Dass Sprache sowohl Wissen als auch Ansichten, Meinungen, kurzum, Denkweisen zu transportieren im Stande ist, kann mittlerweile kaum mehr bestreitet werden. Besonders in Zeiten, in denen, zumeist im politischen Kontext, eine Zunahme an sprachlicher Schärfe beobachtet werden kann, liefert der Denkstilansatz nach FLECK ein hilfreiches Instrumentarium, um sprachliche Handlungen mündlicher wie schriftlicher Art bezüglich ihrer übermittelten Denkweisen zu untersuchen und mögliche sprachliche Reaktionen auf Äußerungen innerhalb eines Diskurses besser zueinander in Verbindung setzen zu können. Innerhalb dieses Thesenpapiers soll zunächst der Fleck’sche Denkstilansatz erörtert werden, um anschließend auf seine Bedeutung für die Diskurslinguistik eingehen zu können. An die theoretische Betrachtung schließt sich eine oberflächliche Darstellung eines praktischen Beispiels einer Denkstilanalyse aus dem Flüchtlingsdiskurs an.
Der Denkstil und Denkkollektivansatz, welchen LUDWIK FLECK in seiner „Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache“ darstellt, basiert auf einem wesentlichen Gedanken Flecks zur Konstitution wissenschaftlicher Erkenntnis und damit einhergehender Tatsachen und Informationen. Freilich, dies sei bereits an dieser Stelle erwähnt, können ‚Informationen‘ letztlich, in einem alltagssprachlichen resp. außerwissenschaftlichen Kontext, auch als ‚Meinungen‘, ‚Ansichten‘ oder ‚Denkansichten‘ verstanden und demzufolge analysiert und interpretiert werden. Für FLECK ist bei der Betrachtung der Entstehung wissenschaftlicher Tatsachen unabdingbar, dass Wissenschaft für ihn kein „formales Konstrukt“, sondern vielmehr eine „Tätigkeit, veranstaltet von Forschungsgemeinschaften“, darstellt. Bereits aus dieser Formulierung seines Verständnisses von Wissenschaft lassen sich zwei wesentliche Dinge herausstellen: Einerseits die Tatsache, dass Wissenschaft und die ihr innewohnende Konstitution von Wissen nie autark agieren können, sondern stets externen Faktoren wie beispielsweise der Geschichte oder Politik nebenstehend sind und von eben jenen externen Faktoren beeinflusst werden. Zweifelsohne verweist diese Tatsache auf die Zeiten Flecks als Gefangener der Nationalsozialisten in verschiedenen Konzentrationslagern – eine Zeit also, in der die Wissenschaft mehr als spürbar von externen Faktoren beeinflusst, wenn nicht gar beherrscht wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Der Denkstil- und Denkkollektivansatz von Ludwik Fleck
- Der Denkstilansatz und seine Bedeutung für die Diskurslinguistik
- Das Denkkollektiv
- Der Denkstil
- Praktisches Beispiel einer Denkstilanalyse aus dem Flüchtlingsdiskurs
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieses Thesenpapiers ist es, die Relevanz des Denkstil- und Denkkollektivansatzes von Ludwik Fleck für die Diskurslinguistik aufzuzeigen. Dabei werden die wichtigsten Aspekte des Denkstilan-satzes erläutert und seine Bedeutung für die Analyse sprachlicher Handlungen im Kontext von Diskursen herausgestellt.
- Die Entstehung und Entwicklung wissenschaftlicher Tatsachen im Kontext des Denkkollektivs
- Der Einfluss von Sprache und Denkstilen auf die Konstituierung von Wissen
- Die Bedeutung des Denkstilan-satzes für die Analyse von Diskursen
- Die Rolle von Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit (Esoterik und Exoterik) zu Denkkollektiven
- Die Herausforderungen des Zusammenstoßes verschiedener Denkstile
Zusammenfassung der Kapitel
Das Thesenpapier beginnt mit einer Erörterung des Denkstil- und Denkkollektivansatzes von Ludwik Fleck. Es wird erklärt, wie Fleck Wissenschaft als eine kollektive Leistung von Akteuren innerhalb eines Denkkollektivs betrachtet. Die Bedeutung des Denkstils für die Konstituierung von Wissen und die Herausforderungen des Zusammenstoßes verschiedener Denkstile werden behandelt.
Im nächsten Kapitel wird die Anwendung des Denkstilan-satzes auf die Analyse von Diskursen vorgestellt. Am Beispiel des Flüchtlingsdiskurses wird gezeigt, wie die Analyse von Sprache und Denkstilen helfen kann, sprachliche Handlungen und ihre Auswirkungen besser zu verstehen.
Schlüsselwörter
Denkstil, Denkkollektiv, Ludwik Fleck, Diskurslinguistik, Diskurs, Sprache, Wissen, Konstituierung, Esoterik, Exoterik, Beharrungstendenz, Flüchtlingsdiskurs
- Quote paper
- Florian Leiffheidt (Author), 2017, Analyse von Ludwik Flecks Denkstiltheorie und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Diskurslinguistik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376442