„Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 57000 Menschen sterben pro Tag an Hunger. Eine Milliarde Menschen sind permanent unterernährt. Und das auf einem Planeten, der vor Reichtum überquillt“. Aufgrund solcher Aussagen möchte ich mich in meinem Essay mit der globalen Ungerechtigkeit beschäftigen. Hierbei stellt sich mir die Frage, inwiefern an der vorherrschenden globalen Ungerechtigkeit etwas geändert werden kann. Dazu werde ich zu Beginn klären, inwiefern Ungleichheit existiert. Danach werde ich kurz anschneiden, wieso Ungleichheiten entstehen können, um abschließend über den Gerechtigkeitsbegriff meine Ausgangsfrage beantworten zu können.
unterernährt. Und das auf einem Planeten, der vor Reichtum überquillt“ (Ziegler 2010). Aufgrund solcher Aussagen möchte ich mich in meinem Essay mit der globalen Ungerechtigkeit beschäftigen. Hierbei stellt sich mir die Frage, inwiefern an der vorherrschenden globalen Ungerechtigkeit etwas geändert werden kann. Dazu werde ich zu Beginn klären, inwiefern Ungleichheit existiert. Danach werde ich kurz anschneiden, wieso Ungleichheiten entstehen können, um abschließend über den Gerechtigkeitsbegriff meine Ausgangsfrage beantworten zu können.
Besonders in Afrika ist Armut stark verbreitet. Dort lebt die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (vgl. Spittler 1991: 65). Doch haben wir es tatsächlich mit Armut zu tun oder ist Afrika vielleicht kein armer Kontinent, sondern nur ein Kontinent mit einfachen Bedürfnissen? Es gibt zwei Theorien, die über die Armut in Afrika vorherrschen. Eine Theorie besagt, dass die vorindustriellen Gesellschaften Mangelgesellschaften sind und somit in Armut leben und auf die Industrialisierung warten. Die zweite Theorie dagegen meint, dass die geringe Güterausstattung nicht der Ausdruck von Mangel ist, sondern den einfachen Bedürfnissen dieser Menschen entspricht. Da Bedürfnisse kulturell geprägt sind und variieren können, soll das Bedürfnisniveau der Menschen in Afrika laut dieser Theorie geringer sein (vgl. ebd.: 66). Unter einfachen Bedürfnissen versteht Spittler, dass Menschen im Einfachen das Vollkommene sehen und sich nicht neue Bedürfnisse suchen, sobald die alten Bedürfnisse befriedigt sind (vgl. ebd.: 70). Somit muss eine Gesellschaft mit einfachen Bedürfnissen nicht zwangsläufig arm sein (vgl. ebd.: 73). Andererseits sind auch in Afrika die Ansprüche mittlerweile gestiegen und einfache Bedürfnisse sind nicht mehr die Regel (vgl. ebd.: 79). Sobald der Vergleich zu einer industriellen Gesellschaft gezogen wird, ändert sich die Sichtweise. „.Arm ist ein relativer Begriff, der nur in Zusammenhang mit wohlhabend oder reich einen Sinn bekommt“ (ebd.: 79). Die Bevölkerung verlangt nun nach Befriedigung der bisher unerfüllten Bedürfnisse bzw. übernimmt die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft (vgl. ebd: 83). Da sie jedoch über unzureichend ökonomische Mittel verfügen, um die Bedürfnisse zu befriedigen, folgt daraus, dass der Mangel jetzt in Armut umschlägt und in dem nationalen und internationalen Zusammenhang auch zunehmend als Armut empfunden wird (vgl. ebd.: 82). Darüber hinaus kann 1 es jedoch auch in Gesellschaften mit einfachen Bedürfnissen Armut geben (vgl. Spittler 1991: 73). Das ist der Fall, wenn einfache Bedürfnisse als Grundbedürfnisse nicht mehr erfüllt werden können. Dann spricht man von „absoluter Armut“ (vgl. ebd.: 75). Um diese absolute Armut handelt es sich, wenn wir davon sprechen, dass Menschen an Hungersnot sterben müssen. Hier stellt sich mir zuerst die Frage, wieso solche Ungleichheiten entstehen.
