[...] Zu Beginn der Arbeit werden das finanzielle Umfeld und die Probleme der Kunden bei Ihren Finanzentscheidungen betrachtet. Die Vielfältigkeit der verwendeten Begriffe für Financial Planning erfordert nach der Abgrenzung der Bereiche Private Banking und Retail Banking eine ausführliche Definition. Hier werden vier verschiedene Definitionsansätze näher betrachtet und miteinander verglichen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Definition von Dr. Rolf Tilmes, welche in Deutschland als allgemein anerkannt gilt. Den letzten Teil der Einführung bildet eine Abgrenzung zu anderen Geschäftfeldern. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Kunden für die Dienstleistung geeignet sind und welchen Nutzen sie daraus ziehen. Zunächst werden der Ursprung der Finanzplanung und die Einführung in Deutschland erörtert. Zur Zielgruppendefinition werden die unterschiedlichen Segmentierungskriterien einiger Großbanken und Unternehmensberatungen gegenübergestellt, aus welchen versucht wird eine allgemeine Zielgruppe abzuleiten. Im Weiteren wird das Marktpotenzial näher betrachtet. Ausgehend von der globalen Betrachtung wird das Potenzial auf europäischer Ebene und im speziellen in Deutschland untersucht. Gegenstand des zweiten Teils dieses Kapitels ist eine Nutzenbetrachtung sowohl für die Kunden des Financial Planning als auch für den Anbieter dieser Dienstleistung. Das dritte Kapitel der Arbeit dient nach einem allgemeinen Teil der praktischen Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse. Dabei wird zunächst auf die drei Teilgebiete des Financial Planning eingegangen. Im Folgenden werden die Normensysteme in der Finanzberatung, bestehend aus den wissenschaftlich hergeleiteten
Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzberatung sowie den in der Praxis entwickelten Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzplanung eingehend beschrieben. Gegenstand des zweiten Teils des Kapitels ist der Financial Planning Prozess, welcher zunächst aus dem allgemeinen Problemlösungsprozess abgeleitet wird. Dieser wird dann in einem Praxisfall umgesetzt und anhand eines realen Falles umfänglich erläutert. Bedanken möchte ich mich bei meinem Arbeitgeber, der Volksbank Schwarzwald-Neckar eG, welcher mir das Fernstudium ermöglicht und finanziert hat. Einen besonderen Dank gilt den Kollegen der DZ Bank International S.A. Luxembourg für das ermöglichte Praktikum im Bereich Private Banking.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einführung in die Thematik
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Definitionen und Abgrenzungen
1.2.1 Private Banking versus Retail Banking
1.2.2 Definition des Financial Planning
1.2.3 Abgrenzung zu anderen Geschäftsfeldern
2 Die Bedeutung des Financial Planning
2.1 Ursprung und Einordnung der privaten Finanzplanung
2.2 Kunden des Financial Planning
2.2.1 Zielgruppen
2.2.2 Marktpotenzial
2.3 Nutzen der privaten Finanzplanung
2.3.1 Nutzen aus Kundensicht
2.3.2 Nutzen aus Anbietersicht
3 Inhalt und Prozess des Financial Planning
3.1 Inhalt des Financial Planning
3.1.1 Teilgebiete
3.1.2 Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzberatung
3.1.3 Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung
3.2 Der Prozess und seine Instrumente
3.2.1 Die Phasen des Financial Planning
3.2.2 Financial Planning in der Praxis
4 Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literatur- und Quellenverzeichnis
Versicherung selbständiger Arbeit
Vorwort
„Financial Planning“ oder auch „private Finanzplanung“ sind Schlagworte, die derzeit in der Finanzbranche in aller Munde sind. Fragt man jedoch Kunden und auch die zum Teil selbsternannten Finanzplaner nach dem Inhalt dieser Begriffe, werden in meisten Fällen nur unzureichende Antworten gegeben. Da es sich beim Financial Planning um eine „Praktiker-Disziplin“ handelt, besteht in Deutschland ein totales Forschungsdefizit. Wissenschaftliche Aufarbeitungen dieses Themas gibt es kaum, Literatur ist nur sporadisch vorhanden und beschreibt diese Dienstleistung hauptsächlich als Kundenbindungsinstrument im Mengengeschäft. Diese Aspekte machen es interessant sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ziel dieser Arbeit ist es einen allumfassenden Überblick über diese Beratungsdienstleistung zu geben. Sie soll sowohl die theoretischen Aspekte als auch die Umsetzung in der Praxis näher betrachten. Im meiner Tätigkeit als Betreuer vermögender Privatkunden soll diese Diplomarbeit als Unterstützung bei der Einführung des Financial Planning helfen und für mögliche Kunden eine Informationsquelle darstellen.
Zu Beginn der Arbeit werden das finanzielle Umfeld und die Probleme der Kunden bei Ihren Finanzentscheidungen betrachtet. Die Vielfältigkeit der verwendeten Begriffe für Financial Planning erfordert nach der Abgrenzung der Bereiche Private Banking und Retail Banking eine ausführliche Definition. Hier werden vier verschiedene Definitionsansätze näher betrachtet und miteinander verglichen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Definition von Dr. Rolf Tilmes, welche in Deutschland als allgemein anerkannt gilt. Den letzten Teil der Einführung bildet eine Abgrenzung zu anderen Geschäftfeldern. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Kunden für die Dienstleistung geeignet sind und welchen Nutzen sie daraus ziehen. Zunächst werden der Ursprung der Finanzplanung und die Einführung in Deutschland erörtert. Zur Zielgruppendefinition werden die unterschiedlichen Segmentierungskriterien einiger Großbanken und Unternehmensberatungen gegenübergestellt, aus welchen versucht wird eine allgemeine Zielgruppe abzuleiten. Im Weiteren wird das Marktpotenzial näher betrachtet. Ausgehend von der globalen Betrachtung wird das Potenzial auf europäischer Ebene und im speziellen in Deutschland untersucht. Gegenstand des zweiten Teils dieses Kapitels ist eine Nutzenbetrachtung sowohl für die Kunden des Financial Planning als auch für den Anbieter dieser Dienstleistung. Das dritte Kapitel der Arbeit dient nach einem allgemeinen Teil der praktischen Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse. Dabei wird zunächst auf die drei Teilgebiete des Financial Planning eingegangen. Im Folgenden werden die Normensysteme in der Finanzberatung, bestehend aus den wissenschaftlich hergeleiteten Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzberatung sowie den in der Praxis entwickelten Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzplanung eingehend beschrieben. Gegenstand des zweiten Teils des Kapitels ist der Financial Planning Prozess, welcher zunächst aus dem allgemeinen Problemlösungsprozess abgeleitet wird. Dieser wird dann in einem Praxisfall umgesetzt und anhand eines realen Falles umfänglich erläutert.
