Hört man heute den Namen Leptis Magna, denkt man sogleich an eine alte antike Stadt, in der es noch zahlreiche Bauten vergangener Zeiten in prächtiger Form zu bewundern gibt. Die Stadt darf sich heute als Teil des UNESCO Weltkulturerbes bezeichnen und sollte einer Reise wert sein, um die vielen erhaltenen Reste sowohl aus augusteisch-tiberischer Zeit als auch der severischen Blütephase der Stadt, zu bestaunen.
In dieser Masterarbeit wird „Die Baupolitik in Leptis Magna in augusteischer und tiberischer Zeit“ thematisiert werden. Dabei soll vor allem auf die Bautätigkeit am Alten Forum und im Bereich der Regio V im Zusammenhang mit der Förderung des römischen Kaiserhauses bzw. des Kaiserkultes eingegangen werden. Mit Hilfe der geschichtlichen Entwicklung der Stadt und den Traditionen der einheimischen Bevölkerung, soll es dem Leser näher gebracht werden, in welchem Umfang sich die Romanisierung auf Leptis Magna und deren Einwohner ausgewirkt hat und welche Veränderungen sich daraus ergeben haben. Allgemein betrachtet hatte ein römisches Forum die Aufgaben, das Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung und das Prestige der Stadt durch prächtige Bauten zu steigern. Natürlich gilt es dabei nicht zu vergessen, dass es ebenso der Selbstdarstellung bedeutender Persönlichkeiten, in Form von Gebäudestiftungen und Statuen sowie Inschriften, dienen sollte, um dadurch die eigene Persönlichkeit in der Gesellschaft herausstechen zu lassen. Im Laufe der Bearbeitung dieses Themengebietes soll es versucht werden, Fragen zu lösen, die sich mit der städtebaulichen Angleichung an Rom beschäftigen sowie die Art und Weise der Durchführung der allmählichen Romanisierung der Stadt. Bedeutend erscheinen hierbei die Darstellung und die Rolle des Kaisers selbst in Leptis Magna, aber auch die Funktion einheimischer Förderer in Bezug auf den Kaiserkult. Weiter soll geklärt werden, ob es zu einer gänzlichen Romanisierung von der Stadt Leptis Magna kam, ob einheimische Traditionen weiterhin bestehen bleiben konnten beziehungsweise durften oder ob es zu einer Verschmelzung der punischen und der römischen Kultur sowie der Lebensweise kam.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Forschungsgeschichte
3. Geographische Einordnung
4. Geschichtliche Entwicklung bis in die Römerzeit
4.1. Die phönizische Stadt
4.2. Leptis Magna unter numidischer Herrschaft
4.3. Eingliederung in das römische Reich
5. Die Bevölkerung
5.1. Sprache – punische oder römisch
5.2. Wirtschaft und Handel
5.3. Religion und Kult
6. Aus- und Umbau der phönizisch-punischen Stadt nach römischer Tradition
7. Die Baumaßnahmen in der Stadt bis in tiberische Zeit
7.1. Das Macellum
7.2. Das Chalcidicum
7.3. Die drei Forumstempel
7.3.1. Herkules-Tempel
7.3.2. Roma und Augustus-Tempel
7.3.3. Liber Pater-Tempel
7.4. Die Frage nach dem Kapitol
7.5. Das Theater
7.6. Der Tiberius-Bogen
7.7. Die Basilica vetus
7.8. Die Curia
8. Wohngebiete
9. Nachahmung der Hauptstadt Roms als Zeichen von Souveränität
10. Die Verehrung des Kaisers in der Stadt
10.1 Inschriften im Zusammenhang mit dem Herrscherhaus
10.1.1. Macellum
10.1.2. Chalcidicum
10.1.3. Forum vetus
10.1.4. Tempel
10.1.5. Theater
10.1.6. Tiberius Bogen
10.2. Bedeutende kaiserliche Statuen im Rahmen der Baudenkmäler
10.2.1. Der Statuenzyklus im Roma und Augustus Tempel
10.2.2. Statuen vom Chalcidicum
10.2.3. Die Ceres Augusta Statue im Sacellum des Theaters
10.2.4. Leptitanischen Münzen im Zusammenhang mit dem Herrscherhaus
11. Die Rolle des Annobal Tapapius Rufus und Iddibal Caphada Aemilius
12. Ein Ausblick auf die Folgezeit der Stadt
13. Fazit
14. Anhang
15. Literaturverzeichnis
16. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Hört man heute den Namen Leptis Magna, denkt man sogleich an eine alte antike Stadt, in der es noch zahlreiche Bauten vergangener Zeiten in prächtiger Form zu bewundern gibt. Die Stadt darf sich heute als Teil des UNESCO Weltkulturerbes bezeichnen und sollte einer Reise wert sein, um die vielen erhaltenen Reste sowohl aus augusteisch-tiberischer Zeit als auch der severischen Blütephase der Stadt, zu bestaunen.
In folgender Masterarbeit wird „Die Baupolitik in Leptis Magna in augusteischer und tiberischer Zeit“ thematisiert werden. Dabei soll vor allem auf die Bautätigkeit am Alten Forum und im Bereich der Regio V im Zusammenhang mit der Förderung des römischen Kaiserhauses bzw. des Kaiserkultes eingegangen werden. Mit Hilfe der geschichtlichen Entwicklung der Stadt und den Traditionen der einheimischen Bevölkerung, soll es dem Leser näher gebracht werden, in welchem Umfang sich die Romanisierung auf Leptis Magna und deren Einwohner ausgewirkt hat und welche Veränderungen sich daraus ergeben haben. Allgemein betrachtet hatte ein römisches Forum die Aufgaben, das Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung und das Prestige der Stadt durch prächtige Bauten zu steigern. Natürlich gilt es dabei nicht zu vergessen, dass es ebenso der Selbstdarstellung bedeutender Persönlichkeiten, in Form von Gebäudestiftungen und Statuen sowie Inschriften, dienen sollte, um dadurch die eigene Persönlichkeit in der Gesellschaft herausstechen zu lassen. Im Laufe der Bearbeitung dieses Themengebietes soll es versucht werden, Fragen zu lösen, die sich mit der städtebaulichen Angleichung an Rom beschäftigen sowie die Art und Weise der Durchführung der allmählichen Romanisierung der Stadt. Bedeutend erscheinen hierbei die Darstellung und die Rolle des Kaisers selbst in Leptis Magna, aber auch die Funktion einheimischer Förderer in Bezug auf den Kaiserkult. Weiter soll geklärt werden, ob es zu einer gänzlichen Romanisierung von der Stadt Leptis Magna kam, ob einheimische Traditionen weiterhin bestehen bleiben konnten beziehungsweise durften oder ob es zu einer Verschmelzung der punischen und der römischen Kultur sowie der Lebensweise kam.
