In Deutschland leben zur Zeit ca. 1,4 Mio. Patienten mit Erkrankungen aus dem dementiellen Formenkreis. Die Erstdiagnose wird ungefähr im Alter von ca. 75 Jahren gestellt.
So unterschiedlich wie auch wir Menschen sind, so unterschiedlich stellen sich die Symptome der Demenz für den Betrachter dar und so unterschiedlich sind auch die Verläufe und die Symptomatiken dieser Erkrankungen.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Ursachen
Diagnostik
1. Der Verlauf der Demenz in der Wahrnehmung
Ungebrochener Krankheitsverlauf
Gebrochener Krankheitsverlauf
2. Persönlichkeit, Infantilisierung und Verantwortung
3. Dilettantismus und das Wissensproblem
4. Fazit
Literatur
Einführung
In Deutschland leben z.Zt. ca. 1.4 Mio Patienten mit Erkrankungen aus dem dementiellen Formenkreis. Die Erstdiagnose wird ungefähr im Alter von ca. 75 Jahren gestellt.
So unterschiedlich wie auch wir Menschen sind, so unterschiedlich stellen sich die Symptome der Demenz für den Betrachter dar und so unterschiedlich sind auch die Verläufe und die Symptomatiken dieser Erkrankungen.
Ursachen
Bei den Demenzen unterscheidet man sehr viele verschiedene Arten, die ihre Herkunft in unterschiedlichen pathologischen Kausalitäten haben.
Neben der Alzheimer Demenz kennt man z.B. noch die vaskulären Demenzen, Levy Body Demenz, Parkinson Demenz, Korsakow Demenzen (Dt. Alzheimer Gesellschaft) etc.
So unterschiedlich wie diese Formen sind auch die vermuteten Ursachen.
Man schließt zum einen aus der symptomatischen Klinik auf die entsprechende Pathologie oder aus zusätzlich bildgebenden Verfahren (sh. dort).
Die möglichen Ursachen einer Neurodegeneration reichen vom Alter grundsätzlich als eine der Hauptursachen über z.B. die Anreicherung von neurofibrillären Strukturen (Amyloid Plaques, Tau und A- Proteine über familiär vererbten Ursachen und intracerebrale Entzündungsprozesse (auch immunologisch bedingt) bis zu Depressionen, Parkinson oder Alkohol (sh. Parkinson bzw. Korsakow Demenz) aber auch Operationen mit Anästhesie. (13 Cherbuin et al 2015, 14 Reich et al 207; 15 Richartz-Salzburger et al 2010; 16 Baloyannis 2015; 17 Tang et al 2011, 18 Wyss-Coray et al 2011)
Eine alleinige kausale Ursache für die z.B. Alzheimer Demenz ist bis heute aber abschließend nicht feststellbar. (Konietzko, 2015) Offensichtlich sind die Demenzen in ihrer Vielfalt an Symptomen durch eine ebenso großen Vielfalt an Ursachen bedingt.
Diagnostik
Da sich diese Erkrankungen faktisch erst postmortem im Schnittbild des mortalen und erkrankten Gehirnes sachlich feststellen lassen (s.u.), ist jede Diagnose vorher eine Diagnose, die mit klassischen psychiatrischen und psychologischen Methoden festgestellt wird und also am Dilemma einer ausschließlich an der Symptomatik orientierten Diagnostik leidet.
Das philosophische Problem der Diagnostik in der Psychiatrie stellt sich hier also in noch größerem Maße dar.
Nach Stieglitz (2008) ist ... Psychiatrische und Klinische Diagnostik ist im Wesentlichen eine Diagnostik, die unterschiedliche Ebenen im Sinne eines multimodalen Ansatzes berücksichtigen muß. Der biologischen Datenebene kommt eine besondere Bedeutung zu, sie ist jedoch im Hinblick auf die Diagnostik psychischer Störungen am wenigsten elaboriert. Bisher lassen sich für die meisten psychischen Störungen kaum eindeutige bzw. nur inkonsistente Beziehungen zwischen psychischen und biologischen Phänomenen nachweisen, die eine hinreichend zuverlässige Erstellung einer Nosologie (Krankheitslehre) ermöglichen bzw. die Möglichkeit einer Diagnosestellung erlauben.“
Und weiter führt T. Fuchs 2010, aus:
„Je objektiver die Aussagen, die der Psychiater über das Erleben von Personen gewinnen will, indem er es in messbare Einzeldaten oder physiologische Begleiterscheinungen zerlegt, desto mehr entfernt er sich von der subjektiven Perspektive, aus der sie erlebt werden. ..
sowie: „Psychische Störungen sind demnach nicht rein objektiv, .“
Die heute möglichen bildgebenden Verfahren leisten hier in der unterstützenden Diagnostik einen unerlässlichen und immanenten Beitrag. Gleichwohl ist die Interpretation der Befunde auch nur eine Facette der Indizien, um ein vollständiges Bild einer Erkrankung zu bekommen. Die faktischen Ergebnisse moderner bildgebender Verfahren lassen nur einen hinreichenden Schluss auf mögliche symptomatische Folgen zu, aber keinen notwendigen.