Um dieser Frage nachgehen zu können, habe ich mich mit der Ungleichheitsperspektive beschäftigt. In der Gesellschaft unterscheiden wir zwischen vier Herrschaftsverhältnissen anhand der Kategorien Klasse, Geschlecht, Rasse/ Ethnizität und Körper (vgl. Degel/ Winker 2011: 72). Da sich die Individuen an diesen Kategorien orientieren, entsteht ein ungleicher Zugang zum Erwerbsmarkt und eine ungleiche Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen aufgrund des Einkommens (vgl. ebd.: 76). „Sozial strukturierte Ungleichheit [ist] als spezifische Möglichkeit des Zugangs zu Gütern und/oder Positionen zu begreifen, die mit ungleichen Einflussmöglichkeiten ausgestattet sind“ (Degel/ Winker 2011: 72). Durch diese Kategorien entstehen solch unterschiedliche Möglichkeiten des Zugangs und somit soziale Ungleichheit. Die
Herrschaftsverhältnisse werden durch strukturbildende Normen abgesichert und die Individuen selbst reproduzieren diese gesellschaftlichen Strukturen durch ihr Handeln (vgl. ebd.: 78). Nur wie kann an der vorherrschenden globalen Ungerechtigkeit etwas geändert werden?
Extreme Armut lässt sich durch vernünftige innenpolitische Maßnahmen abschaffen, so Rawls (vgl. Nussbaum 2010: 217). Doch behält er damit Recht? Meiner Meinung nach nicht, denn Aktivitäten internationaler Unternehmen belasten ärmere Länder. Somit sind sie nicht in der Lage, ihre Probleme durch innenpolitische Maßnahmen selbst zu lösen (vgl. ebd.: 217). In seiner Gerechtigkeitstheorie beschreibt er, dass es Uneinigkeiten der Gesellschaft über die Grundregeln gibt. Darüber hinaus lässt sich erkenne, dass Unterschiede bestehen, was in der Gesellschaft als ungerecht und als gerecht empfunden wird (vgl. Rawls 1979: 21). „Für uns ist der erste Gegenstand der Gerechtigkeit die Grundstruktur der Gesellschaft, genauer: die Art, wie die wichtigsten gesellschaftlichen Institutionen Grundrechte und -pflichten und die Früchte der gesellschaftlichen Zusammenarbeit verteilen“ (Rawls 1979: 23). Rechte und Pflichten werden somit von den Institutionen festgelegt und beeinflussen die Lebens- und Ausgangschancen (vgl. ebd.: 23). Demnach definiert sich der Gerechtigkeitsbegriff über seine Grundsätze für die Zuweisung von Rechten und Pflichten und die richtige Verteilung gesellschaftlicher Güter (vgl. ebd.: 26ff.).
Um diese gleichen Chancen zu gewährleiste, führt Rawls eine Theorie der Gerechtigkeit als Fairness ein. „Es sind diejenigen Grundsätze, die freie und vernünftige Menschen in ihrem eigenen Interesse in einer anfänglichen Situation der Gleichheit zur Bestimmung der Grundverhältnisse ihrer Verbindung annehmen würden.“ (Rawls 1979: 28). Diese Gerechtigkeitsgrundsätze sind das Ergebnis eines Vertrags, den Individuen zum gegenteiligen Vorteil eingehen, um den Urzustand zu verlassen (vgl. Nussbaum 2010: 210). Mit dem Urzustand meint er einen Schleier des Nichtwissens, hinter dem die Grundsätze der Gerechtigkeit beschlossen werden. Dies bedeutet, dass niemand seinen Stand in der Gesellschaft kennt und auch sonst nichts über sich und andere weiß (vgl. ebd.: 29). Somit muss im Vorhinein in einer fairen Ausgangssituation Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit definiert und festgelegt werden. Gemeinsam werden die Grundsätze der Grundrechte entschieden und die Verteilung gesellschaftlicher Güter (vgl. ebd.: 28). Hinter dem Schleier des Nichtwissens würden Individuen, nach Rawls, zwei Grundsätze bestimmen. Zum einen würden sie darauf bestehen, dass die Grundrechte für jedes Individuum gleich ist und zum anderen wäre für sie soziale Ungleichheit nur dann gerecht, wenn sich aus dieser Ungleichheit für jedes Individuum, insbesondere für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft, ein Vorteil ergeben würde (vgl. ebd.: 32). Dies unterstreicht er mit diesem Zitat: „Es ist aber nichts Ungerechtes an den größeren Vorteilen weniger, falls es dadurch auch den nicht so Begünstigten besser geht“ (Rawls 1979: 32). Doch ist dies möglich und kommen wir mit der Vertragstheorie auf unser gewolltes Ergebnis?