2. Forschungsgeschichte
Erst ab dem 13. Jahrhundert findet man mehr oder minder wissenschaftliche Beschreibungen von der Stadt Leptis Magna. In einem arabischen Pilgerbericht von el‘ Abdarî findet man einen Vermerk zur Stadt. Hier wird davon berichtet, dass Platz bis mindestens in das 11. Jahrhundert bewohnt war und nicht gänzlich unter dem Schwemmland des Wadi Lebdah und den Wanderdünen begraben wurde. Giovanni Leone bezeichnete die Stadt als „von den Römern gegründet“. Er berichtet von hohen Mauern aus großen Steinen, die durch die Mohammedaner zerstört und ihrer Steine und Säulen zum Aufbau für Tripolis beraubt wurde. Ein anderer arabischer Pilger beschreibt die Stadt und deren lokale Legenden genauer. Als Sklave barbarischer Piraten erreichte D. Girard aus Lyon Tripolis. Von ihm stammt eine ausführliche Beschreibung und er schaffte es sogar einige Inschriften zu übersetzen. Obwohl dies anfangs angezweifelt wurde, fand man jene Inschriften später wieder. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann man mit Freilegungsarbeiten, die nach Eröffnung des französischen Konsulats unter der Leitung von Claude Lemaire durchgeführt wurden. Damit wurden aber gleichzeitig auch viele Plünderer angelockt. Des Weiteren waren die Ausgrabung weniger davon gekennzeichnet, wissenschaftlich vorzugehen, sondern vielmehr davon möglichst viele Schätze zu bergen. Diese wollte man danach in Richtung Europa verkaufen. Im 18. und 19. Jahrhundert verfassten gelehrte Reisende neben historisch-topographischen Studien einige zeichnerische Dokumentationen, sowohl von den sichtbaren Gebäuderesten, als auch von den Inschriften.[1]
Erst ab der italienischen Kolonisation in Libyen begann auch die Erforschung von Leptis Magna, die man unter mehr wissenschaftlicheren Aspekt verstehen kann. Eine italienische archäologische Kommission von Kreta unter der Leitung von Federico Halbherr führte nun Ausgrabungen durch. In den Jahren 1913 bis 1919 wurden weitere Ausgrabungen unter S. Aurigemma veranlasst. Viele Skulpturen aus dieser Zeit befinden sich nun im Museum von Tripolis. Nach Ende des Ersten Weltkrieges, im Jahre 1920, war P. Romanelli dort tätig, der wiederum systematische Ausgrabungen in Leptis Magna durchführte. Durch die Machtübernahme der Faschisten in Italien wurde dies sehr vorangetrieben. Man konzentrierte sich auf die römische Kultur und vor allem auf die öffentlichen Funktions- und Repräsentationsbauten der Stadt. Ab 1923 versuchte R. Bartoccini Romanellis Arbeit fortzuführen. Später, zwischen 1928 und 1936, legt G. Guidi das Alte Forum, das große Nymphäum, das Chalcidicum und das Macellum frei. Danach trat G. Caputo in Erscheinung, der sogar während des Zweiten Weltkrieges versuchte, das Theater wieder aufzubauen und auch das Severische Forum zu untersuchen. Als sich die Italiener aus Tripolitanien militärisch zurückzogen und die Engländer das Gebiet im Jahre 1943 besetzten, versuchte man die antiken Überreste zu schützen. In diesem Zusammenhang tritt J. B. Ward Perkins auf, die sich ausführlich mit den Inschriften Tripolitaniens beschäftigte und ebenso mit den Bauten der severischen Zeit.[2]
Als am 24. Dezember 1951 das „Vereinigte Königreich Libyens“ gegründet wurde, hat man E. Vetgara Caffarelli mit der Leitung der archäologischen Ausgrabungen in Tripolitanien beauftragt. Man begann mit Restaurierungsarbeiten und versuchte die antiken Gebäude wieder aufzubauen. Man legte nun auch die nördlich des Decumanus gelegenen Bauten bis zur Porta Oea frei, den Mark Aurel Bogen, die Bauten gegen das Meer hin, westlich des Alten Forums und auch den Serapis-Tempel. Bis 1964 grub man zusammen mit A. Di Vita das Amphitheater aus. Die älteren Schichten, die Zeugen der Zeit vor den Römern in Leptis Magna darstellen, versuchten amerikanische Archäologen besser zu erforschen. In diesem Zusammenhang sind besonders Th. Howard Carter und D. Cronower zu erwähnen. Trotz der intensiven Grabungstätigkeiten ist noch vieles an und um diesen Ort ungeklärt, wie z.B. die mutmaßlichen Wohnviertel der Stadt und teilweise gibt es von den Ausgrabungen der 20er und 30er Jahre nur kurze Vorberichte.[3]
Betrachtet man nun die Forschungstätigkeiten auf dem Alten Forum, so war zu Beginn der Arbeiten noch eine stehende Halbsäule des Roma und Augustus-Tempels zu sehen. Diese ist der rückwärtigen Nord-Ecke des Tempels zuzuordnen. Bis heute hat man es nicht geschafft, über die Grabungsbefunde sowie über die Wiederaufbaumaßnahmen ausreichend Bericht zu erstatten. Lediglich die beeindruckenden Statuen des Roma und Augustus-Tempels wurden von S. Aurigemma 1940 vorläufig publiziert. Es wurde 1964 ein Gesamtplan des Forums vorgelegt, von dem nun alle weiteren Untersuchungen durchgeführt werden müssen.[4]
3. Geographische Einordnung
Die Stadt Leptis Magna befindet sich auf nordafrikanischem Boden, zwischen den beiden Syrten, der Syrtis Minor (heute Golf von Gabés) und der Syrtis Maior (heute Golf von Sidra). Unter der Herrschaft der Karthager wurde dieser Bereich „Emporia“ genannt und in römischer Zeit zunächst „regio syrtica“. Erst ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. wurde es als „Tripolitania regio“ oder auch „Tripolis“ bezeichnet. Neben Leptis Magna gehörten auch Oea und Sabratha zu Tripolitanien. Parallel zur Küste verläuft dort der Gebirgszug des Djebel, der sich bei Fonduk en-Nazzaga bogenförmig vom Meer entfernt und dort einen schmalen, fruchtbaren Küstenstreifen frei lässt. Dort befindet sich eine Palmenoase. Zwischen dem Djebel und dem Meer findet man den Wadi Caam (alter Name Cinyps), der der einzige Wasserstrom von Tripolitanien war, der das ganze Jahr über Wasser mit sich führte. Ein anderer Wadi, der Wadi Lebdah fließt durch das Gebiet. Direkt an seiner Mündung entstand die Stadt Leptis Magna. Dort führt auch ein wichtiger Karawanenweg aus dem Fezzan vorbei, der den Handel von Zentralafrika zu anderen Gebieten in Richtung Mittelmeer möglich machte.[5]
Das Gebiet ist sandig und ein einförmiges Tiefland ohne passende Ankerplätze für größere Schiffe. Aufgrund der Fruchtbarkeit, bedingt durch die Flüsse, sowie durch den Schutz des Djebel und wegen eines Riffes an der Mündung des Wadi Lebdah, dass kleineren Schiffen Schutz bot haben die Phönizier wohl diesen Ort zur ersten Niederlassung gewählt. Auch das Klima veranlasste wohl die Menschen dort sesshaft werden zu lassen, denn im Sommer mildern die Nordostwinde die Temperatur und im Winter tragen die Nordwestwinde Regen mit sich.[6]
Ebenso bezeichnen die alten Quellen Libyen als ein besonders fruchtbares Gebiet, wobei sie unter dem Begriff Libyen ganz Nordafrika verstanden, Ägypten natürlich ausgenommen. Tripolitanien bezeichnen die antiken Autoren als überwiegend trockenes Gebiet, das ein warmes Klima aufweist und einen einzigen Wasserlauf, den bereits erwähnten Cinyps besitzt.[7]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 1: Landkarte des Mittelmeerraumes)
4. Geschichtliche Entwicklung bis in die Römerzeit
Das heutige Land Libyen, in dem sich Leptis Magna befindet, war bereits Homer bekannt bzw. fällt bei Homer der Name neben Ägypten und im Zusammenhang mit den Sidoniern und Erembern im Abenteuerbericht des Menelaos. Es wird sogar ein zweites Mal erwähnt, als Homer die Fahrt eines phönikischen Kaufmannes, der nach Libyen reisen will, beschreibt. Dabei ist aber nicht anzunehmen, dass Homer weiteres über die Bewohner und das Land Libyen wusste. Andere Autoren, wie z.B. Hesiod berichtet in der Argonautenfahrt von Libyen. Hier wird es als Etappe zwischen Okeanus und Mittelmeer wahrgenommen. Mehr erfährt man aber auch hier nicht. Heute kann man nicht genau sagen, wann sich die Griechen das erste Mal genauer mit dem Land auseinandergesetzt haben, aber ab dem letzten Jahrzehnt des 7. Jahrhunderts v. Chr. sollen bereits Handelskontakte und auch ein Zuwachs an Siedlern aus der Peloponnes mittels archäologischer Funde nachzuweisen sein.[8]
4.1. Die phönizische Stadt
Lange Zeit bevor die Römer nach Afrika kamen, hausten hier, im nordafrikanischen Küstengebiet, libysche Nomaden- und Halbnomadenstämme, die sich im Falle eines Krieges zu einer politischen Einheit zusammenfügten und immer auf der Suche nach neuen Plätzen waren. So befanden sich z.B. die Macern im östlichen Bereich in Richtung großer Syrte und die Lotophagen westlich vom Wadi Caam bis zur kleinen Syrte. Erst die Phönizier gründeten an der Mündung des Wadi Lebdah eine Art Handelsplatz, der im Laufe der Zeit rasch aufblühen und anwachsen sollte. Bei der Gründungsgeschichte von Leptis Magna gehen die Meinungen in der Forschung auseinander. Laut C. Kleinwächter[9] tendiert A. Di Vita eher zu einer Gründung durch die Karthager und E. Di Miro sowie G. Fiorentini bringen die Stadtgründung in Verbindung mit Herodots Dorieus-Episode an der libyschen Küste. Würde letzteres stimmen, so dürfte dann auch die Stadt am Ende des 6. Jhs. v. Chr. noch nicht existiert haben, da sie sonst in antiken Quellen erwähnt werden hätte müssen. Träfe dies zu, so müsste auch Th. Howard Carters Leveleinteilung der Siedlungsreste nochmals überdacht bzw. korrigiert werden, denn diese setzt bereits 650 v. Chr. ein. Leptis Magna soll neben Utica und Karthago zu den ältesten phönizischen Gründungen an der nordafrikanischen Küste gehören.[10]
Die antiken Autoren berichten bereits über die Gründung der Stadt Leptis, dennoch sind sie sich dabei nicht ganz einig. Plinius und auch Silius Italicus gehen davon aus, dass Leptis Magna von Tyros aus gegründet wurde (Plin. nat. V 19, 76 und Sil. III 256). Hingegen berichtet Sallust in seinem Bericht zum Bellum Iugurthinum, dass die Gründung von Leptis Magna den Sidoniern anzurechnen sei (Sall. Iug. 19. 78). Betrachtet man diese Berichte genauer, so lässt sich feststellen, dass beide das gleiche aussagen, denn man hat, laut P. Romanelli, mit dem Namen Sidonii die Phönizier allgemein bezeichnet und so ist klar, dass sich die Phönizier als Gründer von Leptis Magna bezeichnen dürfen[11].