„Eine sichere Diagnose neurodegenerativer Demenzerkrankungen kann nur mittels post mortem histopathologischer Evaluation des Gehirngewebes erfolgen. Es ist akzeptiert, dass die pathologischen Veränderungen Jahre bis Jahrzehnte vor Beginn der klinischen Symptomatik einsetzen. Der Nutzen klinisch-neuropsychologischer Maße für die frühe Diagnostik dieser Erkrankungen im vor- oder geringsymptomatischen Stadium ist somit limitiert. Die zum Teil deutliche symptomatische Überlappung unterschiedlicher Demenzerkrankungen erschwert zusätzlich die klinische Differenzialdiagnostik. Insbesondere neue Therapieansätze machen aber eine frühe und zuverlässige Differenzialdiagnose immer wichtiger, was den Bedarf an geeigneten Biomarkern unterstreicht. Hier sollen zwei Verfahren der molekularen und funktionellen Bildgebung behandelt werden, die vielversprechend und gut evaluiert sind: Die FDG-PET (Positronen Emissions Tomografie) als Marker der regionalen neuronalen Dysfunktion. Und die Amyloidplaquebildgebung mittels moderner PET-Tracer wie dem PIB. Deren Wertigkeit in der Früh- und Differenzialdiagnostik sowie für die Patientenselektion für Therapiestudien und für eine objektive Therapiekontrolle wird diskutiert.“ (Drzezga 2009)
Die Intention dieser Arbeit unterscheidet sich von vielen Arbeiten zum Thema Selbsbestimmheit und Demenz („Demenz und Selbstbestimmung“, Dt. Ethikrat 2012, Dewald 2013 etc pp).
Das Ziel der vorliegenden Schrift ist hierbei der Betrachter, nicht der Erkrankte. Es geht um die Diskussion:
wie nehmen wir Außenstehenden den in unterschiedlichen Phasen Erkrankten war
was schließen wir aus Äußerungen etc.
welche Konsequenzen in kommunikativer und handelnder Relevanz entstehen.
Diese Gedanken sind also hinführende Gedanken zur Beispielfrage:
Kann ich den wahren Kern der Aussage eines an Demenz Erkrankten erkennen und wenn ja, wie?
Diese Erkenntnis hilft dann z.B. u.U. die Selbstbestimmung eines Patienten umzusetzen. Die erwähnten Diskussionen zur Selbsbestimmung bei hilfebedürftigen Personen führen insofern in die Irre, als mit dieser Diskussion der Begriff „Selbsbestimmung“ in der Zielsetzung für eine andere Person ja ad absurdum ist. Wir können „Selbsbestimmung“ nur deskriptiv beurteilen.
Die prospektive Diskussion über Selbsbestimmung einer anderen Person ist nicht möglich, ohne genau die Selbstbestimmung dieser Person zu unterlaufen.
1. Der Verlauf der Demenz in der Wahrnehmung
Die Erkrankung eines an Demenz erkrankten Patienten verläuft im Normalfall über viele Jahre unauffällig, da sich die Mehrheit der Symptome schleichend einstellen.
Viele Patienten sind in der Lage, über viele Monate und Jahre unter zunehmender Vermeidung anscheinend nicht notwendiger Alltagspraktiken, die für sie als Person relevanten und prägenden Verhaltensmuster und Alltagspraktiken aufrechtzuerhalten. D.h., das Bemerken von ersten Schwächen stellt sich mitunter für den Betrachter erst nach einem langen Zeitraum ein.
Zumal die i.d.R. nächststehenden Personen, die Familie, diese ja auch schleichend erleben und von den normalen Alterserscheinungen nicht leicht differenzieren können. Da jeder demente Patient ja eine eigenständige Person mit einem Lebens- und Charakterbild darstellt, sind auch Vergleiche, die sich nicht auf klassische Testverfahren zurückführen lassen, kein Erkenntnisgewinn.
D.h. subjektive Vergleiche (interpersonell) bringen keinen Erkenntnisgewinn. Lediglich die Anwendung klinisch-psychiatrischer Testverfahren können einen relativ objektivierbaren Erkenntnisstand erzeugen. Zu den Problemen der Diagnostik wurde oben schon Stellung genommen.
Ungebrochener Krankheitsverlauf
Man kann bei den Krankheitsverläufen dementieller Erkrankungen einen schleichenden, ungebrochenen Verlauf beobachten, der erst im Versagen der letzten, mühsam erhaltenen Alltagsstrukturen oder körperlicher Gebrechen sich so massiv äußert, dass dann eine medizinische Intervention auch für den Außenstehenden unumgänglich erscheint.
Dieses stellt sich z.B. als Inkontinenz oder Stürze dar oder aber das massive Nichterinnern, sprachliche Probleme (Aphasien z.B.) oder Orientierungs-störungen.
In dieser Situation wird auch allen Laien klar, dass ein dringender Handlungsbedarf besteht, um dem Patienten auch weiterhin in geschütztem Rahmen einen adäquaten und krankheitsgerechten Lebensabschnitt zu ermöglichen.
[...]
- Quote paper
- Rainer Heide (Author), 2017, Was ist wahr, was ist falsch? Das Dilemma des Demenzpatienten in der Wahrnehmung der Außenstehenden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380972
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.