ein (un)erwünschtes Ergebnis erwartet wird und dieses in der Vorstellung eines Menschen auftaucht, ergibt sich eine kurze, (un)angenehme Empfindung im Bauch. Da diese Empfindung vom Körper herrührt, somit ein somatischer[3] Zustand ist und ein Vorstellungsbild „markiert“, werden diese Empfindungen von Damásio als „somatische Marker“ bezeichnet. Diese lenken die Aufmerksamkeit auf ein positives (negatives) Ereignis, das zu einer spezifischen Handlung führen kann. Gegebenenfalls kann so ein negativer Verlauf einer Handlung sofort verworfen werden, um eine Alternative zu wählen. Die Funktion „somatischer Marker“ besteht nicht darin eine Entscheidung anhand von pro und contra zu treffen, sondern sie reduzieren vorab die Anzahl der Wahlmöglichkeiten. Danach kann ggf. ein logischer Denkprozess die Entscheidung abwägen. Es wird angenommen, dass somatische Marker zu dem Nutzen und der Genauigkeit von Entscheidungen beitragen. Dementsprechend sind somatische Marker spezifische Gefühle, die aus sekundären Emotionen folgen. Diese Gefühle stellen durch Lernprozesse eine Verbindung zur Prognose zukünftiger Ergebnisse bestimmter Szenarien her. Wird ein negativer somatischer Marker aktiviert, folgt daraus eine Vermeidung bestimmter Verhaltensweisen, wohingegen ein positiver somatischer Marker zu einer Hinwendung bestimmten Verhaltens führt (somatische Marker als sog. Tendenzapparat). Neben der bewussten Verarbeitung können diese Prozesse auch unbewusst stattfinden. Die meisten täglich getroffenen Entscheidungen finden unbewusst statt und lenken Personen zu spezifischem Verhalten (vgl. Damásio 2004, S. 252; Kanemann 2012, S. 14).
Diese intrapersonalen Prozesse beim Treffen von Entscheidungen auf einer höheren kognitiven Ebene belegen, dass die Emotionen und der Verstand unweigerlich miteinander verbunden sind und sich zuarbeiten, anstatt sich zu behindern (Damásio 2004).
2.3 Definitorische Abgrenzung des Emotionsbegriffes
Durch die vorigen Kapitel wird deutlich, dass der Emotionsbegriff[4] ganz unterschiedlich interpretiert werden kann. Bis heute wurde noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Emotion“ gefunden (vgl. u.a. Schmidt-Atzert et al. 2014, S. 20 ff.; Izard 2010, S. 363). Dies ist auch nicht verwunderlich, so setzt eine solche voraus, dass das Phänomen an sich schon hinreichend erforscht ist. Bei der Betrachtung von Emotionen hingegen besteht kein Konsens bezüglich derer Operationalisierung und Konzeptualisierung (vgl. Scherer 2005, S. 695). Eine Annäherung an das Konzept der „Emotion“ kann durch eine Arbeitsdefinition erreicht werden, die mithilfe eines komponentenbasierten Ansatzes eine grobe begriffliche Abgrenzung vornimmt. Anschließend erfolgt eine Differenzierung zu verwandten Begriffen.
Nach Meyer, Reisenzein und Schützwohl (2001, S. 24) können Emotionen folgendermaßen definiert werden:
1. Emotionen sind zeitlich datierte, konkrete einzelne Vorkommnisse von zum Beispiel Freude, Traurigkeit, Ärger, Angst, Eifersucht, Stolz […] sowie weitere Arten von psychischen Zuständen, die den genannten genügend ähnlich sind
2. Diese Phänomene haben folgende Merkmale gemeinsam:
a) sie sind aktuelle psychische Zustände von Personen
b) sie haben eine bestimmte Qualität, Intensität und Dauer
c) sie sind i.d.R. objektgerichtet
d) Personen, die sich in diesem Zustand befinden, haben normalerweise ein charakteristisches Erleben (Erlebensaspekt von Emotionen), und häufig treten auch physiologische Veränderungen (physiologischer Aspekt von Emotionen) und Verhaltensweisen (Verhaltensaspekt von Emotionen) auf
Punkt 1) greift Beispiele psychischer Zustände auf, die zu den Emotionen gezählt werden. Zeitlich datierte und unwiederholbare Ereignisse sind Emotionen, da es sich um konkrete Einzelereignisse handelt (vgl. Meyer et al 2001, S. 24 f.).
