Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Erörterung des Kontextualisierungskonzepts nach Auer vor dem Hintergrund der Indexikalität, als einer wesentlichen Eigenschaft von Sprache.
Zu Beginn der Arbeit werden zunächst diejenigen Voraussetzungen der mündlich realisierten Sprache in ihren Grundzügen dargelegt, die das Phänomen des gegenseitigen Verstehens der Gesprächspartner prägen und dem Kontextualisierungsansatz von Auer zugrunde liegen. Wesentliches Augenmerk wird bei diesen Ausführungen auf die verbalen und nonverbalen Verhaltensweisen insofern gerichtet, als diese es uns ermöglichen, sprachliche Äußerungen so zu produzieren, dass verstehbar ist, was gesagt wird, aber vor allem auch erkennbar wird, was gemeint ist. Somit stellt die Erläuterung der interaktionsorganisatorischen Aspekte von Gesprächen die Bedingung für ein besseres Verständnis der Analyse diverser Ausschnitte eines authentischen Alltagsgesprächs dar. In den folgenden Unterkapiteln werden diejenigen Kontextualisierungshinweise und –Konventionen erläutert, welche das schnelle und unkomplizierte Interagieren bestimmen und das Kontextualisierungskonzept von Auer letztendlich konstituieren. In dem abschließenden Kapitel der Analyse soll es darum gehen, die angedeuteten organisatorischen und strukturellen Aspekte des Miteinander-Sprechens anhand verschiedener Transkriptionspassagen genauer darzulegen und auszudifferenzieren, wo dies relevant und möglich ist, sowie die Bezüge aufzudecken, die zwischen den einzelnen kontextualisierten Schematypen bestehen. Nach Möglichkeit sollen auch die Zusammenhänge zwischen organisatorischen und inhaltlichen Einheiten bzw. Strukturen herausgestellt werden.
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die meist unbewussten Regeln und Automatismen aufzuzeigen, die es den Interagierenden ermöglichen, sprachliche Äußerungen in einer bestimmten Situation partnergerichtet zu produzieren und zu verstehen, um schließlich eine differenziertere Betrachtungsweise der gesprochenen Sprache zu ermöglichen und das ,Gespräch‘ als Untersuchungsgegenstand fassbar zu machen.
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Erörterung des Kontextualisierungskonzepts nach Auer vor dem Hintergrund der Indexikalität, als einer wesentlichen Eigenschaft von Sprache.
Zu Beginn der Arbeit werden zunächst diejenigen Voraussetzungen der mündlich realisierten Sprache in ihren Grundzügen dargelegt, die das Phänomen des gegenseitigen Verstehens der Gesprächspartner prägen und dem Kontextualisierungsansatz von Auer zugrunde liegen. Wesentliches Augenmerk wird bei diesen Ausführungen auf die verbalen und nonverbalen Verhaltensweisen insofern gerichtet, als diese es uns ermöglichen, sprachliche Äußerungen so zu produzieren, dass verstehbar ist, was gesagt wird, aber vor allem auch erkennbar wird, was gemeint ist. Somit stellt die Erläuterung der interaktionsorganisatorischen Aspekte von Gesprächen die Bedingung für ein besseres Verständnis der Analyse diverser Ausschnitte eines authentischen Alltagsgesprächs dar. In den folgenden Unterkapiteln werden diejenigen Kontextualisierungshinweise und –Konventionen erläutert, welche das schnelle und unkomplizierte Interagieren bestimmen und das Kontextualisierungskonzept von Auer letztendlich konstituieren. In dem abschließenden Kapitel der Analyse soll es darum gehen, die angedeuteten organisatorischen und strukturellen Aspekte des Miteinander-Sprechens anhand verschiedener Transkriptionspassagen genauer darzulegen und auszudifferenzieren, wo dies relevant und möglich ist, sowie die Bezüge aufzudecken, die zwischen den einzelnen kontextualisierten Schematypen bestehen. Nach Möglichkeit sollen auch die Zusammenhänge zwischen organisatorischen und inhaltlichen Einheiten bzw. Strukturen herausgestellt werden.
Die Arbeit verfolgt das Ziel, die meist unbewussten Regeln und Automatismen aufzuzeigen, die es den Interagierenden ermöglichen, sprachliche Äußerungen in einer bestimmten Situation partnergerichtet zu produzieren und zu verstehen, um schließlich eine differenziertere Betrachtungsweise der gesprochenen Sprache zu ermöglichen und das ,Gespräch‘ als Untersuchungsgegenstand fassbar zu machen.
2 Einführung in Auers Theorie der Kontextualisierung
Die nähere Betrachtung des Kontextualisierungsansatzes von Auer erfordert zunächst eine Erörterung derjenigen Faktoren, die das problemlose, mündliche Interagieren und das damit einhergehende Funktionieren der gesprochenen Sprache hinreichend beeinflussen. Grundlegend für Auers Kontextualisierungskonzept ist der Begriff des Kontexts, dessen Konzeption zu dem von Gumperz geprägten Begriff der „Kontextualisierung“ in Beziehung gesetzt wird, da die entsprechende Realisierung des Schrittes vom ,Kontext‘ zur ‚Kontextualisierung‘ für die eingehende Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand
‘Gespräch‘, als einer konkreten Verwendungsform von Sprache, ein zentrales Kriterium darstellt.