Bedanken möchte ich mich bei meinem Arbeitgeber, der Volksbank Schwarzwald-Neckar eG, welcher mir das Fernstudium ermöglicht und finanziert hat. Einen besonderen Dank gilt den Kollegen der DZ Bank International S.A. Luxembourg für das ermöglichte Praktikum im Bereich Private Banking.
Rainer Fader, Dezember 2004
1 Einführung in die Thematik
Wie viele Konzepte im Finanzdienstleistungsbereich ist auch Financial Planning eine nicht genau definierte Dienstleistung. Sie galt bisher als „Praktiker-Disziplin“ und wird von vielen Dienstleistern und Kunden differenziert wahrgenommen. Das erste Kapitel umfasst daher die Einführung in diese umfangreiche Thematik. Zunächst werden die Probleme vieler Kunden beschrieben, für die Financial Plannig ein Lösungsansatz bietet. Zur Einordnung dieser Dienstleistung wird das Private Banking vom Retail Banking abgegrenzt und näher betrachtet. Im Weiteren werden vier verschiedene Definitionen für das Financial Planning näher beleuchtet und diese miteinander verglichen. Besonderes Augenmerk wird der Definition nach Dr. Rolf Tilmes geschenkt, welche in Deutschland als allgemein anerkannt gilt. Den Abschluss des Kapitels bildet die Abgrenzung zu anderen Geschäftsfeldern anhand unterschiedlicher Dimensionen.
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
Das finanz- wirtschaftliche Umfeld
Das finanzielle Umfeld des privaten Haushaltes in einer modernen Gesellschaft wird wesentlich von der persönlichen Situation, den politischen Rahmenbedingungen und den Angeboten der Finanzdienstleistungsindustrie beeinflusst. Alle diese Faktoren waren in den vergangen Jahrzehnten von Veränderungen geprägt, die insgesamt zu einer neuen Ausgangslage für die finanziellen Belange der Haushalte geführt haben. Das stetig wachsende Privatvermögen in Deutschland, vor allem bedingt durch die Unsicherheit im Bereich der Altersvorsorge, sowie die im Vergleich zu anderen Ländern hohe Sparquote führen im Themenkomplex Finanzen zu einem steigenden Bedarf an professioneller Beratung und Betreuung. Im Jahr 2003 konnte der private Haushalt in Deutschland 10,8% seines Einkommens sparen.[1] Die Europäer sparten im Vergleich zu den Amerikanern (2,4%) im Jahr 2002 mit 9,6% fast viermal mehr Geld.[2] Das Nettogeldvermögen pro Haushalt verzeichnete seit 1991 einen Anstieg um über 75% von 57.400 Euro in 1991 auf 100.700 Euro im Jahr 2003.[3] Die Finanzprodukte selbst und das finanzwirtschaftliche Umfeld sind ebenfalls ständigen Veränderungen unterworfen. Hinzu kommen die steigende Zahl von Anbietern und die Globalisierung des Finanzmarktes. Auch steuerliche und rechtliche Themen beeinflussen Entscheidungen der Privatpersonen.
Probleme bei Finanz-entscheidungen
Betrachtet man die Vorgehensweise vieler Bürger bei ihren finanziellen Entscheidungen in der Praxis, stellt sich heraus, dass diese oft von Einzelentscheidungen geprägt sind. Sich verändernde Lebenssituationen, steuerlich relevante Einflüsse oder gar Interdependenzen der einzelnen Anlageformen werden kaum oder gar nicht betrachtet. Erschwert wird die Entscheidungsfindung hinsichtlich der eigenen Finanzen zusätzlich dadurch, dass sich die genannten Bereiche auch gegenseitig beeinflussen. Durch die enorme Komplexität und die begrenzte Informationsaufnahme- und Verarbeitungskapazität des Individuums, entsteht häufig eine Intransparenz, der die Verbraucher oftmals nicht mehr gewachsen sind.[4] Besonders drastisch wirkt sich dies vor allem bei größeren Vermögen bzw. Spitzenverdienern aus. Den Ergebnissen einer Studie der Commerz Finanz-Management GmbH in Frankfurt zufolge, zeigt die Vermögensstruktur dieser Anlegergruppe oft ein ungünstiges Bild mit geringer Rendite nach Steuern.[5] Neben der geringen Nachsteuerrendite und Performance ist das Vermögen des Einzelnen unter Steuer-, Risiko-, Absicherungs- und Liquiditätsgesichtspunkten oft falsch strukturiert und stimmt in der Regel auch nicht mit den eigentlichen Zielen und Vorstellungen des privaten Anlegers überein. Nicht nur die Komplexität des Finanzbereiches ist Grund für eine ineffiziente Vermögensplanung, sondern auch die oftmals durch Zufall entstandenen Geschäftsbeziehungen des Kunden zu verschiedenen Banken, Versicherungen, Immobilienmaklern, Anlage-, Steuer- und Kreditberatern.