Punkt 2) beschäftigt sich mit den wesentlichen Merkmalen von Emotionen. Die Festlegung, dass Emotionen a) psychische Zustände von Personen sind bringt die Fokussierung auf die Emotionen des Menschen als Untersuchungsgegenstand zum Ausdruck. Des Weiteren erlaubt die Bestimmung von Emotionen als aktuelle psychische Zustände die Abgrenzung aktueller emotionaler Episoden („Emotionen“) zu emotionalen Dispositionen. Unter emotionalen Dispositionen werden erhöhte Bereitschaften oder Neigungen verstanden eine bestimmte emotionale Episode zu erleben, falls entsprechende Umstände eintreten. Emotionale Dispositionen können situations- oder objektspezifisch sein, sich allerdings auch sehr unspezifisch manifestieren (sog. globale oder generelle Dispositionen). Zudem können Dispositionen kurzzeitig auftreten oder über die Zeit stabil sein. Bspw. ist die Liebe, die eine Person gegenüber einer anderen Person empfindet, eine objektspezifische und oftmals zeitlich sehr stabile emotionale Disposition. Wohingegen globale emotionale Dispositionen i.d.R. ebenfalls relativ stabil sind, sich aber bspw. auf generelle Neigungen von Personen beziehen. So kann eine Person die Neigung dazu haben in vielen verschiedenen Situationen Angst zu haben, da diese gewöhnlich ängstlich ist (vgl. Meyer et al. 2001, S. 26, 28 f.). Diese Form globaler emotionaler Dispositionen spezifiziert eine Art von Persönlichkeitseigenschaften (vgl. Strelau 1987). Darüber hinaus können Emotionen anhand ihrer b) Qualität, Intensität und zeitlichen Dauer charakterisiert und in Klassen zusammengefasst werden. Die Qualität entspricht einem Gruppierungsmerkmal von Emotionen. So beziehen sich die Begriffe „Ärger“ oder „Freude“ auf bestimmte Qualitätstypen von Emotionen. Zudem können Emotionen nach der Intensität gruppiert werden, in der sie auftreten. Nachdem die Qualität einer Emotion bestimmt wurde, dient die Einschätzung der intensiven Ausprägung einer Emotion der näheren Beschreibung. Ein weiteres Merkmal der Charakterisierung von Emotionen ist die Dauer. Emotionen sind eher kurzlebig, allerdings gibt es zeitliche Unterschiede. Des Weiteren können Emotionen über den zeitlichen Verlauf variieren, d.h. inwieweit sie langsam oder schnell das Intensitätsmaximum erreichen. Die c) Objektgerichtetheit bezieht sich darauf, dass i.d.R. ein konkretes Ereignis die Emotion auslöst. Dabei ist zu beachten, dass diese Objekte nicht real zu existieren brauchen. Ein Beispiel sind zukünftige Ereignisse. So kann sich eine Person vor dem Versagen in einer anstehenden Klausur fürchten. Demzufolge ist für das Auftreten von Emotionen nicht entscheidend ob ein Ereignis real existiert, sondern die Überzeugung oder Meinung einer Person darüber, dass ein Ereignis existiert, stattgefunden hat oder zumindest im Bereich des Möglichen liegt. Der letzte Punkt d) befasst sich mit intrapersonalen Veränderungen und dem resultierenden Verhalten. Das Erleben von Emotionen wird oftmals als die „subjektive Komponente“ von Emotionen bzw. als „Gefühl“ bezeichnet. Hiermit ist gemeint, dass das Empfinden von Emotionen wie Freude oder Leid spezifische Gefühle im Menschen auslösen. Wie in Kapitel 2.2 dargestellt, herrscht die allgemeine Auffassung, dass Gefühlen peripher-physiologische Veränderungen im Körper vorgeschaltet sind (vgl. Meyer et al. 2001, S. 29-35). Diese umfassen Phänomene wie die Abnahme oder Zunahme der Herzschlagfrequenz, Erröten, Schwitzen der Hände oder Veränderungen der Atmung. Der Verhaltensaspekt von Emotionen besteht aus zwei Teilaspekten, dem expressivem Ausdruck und dem (instrumentellen) Handlungsaspekt (vgl. Meyer et al. 2001, S. 34 f.). Der expressive Ausdruck von Emotionen beinhaltet verschiedene Formen von vorwiegend unwillkürlichem Ausdrucksverhalten: Die Gestik und Körperhaltung, der Gesichtsausdruck, die Körperorientierung, unwillkürliche Körperbewegungen und spezifische Merkmale der Sprechstimme (vgl. Scherer 1982; Scherer/ Wallbott, 1984). Der (instrumentelle) Handlungsaspekt von Emotionen bezieht sich auf zielgerichtete Handlungen, z.B. Fluchtverhalten bei Gefahr (vgl. Merten 2003, S. 38).