Gumperz (1982) geht von der Hypothese aus, dass jede sprachliche Äußerung in unterschiedlicher Art und Weise verstanden und interpretiert werden könne (Vgl. Gumperz 1982: 130). Entscheidend für das jeweilige Verständnis der sprachlichen Äußerung sei vielmehr die Definition des gesamten Geschehens während der Interaktion durch die Kommunikationsteilnehmer, auf deren Basis diese die Äußerung interpretieren (Vgl. ebd.). Gumperz führt fort: „In other words, they [people] define the interaction in terms of a frame[[1] ] or schema which is identifiable and familiar“ (ebd.). Dementsprechend ist an die Interpretation einer sprachlichen Äußerung eine bestimmte Verstehensstrategie geknüpft, deren Grundlage ein den Interaktionsteilnehmern vertrautes Schema bildet, das sich aus den in der jeweiligen Kommunikationssituation geäußerten Dingen und Ereignissen der außersprachlichen Welt und unserem Wissen über einen entsprechenden Sachzusammenhang zusammensetzt. Folglich sei für die Interpretation einer sprachlichen Äußerung die Aktivierung von Hintergrundwissen (Vgl. ebd. 131) relevant, welches dahingehend zu verstehen ist, als das Verständnis einer Äußerung nicht etwa aus den Einzelbedeutungen der verwendeten Wörter hervorgeht, sondern vielmehr erst über Wissensbestände semantische Verknüpfungen zwischen den geäußerten Wörtern hergestellt werden müssen, um eine Äußerung zu verstehen. Auer (1986) führt den Gedanken von Gumperz fort und geht von einer „Kontextabhängigkeit der Bedeutung natürlichsprachiger Äußerungen“ (Auer 1986: 23) aus, welche verdeutlicht, dass die Interaktionspartner erst mittels dieses Wissens über Objekte, Geschehnisse oder Handlungen im Rahmen bestimmter Situationen ihre sprachlichen Äußerungen wechselseitig erschließbar und interpretierbar machen. Auer konkretisiert, dass „sprachliche Äußerungen von ihrem (sozialen, situativen, sequentiellen...) Kontext abhängig“ (Auer 1986: 22-23) seien, sodass Kontext letztendlich das sprachliche Verhalten der Interaktionsteilnehmer insofern beeinflusst, als die Interagierenden nicht nur sprachliche Handlungen ausführen, um Informationen zu übermitteln, sondern diese zugleich in Sach- und Situationszusammenhänge stellen, aus denen heraus die Äußerungen für den Rezipienten verstehbar werden. Busse weist im Rahmen dieser Überlegungen darauf hin, dass „Kontexte[[2] ] [...] keine objektiven Daten“ und nicht „gegeben“ seien, sondern stattdessen „gesucht gefunden und hergestellt werden“ (Busse 2007: 16) müssen, sodass Kontext nicht einfach vorhanden ist und die Interaktion von außen beeinflusst, sondern von den Interagierenden erst gestaltet und während des Gesprächs kontinuierlich interaktiv neu angepasst wird. Demgemäß sei von einem aktiven Interaktionsteilnehmer auszugehen, der nicht nur auf Kontext reagiere, sondern auch Kontext aufbaue (Vgl. Auer 1986: 23). Infolgedessen versteht Auer schließlich unter dem Begriff „Kontextualisierung all jene Verfahren [...], mittels derer die Teilnehmer an einer Interaktion für Äußerungen Kontext konstituieren“ (ebd. 24), sodass die Gestaltung des Kontexts, die sogenannte Kontextualisierung, als eine Methode bzw. als ein Vorgehen innerhalb der Interaktion zu betrachten ist, die möglicherweise als Grundvoraussetzung des gegenseitigen Verstehens erachtet werden kann und letztlich ein Wesensmerkmal von Diskursen darstellt. Auer resümiert, dass der „Schritt vom ,Kontext‘ zur ,Kontextualisierung‘“ dadurch gekennzeichnet sei, dass „Kontext […] nicht als material gegeben, sondern als interaktiv produziert angesehen“ werde, dessen „Realität […] nicht die einer physikalischen Präsenz“ sei, „sondern die eines […] Konstrukts“ (ebd. 23), das für die ausreichende Definition der Situation gebraucht werde (Vgl. ebd.). Kontexte sind somit als kognitive, dynamische Größen aufzufassen, die sich auf unterschiedliche Ebenen beziehen.