Derselben Meinung sind auch andere Forscher, da Romanellis Aussage mit der bislang gültigen Vorstellung übereinstimmt, dass die Expansion der Phönizier in westliche Richtung seit dem 1. Jht. v. Chr. stattfand. Die Phönizier dürften bereits die Fruchtbarkeit der Gegend sowie die gute Anbindung an die Infrastruktur, die Handelsroute nach Zentralafrika und die Mittelmeernähe, erkannt haben. Bereits Herodot hatte über diesen Handelsweg durch das Gebiet der Garamanter berichtet.[12]
Über die Stadt in jener Zeit ist wenig bekannt. Auf dem Alten Forum wurden aber bei Tiefgrabungen zwischen 1960 und 1961. Reste dieser Zeit gefunden und auch beim Theater kamen phönizische Gräber zum Vorschein, die wegen einer korinthischen Scherbe um 500 v. Chr. datieren sollen. Laut Th. Howard Carter wäre die Zeit vor der römischen Umgestaltung in vier verschiedene Siedlungshorizonte zu untergliedern, wobei Level 4 die Zeit zwischen 650 bis ca. 500 v. Chr. umfasst, Level 3 die Zeit zwischen ca. 500 und 241 v. Chr. meint, Level 2 sich auf ca. 241 bis 218 v. Chr. bezieht und Level 1 die Zeit von ca. 118 bis zum ersten Jahrzehnt v. Chr. wiederspiegelt. Th. Howard Carter ordnet die Funde, die sich teilweise aus Keramikfragmenten, Mauerresten und sogar Münzen zusammensetzen den jeweiligen Levels zu. Sie geht dabei auch von einer Handelsstadt aus, die sich aus öffentlichen Gebäuden und eventuellen Lagerräumen zusammensetzte. So kam sie auch zu dem Schluss, dass sich an der gesamten Nordost-Seite des späteren Forums öffentliche Funktionsbauten der phönizisch-punischen Ansiedlung aus der Zeit von der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. befanden. In darauffolgender Zeit interpretiert sie dieses Gebiet als Wohnbereich. C. Kleinwächter zweifelt jedoch die Einordnung der Funde, wie z.B. ein tesselae-Paviment, späthellenistische Keramik sowie punische und römisch-republikanische Münzen, in Level 3 an. Diese wurden unter der Curia gefunden. Für sie scheint die Zuordnung zu Th. Howard Carters Level 2 und 1 plausibler, die ebenso Fundmaterialien wie einen Terazzoboden aus weißen tesselae, Keramik und Münzen umfasst.[13]
Aufgrund der Grabbefunde unter dem römischen Theater und deren Distanz zum Meer kann man Rückschlüsse auf die einstige Siedlungsausdehnung ziehen. Diese dürfte in etwa 20 Hektar betragen haben. Um weitere Informationen über die vorrömische Siedlung zu erlangen, muss man sich auf die Inschriftenfunde verlassen. Diese geben uns Aufschluss über die städtische Einrichtung sowie Kult und Religion in Leptis Magna. Eine Inschrift (IPT 31) gibt Auskunft über die zwei Schutzgottheiten der Stadt. Diese datiert ins späte 2. Und frühe 1. Jahrhundert v. Chr. und nennt Shadrapa und Milk’ashtart, zwei phönizische Gottheiten, die man in Leptis Magna eingeführt hat und als Dionysos bzw. Herakles transformiert werden können. Es handelt sich laut E. Lipinski um eine „semitische“ Neuinterpretation der beiden Gottheiten, die aus dem alexandrinischen Ägypten importiert wurden. Dionysos bzw. Sarapis und Herakles nennt Alexander der Große als seine göttlichen Vorfahren und auf ihn berufen sich wiederum die Ptolemäer.[14]
Betrachtet man das Verhältnis von Leptis und Karthago, so wird Leptis Magna wohl auf der Seite von Karthago, zumindest in den ersten beiden punischen Kriegen, gestanden haben. Obwohl nur wenig darüber berichtet wird, darf man behaupten, dass es Leptis Magna die wichtigste und blühendste Stadt im östlichen Teil des Herrschaftsbereichs von Karthago war. Wegen seiner Handelstätigkeit hat man es auch allgemein mit dem Namen Emporia bezeichnet. Ende des zweiten Punischen Krieges mussten die Karthager auf Spanien verzichten, ihre Flotte verkleinern und Schadensersatz den Römern gegenüber leisten. Weiter versuchten die Römer die karthagische Macht in Afrika selbst zu schmälern, wobei sie den Numiderkönig Massinissa dazu brachten, sich der Emporia zu bemächtigen. Massinissa stieß nur in den Städten auf Widerstand, in denen das punische Element stärker war. Er veranlasste erneut Tributzahlungen aus den Gebieten, die bereits an Karthago bezahlt wurden. Obwohl dies auch in Rom vor den Senat gebracht wurde, kam es vorerst zu keinen Maßnahmen gegen den Numiderkönig.[15]
4.2. Leptis Magna unter numidischer Herrschaft
Als die Karthager dann schließlich im Dritten Punischen Krieg 146 v. Chr. unterging, wurde Leptis, samt seinem Territorium, nicht in die afrikanische Provinz miteingegliedert. Es gehörte von nun an zum Herrschaftsgebiet der Numider. Diese Herrschaft ist nicht von einer besonderen Strenge gekennzeichnet, was wohl möglich daran lag, da Numidien selbst weit entfernt lag und die punischen Städte bereits eine höhere Kultur und Struktur aufwiesen als numidische. Leptis Magna dürfte zu jener Zeit eine Art Selbstverwaltung besessen haben, allerdings wird der Numiderkönig nicht auf Steuereinnahmen aus Leptis Magna verzichtet haben. Was in diesem Zuge noch zu erwähnen ist, wäre, dass, auch wenn Karthago bereits vernichtet war, die karthagische Bevölkerung weiter bestand und auch ihren Einfluss auf Wirtschaft, Kultur und Religion ausübte.[16]
111 v. Chr. kam es erneut zum Krieg auf afrikanischem Boden. Hier kämpften nun die Römer, unter dem römischen Kommandant L. Calpurnius Bestia, gegen den Numiderkönig Jugurtha. Da die Leptitaner die Macht Roms erkannten, baten sie um Freundschaft bzw. um ein Bündnis mit ihnen. Von nun an kämpften die Leptitaner an der Seite der Römer gegen die Numider. Hierbei kamen verschiedene Transportschiffe für die Feldherrn zum Einsatz, um König Jugurtha zu stoppen. Einige Jahre später, im Jahre 108 v. Chr., hatten die Bewohner von Leptis Magna die Römer sogar darum gebeten, den militärischen Schutz in der Stadt zu verstärken. Hierbei wäre der römische Kommandant Q. Caecilius Metellus zu nennen, der bereits Thala erobert hatte und dort verweilte. Zu dieser Bitte kam es nur deswegen, da ein gewisser Hamilkar, ein phönizischer oder karthagischer Siedler, die Leptitaner dazu veranlassen wollte, sich auf die Seite von Jugurtha zu stellen und gegen die Römer zu kämpfen. Dieses Vorhaben hätte wohl den Untergang für Leptis Magna nach sich gezogen, denn es war bereits abzusehen, dass Rom in diesem Krieg eindeutig als Sieger hervortreten würde. Q. Caecilius Metellus schickte daraufhin vier Kohorten Ligurer unter der Führung von C. Annius in die Stadt. Ob der Schutz nach Kriegsende in der Stadt weiterhin bestand, ist wohl nur zu vermuten, da man mit Sicherheit den römischen Einfluss in Nordafrika wahren wollte. Die Stadt Leptis Magna blieb nach dem Sieg über Jugurtha eine civitas foederata, was bedeutet, dass die Stadt zwar mit Rom verbündet blieb, jedoch außerhalb der Rechtsprechung der römischen Provinz Afrika lag. Und somit überließ man der Stadt erneut eine gewisse Selbstverwaltung. Neu war nun eine verstärkte Handelsverbindung zwischen Rom und Leptis Magna. Hier darf ein gewisser Erennius erwähnt werden, der sich in Leptis niedergelassen hatte und der den Handel zwischen Afrika und Sizilien vorantrieb, als sich Verres auf der Insel befand und seine Quästur ausübte.[17]