Um infolge eine noch klarere Abgrenzung des Emotionsbegriffes von anderen hiermit im allgemeinen Sprachgebrauch eng verbundenen Begrifflichkeiten zu erreichen, wird der an dieser Stelle erarbeitete Emotionsbegriff anschließend von verwandten Begriffen abgegrenzt.
Ein „Affekt“ wird im deutschsprachigen Raum meistens als ein intensiver emotionaler Zustand beschrieben. Dieser Zustand geht mit grundlegenden, kurzfristig auftretenden Gefühlen der Ablehnung oder Akzeptanz eines Sachverhalts einher. Da Affekte kognitiv kaum zu kontrollieren sind, kann für eine Affekttat vor Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit gefordert werden. Im englischsprachigen Raum hingegen wird der Begriff „affect“ als Oberbegriff für mentale Prozesse verwendet, die Emotionen, Stimmungen und Einstellungen umfassen (vgl. Meyer et al. 2001, S. 39; Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein 2013, S. 104). In dieser Arbeit wird sich jedoch der Definition des deutschsprachigen Raumes angeschlossen.
Des Weiteren bedarf es der Beschreibung des Zusammenhangs von „Stimmung“ und „Emotion“. „Stimmungen“ sind lang andauernde diffuse Emotionen und werden als Dauertönungen des Erlebens beschrieben. Ihnen fehlt die Objektbezogenheit, d.h. sie beziehen sich auf keine konkreten Sachverhalte, können allerdings Informationsverarbeitungsprozesse einfärben. Bspw. ist man niedergeschlagen oder hat gute Laune (vgl. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein 2013. S. 102).
Da der „Einstellung“ einer Person, auf die in Kapitel 3.2.4 näher eingegangen wird, eine besondere Bedeutung zukommt, wird auch dieser Begriff im Folgenden abgegrenzt. „Einstellungen sind innere Bereitschaften (Prädispositionen) eines Individuums, auf bestimmte Stimuli der Umwelt konsistent positiv oder negativ zu reagieren. Objekte der Einstellungen können Sachen, Personen oder Themen sein (sog. Objektorientierung der Einstellung)“ (Meffert et al. 2012, S. 124). Einstellungen bestehen aus drei Komponenten: Einer kognitiven Komponente (Überzeugung bezüglich des Einstellungsobjektes), einer affektiven Komponente (emotionale Bewertung des Objektes hinsichtlich der Valenz) und einer motivationalen bzw. Verhaltenskomponente (stabile Handlungstendenz bezüglich eines Objektes, z.B. Zu- oder Abneigung). Einstellungen sind konstant und müssen nicht ausgelöst werden (vgl. Scherer 2005, S. 703).
3 Emotionsinduzierende Kommunikation in der Werbung
Bevor Kommunikation in den werblichen Kontext eingegliedert wird, bedarf es vorab der Beschäftigung mit dem Begriff „Kommunikation“ im zwischenmenschlichen Bereich (Kapitel 3.1). In diesem Kontext werden zunächst vier verschiedene Erklärungsmodelle für Kommunikation vorgestellt und eine Differenzierung zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation vorgenommen. Der vorgenannten Differenzierung in Kapitel 3.1.5 kommt insbesondere im Hinblick auf die Übertragung emotionaler Botschaften eine besondere Bedeutung zu. Im Anschluss widmet sich das Kapitel 3.2 der Bedeutung emotionsinduzierender Werbung sowie deren grundlegenden Wirkungsmodellen.