Die klassische Beratung
In der Vergangenheit ging es in der typischen Beratungssituation meistens um die Anlage eines bestimmten Betrages, bei dem der Anleger bereits die Richtung, in der die Anlage getätigt werden soll, vorgab.[6] Diese, rein produktorientierte Beratung, deckt einzelne Aspekte der Vermögensanlage ab. Grenzen dieser klassischen Art der Beratung werden bei anspruchsvollen Anforderungen an die Vermögensanlage schnell erreicht, besonders wenn komplexe steuerliche Probleme gelöst werden sollen.[7]
Diese Problemstellungen stellen die Ausgangslage für diese Arbeit dar. In den folgenden Kapiteln wird zunächst der Unterschied zwischen Private Banking und Retail Banking dargestellt. Das Private Banking wird dabei näher betrachtet und auf dessen unterschiedliche Ausprägungsformen eingegangen. Es folgen die Betrachtung unterschiedlicher Definitionsansätze für Financial Planning und eine Abgrenzung zu anderen Geschäftfeldern.
1.2 Definitionen und Abgrenzungen
Vorgehensweise
Wie in jeder Branche, gibt es auch in der Finanzbranche zahlreiche Begriffe, oft auch Anglizismen, deren genaue Bedeutung viele Anleger nicht kennen. Im folgenden Kapitel werden daher zunächst die beiden großen Bereiche im Privatkundengeschäft, nämlich das Private Banking und das Retail Banking, gegeneinander abgegrenzt. Anschließend folgt eine genaue Definition des Private Banking. Im darauf folgenden Kapitel werden zwei Definitionsansätze für den Begriff „Financial Planning“ aus dem deutschsprachigen Raum und zwei Ansätze aus den USA betrachtet. Dabei wird der Definitionsbildung nach Dr. Rolf Tilmes ein besonderes Augenmerk geschenkt. Im letzen Teil des ersten Kapitels erfolgt die Abgrenzung des Financial Planning zu anderen Geschäftsfeldern.
1.2.1 Private Banking versus Retail Banking
Weder das Private Banking noch das Retail Banking ist in der bankbetriebswirtschaftlichen Literatur und in der Praxis eindeutig definiert. Früher wurde der Begriff „Private Banking“ nur im Kontext mit Privatbanken benutzt. Bei diesen handelte es sich um Familienunternehmen mit weit zurückreichender Tradition.[8] Heute, nachdem viele dieser Privatbanken von Großbanken aufgekauft wurden, grenzt sich das Private Banking vom Retail Banking durch unterschiedliche Kundensegmente und Serviceangebote ab.[9]
Retail Banking
Das Retail Banking bezieht sich auf das Mengengeschäft mit Privatkunden.[10] In diesem Bereich stehen meist standardisierte Produkte im Vordergrund, welche oft als Paket angeboten werden.[11] Hierbei bildet nicht der einzelne Kunde den Mittelpunkt, sondern eine größere Kundengruppe. Im Vordergrund steht dabei nicht der tatsächliche Kundenbedarf, vielmehr externe Faktoren, die das Produkt für diese Anlegergruppe interessant machen, wie z.B. die staatliche Förderung privater Altersvorsorge („Riester-Rente“). Das Mengengeschäft ist nicht Gegenstand dieser Arbeit und wird daher nicht weiter betrachtet.
Private Banking
Das Private Banking lässt ich als eigenständig organisiertes Geschäftsfeld eines Finanzdienstleisters in der Regel eindeutig vom Retail Banking und vom Personal Banking (auf dem Retail Banking aufsetzende verbesserte und individuellere Vertriebsformen) abgrenzen. Generell werden darunter Bankdienstleistungen für das Top-Klientel des jeweiligen Anbieters verstanden.[12] So kann je nach Größe der Bank bereits ein Kunde ab 100.000,-- € Gesamtvermögen diesem Segment zugeordnet werden. Die Grenze bei Großbanken hingegen liegt in der Regel bei mindestens einer Million Euro Barvermögen. Unabhängig von absoluten Segmentsgrenzen definiert die American Bankers Association Private Banking als ein „deliberate program to attract and serve the affluent individual market“.[13] Darauf aufbauend wird Private Banking für die vorliegende Arbeit wie folgt definiert:
„Private Banking bezeichnet die Spezialisierung auf bestimmte Finanzdienstleistungen mit einer hohen persönlichen Service- und Qualitätskomponente, die den Bedarf einer institutsspezifisch klar definierten, vermögenden Privatkundengruppe abdecken. Ziel ist u.a. die kundenindividuelle Planung und Realisation der langfristigen, persönlichen und finanziellen Zukunftsvorstellungen“.[14]
Formen des Private Banking
Im Private Banking wird weiter unterschieden zwischen traditionellem, modernem und internationalen Private Banking.
· Traditionelles Private Banking:
Die Entwicklung lässt sich mit seinen Zentren in der Schweiz und in England bis in das 17. und 18. Jahrhundert verfolgen.[15] Kennzeichnend waren die politische Stabilität und Neutralität, hohe Geldwertstabilität, fiskalpolitische Stabilität, ein strenges Bankgeheimnis, ein einfaches, klares Rechtssystem, eine günstige geographische Lage und eine gut ausgebildete Arbeitnehmerschaft. Auch nach dem 2. Weltkrieg führten politische Instabilitäten zu massiven Kapitalzuflüssen in die Schweiz, was teilweise bis heute anhält. Das traditionelle Private Banking in Deutschland konzentrierte sich auf wenige Institute und wurde durch Maßnahmen im Dritten Reich weiter reduziert. Genossenschaften, Sparkassen und auch Großbanken sind erst seit wenigen Jahren in diesem Segment vertreten. Das Mengengeschäft wurde schon etwas früher favorisiert.[16]
Modernes Private Banking:
Wird auch als „Domestic Private Banking“ bezeichnet und konzentriert sich auf Privatkunden von in Deutschland tätigen Banken. Vor allem das hohe Marktwachstum, die zunehmende Globalisierung und technologische Entwicklung führten in jüngster Vergangenheit zur grundlegenden Wandlung in diesem Bereich. Dadurch hat sich sowohl die Wettbewerbsintensität als auch das Leistungsangebot erheblich erhöht.[17] Während das traditionelle Private Banking in der Schweiz stagniert, kann in Deutschland in den vergangenen Jahren ein Wachstum verzeichnet werden. Mit individueller Betreuung der Vermögenswerte und maßgeschneiderten Produkten behaupten sich deutsche Institute zunehmend in diesem wettbewerbsintensiven Markt. Dabei sind weniger Positionierungsmerkmale wie Tradition, als vielmehr Kompetenz, Leistungsfähigkeit und persönliche Betreuung und modernste Technologie für den Erfolg ausschlaggebend. Zur Umsetzung haben sich Großbanken in Private Banking Betreuungsteams organisiert, welche filialunabhängig operieren.[18] Der Genossenschaftssektor und die Sparkassen bieten modernes Private Banking auf der Ebene ihrer Zentralinstitute und Landesbanken an. Dabei konzentrieren sie sich hauptsächlich auf die Vermögensverwaltung sowie Konzeption und Angebot von steuerorientierten Kapitalanlagen.
