Frauen leben heute in einem Zeitalter, in dem ihnen zahlreiche Möglichkeiten geboten werden, ihre Träume zu verwirklichen, ihre intellektuellen Fähigkeiten einzusetzen und ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Doch dies war nicht immer so. Die weibliche Emanzipation blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Frauenfrage in vielen Ländern Europas, besonders im viktorianischen England, öffentlich diskutiert. Im Gegensatz zu den Frauen des 21. Jahrhunderts […], bestand das Anliegen vieler Viktorianerinnen hingegen in einer grundsätzlichen Verbesserung ihrer rechtlichen und sozialen Stellung. Das der Grundstein für die weibliche Gleichberechtigung in England somit bereits vor mehr als hundert Jahren gelegt wurde, wäre uns heute jedoch nicht bewusst, hätten nicht viktorianische Philosophen, Essayisten, und Romanciers diese Bewegung in ihren Werken festgehalten. […]
Weniger bekannt ist hingegen, dass der moderne Leser auch durch das Werk des viktorianischen Schriftstellers Anthony Trollope einen interessanten Einblick in die weibliche Lebensrealität des 19. Jahrhunderts erhält. Nicht zuletzt, da Anthony Trollope als Vertreter des realistischen Romans stets bemüht war, mit Hilfe seiner Romanfiguren die viktorianische Gesellschaft wirklichkeitsgetreu zu porträtieren. Er selbst schrieb dazu im Jahr 1883 in seiner Autobiography: ‘A novel should give a picture of common life [...]. To make the picture worthy of attention, the canvas should be crowded with real portraits, not of individuals known to the world or the author, but of created personages impregnated with traits of character which are known. [...] so that my readers might recognise human beings like themselves [...].’ (Autobiographie, 126, 145). In seinen mehr als 50 Romanen begegnen dem Leser deshalb über hundert verschiedene Frauenfiguren, deren Schicksal, Ansprüche und Träume die Lebensrealität viktorianischer Frauen widerspiegeln. Im Rahmen dieser Arbeit soll nun gezielt der Frage nachgegangen werden, ob Trollope seine Frauenfiguren ausschließlich als Abbilder des konventionellen Weiblichkeitsideals darstellt oder in seinen Romanen auch Frauen zu finden sind, die das gängige Ideal des Angel in the House unterlaufen und dadurch die feministische Fragestellung des viktorianischen Zeitalters sowie seine eigenes Verständnis für die emanzipatorischen Forderungen seiner Zeitgenossinnen reflektieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Frauenbild und Geschlechterrollen in der viktorianischen Gesellschaft
- Die Idealisierung des "Angel in the House"
- Frauenbild und soziale Realität
- Anthony Trollope und seine Frauenfiguren
- Trollope und das realistische Porträt der viktorianischen Gesellschaft
- Die Rolle der Frau in Trollope's Werken
- Die Frauenfiguren in Trollope's Romanen
- Der Einfluss des viktorianischen Frauenbilds
- Frauen als Subjekte der Handlung
- Feministische Elemente in Trollope's Romanen
- Die Kritik am konventionellen Frauenbild
- Frauenfiguren als Vorboten der Emanzipation
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Frauenbild in den Romanen des viktorianischen Schriftstellers Anthony Trollope. Ziel ist es, die Darstellung der weiblichen Figuren in seinem Werk zu analysieren und ihre Beziehung zu den gängigen Geschlechterrollen und dem viktorianischen Frauenbild zu erforschen.
- Die Idealisierung des "Angel in the House" und seine Relevanz in Trollope's Romanen
- Die Darstellung von Frauenfiguren, die sich den konventionellen Erwartungen widersetzen
- Trollope's Positionierung innerhalb der feministischen Debatte des viktorianischen Zeitalters
- Die literarischen Mittel, die Trollope nutzt, um die Frauenfiguren in seinen Romanen zu charakterisieren
- Die Relevanz von Trollope's Werk für das Verständnis der weiblichen Lebensrealität im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einführung in das Frauenbild und die Geschlechterrollen in der viktorianischen Gesellschaft. Es wird die Idealisierung des "Angel in the House" und die damit verbundenen Erwartungen an Frauen vorgestellt. Des Weiteren wird die soziale Realität viktorianischer Frauen beleuchtet. Das zweite Kapitel widmet sich Anthony Trollope und seiner literarischen Arbeit. Es werden Trollope's eigene Ansichten zur realistischen Darstellung der viktorianischen Gesellschaft und die Rolle der Frauen in seinen Werken vorgestellt. Das dritte Kapitel analysiert die Frauenfiguren in Trollope's Romanen. Es untersucht den Einfluss des viktorianischen Frauenbilds auf die Darstellung dieser Figuren sowie die Möglichkeit, dass Trollope diese Figuren auch als Subjekte der Handlung darstellt. Das vierte Kapitel erörtert feministische Elemente in Trollope's Werken. Es wird die Kritik am konventionellen Frauenbild in seinen Romanen untersucht und die Möglichkeit aufgezeigt, dass Trollope's Frauenfiguren als Vorboten der Emanzipation betrachtet werden können.
Schlüsselwörter
Anthony Trollope, Frauenbild, Viktorianische Gesellschaft, "Angel in the House", Geschlechterrollen, Realismus, Feminismus, Emanzipation, Frauenfiguren, Romanfiguren, literarische Analyse.
- Quote paper
- Kristin Behrends (Author), 2001, Das Frauenbild bei Anthony Trollope: Eine Subversion der viktorianischen Konvention?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3826