Der Ausruf des „post-fotografischen Zeitalters“ zu Beginn der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hat viele Fragen und noch mehr vermeintliche Antworten bezüglich des Verständnisses von Medium Fotografie aufgeworfen.
Nicht erst seit im Jahr 2003 erstmals mehr Digitalkameras als konventionelle Fotoapparate verkauft wurden, scheint eine Beschäftigung mit der Frage, was eigentlich das normale Foto ausmacht und wie es sich von der neuen Form, dem digitalen Bild, unterscheidet, unumgänglich. Diese Arbeit ist zwar eine geisteswissenschaftliche Untersuchung, doch scheint es gerade in den Medienwissenschaften unerlässlich auch die technische Seite des betrachteten Untersuchungsgegenstandes zu beleuchten. Will man das wahre Wesen der Fotografie aus heutiger Sicht näher ergründen, kann die technische Grundlage dieses Mediums nicht außer Acht gelassen werden. Schon seit ihrer Erfindung dependiert die Fotografie von der Apparatur durch die sie erzeugt wird. Auch die neuen Bildverarbeitungstechniken wären ohne technische Vorrichtungen nicht existent und schon gar nicht in dem Ausmaß umstritten. Deshalb werden technische Aspekte im Verlauf der Arbeit von nicht geringer Bedeutung sein.
Zunächst soll eine Unterscheidung zwischen den Begriffen analog und digital vorgenommen werden, um diese dann kurz medientheorethisch zu beleuchten. Von dieser allgemeineren Betrachtung ausehend soll konkret auf die verschiedenen Erscheinungsformen der digitalen Fotografie eingegangen werden.
Aus diesen verschiedenen Formen und ihrer direkten Opposition zur analogen Fotografie ergibt sich ein weitreichender Konflikt im Verständnis der Begriffe Wahrheit und Referenz, auf den eingegangen werden wird. Es soll gezeigt werden, dass durch ein falsches Verständnis des Mediums Fotografie von Anbeginn seiner Existenz automatisch auch eine falsche Einordnung der Referenz der neuen digitalen Technik geschehen ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Analog und Digital. Überblick über verschiedene Auffassungen und kleine Etymologie
2.1. Analog und Digital unter der Lupe
2.2. Analog und Digital aus medientheorethischer 5 Sicht bei Luhmann und Kittler
3. Was meint „Digitale Fotografie“?
3.1. Image processing
3.2. Computergrafik
3.3. Halbleiterfotografie
4. Die Frage nach dem Wirklichkeitsbezug
4.1. Hausgemachtes Problem im Selbstverständnis?
Verständnis von der Fotografie vor der
Einführung der digitalen Technik.
4.2. Neue Digitale Technik als Zerstörer der Referenz
5. Fazit
6. Lieraturverzeichnis
1. Vorwort
Der Ausruf des „post-fotografischen Zeitalters“[1] zu Beginn der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hat viele Fragen und noch mehr vermeintliche Antworten bezüglich des Verständnisses von Medium Fotografie aufgeworfen.
Nicht erst seit im Jahr 2003 erstmals mehr Digitalkameras als konventionelle Fotoapparate verkauft wurden, scheint eine Beschäftigung mit der Frage, was eigentlich das normale Foto ausmacht und wie es sich von der neuen Form, dem digitalen Bild, unterscheidet, unumgänglich.
Diese Arbeit, die an das Referat vom 9. Februar 2005 im Tutorium von Alexander John anknüpft, ist zwar eine geisteswissenschaftliche Untersuchung, doch scheint es gerade in den Medienwissenschaften unerlässlich auch die technische Seite des betrachteten Untersuchungsgegenstandes zu beleuchten. Will man das wahre Wesen der Fotografie aus heutiger Sicht näher ergründen, kann die technische Grundlage dieses Mediums nicht außer Acht gelassen werden. Schon seit ihrer Erfindung dependiert die Fotografie von der Apparatur durch die sie erzeugt wird. Auch die neuen Bildverarbeitungstechniken wären ohne technische Vorrichtungen nicht existent und schon gar nicht in dem Ausmaß umstritten. Deshalb werden technische Aspekte im Verlauf der Arbeit von nicht geringer Bedeutung sein.
Zunächst soll eine Unterscheidung zwischen den Begriffen analog und digital vorgenommen werden, um diese dann kurz medientheorethisch zu beleuchten. Von dieser allgemeineren Betrachtung ausehend soll konkret auf die verschiedenen Erscheinungsformen der digitalen Fotografie eingegangen werden.
Aus diesen verschiedenen Formen und ihrer direkten Opposition zur analogen Fotografie ergibt sich ein weitreichender Konflikt im Verständnis der Begriffe Wahrheit und Referenz, auf den eingegangen werden wird.
Es soll gezeigt werden, dass durch ein falsches Verständnis des Mediums Fotografie von Anbeginn seiner Existenz automatisch auch eine falsche Einordnung der Referenz der neuen digitalen Technik geschehen ist.
2. Analog und Digital. Überblick über verschiedene Auffassungen und kleine Etymologie
Spricht man von einer Ablösung oder Verdrängung der analogen Fotografie durch die digitale, ist es zunächst einmal unerlässlich die attributiv gebrauchten Adjektive analog und digital zu erläutern.