3.1 Interpersonale Kommunikation
„Kommunikation“ ist nach Krauss und Fussell (1996, S. 655) eines der primären Instrumente von Menschen einander zu beeinflussen. Als sehr komplexes und multidisziplinäres Konzept, besteht kein Konsens darüber wie das Konzept der Kommunikation genau zu definieren ist. Eingefärbt von den verschiedenen Forschungsrichtungen (Soziologie, Zellbiologie, Anthropologie etc.) werden der Kommunikation unterschiedliche Charakteristika zugesprochen. Da Krauss und Fussell (1996) der Analyse von Kommunikation aus verschiedener Forschungsrichtungen nachgegangen sind, wird sich im Anschluss deren Argumentation angeschlossen. Demzufolge lassen sich vier Modelle interpersonaler Kommunikation herauskristallisieren. Diese sind Enkodier/ Dekodier Modelle, Intentionalistische Modelle, Modelle der Perspektivenübernahme sowie Dialogische Modelle. Diese Modelle begreifen die Kommunikation als ein psychologisches Phänomen auf einer intrapersonalen und interpersonalen Ebene. Auf intrapersonaler Ebene bezieht sich die Kommunikation auf Prozesse, die es Personen ermöglichen Nachrichten zu erzeugen und zu verstehen. Auf interpersonaler Ebene beinhaltet Kommunikation Prozesse, die es Teilnehmern erlauben Andere zu beeinflussen und von ihnen beeinflusst zu werden. Das vorrangige Ziel der Modelle ist es die Interaktion dieser Ebenen zu erklären (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 655 ff.).
Ein Konsens aller Kommunikationskonzepte besteht in der Idee, dass eine Information von einem Teil eines Systems zu einem anderen Teil übermittelt wird. Darüber hinaus besteht allerdings keine Einigkeit. Dies liegt u.a. darin begründet, dass verschiedene Arten kommunikativer Handlungen Informationen auf sehr unterschiedliche Weise übermitteln, was wiederum zu alternativen Möglichkeiten der Konzeptualisierung führt. Eine Unterscheidung zwischen zwei Wegen Informationen zu vermitteln macht dieses Problem deutlich. Fühlt man sich durch eine Situation peinlich berührt, kann man diesen inneren Zustand auf zwei Wegen der Außenwelt mitteilen. Entweder man sagt „das ist mir furchtbar peinlich“ oder man errötet und schweigt. Das Verhalten einer Person, inklusive des Sprechaktes, vermittelt Informationen als Signal. Die Aussage „das ist mir furchtbar peinlich“ und das Erröten sind Signale, die einen inneren Zustand der Verlegenheit suggerieren. Das Erröten ist ein Beispiel für ein Zeichen oder Ausdrucksverhalten, während die Aussage „das ist mir furchtbar peinlich“ ein Beispiel für ein Symbol ist, bzw. symbolisches Verhalten darstellt. Allerdings vermitteln beide Verhaltensweisen die gleiche Information. Ein Symbol ist ein Signal (u.a. Verhalten), das für etwas anderes als sich selber steht. Die Bedeutung eines Symbols resultiert aus einer sozialen Konvention und ist willkürlich, wobei dessen Verwendung eine absichtliche Handlung ist. Ein Zeichen hingegen ist ein Signal, das einen intrinsischen Zustand durch einen kausalen Zusammenhang expressiv anzeigt. Das Senden von Zeichen erfolgt häufig unfreiwillig und ohne eigene Kontrolle darüber (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 657).
3.1.1 Enkodier/ Dekodier Modell
Die vermeintlich einfachste Konzeptualisierung von Kommunikation ist das Enkodier/ Dekodier Modell. Abbildung 2 veranschaulicht die Prozesse der Kommunikation. In der verbalen Kommunikation kodiert eine Person (Sprecher) eine mentale Repräsentation (Quelle) in eine verbale Repräsentation (Signal) und sendet diese über einen Kanal an eine andere Person (Empfänger), die ihrerseits die verbale Repräsentation (erhaltenes Signal) dekodiert, um diese wiederum in eine eigene mentale Repräsentation (erhaltene Nachricht) zu transformieren. Im einfachsten Fall, z.B. beim Morse Kode, existiert für jedes Signal lediglich eine Bedeutung. Die vom Empfänger transformierte mentale Repräsentation sollte dabei im Wesentlichen mit derjenigen des Senders übereinstimmen. Allerdings können die mentalen Repräsentationen von Sender und Empfänger voneinander abweichen, wenn diese bspw. ein unterschiedliches Verständnis für die gleichen Begriffe haben. Diese Aspekte finden hier allerdings keine Berücksichtigung. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die Bedeutung einer Nachricht auch Teil dieser ist (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 660 f., 664).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Enkodier/ Dekodier Modells
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Krauss/ Fussell 1996, S. 660.