Zwischen 103 und 86 v. Chr. wurden die Veteranen des Marius in afrikanischen Gebieten angesiedelt. Dies führte wiederum dazu, dass Kolonien in Numidien gegründet wurden. Danach wurde es einige Zeit still um jene Gebiete, doch Mitte des 1. Jahrhunderts. v. Chr. muss Leptis Magna erneut um die Unterstützung der Römer bitten. Es tritt nämlich König Juba I. von Numidien in Erscheinung, der der Stadt einige Landstücke abgenommen hatte. Aber Rom hatte gleichzeitig auch innerpolitische Probleme, denn es zeichnete sich ein Machtstreit zwischen Cäsar und Pompeius ab. Dieser Konflikt vereinnahmte auch ganz Nordafrika, das auf der Seite von letzterem stand. Auch König Juba I. soll Pompeius unterstützt haben, floh aber später zusammen mit seinen Truppen, als er sah, dass sich Pompeius gegen Cäsars Macht nicht durchsetzen konnte. Ob Leptis Magna sich zu jenen Pompeius Anhängern zählen durfte, ist aus den Quellen nicht zu ersehen. Im Jahre 48 v. Chr. hatte man Cato samt Heer nach einem zweimonatigem Marsch durch das syrtische Gebiet zwischen Berenice und Leptis Magna dort empfangen. Andere antike Quellen meinen aber hiermit Leptis Minor und so scheint es auch nicht klar zu sein, ob nun Leptis Magna oder Leptis Minor die jährliche Abgabe von 3 Millionen Pfund Öl, nachdem Cäsar als Sieger hervorging, als Entschädigung abtreten musste.[18]
Im Zusammenhang mit den Numidern ist noch zu erwähnen, dass man bereits unter Massinissa an die Römer Getreidelieferungen abgeben musste. Getreide war das wichtigste Produkt des numidschen Königreichs, aber auch die Vieh- und Pferdezucht wurde hier großgeschrieben. Ja es wurden sogar eigene Münzen produziert, was wiederum auf einen entwickelten Handel schließen lässt. Es entstanden auch zahlreiche Städte, die unter punischem Einfluss standen und sich mit der einheimischen Bevölkerung und deren Sitten vermischten.[19]
4.3. Eingliederung in das römische Reich
In den Jahren in denen nun Cäsar in Rom an der Macht war, kam es immer wieder erneut zu militärischen Auseinandersetzungen[20], die es erforderlich machten, dass Provinzstatthalter in Leptis Magna anwesend waren. Es ist verständlich, dass ein typischer Römer auch in der Provinz nicht auf ein gewohntes römisches Umfeld verzichten wollte und so kam es dazu, dass auch Leptis nach römischer Art verwandelt werden sollte. Auf den Ausbau der Stadt wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen.[21]
Cäsar veranlasste nun, nachdem ja auch die Numider besiegt wurden, dass die neue Provinz Africa Nova mit Zama als Hauptort entstand. Sallust wurde hier als erster Statthalter eingesetzt. Unter Augustus wurde Africa Nova und Africa Vetus vereinigt. Somit war nun das Küstengebiet, das Landesinnere zwischen den beiden Syrten bis zu den Altären der Philaeni, der Grenze mit der Kyrenaika zusammengeschlossen. Leptis Magna blieb nach der Entstehung der Provinz Numidien an Africa Proconsularis gebunden. Die Gebiete, die sich Richtung Landesinnere befanden, wurden jedoch häufig von einheimischen Stämmen überfallen und musste besonders geschützt werden. Die dritte Legion wurde damit beauftragt, diese Bereiche zu überwachen. Laut Sueton soll Augustus niemals in der Stadt gewesen, geschweige denn, dass er in Afrika war. Die Selbstverwaltung von Leptis Magna blieb dennoch weitgehend bestehen, es änderte sich lediglich die Bezeichnung foederata zu libera et immunis. Man durfte sogar die lokalen punischen Magistrate, genannt sufetes, beibehalten und es war der Stadt erlaubt Münzen zu prägen. Die Stadt Leptis Magna unterstand, juristische gesehen, nicht der römischen Provinzialverwaltung. Auf die Verleihung des römischen Bürgerrechts mussten die Leptitaner jedoch noch lange warten. Erst unter Trajan wurde es ihnen verliehen. Dennoch ist zu erwähnen, dass die Bevölkerung bereits unter Augustus der römischen Lebensweise und Kultur zugetan waren und die punische Kultur trat bemerkenswert rasch zurück. Es dauerte nicht lange und die ersten römischen Bauten schossen aus dem Boden, später mehr dazu.[22]
Wirtschaftlich gesehen wird Leptis Magna durch die Kriege über die Jahre hinweg geschädigt worden sein, aber nachdem Bellum Getulicum soll sich die Lage der Stadt wieder deutlich verbessert haben, glaubt man einer Widmung (IRT 301) an Mars Augustus. In dieser Widmung wird auch der Prokonsul erwähnt, der den Krieg angeführt hatte und zwar ein sogenannter Cossus Lentulus. In tiberischer Zeit, als man gegen Tacfarinas kämpfte, wurden den Einwohnern wohl mehr abverlangt. Man versuchte acht Jahre (17-24 n. Chr.) lang gegen ihn anzukämpfen. Q. Iunius Blaesus, der Prokonsul war, hatte im Jahre 22 n. Chr. versucht, Tacfarinas an Raubzügen in leptitanischen Gebieten und an der Flucht in das Gebiet der Garamanter, die Tacfarinas stets bei Seite standen, zu hindern. Die Bevölkerung von Leptis Magna muss wohl äußerst erleichtert gewesen sein, als man die Tötung Tacfarinas vollbracht hatte und seine Anhänger gefangen genommen hatte. In der Stadt entstand speziell für diesen Anlass eine Denkmal, eine Widmung an die Victoria Augusta. Dieses Denkmal wurde von Prokonsul P. Cornelius Dolabella gestiftet, der den Aufständischen selbst ermordet hatte. Darauf folgte wieder ein wirtschaftlicher Aufschwung und so konnten auch neue Bauten in der Stadt entstehen.[23] Der genaue Übergang bzw. die einzelnen Etappen von der peregrinen zur römischen Vollbürgergemeinde in darauffolgender römischer Zeit bleibt in der Forschung ein umstrittenes Thema, da, laut C. Kleinwächter, die epigraphischen Zeugnisse eine Verfassungsrealität an den Tag legen, die mit den traditionellen Rechtskategorien von Municipium und Kolonie nicht zu vereinen seien.[24]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 2: Leptis Magna als senatorische Provinz zum Zeitpunkt des Todes von Augustus)
5. Die Bevölkerung
Leptis Magna darf man nun in keinem Fall mit Städten vergleichen, in denen man nach siegreich beendeten Kriegen Veteranen angesiedelt hatte. Deswegen ist auch kein grundlegender Wandel bei der Zusammensetzung der Einwohnerschaft zu verzeichnen. Man setzte mehr auf binnengesellschaftliche Kontaktsituationen, die den Gedanken mit sich ziehen, dass zu keiner Selbstromanisierung kam. Man behielt ja sogar die punischen Magistratsnamen wie auch die Sprache vorerst bei. Es kommt die Frage auf, ob man sich bewusst von Rom entfernen und klar abgrenzen wollte, oder ob man einfach nicht auf alte Gewohnheiten und Sitten verzichten wollte.[25] In diesem Kapitel sollen Veränderungen ab der Eingliederung von Nordafrika in das römische Reich überblickmäßig erläutert werden.