Internationales Private Banking:
Umschreibt das Geschäft mit Kunden, die ihren Wohnsitz nicht im Sitzland des Anbieters haben. Aus deutscher Sicht sind hier die Bankenplätze in Luxemburg und der Schweiz zu nennen. Die deutschen Banken sind in diesem Segment noch unterrepräsentiert. Bestrebungen seitens der Großbanken, eine globale Präsenz aufzubauen sind vorhanden.[19] Für Genossenschaftsbanken und Sparkassen wird das internationale Private Banking auch in Zukunft keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen.
1.2.2 Definition des Financial Planning
Sowohl in der US-amerikanischen als auch in der deutschsprachigen Literatur gibt es zahlreiche Definitionen für den Begriff „Financial Planning“. Generell ist festzustellen, dass es kein grundlegendes Verständnis aus wissenschaftlicher Sicht für diesen Begriff gibt. Diese Beratungsdienstleistung gilt als „Praktiker-Disziplin“[20], was die Etablierung einer einheitlichen Definition bislang nicht ermöglichte. Das vorliegende Kapitel soll daher verschiedene Definitionen näher betrachten, wobei die Ausführungen von Dr. Rolf Tilmes etwas eingehender betrachtet werden, da seine Definition im deutschsprachigen Raum am häufigsten Anwendung findet.
Vielzahl von Begriffen
In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Begriffen, welche oft synonym verwendet werden. Dazu zählen Bezeichnungen wie „Vermögensstrukturberatung“, „Vermögensstrukturanalyse“, „Vermögensanalyse“, „strategische Vermögensplanung“, „Finanzplanung“, „Finanzcheck“, „private Vermögens- und Finanzplanung“, „Financial Consulting“ usw.[21] Diese Begriffsvielfalt ist angesichts der niedrigen Marktpenetration eher hinderlich.[22] Wichtig ist daher eine nach außen gerichtete einheitliche Terminologie zu schaffen und zu etablieren. Dies wäre eine erste Voraussetzung für eine erfolgreiche Akquisition von potentiellen Kunden. Dass Finanzplanung selbst in ihrem „Heimatland“, den USA, nicht eindeutig wahrgenommen wird, belegten die Ergebnisse einer Umfrage über die häufigsten Irrtümer im Zusammenhang mit dem Finanzplanungsprozess.[23] In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Financial Planning“ und „Finanzplanung“ synonym verwendet.
Vier Definitionen
Vier Definitionen des Financial Planning sollen nun näher betrachtet werden, welche einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand geben. Davon sind zwei Definitionen aus dem deutschsprachigen Raum und zwei aus den USA:
- Definition nach Dr. Rolf Tilmes:
In seinem Definitionsfindungsprozess hat Tilmes zwei Wege beschritten. Er hat die Begriffsinhalte bestehender Definitionen in der Wissenschaft und die Begriffsinhalte bestehender Definitionen in der Praxis untersucht. „Ziel war es, eine Definition zu finden, welche die Realität widerspiegelt“.[24]
Vorgehensweise
Bei der Definitionsbildung geht Tilmes wie folgt vor: Er zerlegt den Begriff Financial Planning oder persönliche Finanzplanung in seine Bestandteile ‚Finanzen’ bzw. ‚Financial’, ‚Planung’ bzw. ‚Planning’ und ‚persönlich’. Seine Betrachtung erstreckt sich dabei ausschließlich auf den privaten Haushalt. Die Zerlegung in die Begriffsbestandteile gibt den Definitionsweg, wie in Abbildung 1 dargestellt vor:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Definitionsbildung Financial Planning
Planungs-merkmale
Zunächst wird der Begriff der „Planung“ näher betrachtet. Eine Planung ist zukunftsbezogen und beschäftigt sich mit der Erreichung von Zielen in der Zukunft.[25] Dies trifft auch auf Financial Planning zu und dient somit der Vorbereitung von Entscheidungen für die Zukunft auf Basis von Prognosen. Die Planung ist auch Ausdruck rationalen Handelns. Rationalität ist im Financial Planning gegeben, da konkrete Zielsetzungen Ausgangspunkt der Planungsaktivitäten sein sollten. Der Prozess der Planung ist durch einen gut durchstrukturierten Ablauf gekennzeichnet.[26] Auch Planung als Informationsverarbeitungsprozess lässt sich auf das Financial Planning übertragen. Am Anfang steht die Erfassung der relevanten Daten und als Endprodukt entsteht ein Finanzplan, in dem diese Informationen aufbereitet und analysiert sind.[27]
Fünf Planungsfunktionen
Im Weiteren überträgt Tilmes die fünf Planungsfunktionen eines Unternehmens auf das Financial Planning. Die Orientierungs- und Koordinationsfunktion wird beim Financial Planning dadurch übernommen, dass eine Vielzahl von hauswirtschaftlichen Teilplänen auf das Gesamtziel der Nutzenmaximierung ausgerichtet werden.[28] Die Früherkennungsfunktion wird durch die Analyse verschiedener Risikosituationen wie z.B. Berufsunfähigkeit erfüllt. Im Financial Planning wird des Weiteren die Vermögensstruktur zur Erhöhung der Nachsteuerrendite optimiert und die Maßnahmen hierzu mit individuellen Zielen in Einklang gebracht.[29] Dies entspricht der unternehmerischen Entscheidungs- und Optimierungsfunktion. Die Kontrolle der Empfehlungen und der Ergebnisse der Optimierungsmaßnahmen werden regelmäßig durchgeführt, was der Kontrollfunktion entspricht. Durch die Einbindung der Privatkunden in die Planung wird auch die letzte der unternehmerischen Planungsfunktionen auf das Financial Planning übertragen, die Motivationsfunktion.
