Diese Arbeit enthält Informationen zur analytischen Gruppenpsychotherapie, Bions Auffassung über Gruppe und Individuum sowie sein Konzept der Arbeits- und Grundannahmegruppe und beschäftigt sich mit der Intensivierung von Emotionen in einer Gruppe.
Inhaltsverzeichnis
Die analytische Gruppenpsychotherapie
Bions Auffassungen über Gruppe und Individuum
Bions Konzept der Arbeitsgruppe (work group) und der Grundannahmegruppe (basic assumption group)
Die Arbeitsgruppe
Die Grundannahmegruppe
Die Grundannahme der Abhängigkeit
Die Grundannahme der Paarbildung
Die Kampf-Flucht-Gruppe
Die spezialisierte Arbeitsgruppe
Intensivierung von Emotionen in der Gruppe
Schlußbemerkungen
Literaturverzeichnis
WILFRED RUPRECHT BION (1897-1979)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Born in India in 1897, W. R. Bion first came to England at the age of 8 to receive his schooling. During the First World War he served in France as a tank commander and was awarded the DSO and the Legion of Honour. After reading history at Queen's College, Oxford, he studied medicine at University College, London, before a growing interest in psychoanalysis led him to undergo training analyses with John Rickman and, later, Melanie Klein. During the 1940s his attention was directed to the study of group processes, his researches culminating in the publication of a series of influential papers later produced in book-form as Experiences in Groups. Abandoning his work in this field in favour of psychoanalytic practice, he subsequently rose to the position of Director of the London Clinic of Psycho-Analysis (1956-1962) and President of the British Psycho-Analytical Society (1962-1965). From 1968 he worked in Los Angeles, returning to England two months before his death in 1979.
(From the back cover of Cogitations, edited by Francesca Bion, Karnac Books, London-New York, 1992.)
Die analytische Gruppenpsychotherapie
Ebenso wie die Psychotherapie soll die analytische Gruppenpsychotherapie
- dem Klienten die seinem Verhalten zugrunde liegenden unbewußten Motivationen, insbesondere die Abwehrvorgänge, bewußt machen und
- ihm helfen, das bewußt gewordene pathogene Erleben zu akzeptieren und zu integrieren.
Objekt der Gruppenpsychotherapie sind die zwischen den Gruppenteilnehmern ablaufenden Interaktionen, die durch bewußte und unbewußte Elemente bestimmt sind. Als Medium nutzt die Gruppenpsychotherapie also den Gruppenprozeß.
Die Methode der analytischen Gruppenpsychotherapie ist die Psychoanalyse, die mit den Techniken der nicht gelenkten, freien Assoziation, der Deutung, der Abwehranalyse und der Handhabung von Übertragung und Gegenübertragung arbeitet. Die Therapie soll Übertragungen hervorrufen, die übertragenen Grundverhaltensformen bewußt und sie damit einer korrigierenden emotionalen Erfahrung zugänglich machen. Angewendet wird die Methode in Kleingruppen mit 4 - 8 Teilnehmern. Sie ist geeignet zur Behandlung von Psychoneurosen, psychosomatischen Erkrankungen und Charakterneurosen bzw. neurotischen Verhaltensstörungen.
Während bei den ersten Versuchen einer Anwendung psychoanalytischer Prinzipien[1] in Gruppen der Fokus auf dem Individuum lag, konzentriert sich Bions Modell auf die Prozesse in der Gruppe und integriert gruppendynamische Konzepte.[2]
Bions Auffassungen über Gruppe und Individuum
Wie der Säugling mit der mütterlichen Brust und später der Familiengruppe Kontakt aufnimmt, muß der Erwachsene mit dem emotionalen Erleben der ihn umgebenden Gruppe Kontakt aufnehmen. Um die damit verbundenen Schwierigkeiten zu umgehen, flüchtet er sich in regressive Zustände[3].
Bestandteile dieser Regression:
- Glaube, die Gruppe sei mehr, als die Summe der in ihr versammelten Individuen. Die Regression bewirkt einen Verlust der individuellen Bestimmtheit, der das Individuum daran hindert zu erkennen, daß die Ansammlung nur aus Individuen besteht.
- Eigenschaften, mit denen das Individuum die Gruppe ausstattet
Für Bion ist die Gruppe eine "Ansammlung von Individuen (...), die sich alle im gleichen Zustand der Regression befinden"[4]. Wie Freud bestreitet auch er, daß die Gruppe mehr ist als die Summe ihrer Mitglieder. Sie zeige nur Phänomene, die dem Beobachter, der nicht gewohnt ist, mit der Gruppe umzugehen, fremdartig erscheinen. Auf die häufig beobachtete Intensivierung von Emotionen in der Gruppe werde ich weiter unten noch eingehen, wenn die Begrifflichkeiten von Bions Gruppenkonzept geklärt sind.
Bion widerspricht Freud in der Annahme, daß außerhalb der primitiven unorganisierten Gruppe ein Individuum mit eigener Kontinuität, Selbstbewußtsein und Traditionen sowie besonderen Funktionen und Positionen existiert, die es bei Eintritt in eine primitive Gruppe für eine Zeit verliert. Er sieht das Individuum als Gruppenwesen, das sowohl mit der Gruppe als auch den Aspekten seiner Persönlichkeit, die seine "groupishness" ausmachen, in Konflikt steht. Die Merkmale dieser "groupishness" seien auch dann vorhanden, wenn die Gruppe nicht zusammenkomme, denn
"(...) man solle von einem Individuum nie, auch wenn es zeitlich und räumlich noch so isoliert ist, glauben, es stehe außerhalb einer Gruppe oder zeige keine aktiven Manifestationen von Gruppenpsychologie."[5]
[...]
[1] Abstinenzregel und analytische Grundregel
[2] vgl. Heigl-Evers, Konzepte der analytischen Gruppenpsychotherapie, Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 1978, S. 7 ff
[3] Abwehrmechanismus des Ich; frühe kindliche Verhaltensweisen treten wieder auf, z.B. übermäßiges Essen bei Liebeskummer als Rückfall in die kindlichen sexuellen Wünsche der oralen Phase. Die Regression setzt voraus, daß wichtige Triebwünsche in einer früheren Entwicklungsphase nicht ausreichend befriedigt wurden.
vgl. Schüler Duden, Die Psychologie, Dudenverlag Mannheim 1996, S. 335
[4] W. R. Bion, Erfahrungen in Gruppen und andere Schriften, Klett-Cotta 2001, S. 102
[5] ebd. S. 124
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