5.1. Sprache – punische oder römisch
Wie bereits im vorherigen Kapitel erwähnt, erhielten die Bewohner von Leptis Magna erst in traianischer Zeit das römische Bürgerrecht. Dies könnte man als Grund dafür nehmen, weswegen die punische Sprache noch lange Zeit als regionale Verkehrssprache gedient hatte. Über einen längeren Zeitraum, bis in etwa hadrianische Zeit, bewahrte man auch die neopunische Schrift[26] und die Namensgebung. Trotzdem wurden einige Namen latinisiert und heute geben uns zweisprachige Inschriften von Leptis Magna Aufschluss darüber, dass man zwar auf Tradition setzte, aber der neuen Macht nicht abgeneigt war. Eine philologische Analyse zeigt sogar, dass spätere Inschriften die Namensform der tria nomina besitzen, wobei aber die punischen Wurzeln der Personennamen nicht verborgen bleiben. Eindeutig Punisch scheinen die Namen Annobal Tapapius, Suphunibal, Iddibal Caphada, Himilko und Arisuth zu sein. Aber Namen wie Baccius Zurgem (IRT 729) besitzen einen libyschen Ursprung. Ersterer leitet sich von Bocchus ab und der zweite zeigt einen ethischen Zusammenhang mit den Arzuges, die in der nahen Umgebung von Leptis hausten.[27]
Da Leptis Magna nicht als Veteranenstadt dienen sollte, kamen erst mit der Zeit Römer dorthin, die dann auch sesshaft wurden. Namentlich ist heute ein Römer aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. bekannt. Dieser soll sich in Leptis Magna bezüglich der Förderung von Handelsbeziehungen mit Rom niedergelassen haben. Cicero spricht hierbei von T. Herennius (Cic. Verr. 1, 5, 155). Die großen leptitanischen Familien behielten also weiterhin ihre Führungsrolle. Diese werden wohl eine Art internes Netz gebildet haben, dass sich eine Öffnung nach außen widersetzen wollte. Sie waren es auch, die als Stifter der Bauwerke in der Stadt auftraten und diese Großbauten wurden mit ihren privaten Geldern finanziert. Man wollte Bauten errichten, die der öffentlichen Nutzung bestimmt waren. Erst später, nach der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr., soll sich der Kreis der Auftraggeber der Bauwerke erweitert haben und auch der Kreis, der diese finanziert hatte. In augusteischer Zeit bildeten die dort dauerhaft wohnenden Vertreter römischer Gentes, wie z.B. die der Fulvii Lepcitani, eine Ausnahme. Man darf nun also nicht von einer multikulturellen Gesellschaft in Leptis Magna sprechen, nicht für die Kaiserzeit und wahrscheinlich auch nicht für die spätere Zeit.[28]
M. Floriani Squarciapino schlägt vor, dass der ursprüngliche punisch-libysche Kern bei den Namen mit der Zeit immer mehr mit den zugewanderten Elementen italischer und griechischer Herkunft verschmolzen hatte. Diese Romanisierung soll sich vor allem in den wohlhabenderen Klassen vollzogen haben. Diese neue Volksgemeinschaft durfte sich nun leptitanisch nennen.[29]
Laut M. Floriani Squarciapino soll dort auch eine griechische Kolonie ansässig gewesen sein. Sie macht ihren Gedanken daran fest, da sich in verschiedenen Grab- und Sakralinschriften griechische Namen wie Dosides, Zena, Ariston, Dioskoros und Origenes finden lassen. Ihrer Meinung nach könnte es sich hierbei um griechische Leute aus Alexandrien oder Kleinasien handeln, die nach Leptis Magna kamen, um sich als Händler oder auch als Handwerker zu betätigen. Sie gibt auch ein Beispiel für eine Grabinschrift (IRT 656) an, auf der ein unter Augustus Freigelassener Architekt namens Narcissus erwähnt wird. Caputo nahm für jenen an, dass er der Architekt vieler augusteischer Bauwerke in Leptis sei. Narcissus soll griechischer Herkunft sein. D. Kreikenbom lässt hierzu verlauten, dass M. Floriani Squarciapino keine zeitliche Differenzierung vollzieht und dass eine griechische Herkunft nicht überbewertet werden darf, da es sich immerhin um einen charakteristischen Sklavennamen handelt. Der Name Narcissus zeigt keinerlei Rückschlüsse auf den ursprünglichen sprachlichen oder kulturellen Kontext seines Trägers. D. Kreikenbom nimmt des Weiteren auch nicht an, dass Narcissus der Erbauer des römischen Theaters in Leptis Magna ist, er solle vielmehr kein Freigelassener des Augustus sein, sondern erst in späterer Zeit gelebt haben.[30]
Die Zusammensetzung der Einwohner änderte sich wahrscheinlich mit der Zeit. Die Anzahl der Griechen wird angestiegen sein, aber die Dominanz behielt die indigene Bevölkerung bis in die Spätantike. Dies zeigt sich eben an der Beibehaltung der punischen Sprache als lokale Verkehrssprache. Im kaiserzeitlichen Nordafrika gab es generell, laut M. Bénabou, ein zeitliches Nebeneinander von Sprachersatz, Sprachdurchdringen und Spracherhalt. Der Gebrauch der Sprache soll nur bedingt ein gruppenspezifisches Phänomen gewesen sein und soll nicht von der sozialen Stratigraphie abhängig gewesen sein. Die lateinische Sprache hat sich nicht einmal in der Zeit bei der gehobenen Gesellschaft durchgesetzt, als es bereits eine römische Verfassung in Leptis magna gab.[31]
Was hier vielleicht noch anzusprechen wäre, ist der Ursprung des Stadtnamens und dessen Latinisierung. Hierbei helfen sowohl frühkaiserzeitliche Münzen, als auch neopunische Inschriften aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., die den libyschen oder phönizisch-punischen Namen überliefern. Darauf findet man für die Stadt Leptis Magna Lpqi/Lpki oder Lbqi[32]. Aus diesem Wort soll sich der Name Lepcis herleiten lassen, der von Geschichtsschreibern und in epigraphischen Texten in römischer Zeit als lokale Bezeichnung verwendet wurde. Aus Lepcis wurde frühestens im 1. Jahrhundert n. Chr. oder Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. Leptis und dieser Name setzte sich durch. Gleichzeitig tritt in literarischen und epigraphischen Quellen eine zusätzliche Bezeichnung für Leptis auf, nämlich Magna. Hiermit wollte man die Stadt von einem gleichnamigen Ort der Byzacena unterscheiden, der dann wiederum Leptis Minor genannt wurde. Mittels des Zunamens wollte man ausdrücken, wie stark doch die Stadt seit der Gründung angewachsen war, so dass sie durchaus berechtigt war mit dem Titel „Die Große“ bezeichnen zu dürfen. Bei griechischen Quellen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. findet man die Stadt unter dem Namen Neapolis. Nach der arabischen Eroberung im 7. Jh. n. Chr. lebte der antike Name Leptis in der neuen Bezeichnung Lebdah/Labdah fort.[33]
