Diese Arbeit verfolgt mehrere Zielsetzungen. Erstens soll das am deutlichsten in polemischer Absicht verfasste Werk Maimonides´, der „Iggeret Teiman“, vorgestellt und die Rahmenbedingungen seiner Entstehung beleuchtet werden. Im folgenden soll dann der Begriff der religiösen Polemik generell bestimmt werden und die polemischen Aspekte des „Iggeret Teiman“ hinsichtlich dieses Begriffs eingeordnet werden. Dabei werden sich zwei Dimensionen des religiös-polemischen Schrifttums zeigen, die beide aufeinander bezogen sind und dennoch ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen: zum einen die inhaltliche, in der es um die Abwägung, Aufstellung und Widerlegung von Argumenten und Glaubenssätzen der jeweiligen Verfasser geht; zum anderen die soziale Dimension, die aufgrund des erstaunlichen Missverhältnisses zwischen der Anzahl und Intensität polemischer Schriften und deren fast gänzlich fehlender Außenwirkung (etwa in bezug auf Konversionsbestrebungen) in den Mittelpunkt des Interesses dieser Arbeit rückt. In diesem Zuge wird die These zu erläutern und zu begründen sein, daß die religiöse Polemik des Mittelalters, u.a. aufgrund der asymmetrischen Machtverhältnisse zwischen den Religionen in der christlichen und islamischen Welt, vielmehr eine innerkonfessionelle denn eine interkonfessionelle Rolle spielte, Kritik der jeweils fremden religiösen Auffassungen also vorwiegend der Bestätigung der eigenen Legitimation auf diesem Feld als dem Versuch, die ´Ungläubigen` von einer Konversion zu überzeugen, diente und auch der „Iggeret Teiman“ von dieser Regel keine Ausnahme darstellte.
Diese Arbeit ist im einzelnen folgendermaßen aufgebaut: nach einer kurzen Übersicht über Maimonides´ Leben und Werk soll zunächst der „Iggeret Teiman“ vorgestellt werden. An diesem Beispiel werden die wesentlichen, gegen die jüdische Religion gerichteten Argumente der islamischen Gelehrten und im Anschluß daran Maimonides´ Replik auf diese dargestellt. Im nächsten Abschnitt wird die eigentümliche soziale Funktion thematisiert, die religiöse Polemik, entgegen der ihr für gewöhnlich unterstellten, vor allem für ihre Verfasser selbst übernahm. Unter dieser Perspektive schließen sich grundsätzliche Überlegungen zur Ursache des asymmetrischen Verhältnis des (semantischen) Gehalts von religiöser Kritik und deren (pragmatischen) Resultaten an. Abschließend soll ein Ausblick auf mögliche Bedingungen des Gelingens von religiöser Polemik gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rabbi Moshe ben Maimon - Leben und Werk
- Religiöse Polemik - Das Beispiel „Iggeret Teiman“
- Zum Begriff der religiösen Polemik
- Religiöse Polemik im „Iggeret Teiman“ – Entstehungsgeschichte
- Der Aufbau des „Iggeret Teiman“ – Widerlegung der polemischen Argumente und negative Bestimmung des Judentums
- Positive Bestimmung des Judentums – Überlegenheit durch innere Kohärenz
- Selbstvergewisserung durch Kritik – Die Notwendigkeit der Untersuchung der sozialen Dimension religiöser Polemik
- Die soziale Funktion der religiösen Polemik
- Die Stellung der religiösen Polemik innerhalb mittelalterlicher machtpolitischer Konstellationen
- Der „Iggeret Teiman“ als Beispiel für religiöse Inklusion durch Exklusion
- Abschließende Überlegungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Werk „Iggeret Teiman“ von Maimonides und analysiert dessen polemischen Charakter. Das Ziel ist es, den Begriff der religiösen Polemik zu definieren und die polemischen Aspekte des „Iggeret Teiman“ im Kontext dieses Begriffs zu betrachten. Die Arbeit untersucht die inhaltliche und soziale Dimension religiöser Polemik im Mittelalter.
- Die Entstehung und Rahmenbedingungen des „Iggeret Teiman“
- Die Unterscheidung zwischen inhaltlicher und sozialer Dimension der religiösen Polemik
- Die Rolle der religiösen Polemik als Mittel der Selbstvergewisserung und Legitimation
- Die soziale Funktion der religiösen Polemik im Kontext mittelalterlicher Machtverhältnisse
- Der „Iggeret Teiman“ als Beispiel für religiöse Inklusion durch Exklusion
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die Zielsetzung der Arbeit und stellt den Aufbau der einzelnen Kapitel vor. Das erste Kapitel befasst sich mit dem Leben und Werk von Maimonides. Im zweiten Kapitel wird der „Iggeret Teiman“ vorgestellt, wobei die Entstehungsgeschichte und der Aufbau des Werkes beleuchtet werden. Es werden die wesentlichen gegen die jüdische Religion gerichteten Argumente der islamischen Gelehrten sowie Maimonides’ Replik auf diese dargestellt. Das dritte Kapitel widmet sich der sozialen Funktion der religiösen Polemik und untersucht deren Bedeutung für die Verfasser selbst. Dabei wird die These vertreten, dass die religiöse Polemik im Mittelalter primär eine innerkonfessionelle Rolle spielte und der Bestätigung der eigenen Legitimation diente.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen religiöse Polemik, Maimonides, „Iggeret Teiman“, mittelalterliche Machtverhältnisse, interkonfessionelle und innerkonfessionelle Auseinandersetzungen, Selbstvergewisserung, Legitimation, soziale Funktion und die Rolle der Polemik als Mittel der Inklusion.
- Quote paper
- Frank Lachmann (Author), 2004, Religiöse Polemik am Beispiel Maimonides, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37780