Die Hilfen zur Erziehung haben als Teil des Jugendhilfesystems in Deutschland den Auftrag, die Entwicklung junger Menschen zu einer „eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ zu fördern (§ 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VIII). Für die Umsetzung dieses Auftrages benötigt das sozialpädagogische Handeln eine theoretische Grundlage. In der Arbeit wird herausgearbeitet, dass sich Persönlichkeitsentwicklung über die Entwicklung von Identität vollzieht. Identität wiederum wird durch biographische Erfahrungen strukturiert.
Besonders angesichts einer von Entgrenzung und Fragmentierung gekennzeichneten spätmodernen Gesellschaft und oftmals belastender Lebensverläufe brauchen junge Menschen ein Grundgefühl des Vertrauens, um in der Auseinandersetzung mit ihren biographischen Erfahrungen ihre Identität zu entwickeln. Anhand identitätstheoretischer und salutogenetischer Erkenntnisse ergeben sich Folgerungen, wie Erziehungshilfen einen ,Erfahrungsraum‘ gestalten können, der das Vertrauen der jungen Menschen in sich, andere Menschen und in die Zukunft stärkt. Aus einem biographietheoretischen Verständnis heraus ist der Begriff der pädagogischen Intervention somit kaum geeignet, um das Wesen des Auftrags der Erziehungshilfen zu erfassen. Vielmehr ist es für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen entscheidend, ihre biographische Eigentätigkeit zu unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kinder und Jugendliche in den Erziehungshilfen
- Der gesetzliche Auftrag der Hilfe zur Erziehung
- Handlungsfelder der Erziehungshilfen
- Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen in den Erziehungshilfen
- Der gesetzliche Auftrag der Erziehungshilfen als Ausgangspunkt der theoretischen Betrachtung
- Begriffsbestimmung zum Verständnis von „Persönlichkeit“
- Das Selbst
- Identität
- Begriffsbestimmung zum Verständnis von „Entwicklung“
- Sozialisation
- Biographie
- Rahmentheorie der Erziehungshilfen
- Selbstbildung am „pädagogischen Ort“
- Biographieorientierung in der Jugendhilfe
- Bedingungen des Aufwachsens
- Entwicklungspsychologische Herausforderungen im Jugendalter
- Körperliche Veränderungen
- Kognitive Fähigkeiten
- Emotionale Entwicklung
- Allgemeine gesellschaftliche Bedingungen
- Spätmoderne und Individualisierung – Optionen und Risiken der Lebensgestaltung
- Stationen, Institutionen und Übergänge im Lebenslauf
- Kritische Lebensereignisse als besondere Anforderungen in den Lebensverläufen von Kindern und Jugendlichen
- Biographische Strukturierung von Erfahrungen
- Identitätsentwicklung
- Biographische Identität
- „Biographischer Erfahrungscode“ nach Peter Alheit
- „Biographizität“ als zentrale Fähigkeit für die Identitätsbildung
- Vertrauen als Grundbedingung für die Identitätsentwicklung am „pädagogischen Ort“
- Das angesammelte Vertrauen aus Entwicklungserfahrungen – Erik H. Erikson
- Sich selbst mit den Augen der anderen sehen - George H. Mead
- Die Bedeutung der Anerkennung – Charles Taylor
- Vertrauen in das Leben – das Kohärenzgefühl bei Aaron Antonovsky
- Zusammenfassung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung der Biographie für die Identitätsentwicklung von Jugendlichen und untersucht, wie dieser Aspekt den Auftrag der Erziehungshilfen, die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu unterstützen, theoretisch einordnen lässt.
- Der gesetzliche Auftrag der Erziehungshilfen und seine Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen
- Die Rolle der Biographie und ihrer Erfahrungen bei der Identitätsbildung im Jugendalter
- Das Konzept des Vertrauens als grundlegende Voraussetzung für eine positive Identitätsentwicklung
- Die Herausforderungen der Spätmoderne und deren Einfluss auf die Lebenslagen von Jugendlichen
- Die Bedeutung der pädagogischen Intervention in den Erziehungshilfen zur Unterstützung der biographischen Eigenentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Leser in das Thema einführt und die zentrale These der Arbeit – die Bedeutung der Lebenserfahrungen für die Identitätsentwicklung – darstellt. Kapitel 2 beleuchtet den gesetzlichen Auftrag der Erziehungshilfen, ihre Handlungsfelder und die Lebenslagen der betreuten Kinder und Jugendlichen. Kapitel 3 führt in die zentralen Begriffe „Persönlichkeit“ und „Entwicklung“ ein und zeigt deren enge Verbindung zu identitäts- und biographietheoretischen Ansätzen. Kapitel 4 stellt den theoretischen Rahmen der Erziehungshilfen vor, der auf den Begriffen „Selbstbildung“ und „Biographieorientierung“ basiert. Kapitel 5 untersucht die Bedingungen des Aufwachsens von Jugendlichen, die von entwicklungspsychologischen Herausforderungen sowie sozialen und gesellschaftlichen Einflüssen geprägt sind. Kapitel 6 widmet sich der Identitätsentwicklung und analysiert die Bedeutung biographischer Erfahrungen und des Vertrauens als zentrale Elemente dieses Prozesses. Schließlich fasst das Fazit die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Identitätsentwicklung, Biographie, Erziehungshilfen, Jugendhilfe, Sozialisation, Spätmoderne, Vertrauen, Lebenserfahrung, Persönlichkeitsentwicklung, pädagogische Intervention, biographische Eigenentwicklung.
- Quote paper
- Jan Walter (Author), 2016, Die Bedeutung der Biographie für die Identitätsentwicklung von Jugendlichen. Der Auftrag von gesetzlichen Erziehungshilfen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375342