Zum Aufbau der Arbeit: Der Mittelteil „Didaktische Überlegungen und Ansatzpunkte“ nimmt den Hauptteil der Arbeit ein, da er auch den thematisch wichtigsten Teil birgt. Nämlich die Vermittlung der Sinfonie unter verschiedenen Gesichtspunkten. Die „Bedeutung der Sinfonie“ steht am Anfang und dient als Einleitung und zur Darstellung thematischer Möglichkeiten der Sinfonie. Der „Geschichtliche Zusammenhang“ dient dem Verständnis der Zusammenhänge rund um die geschichtliche Bedeutung und Einordnung des Werkes. Zum Abschluss steht eine Unterrichtskonzeption, die aber weitgehend auch Konzept sein soll.
Inhalt
1. Bedeutung der Sinfonie
2. Geschichtlicher Zusammenhang
3. Didaktische Überlegungen und Ansatzpunkte
4. Unterrichtskonzeption
5. Quellen und nachträgliche Erläuterungen
1. Bedeutung der Sinfonie:
Zunächst beleuchte ich die Bedeutung der pastoralen Sinfonie op. 68 für den Komponisten Beethoven selbst. Zahlreiche Zitate aus Briefen Beethovens zeigen ein außergewöhnliches Verhältnis desselben zur Natur. Er lebte diese starke Verbundenheit aus, indem er lange Spaziergänge machte und durch sie inspiriert wurde zum Komponieren. Um die Naturverbundenheit des Komponisten zu verdeutlichen seien hier zwei Zitate aus dessen Briefen angebracht.
Aus einem Brief Beethovens an Therese Malfatti, im Mai 1810, schreibt er: „Ich lebe sehr einsam und still. (...) Wie glücklich sind Sie, dass Sie schon so früh aufs Land konnten! Erst am achten kann ich diese Glückseligkeit genießen. Kindlich freue ich mich darauf; wie froh bin ich, einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können, kein Mensch kann das Land so lieben wie ich. Geben doch Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht!“
In einem anderen Brief an den Erzherzog Rudolph in Baden vom 27.Mai 1813 lässt er verlauten: „Ihro Kaiserliche Hoheit! Ich habe die Ehre, Ihnen meine Ankunft in Baden zu melden, wo es zwar noch sehr leer an Menschen; aber desto voller angefüllter und in Überfluss und hinreißender Schönheit pranget die Natur. – Wenn ich irgendwo fehle, gefehlt habe, so haben Sie gnädigste Nachsicht mit mir, indem so viele aufeinander gefolgte fatale Begebenheiten mich wirklich in einem beinahe verwirrten Zustand versetzt; doch bin ich überzeugt, dass die herrlichen Naturschönheiten, die schönen Umgebungen von hier mich wieder ins Geleise bringen werden ...“
Welche Bedeutung die Sinfonie allgemein für jeden beinhaltet, sei ebenfalls kurz dargestellt. Sie birgt eine Fülle von interessanten Aspekten verschiedener musikalischer, wie auch philosophischer Bereiche. Besonders im musikalischen Bereich drängt sich das Thema Sinfonie auf, da anhand der „Pastorale“ weitläufige musikgeschichtliche Zusammenhänge deutlich werden. Hierbei seien kurze Beispiele dazu erwähnt: charakteristische Pastoral-Musik, Entwicklung der Programm-Musik. Beide Bereiche rahmen die Sinfonie geschichtlich ein und lassen eine musikgeschichtliche Entwicklung deutlich werden. Als philosophischen Ansatz lässt sich Rousseau anbringen, dessen „Aufruf“ zur Rückkehr zur Natur eine enge Bedeutungsverwandtschaft erkennen lässt. Durchaus ist es nicht abwegig einen Vergleich mit dem Paradies und der Sinfonie an sich anzustellen. Somit bietet die „Pastorale“ viele interessante Gesichtspunkte um klassische Musik kennen zu lernen.
Für mich hat die Sinfonie einen besonderen Stellenwert durch ihre Ausnahmestellung. Kaum eine andere Sinfonie Beethovens ist mir länger bekannt und mir vertrauter, ohne die Noten oder wissenschaftliche Arbeiten über sie zu kennen. Aus dieser Position heraus habe ich mich mit ihr beschäftigt. Eine eigene Beteiligung an einer Aufführung konnte mein Interesse nur verstärken. Vieles lässt sich an der 6. Sinfonie Beethovens in Verhältnis zu seiner Person, zur Musikgeschichte und zu didaktischen Überlegungen setzen.
2. Geschichtlicher Zusammenhang:
Beethovens pastorale Sinfonie nimmt eine Sonderstellung innerhalb der Gattung klassischer Musik ein. Sie beinhaltet nämlich, in der Klassik eher selten vorkommende, Naturschilderungen. Diese Naturschilderungen sind durchaus ein bekanntes Stilelement in der moderneren Musik (z. B. bei Messaien – Vogelstimmen), aber auch in der Barock-Musik geläufig (z. B. Vivaldi – Vier Jahreszeiten). Mit der Programm-Musik wird ein Stilelement zur Gattung. Hier wird die Musik quasi zum Spiegel von Situations- und Naturschilderungen. (z. B. Strauss – Alpensinfonie, Respighi – Pini di Roma). Man findet in der “Pastorale” folgende Naturschilderungen: Im zweiten Satz, ab Takt 129, werden Vogelstimmen imitiert. Zuerst die Flöte mit der Nachtigall, dann die Oboe als Wachtel und schließlich der Kuckuck in der Klarinette. Im vierten Satz, „Gewitter, Sturm“, wird durch das Orchester ein Gewitter dargestellt. Die Piccolo-Flöte unterstreicht den pfeifenden Wind, die Violinen machen mit ihren schnellen Sforzato-Einsätzen die Blitze zum Donner der Pauken.