In dem Enkodier/ Dekodier Modell werden lediglich die Grundsätze der Informationstheorie (vgl. Wiener 1948; Shannon/ Weaver 1949) auf die menschliche Kommunikation angewandt. Hierbei besteht die Funktion von Signalen lediglich darin, einen informativen Kontext für den Empfänger zu übermitteln, den dieser vorher nicht hatte. Im Hinblick auf die Forschung ist das Enkodier/ Dekodier Modell in der Analyse verbaler Kommunikation von geringer Bedeutung (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 661 f.), allerdings ist es vermutlich der zentrale Ausgangspunkt bei der Betrachtung nonverbalen Verhaltens (vgl. u.a. Ekman/ Friesen 1969; Mehrabian/ Wiener 1967; Woodall/ Folger 1981). Das nonverbale Verhalten wird in Kapitel 3.1.5 beleuchtet und erfährt an dieser Stelle keine Erklärung.
3.1.2 Intentionalistische Modelle
Während bei dem Enkodier/ Dekodier Modell die Bedeutung einer Nachricht auch Teil dieser ist (eindimensionale Sicht), gehen intentionalistische Modelle davon aus, dass erfolgreiche Kommunikation den Austausch kommunikativer Absichten durch Botschaften erfordert (mehrdimensionale Sicht). Das Dekodieren der wörtlichen Bedeutung durch den Empfänger ist hierbei lediglich ein Schritt im Prozess des Verstehens. Darüber hinaus muss die kommunikative Absicht des Senders erschlossen werden, die der Nachricht zugrunde liegt. Um kommunikative Absichten zu formulieren sowie diese zu identifizieren, stehen den Rezipienten intentionalistischer Modelle Schlussfolgerungsregeln zur Verfügung. Hierbei ist zu beachten, dass das Senden von Botschaften (mittels Wörtern) und deren beabsichtigter Effekt beim Empfänger (Intention) in keiner festen Beziehung zueinander stehen. Zurückzuführen sind intentionalistische Modelle auf das Kooperationsprinzip von Grice und die Sprechakttheorie von Austin und Searle (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 664 f.). Als Beispiel soll im Folgenden das Kooperationsprinzip von Grice herangezogen werden.
Laut Grice (1957; 1969) besteht das Verhältnis von Wörtern und ihrer Bedeutung in dem Unterschied zwischen der literarischen Bedeutung von Wörtern (Satzbedeutung) und der Bedeutung, die der Sender einer Botschaft mit dieser beabsichtigt (Sprecherbedeutung). Bspw. stimmen bei Ironie die Satzbedeutung und die Sprecherbedeutung nicht überein. Die Satzbedeutung ist zwar die Grundlage der Sprecherbedeutung, muss allerdings im jeweiligen Kontext der Konversation gesehen werde. Nach Grice (1975, S. 45) hängt die Effektivität einer Konversation von der Kooperation der Rezipienten ab, die auf ein gemeinsames Ziel (das Verstehen der jeweiligen Absichten) hinarbeiten. Um den Austausch von Botschaften so effektiv wie möglich zu gestalten, arbeitete Grice vier Konversationsmaxime heraus (vgl. Grice 1975, S. 45 ff.):
