Dieser Essay beschäftigt sich mit den mittelniederdeutschen Fastnachtspielen im Lübecker Raum, im Nürnberger Raum, im Allemannischen Gebiet und Tirol. Im 15. Jh. beschränkte sich der Begriff „Fastnachtspiel“ weder auf die dramatische Gattung, noch war er auf den Bereich des Fastnächtlichen beschränkt: als „Fastnachtspiel“ werden jegliche der Volksbelustigung dienenden Vorführungen und Vergnügungen bezeichnet.
Heute versteht man unter „Fastnachtspiel“ ab etwa 1430 im gesamten deutschsprachigen Raum aufgeführte Spiele in städtischer Umgebung zur Fastnacht, die (zunächst) an ihren Anlass (Fastnacht) und ihren Zweck (Belustigung und Unterhaltung) gebunden waren. Nur in einzelnen städtische Zentren hat es zeitversetzt eine literarische Gestaltung erfahren: Lübeck (ab 1430), Nürnberg (ab 1440), im alemannischen Raum (ab 1510), Tirol (ab 1500),
Ein erster Hinweise auf den Begriff „Fastnachtspiel“ findet sich in einer archivalischen Nachricht aus Hall in Tirol (1426), in der von „zwein spiln ze vasnacht“ die Rede ist. Ob das „eigentliche“ Fastnachtspiel gemeint ist, ist fraglich, zumal es zeitgenössisch weder auf die dramatische Gattung noch den Bereich des Fastnächtlichen beschränkt ist. Als Fastnachtspiele werden die verschiedenen der Volksbelustigung dienenden Vergnügungen und Vorführungen bezeichnet. In dieser Arbeit soll das „Fastnachtspiel“ als Fastnachtspiel verstanden werden, das ab etwa 1430 im gesamten deutschsprachigen Raum in städtischer Umgebung zur Fastnacht aufgeführt wurde und dass zunächst anlass- und kontextgebunden war.
Inhaltsverzeichnis
- Gattung
- Ursprung
- Entwicklung und Nachwirken
- Forschung
- Wandel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit den mittelniederdeutschen Fastnachtspielen, die im 15. Jahrhundert entstanden sind. Sie untersucht ihre Entstehung, Entwicklung und Nachwirkungen sowie die Forschung dazu. Dabei wird auch die Bedeutung des Fastnachtspiels als lebende Gebrauchstexte in einem städtischen Kommunikationssystem beleuchtet.
- Die Entwicklung des Fastnachtspiels von seinen Anfängen bis zum 16. Jahrhundert
- Die verschiedenen Einflüsse, die zur Entstehung des Fastnachtspiels beigetragen haben
- Die Bedeutung des Fastnachtspiels als Unterhaltung und als Mittel der Kritik
- Die Rolle des Fastnachtspiels in der Literaturgeschichte
- Die Forschung zum Fastnachtspiel und seine Rezeption in der heutigen Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Gattung
Das Fastnachtspiel stellt im Mittelalter die einzige Form des weltlichen Spiels dar. Es entstand um 1430 in Deutschland und verschwand nach 1600 aus der Literatur. Im Gegensatz zu fastnächtlichen Bräuchen handelt es sich um eine selbstständige literarisch-theatralische Form, die neben verschiedenen Arten des geistlichen Spiels existiert. Ende des 15. Jahrhunderts wird das Fastnachtspiel zum Synonym für das weltliche Spiel und zum Gegenbegriff zum geistlichen Spiel. Im 16. Jahrhundert setzt sich mit den Gattungsformen der antiken Dramatik auch deren Bezeichnungen durch.
Ursprung
Die Kirche wird als Ursprung für das geistliche Spiel angesehen. Über den Ursprung des weltlichen Fastnachtspiels gibt es verschiedene Hypothesen: mittelalterliche Vaganten, Spätstufe germanistischer Kultspiele, Entwicklung aus dem geistlichen Spiel, dem frühen weltlichen Spiel oder den fastnächtlichen Bräuchen. Heute wird die Auffassung vertreten, dass es keinen einzelnen Ursprung gibt, sondern diverse Anfänge, die von dem Unterhaltungsbetrieb der Städte abhängig sind. Fastnachtspiele sind literarische Produkte individueller Verfasser, die in städtischer Umgebung unter bestimmten sozialen Umständen entstanden sind.
Entwicklung und Nachwirken
Im Laufe des 16. Jahrhunderts entwickelt sich innerhalb des Fastnachtspiels eine Form des dramatischen Lustspiels, die jedoch keine weitere Wirkung hat. Die Gattung hat kaum literarische Fortwirkung und keinen gestaltenden Einfluss auf das Drama. Möglicherweise übte das Fastnachtspiel Einfluss auf die Dialogdichtung aus, die hierdurch zu einer wirklichkeitsnäheren Gestaltung angeregt worden sein könnte. Mitte des 18. Jahrhunderts wird die Dichtung wieder auf das Fastnachtspiel aufmerksam. Johann Christoph Gottsched untersucht als erster die Gattung des Fastnachtspiels wissenschaftlich. Er beginnt seine Darstellung der Entwicklung des deutschen Dramas mit Auszügen und Erörterungen von Hans Sachs, Hans Rosenplüt und Peter Probst. Seit Gottsched wird das geistliche vom weltlichen Spiel aufgrund der jeweiligen inhaltlichen Unterschiede abgegrenzt.
Schlüsselwörter
Fastnachtspiel, mittelniederdeutsch, Fastnacht, städtische Umgebung, Unterhaltung, Literaturgeschichte, Drama, geistliches Spiel, weltliches Spiel, Forschung, Entwicklung, Nachwirken, Wandel.
- Quote paper
- Angelika Felser (Author), 2004, Die Geschichte der mittelniederdeutschen Fastnachtspiele. Entwicklung und Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/377984