Eine erste direkte Unterscheidung der beiden Begriffe kann erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges beobachtet werden. „Offenbar erscheint der Begriff digital in technischer Bedeutung erstmals 1938 in einer Patentschrift.[…] Die […] Unterscheidung analog/digital wurde dann in der ab 1946 sich herausbildenden Kybernetik in Bezug [die] Informationsverarbeitung immer wichtiger.“[2] Die Anwendung dieser Unterscheidung auf die Medien fand wohl erstmals in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit Einführung des Computers statt. Mit der Compact Disc-Einführung im Jahre 1982 drang ein sogenanntes digitales Medium erstmals an die breite Öffentlichkeit.[3]
2.1. Analog und Digital unter der Lupe
Digital hat in der hier relevanten Bedeutung nicht wirklich etwas mit dem lateinischen Wortlaut digitus (Finger) zu tun. Mit der Bezeichnug werden beispielsweise technische Abtastungs- und Umsetzungsmuster bezeichnet die in diskreten Schritten verlaufen. Also entweder eine Information ist vorhanden oder nicht, ein dazwischen gibt es nicht. Hier vollzieht sich die Umsetzung des Binärprinzips (0/1, Information/Nicht-Information).
Digitale Informationen werden chiffriert in mathematische Muster übertragen. Als Repräsentationsform in der digitalen Fotografie kommen bei größtmöglicher Vergrößerung eines Bildes die picture elements (pixel) zum Vorschein. Während man scharfe Grenzen zwischen den einzelnen farbigen oder den graustufigen Elementen erkennen kann, verhält sich das bei der analogen Fotografie anders.
Analog ist eine Bezeichnung aus dem Griechischen und bedeutet im betrachtetem Zusammenang soviel wie kontinuierlich oder stufenlos. Informationsmuster werden in der Regel so übertragen, dass es ihrer keiner Dechiffrierung bedarf. Auch hier lassen sich bei der Fotografie unter dem Vergrößerungsgerät einzelne Elemente feststellen. Diese sind aber nicht scharfkantig von einander abgegrenzt, sondern sind von einer gewissen Körnigkeit, die auf das chemische Herstellungsverfahren zurückzuführen ist.
Die Wichtigkeit der materiellen Unterscheidbarkeit wird im Kapitel über die Referenz noch von Bedeutsamkeit sein, deswegen folgt nun ein kleiner Exkurs in die Genese eines analogen Fotos.
Trifft von einem Gegenstand reflektiertes Licht auf das Objektiv, wird das dort gebündelte Licht auf den Film weitergeleitet. Dieser besteht aus einer Schicht von Silberhalogenidkristallen. Durch den Lichteinfluß werden die Verbindungen dieser Kristalle verändert und das Bild gespeichert. Durch den chemischen Entwicklungs- und Fixierungsprozess wird das latente Bild auf dem Film sichtbar gemacht.[4]
Es wird oft auch als indexikalisch[5] erzeugtes Bild bezeichnet, das bedeutet, dass eine kausale Verbindung zwischen dem fotografierten und dem abgebildeten Objekt besteht.
2.2 Analog und Digital aus medientheorethischer Sicht bei Luhmann und Kittler
Da das Verhältnis von analog und digital und ihre Schnittstellen in der Diskussion um die digitale Fotografie von enormer Bedeutung ist, soll es auch aus allgemeiner medientheorethischer Sicht kurz beleuchtet werden.
Niklas Luhmanns systemtheoretischer Denkansatz betrachtet das verallgemeinerte Medium, welches „aus lose gekoppelten Elementen besteht“[6], und stattet es mit den Eigenschaften viskos (analog) und körnig (digital) aus. Die Bezeichnung eines ´digitalen Mediums´ wird dabei meinem Verständnis nach aber ad absurdum geführt, muss doch, Luhmanns Ansicht nach, jedes Medium über eine bestimmte Viskostät verfügen, da es sonst kein Medium ist.
Über den Grad der Ausgeprägtheit der Eigenschaften definiert sich die Art des Mediums. Es sind also „[…] analog und digital eher Grenzmarken eines Kontinuums zwischen der Unabhängigkeit und der Interdepenz der Elemente eines […]Mediums mit entsprechenden Konsequenzen für [seine] Formbildung“.[7]
[...]
[1] William J. Mitchell zit. nach: Schröter, Jens. Intelligence Data. Zum Weltbezug der so genannten „digitalen Bilder“. [WWW-Dokument]. URL http://www.theorie-der-medien.de/text_defail.php?nr=43, letzter Zugriff: 12.03.2005
[2] Schröter, Jens. Analog/Digital. Opposition oder Kontinuum?. [WWW-Dokument]. URL http://www.theorie-der-medien.de/text_defail.php?nr=48, letzter Zugriff: 12.03.2005
[3] ebd.
[4] Freier, Felix und Sarrazin, Norbert. Fotos: Selbst entwickeln – Selbst vergrößern. Kreatives Gestalten und praktische Technik. Köln 1995, S.89
[5] Indexikalisch als Begriff verwendet bei Charles Sanders Pierces zit. nach: Schröter. Intelligence Data.
[6] Niklas Luhmann zit. nach: Schröter. Analog/Digital
[7] ebd.
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