Ein weiterer geschichtlicher Aspekt ist die pastorale Kompositionsweise der Sinfonie. Beethoven hat pastorale Topoi in seine klassische Sinfonie einfließen lassen, daher lässt sich auch der Zusatz „Pastorale“ gut nachvollziehen. Allein schon die Tonart F-Dur ist ein Charakteristikum für Pastoral-Musik. Weiteres lässt sich an der Instrumentation (z. B. Bordun-Baß), an der typischen Harmonik und an der Taktart (z. B. 6/8 Takt im letzen Satz) festmachen.
Zur Zeit der Klassik lässt sich eine viel stärkere Bindung des Menschen zur Natur beobachten. Der Umgang mit ihr ist selbstverständlich und lebensnotwendig. Das Bewusstsein für die Natur verhält sich ganz anders als heute. Der Mensch damals fühlte sich in ihr geborgen, sie gab ihm Nahrung und Raum zum Leben. Sie war ein Teil von ihm. Heute ist das Bewusstsein zur Natur nicht mehr in dem Maße vorhanden, da die Bindung nicht mehr so direkt zu ihr besteht. Durch diese Naturverbundenheit des Menschen in der Epoche der klassischen Musik rückt die Pastorale in ein neues Licht. Die Überschriften, die Beethoven damals gewählt hat, sind für uns vielleicht missverständlich, da sie auf Tonmalerei hindeuten. Aber Beethoven hat sie nicht unter diesem Aspekt verstanden. Ihm ging es um den Ausdruck von Empfindungen („Mehr Ausdruck der Empfindung(en) als Malerei“), die für den Menschen damals leichter nachzuvollziehen waren, da es Teil seines Lebens war. Zum Beispiel war die Bedrohung und Gefahr eines Gewitters damals viel größer als für uns heute. Im einzelnen lassen sich die Überschriften der Sätze wie folgt deuten:
I. Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande,
Allegro ma non troppo (alltägliche Dorfszene)
II. Szene am Bach, Andante molto mosso (ruhige Natur, intime Landschaft)
III. Lustiges Zusammensein der Landleute, Allegro (festliche Dorfszene)
IV. Gewitter, Sturm, Allegro (stürmische Natur)
V. Hirtengesang – Frohe und Dankbare Gefühle nach dem Sturm, Allegretto (Dankgesang, breite Sonnenlandschaft)
Beethoven erhielt formale äußere Anregungen durch das Werk Portrait musical de la Nature ou Grand Symphonie des Komponisten Justin Heinrich Knecht, welches er 1785 veröffentlichte. Beide Sinfonien weisen eine fünfsätzige Struktur auf und haben beschreibende Überschriften zu ihren jeweiligen Sätzen. Ansonsten ist Beethoven was Inhaltsauswahl, Aufbau der einzelnen sinfonischen Sätze und der Anwendung des Sonaten- prinzips angeht einen anderen Weg gegangen als Knecht. Vielmehr hat Beethoven versucht seinen Vorgänger zu übertreffen.
Ganz typisch bei der Entstehung der 6. Sinfonie war Beethovens übliche Doppelarbeit. Beethoven hat schon immer an mehreren Werken gleichzeitig gearbeitet. So hat er vor allem gegensätzliche Werke bevorzugt. Hierbei diente ihm in diesem Fall die 5. Sinfonie, die ebenfalls um 1807/1808 entstand. Während im fünften sinfonischem Werk Beethovens die Motive einen vorwärtsstrebenden Charakter aufweisen, so ruhen die sich oft wiederholenden Motive der 6. Sinfonie in sich. Sie beschreiben die Wirkung der Natur auf den Menschen, die einen geradezu heilenden Einfluss auf ihn hat. Gegen diese Beschaulichkeit steht die Auseinandersetzung des Menschen mit seinem Schicksal in der 5. Sinfonie. Sie hat einen Appellcharakter, der eindrucksvoll durch die drängende Motivik dargestellt wird.
Bei der Uraufführung der „Pastorale“ wurde unter anderem auch die 5. Sinfonie uraufgeführt. Damals war die Bezeichnung der Sinfonien vor ihrer Drucklegung noch anders. Die 6. Sinfonie war als 5. Sinfonie und umgekehrt bezeichnet worden. Das Konzert zur Uraufführung war am 22.Dezember 1808 in Wien. Dabei wurden noch etliche andere Werke Beethovens aufgeführt, so dass die Aufführung bis zu vier Stunden dauerte.
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- Quote paper
- Thomas Grasse (Author), 2002, Zu Beethovens Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 „Pastorale“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37731
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