Verkehrspolitik führt in der policy-Forschung ein Schattendasein und findet im Vergleich zu vielen anderen policy-Feldern weitaus weniger Beachtung. Gerade aber in der europäischen Perspektive stellt Verkehrspolitik eines der wichtigsten und einflussreichsten Instrumente dar, um nach Artikel 14 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft von 1992 den gemeinsamen Binnenmarkt zu verwirklichen. Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) erfüllen dafür den Zweck, Peripheriestaaten der Union an den zentralen Binnenmarkt anzubinden und dadurch ökonomische Divergenzen innerhalb der Gemeinschaft auszugleichen.
Von wissenschaftlicher Relevanz ist daher die Fragestellung, ob die nationale Implementierung europäischer Richtlinien im Bereich Verkehrspolitik konvergent oder divergent verläuft. Daraus könnten Rückschlüsse auf nationale infrastrukturelle Fehlentwicklungen geschlossen und entsprechende Lösungsansätze formuliert werden. Interessant ist zudem im Falle von Divergenz zwischen europäischen Maßgaben und nationalstaatlicher Umsetzung die Ursachenforschung. Sie ließe womöglich Rückschlüsse auf innerstaatliche Prozesse, Interessenstrukturen zwischen verschiedenen nationalen Akteuren sowie deren politische Einflussnahme zu. Im Umkehreffekt könnte Compliance in der Verkehrspolitik aber auch eine Art Vorbildfunktion auf die Compliance anderer policy-Bereiche haben, indem beispielsweise Strukturen und Prozesse kopiert und übertragen werden, um in einem Politikfeld erfolgreich Compliance herbeizuführen. Ebenso könnten Nationalstaaten voneinander lernen, wie die Implementierung von EU-Direktiven mit Erfolg vollzogen werden kann.
Schließlich tangiert Verkehrspolitik nahezu alle policy-Bereiche und kann nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, wie Vickerman konstatiert. Interessant ist deshalb beispielsweise auch, welche Kettenreaktionen Compliance bzw. non-Compliance in der Verkehrspolitik in anderen Ebenen auslösen könnte – genannt seien nur die Regional- und Infrastrukturpolitik, die Gemeinsame Agrarpolitik, der Gemeinsame Binnenmarkt, Wettbewerbs- und Entwicklungspolitik, Stabilitäts- und Wachstumspolitik und seit einigen Jahren die Umweltpolitik im besonderen Maße.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführung: Verkehrspolitik in Europa
- Bedeutung & Zusammenhänge
- Transeuropäische Verkehrsnetze
- Von der Straße auf die Schiene
- Europäisierung von Verkehrspolitik
- Implementierung von EU-Direktiven
- Compliance. Ein theoretischer Hintergrund
- Operationalisierung
- Vorgehensweise in der Analyse
- Quelle
- Übersicht über die Konvergenzkriterien
- Die Kriterien im Detail
- Compliance-Analyse
- Beispiel: Frankreich zwischen 1996 und 2006
- Eindrücke und gewonnene Erkenntnisse
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Implementierung europäischer Richtlinien im Bereich des transeuropäischen Schienenverkehrsnetzes in Frankreich, insbesondere die Konvergenz- oder Divergenz der nationalen Umsetzung von TEN-V-Richtlinien im Zeitraum von 1996 bis 2006.
- Die Bedeutung der Verkehrspolitik für den europäischen Binnenmarkt und die Rolle der TEN-V-Richtlinien.
- Die Europäisierung der Verkehrspolitik und die Herausforderungen der Implementierung von EU-Direktiven.
- Der theoretische Hintergrund des Compliance-Konzepts und seine Anwendung auf die Verkehrspolitik.
- Die Analyse der Konvergenz oder Divergenz der französischen Implementierung der TEN-V-Richtlinien.
- Die Identifizierung von Ursachen für Compliance oder non-Compliance im französischen Fall.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Relevanz der Verkehrspolitik in der policy-Forschung und stellt die Fragestellung der Hausarbeit dar. Sie untersucht, ob die Implementierung europäischer Richtlinien zur Herstellung des transeuropäischen Schienenverkehrsnetzes in Frankreich im Zeitraum 1996 - 2006 konvergent oder divergent verlief.
Das Kapitel „Einführung: Verkehrspolitik in Europa“ beleuchtet die Bedeutung und die Zusammenhänge der Verkehrspolitik im europäischen Kontext. Es geht auf die Rolle der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) und die Bedeutung des Schienenverkehrs für die Integration des europäischen Binnenmarktes ein.
Das Kapitel „Europäisierung von Verkehrspolitik“ befasst sich mit den Herausforderungen der Implementierung von EU-Direktiven in den Mitgliedsstaaten und erläutert das Konzept der Compliance als theoretischen Hintergrund.
Die „Operationalisierung“ beschreibt die Vorgehensweise der Analyse und stellt die verwendeten Quellen sowie die Konvergenzkriterien für die Bewertung der französischen Implementierung der TEN-V-Richtlinien vor.
Das Kapitel „Compliance-Analyse“ untersucht anhand eines Beispiels aus Frankreich im Zeitraum von 1996 bis 2006 die Implementierung der TEN-V-Richtlinien. Es wird analysiert, ob die Umsetzung der Leitlinien im angegebenen Zeitraum eher konvergent oder divergent verlief.
Schlüsselwörter
Europäische Verkehrspolitik, TEN-V-Richtlinien, Transeuropäisches Schienenverkehrsnetz, Implementierung, Compliance, Konvergenz, Divergenz, Frankreich, Nationale Verkehrspolitik.
- Arbeit zitieren
- Ron Böhler (Autor:in), 2008, Compliance in der europäischen Verkehrspolitik. Implementierung von TEN-V-Richtlinien am Beispiel Frankreichs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376500