1. Quantitätsmaxime: Gestalte deinen Beitrag so informativ wie verlangt, aber nicht informativer als nötig.
2. Qualitätsmaxime: Sage nichts von dem du glaubst, dass es falsch sei und für das du keine angemessenen Belege hast.
3. Relevanzmaxime: Sei in dem was du sagst relevant, bezogen auf die laufende Konversation.
4. Klarheitsmaxime: Drücke dich klar aus, vermeide unklare Ausdrücke und Mehrdeutigkeit, fasse dich kurz und geordnet.
3.1.3 Modelle der Perspektivenübernahme
Modelle der Perspektivenübernahme gehen davon aus, dass Menschen die Welt aus verschiedenen Perspektiven erleben. Auch persönliche Erfahrungen sind abhängig von der jeweiligen Perspektive die eine Person einnimmt (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 674). Nach den Ausführungen von Piaget und Inhelder (1956) ist die Fähigkeit, den Unterschied der eigenen Perspektive zu denen anderer einschätzen zu können von großer Bedeutung. Im Sprachgebrauch liegt der Fokus auf einem gemeinsamen Kontext, den Rezipienten einer Konversation herstellen oder identifizieren müssen, um Botschaften zu vermitteln oder verstehen zu können. Ein gemeinsamer Kontext kann zumindest teilweise durch eine gegenseitige Perspektivenübernahme hergestellt werden. Diese erfolgt, indem die Rezipienten einer Konversation versuchen die Haltung des Anderen einzunehmen und damit dessen individuelle Situation nachzuvollziehen. Durch diesen reziproken Prozess wird der gemeinsame kommunikative Kontext stetig verbessert (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 674). Laut Rommetveil (1974) bildet die Perspektivenübernahme den sozialen Aspekt unserer kommunikativen Kompetenz, der am durchdringendsten und am aufrichtigsten ist. Modelle der Perspektivenübernahme sehen die Annahmen eines Rezipienten über die Perspektive des anderen Rezipienten als die Interpretation des Kontextes einer Botschaft. Hierbei wird die soziale Konstruktion der Bedeutung einer Botschaft von den impliziten Theorien einer Person abgeleitet. Diese impliziten Theorien umfassen Annahmen darüber wie die andere Person fühlt, denkt und glaubt (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 674).
3.1.4 Dialogische Modelle
Die drei vorgenannten Modelle unterscheiden sich von den dialogischen Modellen insofern, dass die Erklärungen interpersonaler Kommunikation auf der separaten Betrachtung des Sprechens oder des Verstehens beruhen. Demnach ist es Aufgabe des Sprechers Äußerungen hervorzubringen, die eine besondere Bedeutung adäquat vermitteln sowie es Aufgabe des Empfängers ist die Äußerungen adäquat zu verarbeiten und die vom Sender beabsichtigte Bedeutung zu identifizieren (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 683). Nach Bakhtin (1984, S. 44) ist jedoch die verbale Interaktion von Gesprächspartnern grundlegend für die Benutzung von Sprache. Hierbei ist der Dialog zwar nur eine, aber die wichtigste Form der Kommunikation. Allerdings müssen Dialoge in einem weiteren Sinn verstanden werden. Es geht nicht nur um direkte Kommunikation zwischen zwei Gesprächspartnern, sondern um jegliche Formen verbaler Kommunikation. Dialogische Modelle rücken das verbale Gespräch in den Fokus. Aus dieser Sicht ist der kommunikative Austausch nicht das Ergebnis von zwei autonomen Informationsprozessen, sondern eine Zusammenarbeit der Rezipienten, um gemeinsame kommunikative Ziele zu erreichen. Hierbei können die einzelnen Beiträge nicht unabhängig von der Interaktionssituation gesehen werden. Aus dieser Perspektive ist die Bedeutung einer Äußerung in einen sozialen Kontext eingebettet, der durch die Umstände der Interaktion bestimmt wird. Ein wesentlicher Unterschied dialogischer Modelle zu den drei vorher dargestellten Modellen ist die Zielsetzung der Kommunikation. Alle drei vorgenannten Modelle nehmen an, dass Menschen kommunizieren, um Informationen zu übermitteln. Für dialogische Modelle ist das Ziel der zwischenmenschlichen Kommunikation das Erreichen von Intersubjektivität (vgl. Krauss/ Fussell 1996, S. 683 f.). Ein Beispiel dialogischer Modelle ist die Theorie menschlicher Kommunikation von Watzlawick. Dieser postulierte die folgenden fünf Axiome, die grundlegend für die zwischenmenschliche Kommunikation sind:
[...]
[1] Verachtung trifft für Izard (2011, S. 373 f.) nicht alle Kriterien seiner Definition von Basisemotionen, da Verachtung für ihn auf Vorurteilen fußt und somit keine erstrangige Emotion ist, sondern einer höheren kognitiven Verarbeitung bedarf.
[2] Hierbei sei zu erwähnen, dass das menschliche Denken vorwiegend auf visuellen oder akustischen Bildern basiert (vgl. Damásio 2004, S. 152 f.).
[3] Das griechische Wort „soma“ steht für Körper (vgl. Damásio 2004, S. 237).
[4] Das Wort „Emotion“ kommt aus dem Lateinischen „emotio“ und bedeutet Bewegt- bzw. Ergriffensein (vgl. Roth 2003, S. 285).
- Quote paper
- Verena Laqua (Author), 2018, Entscheidende Emotionen für den Kauferfolg. Über die Zusammenführung visueller und sprachlicher Stilmittel in der Fernsehwerbung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/384476
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