Mittelfristige und analytische Finanzplanung
Tilmes befasst sich im nächsten Schritt seiner Definitionsbildung mit der „Finanzplanung“[30] und hinterfragt, ob die Definitionen der mittelfristigen Finanzplanung des öffentlichen Sektors oder der unternehmerischen Finanzplanung adaptiert werden können. Hinsichtlich des öffentlichen Sektors sind nur die finanz- und allgemeinpolitischen Zwecke als Planungsinhalte übertragbar. Die Zielbildung kann in keinem Fall mit der des privaten Haushalts verglichen werden.[31] Anders verhält es sich hinsichtlich der analytischen Finanzplanung von Unternehmen, welche den Betrieb als Ganzes als Ausgangspunkt sieht. Mit Hilfe von klassischen Instrumenten des Rechnungswesens, wie Gewinn- und Verlustrechnung, werden auch Planungsmaßnahmen im Financial Planning durchgeführt.[32] Ein Transfer des eingesetzten Instrumentariums und Regelwerks auf das Financial Planning wird daher als sinnvoll erachtet. Offen bleibt die Übertragbarkeit des obersten Zieles einer Unternehmung, die Gewinnmaximierung, auf Privatpersonen.
Private Finanzplanung
Im dritten Schritt ergänzt Tilmes die Finanzplanung um die Dimension „privat“ bzw. „persönlich“.[33] Die Funktionen und Zeitdimensionen des Planungsaspektes von Financial Planning ähneln sehr stark den betrieblichen Planungsaspekten und liefern somit wertvolle Aspekte für die inhaltliche Ausgestaltung und begriffliche Bestimmung von Financial Planning.[34]
Definition nach Tilmes
Aus diesen Überlegungen ging letztendlich die eigentliche Definition des Begriffes „Financial Planning“ nach Tilmes hervor:
„Financial Planning ist eine ganzheitliche Beratungsdienstleistung, die als ein systematisch koordinierter Planungsprozess – bestehend aus Auftragsvergabe, Datenaufnahme, Analyse und Planung , Dokumentation, Betreuung mit Realisierung und periodischer Kontrolle - organisiert ist.
Financial Planning soll Privatpersonen in ihren möglichen Rollen als wirtschaftlich handelnde Individuen, Haushalt oder Unternehmer in die Lage versetzen, ihre durch den Eintritt oder die Erwartung bestimmter Lebensereignisse ausgelösten finanziellen Ziele zu konkretisieren und unter Berücksichtigung der spezifischen finanziellen, rechtlichen persönlichen und familiären Ausgangslage sowie externer Rahmenbedingungen optimal zu erreichen.
Financial Planning ist auf Basis der Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung durchzuführen“[35]
In seiner Definition hat Tilmes alle wesentlichen Merkmale von Financial Planning berücksichtigt. Dabei war ihm wichtig, dass sie nicht als Produkt, sondern als Dienstleistung verstanden und ihre Ganzheitlichkeit betont wird. Mit Einführung der Privatpersonen im zweiten Teil wird der Einfluss der verschiedenen Lebensphasen betont (Lebensphasenzykluskonzept).[36] Abschließend werden die Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzplanung integriert, auf die im weiteren Verlaufe dieser Arbeit noch eingegangen wird.
· Definition von Schäfer/Unkel:
Hier wurde eine Arbeitshypothese aufgestellt, die u.a. aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Finanzplanung abgeleitet wurde:
„Private Finanzplanung ist ein kundenorientierter, kontinuierlicher und von Interaktion geprägter Prozess, der der Ermittlung der finanziellen Ziele eines Privathaushaltes sowie Handlungsempfehlungen zu deren Realisierung dient. Grundlage dafür ist eine intertemporal ausgerichtete umfassende Analyse der Vermögens- und Risikosituation des Privathaushaltes, die mit Hilfe von EDV-Unterstützung von entsprechend qualifizierten Beratern auf Honorarbasis erstellt wird“.[37]
In dieser Definition werden Kontinuität und Interaktion hervorgehoben, ebenso das Ergebnis der Finanzplanung, die Handlungsempfehlungen. Der Fokus liegt eindeutig auf den finanziellen Zielen der Haushalte, persönliche Ziele und familiäre Umstände des Kunden werden hingegen nicht betrachtet.[38] Die Vereinbarung eines Honorars soll dabei Unabhängigkeit und Neutralität der Berater gewährleisten.[39] Somit liegt hier eine sehr enge Definition des Financial Planning vor. Dies erleichtert die Unterscheidung von anderen Modellen.