5.2.Wirtschaft und Handel
Für die Römer war Leptis Magna auch in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutend wichtig, denn Rom war in jener Zeit wegen der wachsenden Bevölkerungszahl darauf angewiesen, Lebensmittel zu importieren und das in großem Umfang. Somit hatte man die Stadt ab der Kaiserzeit vollkommen in das Handelssystem des Mittelmeeres eingegliedert. Eindeutige Beweise für ein reges Handelssystem stellen die importierten Keramikfunde aus den Gräbern dar. Wie bereits erwähnt fand man vorrömische Gräber unter dem römischen Theater, in denen neben anderen Funden auch einzelne Keramikfragmente geborgen werden konnten. Aus der römischen Zeit sind keine ganzen Gräberfelder bekannt, man fand bis jetzt lediglich Einzelgräber zwischen Leptis Magna und Homs. Die gefundene Keramik besteht größtenteils aus italischen Produkten. Vor allem handelt es sich hierbei um Sigillata Italica und um die Produktion A aus der Bucht von Neapel sowie durchaus auch um südgallische Sigillata. Ungefähr ein Drittel der importierten Keramik besteht aus orientalischen Produkten. Hierbei sind die Sigillata A aus syrisch-palästrinischer Herstellung und die zypriotische Sigillata gemeint.[34]
Ansonsten lässt sich nur wenig über die wirtschaftlichen Mechanismen der Stadt aussagen und auch über den Transsahara-Handel weiß man nur wenig. Letzterer muss aber eine enorme wirtschaftliche Bedeutung besessen haben, da man viele Belege für die Versorgung der Amphitheater im Römischen Reich in der Zeit des Augustus mit wilden Tieren aus Libyen gefunden hat. Durch die pax Augusta wurde es der Wirtschaft ermöglicht, sich in das ökonomische System eines Reiches einzugliedern, das den gesamten Mittelmeerraum umfasste. Natürlich musste man nun auch Steuerabgaben in Form von Münzgeld zahlen. Da Leptis Magna eine hohe Wirtschaftskraft besaß, wurden dort immer mehr Leute sesshaft, da man die Fruchtbarkeit des Gebietes schnell erkannte. Das Gebiet eignete sich bestens, um Feigen-, Oliven-, Granatapfel- Birnen- und Mandelbäume anzupflanzen. Schon die Phönizier entwickelten, um die Erträge zu steigern, Werkzeuge und andere Mechanismen, welche die Römer später weiterentwickelten. Bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. wanderten einige italische Unternehmer in Leptis Magna ein oder hielten sich zumindest über einen längeren Zeitraum dort auf. T. Herennius wurde in Syrakus geboren, war ein römischer Bürger und ein Bankier aus Afrika. Er konnte in Leptis Magna einfach Handelsbeziehungen mit der Provinz Cyrenae herstellen und vermutlich auch mit dem noch ptolemäischen Ägypten. Jener wurde von Verres zum Tode verurteilt.[35]
Ob sich ein Hafen bei Leptis Magna in augusteischer Zeit oder bereits davor existiert hat, ist umstritten. Glaubt man den Berichten im Stadiasmus maris magni, einem byzantinischen Navigationshandbuch, dessen ursprüngliche Fassung laut einigen Kommentatoren in augusteische Zeit zu setzen ist und auf hellenistische Werke zurückgegriffen haben soll, so hätten Schiffe nur am Kap Hermaion angelegt. Dieses Kap laut des Stadiasmus 15 Stadien von der Stadt entfernt. Dem widersprechen so manche Überlegungen. In selbigem Handbuch befindet sich auch die Aussage, dass sich in Hadrumentum auch keine Hafenanlage befunden haben soll, obwohl diese bereits in der Zeit Cäsars existiert haben soll. Dort legten nämlich die Schiffe mit dem für Rom vorbestimmten Getreide aus Thysdrus an. L. Musso meint deshalb, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine Stadt, die sich in der Nähe eines Meeres befindet, keinerlei Ankermöglichkeiten für Schiffe aufgewiesen hätte. Dieser Meinung möchte ich mich wiederum anschließen. Vielleicht gab es zwar in der frühen Zeit von Leptis Magna noch keinen wirklichen Hafen, aber es dürften doch bestimmt Anlegemöglichkeiten für Schiffe dort vorhanden gewesen sein. Ansonsten wäre es sehr umständlich gewesen, die Handelsware zunächst in Richtung Kap Hermaion zu transportieren, um sie dort dann zu verladen und zu verschiffen. Sicher ist ein Hafen laut einer lateinischen Inschrift in neronischer Zeit in Leptis Magna datiert (IRT 341), aber eigentlich besagt die Inschrift nur, dass in dieser Zeit Bauten mit Säulen errichtet wurden und so könnte man annehmen, dass die Gebäude eventuell erst errichtet wurden, als der Hafen bereits in Betrieb war.[36]
5.3.Religion und Kult
Bevor man damit begann die griechisch – römischen Gottheiten in Leptis Magna zu verehren, galten Shadrapa und Milk’ashtart als die beiden Hauptgottheiten der Stadt. Zu identifizieren sind diese beiden in der römischen Götterwelt mit Liber Pater und Herkules. Die Gleichstellung fand man aufgrund bilingualer Inschriften heraus, die sowohl von punisch sprechenden Leuten, als auch von lateinisch sprechenden zu verstehen waren. Man fand z.B. eine Widmung an Shadrapa bzw. Liber Pater beim Markt. Diese wird wiederum durch eine weitere neopunische Inschrift, die aus dem Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. stammt und in der Curia entdeckt wurde, bestätigt. So konnten sowohl punisch-phönizische Einwohner, als auch römische Einwohner oder Durchreisende ihren Kult fortführen, da die herkömmlichen Stadtgottheiten ihre Funktionen nicht verloren. Betrachtet man die Herkunft der Götter Shadrapa und Milk’ashtart so hat man herausgefunden, dass es sich hierbei wohl um importierte Gottheiten und nicht um ursprünglich punische oder phönizische Gottheiten handelte. So sollen sie ihren Ursprung im Ptolemäerreich haben. Jedoch wird diese Annahme von D. Kreikenbom angezweifelt. Dieser spricht davon, dass beide punisch-phönizische Gottheiten gleichfalls in Karthago verehrt wurden und für Shadrapa ist dort auch ein Altar belegt. Des Weiteren sichern mehrere Inschriften ein Heiligtum für Milk’ashtart.[37] Meines Erachtens schließt dies trotzdem die Ursprungsannahme im Ptolemäerreich nicht aus, aber dies müsste an anderer Stelle genauer betrachtet werden.