Leider nicht, denn das Problem bei Rawls' Gerechtigkeitstheorie ist, dass sie nicht global anwendbar ist (vgl. Nussbaum 2010: 210). Bei Rawls wird der Vertrag aus dem Urzustand zum gegenseitigen Vorteil aller Parteien beschlossen (vgl. ebd.: 210). Das Problem hierbei ist, dass die Parteien bei diesem Vertragsabschluss „[...] mit in Stärke und Ressourcen ungefähr Gleichen [verhandeln], weil ein Vertrag zum gegenseitigen Vorteil, bei dem niemand den anderen dominieren kann, nur zwischen ungefähr Gleichen sinnvoll ist“ (Nussbaum 2010: 212). Die angenommene Gleichheit der Parteien und die Annahme, dass eine Gesellschaft ein geschlossenes System ist und keine Verbindung zu anderen Gesellschaften hat, spiegelt nicht die Wirklichkeit wider. Darüber hinaus vertritt die Regierung der Länder nur selten das Interesse des gesamten Volkes (vgl. ebd.: 215), was wiederum auf Ungerechtigkeit hinauslaufen würde. Das bedeutet, dass solch eine Vertragstheorie auch in diesem Fall Mängel aufweist. Alles in Allem kann Rawls Gerechtigkeitstheorie somit nicht bestehen und nicht auf unsere heutige Welt angewendet werden.
Um der Frage näher zu kommen, inwiefern an der vorherrschenden globalen Ungerechtigkeit etwas geändert werden kann, ist weder ein Vertrag, der auf gegenseitigen Vorteilen beruht, noch die Annahme, es handle sich um geschlossene Gesellschaften, die nicht mit anderen Gesellschaften in Verbindung treten, die Lösung. Denn wir müssen von Anfang an auch die Länder mit einbeziehen, die gegenwärtig weniger Macht haben. Dazu benötigen wir einen Ansatz, der sicherstellt, dass jedes Individuum das bekommt, was es benötigt, um ein erfülltes Leben zu führen (vgl. Nussbaum 2010: 211). Solch einen Ansatz nennt Nussbaum Fähigkeitenansatz: „Er besagt, dass eine Welt, in der die Menschen über alle auf der entsprechenden Liste zusammengestellten Fähigkeiten verfügen, eine minimal gerechte und achtbare Welt ist“ (ebd.: 229). Anders als bei Rawls orientiert sich dieser Ansatz am Individuum und hat die Sicherung der Grundgüter für jeden Einzelnen zum Ziel. Doch wer ist dazu verpflichtet, diese zu sichern? Ich bin der Meinung, dass es einer kollektiven Pflicht bedarf, einen Weg des Zusammenlebens zu finden, um ein achtbares Leben für jedes Individuum ermöglichen zu können (vgl. ebd.: 231).
Um den Fähigkeitenansatz auf globaler Ebene anwenden zu können, müssen wir die Pflichten zwischen den Individuen und den Institutionen verteilen (vgl. ebd.: 232ff). Damit dies gelingt, „sollte die institutionelle Struktur [...] dünn und dezentralisiert bleiben“ (ebd.: 235). Ich denke es ist wichtig, dass Institutionen einbezogen werden, da kollektives Handeln institutionelle Strukturen benötigt, um sich an ihnen orientieren zu können (vgl. ebd.: 233). Die Institutionen tragen damit die Verantwortung für die Förderung eines achtbaren Lebens jedes Individuums und teilen wiederum die Verantwortung gerecht unter den Individuen auf (vgl. Nussbaum 2010: 234). Es ist schwierig, eine solche Struktur festzulegen, die dafür sorgt, dass jeder seine Aufgabe erfüllt. Es gibt jedoch Prinzipien unter denen die menschlichen Fähigkeiten gefördert werden können, um eine globale Struktur zu erreichen (vgl. ebd.: 236). Wenn nach diesen Prinzipien gehandelt wird, könnte der Fähigkeitenansatz auf globaler Ebene funktionieren. „Wenn unsere Welt in der Zukunft eine achtbare Welt sein soll, müssen wir hier und jetzt anerkennen, dass wir alle Bürger einer interdependenten Welt sind, die durch wechselseitige Verbundenheit ebenso zusammengehalten wird wie durch das Streben nach gegenseitigen Vorteilen, durch Mitgefühlt ebenso wie durch Eigeninteresse und durch eine in allen Menschen verankerte Wertschätzung der Menschenwürde; [...] selbst dann, wenn das, was wir zu gewinnen haben, das höchste aller Güter ist: in einer gerechten und moralisch achtbaren Welt zu leben“ (Nussbaum 2010: 241).
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2016, Die globale Ungerechtigkeit und die Frage nach einem möglichen Lösungsansatz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383697
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