· Definition der International Association for Financial Planning (IAFP):
“Financial Planning is providing to a person, for compensation, a plan recommending strategies and actions designed to help achieve the financial goals of that person on the basis of an evaluation of the personal and financial conditions and capabilities of that person”[40]
Auch hier sind Privatpersonen das Ziel der Definition. Eine Hervorhebung des Honorars für die Planung erfolgt sowie die Berücksichtigung der persönlichen und finanziellen Möglichkeiten der Person. Diese Definition ist die einfachste der Vorgestellten und beschreibt das grundsätzliche Konzept des Financial Planning.[41]
· Definition des Institute of Certified Financial Planners (ICFP):
“Personal financial planning is the organization of an individuals financial and personal data for the purpose of developing a strategic plan to constructively manage income, assets, and liabilities to meet near- and long-term goals and objectives. Important to the success of the personal financial planning process is the monitoring and periodic review of the plan to ensure that it continues to meet individual needs”[42]
Hier erfolgt die klare Abgrenzung zum Unternehmen durch die Ergänzung von “Personal”. Absicherungsinstrumente werden nicht erwähnt, der Planungshorizont mit kurz- und langfristig nicht näher definiert. Einen besonderen Stellenwert nimmt hier die Überwachung und Anpassung ein.[43]
Vergleich der Definitionen
Zusammenfassend werden die einzelnen Bestandteile der Definitionen in folgender Tabelle gegenübergestellt. Die mit „X“ gekennzeichneten Kriterien sind Bestandteile der Definition, eingeschränkt gültige Bestandteile werden mit „(X)“ gekennzeichnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Vergleich der Definitionen für Financial Planning
Hinsichtlich der Zielgruppe und Individualität der Dienstleistung gehen beschriebene Definitionen konform. Weitgehende Übereinstimmung herrscht auch hinsichtlich der Kontinuität bzw. periodischen Wiederholung. Wie bereits eingangs des Kapitels erwähnt, kann eine abschließende Definition für das Financial Planning nicht festgestellt werden. Die Zielgruppe für Financial Planning wird in obigen Definitionen nicht durch Selektionskriterien, wie z.B. Einkommen oder Vermögen, bestimmt. Dies zeigt, dass diese Dienstleistung sowohl im Bereich des Private Banking als auch im Retail Segment Anwendung findet. Eine Einschränkung der Zielgruppe für diese Arbeit soll in Kapitel 2.2.1 vorgenommen werden.
1.2.3 Abgrenzung zu anderen Geschäftsfeldern
Verschiedene Geschäftsfelder
Im Zusammenhang mit Financial Planning werden oftmals Begriffe wie „Allfinanz“, „Anlagevermittlung“, „Anlageberatung“, „Vermögensberatung“, „Vermögensverwaltung“, „Trust-Geschäft“ und „Steuerberatung“ sinngleich gebraucht. In Wirklichkeit bestehen jedoch signifikante Unterschiede zwischen diesen Modellen.[44] Die Finanzplanung ist eine „neue“ Beratungsdienstleitung von Banken[45] und steht mit seiner Ganzheitlichkeit im Kontrast zur partiellen Betrachtungsweise der genannten Modelle.
Drei Abgrenzungs-dimensionen
Eine Abgrenzung erscheint am Besten anhand folgender drei Dimensionen möglich:[46]
- Beratungsumfang (partiell oder umfassend/ganzheitlich)
- Beratungsfrequenz (produkt- oder ergebnisorientiert)
- Relationsship-Nutzen (Wertschöpfungstiefe)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Abgrenzungsdimensionen für Financial Planning
Allfinanz
Unter dem Begriff der Allfinanz wird die Synthese von Finanzdienstleistungen und/oder Finanzintermediären zur umfassenden Abdeckung von Kundenbedürfnissen aus einer Hand verstanden.[47] So haben z.B. Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Rahmen ihrer Verbundmodelle bereits in den 60er Jahren die Produktpalette um Versicherungen erweitert.[48] Das Allfinanz-Konzept ist sehr stark vertriebs- und produktorientiert, was im Gegensatz zur Financial Planning-Philosophie steht.[49] Allfinanzanbieter bündeln verschiedenste Finanzprodukte und schaffen somit die Voraussetzung für die Umsetzung der Ergebnisse aus der privaten Finanzplanung.[50]
Anlagevermittlung
Die Anlagevermittlung unterstützt die Tranksaktionsanbahnung und –abwicklung auf der Produktebene in selektiven Vermögensbereichen. „Eine Kundenberatung findet nicht statt.“[51]
Anlageberatung
Auch die Anlageberatung kann nicht mit einer umfassenden Analyse und Planung der gesamten Finanzen des Kunden gleichgesetzt werden. Sie ist primär auf den Verkauf von Anlageprodukten ausgerichtet. Ein dauerhafter Relationship-Nutzen stellt sich nur dann ein, wenn die Kunden für unterschiedliche Einzeltransaktionen denselben Anbieter nutzen.[52]
Vermögens-beratung
Bei der Vermögensberatung wird der Relationship-Nutzen gegenüber der Anlageberatung deutlich erhöht, da es sich um eine permanente Unterstützung von Anlageentscheidungen der Kunden handelt.[53] Der Umfang der Beratung und die Frequenz erreichen nicht das Niveau des Financial Planning.
Vermögens-verwaltung
Die Vermögensverwaltung ist durch die entgeltliche Betreuung der Kapitalanlagen von Verwaltern gekennzeichnet. Die Langfristigkeit schafft einen hohen Relationship-Nutzen, der dominante Fokus auf Wertpapieranlagen führt jedoch zu einer produktgetriebenen Beratungsfrequenz.[54]
Trust-Geschäft
Das Trust-Geschäft befasst sich mit der Nachlassberatung, Testamentsvollstreckung oder Stiftungsgründung und gilt als klassische Dienstleitung im Rahmen des Private Banking.[55] Die Nachfrage ist ereignisgetrieben, was mit dem Financial Planning vergleichbar ist, jedoch ist der Beratungsumfang im Trust-Geschäft partieller und weit von der Ganzheitlichkeit entfernt.