Ein punischer Bürger musste nun, ob er wollte oder nicht, die veränderte Gestalt der Gottheit sowie dessen neuen Namen anerkennen. Es bleibt nun die Frage, wie er die neuen Götter annahm bzw. sich die neuen Bilder erklärte. Aus der frühen Kaiserzeit hat man noch keine Kultstatuen der transformierten Stadtgottheiten Liber Pater und Herkules gefunden. Es gibt aber eine Inschrift, die aus voraugusteischer Zeit stammt und auf dem Alten Forum in der byzantinischen Mauer gefunden wurde. Diese besagt, dass Adarbal eine Bronzestatue an Shadrapa und Milk’ashtart gestiftet haben soll. Hat sich hier nun Adarbal selbst abbilden lassen und diese Statue an Shadrapa und Milk’ashtart gestiftet oder sind hier Abbilder der Götter gemeint. Dies ließe sich aber erst klären, würde man diese Bronzestatue finden.[38]
Einen weiteren Götternamen fand man eingraviert auf einem Pokal, den man im Grab 3 der punischen Nekropole unterhalb des römischen Theaters fand. Hierauf befand sich der Name Tanit, der für eine große karthagische Göttin steht. In römischer Zeit wurde Tanit weiter verehrt unter dem Namen Dea Caelestis. Solche Umformungen in römische Gottheiten findet man auch an anderer Stelle in Nordafrika und beschränkt sich nicht nur auf Leptis Magna. In den darauffolgenden Jahren werden dann immer mehr römische Gottheiten verehrt, wie z.B. Magna Mater, Neptun, Jupiter, Juno, Minerva, Merkur und Concordia. Aber es kommen noch ägyptische Götter wie Serapis und Isis hinzu. All dies ist wiederum durch Inschriften, Statuen und Tempel bezeugt, die aber nicht mehr zur augusteischen und tiberischen Periode in Leptis Magna zählen.[39]
6. Aus- und Umbau der phönizisch-punischen Stadt nach römischer Tradition
Die Stadt Leptis Magna entwickelte sich nun allmählich im Laufe des 1. Jahrhunderts v. Chr. zu einer Handelsniederlassung und die Römer gliederten die Stadt sowie auch ganz Tripolitanien in die Provinz Africa Proconsularis ein, wie bereits in Kapitel 4.3. thematisiert wurde.[40] In den darauffolgenden Jahren sollten typische römische Bauten wie ein Forum, Curia, Basilica, Tempel, Theater, Bogenmonumente, ein Chalcidicum sowie andere wichtige Elemente römischer Baukunst entstehen, die in Kapitel 7. näher beschrieben werden.[41]
Die Verwandlung der Stadt erfolgte relativ schnell und somit fasste eine römische Lebensweise, die der punischen Kultur fremd war, schnell Fuß. Die neue politische Ordnung wurde verstärkt in Szene gesetzt durch öffentliche Bauten, die man auch als Überzeugungsfaktoren benutzte, denn es kam zu keiner systematischen administrativen Reorganisation in der Stadt.[42]
Eine regelmäßige Ausdehnung der Stadt fand auf der linken Uferseite des Wadi Lebdah statt. Leptis Magna bekam wie jede andere römische Stadt zwei Hauptachsen, den Decumanus Maximus und den Cardo Maximus. Der Decumanus verlief parallel zur Küste und war damals mit der wichtigsten Verkehrsstraße Nordafrikas zwischen Karthago und Alexandria verbunden. Der Cardo führte von der Küste aus ins Landesinnere hinein. Diese beiden Hauptachsen bildeten die Richtlinien der gesamten Stadtanlage. In Richtung Meer lassen sich dennoch leichte Abweichungen feststellen, was wohlmöglich auf ein früheres Straßennetz hinweisen könnte. Eventuell versuchte man somit die alten Bauwerke zu schonen, indem man sie umging. D. Kreikenbom teil die Stadt in sechs Regionen auf, wobei in diesem Zusammenhang die Regio V und VI am wichtigsten sind. Das Alte Forum gehört zur Regio VI, liegt dem Meer sehr nahe und war Teil des orthogonalen Schemas mit einer anfänglichen Nord-Süd Ausdehnung mit einer ungefähren Länge von 100 Metern. Bei den Stadtteilen, die sich weiter Innen befinden, verschiebt sich die Richtung des Cardos leicht gegen Nord-Nord-Ost. Diese Insulae zeigen eine sehr regelmäßige Anlage und unter anderem befinden sich darauf das Chalcidicum. Macellum und das Theater. Alle drei Bauten gehören der Regio V an. Entweder gleichzeitig oder unmittelbar darauf entstanden acht Reihen von Insulae in Richtung der Küstenstraße. Das neue Stadtviertel wich in etwa 17 ° vom ursprünglichen Straßennetz ab und die Häuserblöcke verbreiterten sich von 20 auf 26 Meter im Vergleich zu den älteren. Die Insulae befanden sich auf beiden Seiten der Hauptstraße und man plante deren Ausbau in etwa bis zur Höhe des tiberischen Tores. Die Stadtanlage weist also eine regelmäßige Form auf, die sich nach festgelegten städtebaulichen Maßnahmen um einen bestehenden antiken Kern ausgebreitet hat. Eine gute Anbindung an die Infrastruktur war für die Stadt äußerst wichtig, damit der Handel weiter florieren konnte. Man war ja dadurch mit den großen Zentren der afrikanischen Küste verbunden und da der Handel die Lebensgrundlage für die anwohnende Bevölkerung bildete, war das Fortbestehen der Stadt zunächst gesichert. Mit dem Ausbau der Stadt ging natürlich auch eine Zunahme der Bevölkerung einher.[43]
Diese Erschließung und Ausdehnung des öffentlichen Raumes zeigt sich auch in der nicht allzu weit entfernten Stadt Sabratha, die ja auch zu Tripolitanien gehörte und ebenso punisch geprägt war und eine römische Umgestaltung erfuhr. Das ursprüngliche Siedlungsgebiet wurde partiell überbaut, behielt aber gleichzeitig einen Teil der alten Stadt mit seinen gekrümmten Straßen von wechselnder Breite. Bereits in späthellenistischer Zeit soll laut A. Di Vita diese Neugestaltung begonnen haben, wobei man sich an griechischen Mustern orientierte.[44]
Zurück zur Stadterweiterung von Leptis Magna so muss man in diesem Zusammenhang auch die These von D. Kreikenbom betrachten, der anspricht, dass sich das Stadtareal bereits vor der Kaiserzeit weiter ausgedehnt haben soll. Der Impuls zu einer Stadterneuerung soll sich im Hellenismus befinden. Einzelne Brüche bei den Wohnhäuserblöcken sollen durch sukzessive Anlagen entstanden sein und auch die Bevölkerungsanzahl, so glaubt er, wird nicht innerhalb kürzester Zeit rapide in die Höhe geschnellt sein, so dass eine gewaltig große Fläche für neue Wohnbauten nötig gewesen wäre. Des Weiteren spricht er auch an, dass Leptis Magna nach dem Dritten punischen Krieg weitgehend unabhängig fungieren konnte und es somit zweckmäßig erschien, ein repräsentatives und zeitgemäßes Erscheinungsbild der Stadt vorzuweisen. Und da ja bereits andere punische Orte sich an griechischen Städteplanungen ein Vorbild nahmen, soll dies im Analogieschluss auch auf Leptis Magna zu beziehen sein.[45]
Meines Erachtens scheint D. Kreikenboms Annahme über ein griechisches Städtevorbild durchaus berechtigt zu sein. Hierbei stellt sich mir aber die Frage, ob es dafür architektonische Beweise gibt, an denen man diese Annahme festmachen könnte. Und hätte man dann nicht nur ein orthogonales Straßensystem und Häuser einführen müssen, sondern auch andere griechische Traditionsbauten wie eine Agora, Stoa, Palaestra und Ähnliches.
Wie dem auch sei, was man mit Sicherheit feststellen kann, ist, dass es zwei Mauergürtel, von denen man noch gut erhaltene Reste fand, gab. Jedoch stammen diese aus späterer Zeit, aber man darf annehmen, dass bereits die punische Stadt befestigt gewesen war. Literarisch, als auch durch eine Inschrift belegt, ist eine Stadtmauer, die mit den Einfällen der Garamanter im Jahre 69 zusammen hängt. Eine Inschrift, die zum Stadttor gehört haben soll, beinhaltet selbiges, wobei auch C. Vibius Marsus als Prokonsul Africas in den Jahren 27-30 n. Chr. (IRT 308). Es wurde eine kleine Säule an der Straße in mediterraneum gefunden, die durch L. Aelius Lamia errichtet wurde und den Straßenanfang bezeichnet. Diese beiden Indizien schlussfolgern, dass sich in dieser Zone ein Tor der ursprünglichen Stadtmauer befunden haben muss und dass dieser Mauergürtel ähnlich verlief, wie die Mauer des 3.-4. Jahrhunderts n. Chr. Diese These wurde von P. Romanelli aufgestellt und auch von M. Floriani Squarciapino vertreten. J.B. Ward Perkins und Goodchild glauben eher an einen Erdwall, der Leptis Magna umgeben haben soll. Dieser solle auf Flugaufnahmen sichtbar sein. Dieser ist durch eine Kette von künstlichen Hügeln zu erkennen, die sich vom Wadi Lebdah bis zum Wadi er-Rsaf ausdehnen. Auf der rechten Seite sollen weitere künstliche Erhöhungen einen Wall bilden, der sich gegen das Meer hin an den Hügel von Sidi Barku anschließen soll. Dieser Wall soll in das 1. Jahrhundert n. Chr. datieren. Heute geht man davon aus, dass es sich dabei um den Erdaushub des künstlich angelegten Kanals handeln wird, welcher das Wasser des Wadi Lebdah in das Wadi er-Rsaf geleitet hat, um den Hafen sicher zu machen. Der Erdaushub auf der östlichen Seite könnte noch jüngeren Datums sein und zwar könnte er von den Schützengräben stammen, die in der Zeit der italienischen Besetzung des Gebiets zwischen 1911 und 1912 ausgehoben wurden.[46]
Was auch in jeder römischen Stadt zu finden war, sind Nekropolen oder zumindest Gräber. Von der Typologie her entsprechen sie Kammergräbern, die ins Erdreich gegraben wurden und durch einen Schacht betreten werden konnten. Das Innere war mit Nischen in den Wänden ausgestattet. Neben normalen Körperbestattungen existierten auch Brandbestattungen. Generell gesehen muss der Typus des Kammergrabes sehr beliebt gewesen sein, da man kammerförmige Gräber, die auch in mehrere Räume untergliedert sein konnten, auch in der Nähe der Monticelli und südlich der Anhöhe Sidi Barku gefunden wurden.[47]
7. Die Baumaßnahmen in der Stadt bis in tiberische Zeit
Das sogenannte Alte Forum liegt im nordöstlichen Teil des Siedlungsareals, am Ende des Cardo Maximus zwischen Meer und der Mündung des Wadi Lebdah. An dieser Stelle befand sich das politische, administrative und religiöse Zentrum der Stadt und dieses soll sich auch dann noch dort befunden haben, nachdem bereits das severische Forum in Leptis Magna errichtet wurde. Aufgrund der Ausrichtung des Platzes kann man keine Rückschlüsse ziehen, dass es räumliche Bezüge zur Küste oder in Richtung Hafen nimmt. Man hat es so angelegt, dass es in das regelmäßige orthogonale Straßenraster eingebunden war. Der trapezförmige Grundriss zeigt eine Größe von 55,40 x 50 m. Neben dem Alten Forum gibt es noch weitere Bauten die aus dieser Zeit stammen und für die Entwicklung der Stadt wichtig erscheinen[48]
Das Areal ist viereckig und hat auf drei Seiten Säulengänge. Die Anlage des Forums ist unregelmäßig, was darauf hinweist, dass es nicht in einem Bauabschnitt erbaut wurde, sondern einem stetigen Wachstum unterzogen war. Deswegen haben die Gebäude unterschiedliche Datierungen. Es folgte eine Pflasterung des gesamten Platzes und in späterer Zeit wurde das Forum mit Marmor erneuert. Die Platzanlage war trotz der durchgehenden Randbebauung mit den benachbarten Stadtteilen verbunden. Von der Umgebung des Forums ist eher wenig bekannt, dennoch sollen erhaltene Überreste Indizien für eventuelle Wohnviertel in diesem Bereich geben. Westlich des Forumsgebietes dürften diese in regelmäßigen Insulae angelegt gewesen sein und im Nordosten soll es, laut Luftbildaufnahmen, kein geordnetes Planschema der nachgewiesenen Gebäudereste geben.[49]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 3: Stadtplan von Leptis Magna)
Der Name „Forum vetus“ stellt eine moderne Bezeichnung dar. Diese basiert auf der Tatsache, dass in einer Inschrift aus konstantinischer Zeit (IRT 467) die Basilika, die sich auf dem Forum befand, „vetus“ genannt wurde. Außerdem soll es auch nicht ausgeschlossen sein, dass man diese Bezeichnung bereits in damaliger Zeit verwendet hatte, damit man das Forum vom severischen Forum unterscheiden konnte. Das severische Forum wird in einer Inschrift aus dem 4. Jahrhundert (IRT 566) als „Forum novum severianum“ bezeichnet. Dort befindet sich ein Tempel für die Gens Septimia, eine Basilika und Tabernen. Es zeigt einen rechteckigen Grundriss mit einer Länge im Nordwesten von 142 m, 123 m im Südosten und 92 m im Nordosten.[50]
[...]
[1] Vgl. Kleinwächter 2001, 209ff.; Floriani Squarciapino 1966, 31ff.
[2] Vgl. Kleinwächter 2001, 211-212; Floriani Squarciapino 1966, 34-35.
[3] Vgl. Kleinwächter 2001, 213.
[4] Vgl. ebd. 225.
[5] Vgl. Welder 1989, 307; Ernst 1966, 52; Floriani Squarciapino 1966, 1-2.
[6] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 2.
[7] Vgl. ebd. 3.
[8] Vgl. Zimmermann 1999, 182-185.
[9] Vgl. Kleinwächter 2001, 216-218
[10] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 5; Kleinwächter 2001, 215.
[11] Vgl. Romanelli 1925, 3.
[12] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 5-6; Kleinwächter 2001, 215.
[13] Vgl. Howard Carter 1965, 124 ff.; Kleinwächter 2001, 236.
[14] Vgl. Musso 2010, 117.
[15] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 8-9.
[16] Vgl. ebd. 9; Diesner-Barth-Zimmermann 1968, 34.
[17] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 9-12; Kleinwächter 2001, 218.
[18] Vgl. Diesner-Barth-Zimmermann 1968, 40. 47; Floriani Squarciapino 1966, 11; Kleinwächter 2001, 218.
[19] Vgl. Diesner-Barth-Zimmermann 1968, 45-46.
[20] Kriege gegen die Garamanten, gegen die Getuler und Musulamier sowie gegen Tacfarnias.
[21] Vgl. Kleinwächter 2001, 219; Musso 2010, 117; Floriani Squarciapino 1966, 12.
[22] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 11; Musso 2010, 117; Kleinwächter 2001, 219; Kreikenbom 2008, 197; Fishwick 1987, 266.
[23] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 12-13.
[24] Vgl. nähere Informationen über die verschiedenen Meinungen in: Kleinwächter 2001, 220ff.
[25] Vgl. Kreikenbom 2008, 197.
[26] Gemeint ist hiermit die Schrift bei den Inschriften der monumentalen Bauwerke in Leptis Magna.
[27] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 12. 48; Kreikenbom 2008, 197.
[28] Vgl. Vgl. Kreikenbom 2004, 259-262
[29] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 49.
[30] Vgl. Kreikenbom 2004, 260; Floriani Squarciapino 1966, 48.
[31] Vgl. Kreikenbom 2004, 260.
[32] Bei Floriani Squarciapino 1966, 6 findet man Lbqy oder Lpqy.
[33] Vgl. Kleinwächter 2001, 209; Floriani Squarciapino 1966, 6.
[34] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 46; Musso 2010, 118; Kreikenbom 2004, 263.
[35] Vgl. Musso 2010, 118-119.
[36] Vgl. Musso 2010, 119.
[37] Vgl. Kreikenbom 2004, 267; Floriani Squarciapino 1966, 52-53.
[38] Vgl. Kreikenbom 2004, 268.
[39] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 53-54.
[40] Vgl. Waldherr 1989, 308.
[41] Vgl. Ernst 1966, 53.
[42] Vgl. Musso 2010, 117.
[43] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 37; Kleinwächter 2001, 120; Ward-Perkins 1982, 31; Kreikenbom 2004, 313.
[44] Vgl. Kreikenbom 2004, 270.
[45] Vgl. ebd. 271.
[46] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 39-40.
[47] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 46.
[48] Vgl. Vgl. Kleinwächter 2001, 227; Floriani Squarciapino 1966, 80; Hänlein-Schäfer 1985, 227.
[49] Vgl. Kleinwächter 2001, 227; Floriani Squarciapino 1966, 80; Ward-Perkins 1974, 30.
[50] Vgl. Floriani Squarciapino 1966, 80; Maderna 2005, 61.
- Quote paper
- MA Jessica Schnugg (Author), 2015, Die Baupolitik von Leptis Magna in augusteischer und tiberischer Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375829
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