Steuerberatung
Als Steuerberatung wird die „geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen“[56] bezeichnet, zu der nur bestimmte Personen und Gesellschaften befugt sind.[57] Sie grenzt sich somit durch ihren Beratungsumfang hinsichtlich steuerlicher Belange vom Financial Planning ab. Anlageprinzipien und –empfehlungen spielen in der Regel keine Rolle.
Financial Planning
Financial Planning lässt sich also anhand der in Abbildung 2 dargestellten Dimensionen „Beratungsumfang“, „Beratungsfrequenz“ und Relationship-Nutzen als ganzheitliche, ereignisgetriebene Dienstleistung mit hohem Relationship-Nutzen von den verwandten Beratungsdienstleistungen abgrenzen.
2 Die Bedeutung des Financial Planning
Probleme der Kunden mit ihren Finanzen
Zunehmende Globalisierung der Finanzmärkte, wachsendes Produktangebot, sinkende Transaktionskosten und neue Informationsmedien, wie das Internet, haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass viele Privatkunden ihre Finanzplanung selbst in die Hand genommen haben. Gerade die Komplexität des Finanzsektors sowie sich ständig ändernde steuerliche und rechtliche Rahmenbedingungen, die sich oftmals gegenseitig beeinflussen, führen zu suboptimalen Entscheidungen. So kann man in jüngster Vergangenheit z.B. folgende Probleme feststellen:
- Historisch gewachsenes, unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Anlagen
- Risikostruktur der Anlagen ist nicht bewusst geplant
- Keine oder eine problematische Steuerstrategie
- Fehlende Gesamtübersicht des Kunden über seine Kapitalanlagen und Finanzierungen
- Ungeordnete und nicht komplette Unterlagen[58]
Durch diese Aspekte wird der konkrete Handlungsbedarf der Haushalte zur Planung ihrer finanziellen Angelegenheiten deutlich. Financial Planning bietet mit seinem ganzheitlichen, bedürfnisorientierten und langfristig ausgerichteten Ansatz[59] eine Möglichkeit die genannten Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen.
2.1 Ursprung und Einordnung der privaten Finanzplanung
Ursprünge in den USA
Der Ursprung des Financial Planning liegt in den USA. Diese Dienstleistung entstand erst in den 60er Jahren im Rahmen der Liberalisierung des Bankenmarktes. Seit 1933 herrschte ein dualistisches Bankensystem. Die beiden Hauptzweige des Bankenwesens - Commercial Banking und Investment Banking - mussten per Gesetz getrennt voneinander betrieben werden. Den Girokunden durften keine komplexen Investitionsprodukte angeboten werden.[60] Die fehlenden staatlichen Absicherungssysteme und kostspielige Universitätsausbildung zwingen breite Bevölkerungsschichten in den USA jedoch zur privaten finanziellen Vorsorge und Planung.[61] Die zunehmende Deregulierung des amerikanischen Finanzwesens und die hohe Anzahl bankunabhängiger Finanzdienstleister haben ab Mitte der 60er Jahre dazu beigetragen, dass sich eine neue Berufsgruppe etablierte, die sich seither „Financial Planner“ nennt.[62]
Vorreiter der Finanzplanungs-unternehmen in Deutschland
In Deutschland wurde der ganzheitliche Finanzplanungsansatz erst in den 80er Jahren entdeckt.[63] Zu den Vorreitern der Finanzplanungsunternehmen gehörte Albrecht Graf Matuschka. Er setzte das Konzept der privaten Finanzplanung bei vermögenden und gut verdienenden Kunden ein.[64] Im Zuge finanzieller Schwierigkeiten wurde die Matuschka Gruppe an die Commerzbank AG verkauft. Diese firmierte das Unternehmen in die CFM Commerz Finanz Management GmbH um, welche heute noch als Marktführer für private Finanzplanungen in Deutschland gilt.[65] Die bis dato als sicher geltenden Renten- und Krankenversicherungssysteme boten dem Finanzplaner ein sehr eingeschränktes Kundensegment an.[66] Mit der zunehmenden Unsicherheit über den Fortbestand der staatlichen Sozialsysteme steigt auch der Bedarf an qualifizierter Betreuung. Dies machen sich auch unabhängige Finanzdienstleister zu Nutze, welche die Finanzplanung als verkaufsförderndes und kundenbindendes Instrument einsetzen. Die bekanntesten Vertreter am deutschen Markt sind z.B. Marschollek, Lautenschläger & Partner (MLP), die AWD Holding AG sowie die Deutsche Vermögensberatungs AG (DVAG).
Institutionen in Deutschland
Einen wichtigen Beitrag zur Etablierung des Financial Planning in Deutschland leisten verschiedenste Organisationen, welche sich ähnlich wie in den USA dieses Themas annehmen. Einen Überblick über die wichtigsten Institutionen in Deutschland gibt die folgende Tabelle:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
www.finanzanalysten.org
Tabelle 2: Institutionen im Bereich Financial Planning in Deutschland
Neben den Genannten befinden sich noch weitere Institutionen im Aufbau.
2.2 Kunden des Financial Planning
Dienstleistung für alle Kunden- gruppen
Dietmar Vogelsang, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Kapitalanlageprodukte der Sozietät Vogelsang & Sachs aus Bad Homburg erklärt zum Thema Finanzplanung:
„Finanzplanung ist kein Signet für eine Dienstleistung an Arm oder Reich. Vielmehr ist es eine Dienstleistung, die den ganzheitlichen, alle Aspekte des ‚Unternehmens Privathaushalt’ berücksichtigenden Betrachtungsansatz beachtet. Dies ist aber bei jeder Verdienst- bzw. Vermögensgruppe sinnvoll und notwendig. Blindes Handeln schadet jedem - daher braucht jeder einen Berater, der sich individuell mit der heutigen und zukünftigen Ausrichtung auseinander setzt, der analysiert, strukturiert und letztlich im besten Sinne optimiert.“[67]
Wirtschaftlichkeit
Aus diesem Zitat könnte man ableiten, dass Financial Planning für alle Kunden angeboten werden sollte. Ein direkter Zusammenhang zwischen zunehmendem Beratungsbedarf und steigendem Einkommen bzw. Vermögen konnte zudem bislang nicht nachgewiesen werden.[68] Wichtig ist die Ganzheitlichkeit der Beratungsdienstleistung. In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass sich das Angebot von Financial Planning auf vermögende Kunden bzw. Kunden mit höherem Einkommen konzentriert. Die Gründe hierfür liegen in der Wirtschaftlichkeit aus der Sicht der Anbieter.[69] Eine Analyse der Sparkasse Stuttgart zeigt einige typische Arbeitsvorgänge im Rahmen der Finanzplanung sowie die durchschnittliche Bearbeitungszeit:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Durchschnittliche Bearbeitungszeit für eine Finanzplanung
Bei der Kalkulation handelt es sich um eine Finanzplanung mit einem Honorarvolumen von 5.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Daraus wird ersichtlich, dass die Finanzplanung bzw. ganzheitliche Beratung nicht von einem Berater allein erbracht, sowie innerhalb einer sinnvollen Zeitspanne durchgeführt werden kann. Das Angebot dieser Dienstleistung konzentriert sich daher vornehmlich auf Kunden des Private Bankings.
[...]
[1] Vgl. o.V. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Monatsbericht Juni 2004, S. 52
[2] Vgl. o.V. Europäische Zentralbank (Hrsg.)
[3] Vgl. o.V. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Monatsbericht Juni 2004, S. 54
[4] Vgl. Schütt, H. 1996; S. 36
[5] Vgl. Böckhoff, M.; Stracke, G. 2004, S. 22
[6] Vgl. Kruschev, W. 1999, S. 10
[7] Vgl. Kruschev, W. 1999, S. 13
[8] Vgl. Ehrlich, B.; Dembrowski, A. 2002, S. 163
[9] Vgl. Klöppelt, H. in: Die Bank 1996, S. 201 bis S. 207
[10] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 85
[11] Vgl. Kruschev, W. 1999, S. 11
[12] Vgl. Ehrlich, B.; Dembrowski, A. 2002, S. 165
[13] Gardner, M. J.; Mills, D. L. 1994, S. 340
[14] Tilmes, R. 2002, S. 60
[15] Vgl. Maude, D.; Molyneux, P. 1996, S. 1 ff.
[16] Vgl. Weiss, U. in: Bank und Markt 1990, S. 7 bis S. 10
[17] Vgl. Pechlaner, H. in: Österreichisches Bankarchiv 1994, S. 448 bis S. 453
[18] Vgl. o.V. in: Bank und Markt 1998, S. 34 bis S. 35
[19] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 71
[20] Tilmes, R. 2002 S. 15
[21] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 15; Kruschev, W. 1999, S. 15
[22] Vgl. Kruschev, W. in: Die Bank 1998, S. 352
[23] www.cfp.net/media/survey.asp?id=5#link4, 09.10.2004
[24] Tilmes, R. 2002, S. 19
[25] Vgl. Steiner, J. in: Commerzbank AG (Hrsg.)
[26] Vgl. Reittinger, W.; Stracke, G.; Tilmes R. in: Die Bank 1997, S. 582
[27] Vgl. Reittinger, W.; Tilmes, R. in: Bank Magazin 1997, S. 10 bis S. 13
[28] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 23
[29] Vgl. Reittinger, W.; Stracke, G.; Tilmes R. in: Die Bank 1997, S. 580 ff.
[30] Vgl. Abbildung 1
[31] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 25
[32] Vgl. Kapitel 3.2
[33] Vgl. Abbildung 1
[34] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 31
[35] Tilmes, R. 2002, S. 31
[36] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 22
[37] Schäfer, H.; Unkel, S. 2000, S. 30
[38] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 24
[39] Vgl. Schäfer, H.; Unkel, S. 2000, S. 28
[40] Mittra, S. 1990, S. 4
[41] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 24
[42] Mittra, S. 1990, S. 5
[43] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 25
[44] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 43
[45] Vgl. Wyder, A. 2002, S. 13
[46] Vgl. Verwilghen, N. 1997, S. 17 ff.
[47] Vgl. Rehm, H.; Simmert, D. 1991, S.9
[48] Vgl. Ritterbex, H. 1998, S. 632
[49] Vgl. Kloepfer, J. 1999‚ S. 7
[50] Vgl. Betsch, O. 1995, S. 7
[51] Tilmes, R. 2002, S. 37
[52] Vgl. Patterson, A. 1991, S. 10 ff.
[53] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 38
[54] Vgl. Verwilghen, N. 1997, S. 18
[55] Vgl. Tilmes, R. 2002, S. 38
[56] § 3 SteuerberatungsG
[57] §§ 2-6 SteuerberatungsG
[58] Böckhoff, M.; Stracke, G. 2004, S. 30
[59] Vgl. Kapitel 1.2.3
[60] Vgl. Schirer, L. in: Peter J. Krauss (Hrsg.), 2003, S. 271
[61] Vgl. Hochberger, B. 2003, S. 11
[62] Tilmes, R. 2002, S.16
[63] Böckhoff, M.; Stracke, G. 2004, S. 33
[64] Vgl. Patterson, A. 1991, S. 359 ff.
[65] Vgl. Schäfer, H.; Unkel, S. in: ASSCompact 04/2001, S. 69
[66] Vgl. Schirer, L. in: Peter J. Krauss (Hrsg.), 2003, S. 272
[67] Vgl. Ehrlich, B.; Dembrowski, A. 2002, S. 190
[68] Vgl. Kruschev, W. in: Peter J. Krauss (Hrsg.), 2003, S. 211
[69] Vgl. Kruschev, W. in: Peter J. Krauss (Hrsg.), 2003, S. 213
- Arbeit zitieren
- Rainer Fader (Autor:in), 2005, Financial Planning - Eine theoretische Betrachtung und deren Umsetzung in der Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38378
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