Entsprechend dieser Argumentation sind die Interagierenden in der Lage, Gesten, Bitten oder auch Aufforderungen in der vom Textproduzenten intendierten Bedeutung zu verstehen, weil sie sprachliche Äußerungen oder auch weitere interaktive Handlungen, wie beispielsweise ein Lachen, das als Auslachen, humorvolles Lachen oder auch als peinlich berührtes Lachen verstanden werden kann, aus einer Gesamtsituation heraus interpretieren, in der eine Äußerung steht und somit die adäquate Interpretation des Lachens erst erlaubt. Kontexte sind demnach als schematische Wissensbestände zu charakterisieren, ohne deren Kenntnis der begriffliche Inhalt eines Zeichens, nicht aber die Äußerung in ihrer konkreten Bedeutung verstanden werden kann. Auer (1986) und Busse (2007) fassen Kontext geradezu als dynamisches mentales Modell auf, das in der Interaktion schließlich durch die Kontextualisierung insofern hervorgebracht wird, als die Interagierenden mittels entsprechender Kontextualisierungsverfahren Kontext für ihre Sprechhandlungen konstituieren. Im Rahmen dieser Arbeit wird daher insbesondere die Gestaltung des Kontexts durch entsprechende Kontextualisierungshinweise von wesentlicher Bedeutung sein. Überdies ist ferner anzunehmen, dass es keine vollkommen kontextunabhängigen Äußerungen gibt, sodass weiterhin ein Bezug zur Indexikalität in der Sprache insofern herzustellen ist, als der Themenbereich der Kontextualisierung eben die durch den Begriff der Indexikalität bezeichnete Kontextabhängigkeit natürlicher Sprachen näher beschreibt und darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen Kontextabhängigkeit und Kontextkonstitution herzustellen versucht, woraus sich ein Überblick über das grundlegende Phänomen der Indexikalität ergibt.
Im Folgenden wird das Kontextualisierungskonzept von Auer (1986) in Bezug auf die der Kontextualisierung zugrunde liegenden interaktionsorganisatorischen Leistungen von Sprechhandelnden thematisiert, um einen Einblick hinsichtlich der interaktiven Gestaltung des Kontexts zu erhalten und schließlich die Funktion der Kontextualisierungshinweise und Schemata[3] herauszustellen, die das Verstehen von Äußerungen in der konkreten Situation ermöglichen.
3 Das Kontextualisierungskonzept von Auer
Vor dem Hintergrund der Kontextualisierung, als interaktiver Konstitution des relevanten Kontexts innerhalb eines mündlichen Kommunikations- und Interpretationsprozesses, werden nun jene Typen von Kontextualisierungshinweisen und unterschiedliche kontextualisierte Schematypen näher betrachtet, die den Kontextualisierungsansatz Auers und das Kontextualisierungsverfahren selbst letztendlich konzipieren. Die genauere Erörterung der konkreten interpretationsleitenden Hinweise in der gesprochenen Sprache, die sowohl verbale, als auch para- und nonverbale Indices[4] umfassen, liefert die Basis für ein besseres Verständnis der Korpus-Analyse einer alltäglichen face-to-face -Kommunikation.
3.1 Kontextualisierungsverfahren, Kontextualisierungshinweise und kontextualisierte Schemata
Laut Auer seien Kontextualisierungsverfahren „dadurch bestimmt, daß in ihnen bestimmte Kontextualisierungshinweise auf eine bestimmte Art eingesetzt werden, um Schemata aus dem Hintergrundwissen verfügbar zu machen“ (Auer 1986: 24). Hieraus ist zu schließen, dass diese Schemata den Interagierenden dazu verhelfen, einen gemeinsamen Interpretationsrahmen auszuhandeln.[5] Zur Konstituierung von Kontext stellen die Interagierenden folglich eine Beziehung zwischen zwei Bereichen her: einem empirisch gegebenen Datum, das dem Kontextualisierungshinweis entspricht und von dem kontextualisierenden Interaktionsteilnehmer aus einem Zeicheninventar sprachlicher oder nichtsprachlicher Art ausgewählt wird sowie einer Komponente des Hintergrundwissens, welches in Form von Schemata organisiert ist (Vgl. ebd.). Demgemäß ist die Verknüpfung der drei eingeführten Begriffe Schema, Kontextualisierungshinweis und Kontextualisierungsverfahren dahingehend zu verstehen, als „durch Kontextualisierungsverfahren […] Kontextualisierungshinweise und Schemata aufeinander bezogen“ (ebd. 26) werden. Das indexikalisch wirksame Datum wird dabei mit Gumperz contextualization cue, dt. „Kontextualisierungshinweis“ genannt. Folglich sind Kontextualisierungshinweise als bestimmte empirisch erfassbare, hinweisende Zeichen zu begreifen, die gewisse Aspekte des Hintergrundwissens relevant machen und somit von den Interagierenden zur Gestaltung des Kontexts verwendet werden. Gumperz beschreibt solche Hinweise wie folgt:
That is, constellations of surface features of message form are the means by which speakers signal and listeners interpret what the activity is, how semantic content is to be understood and ,how‘ each sentence relates to what precedes or follows. These features are referred to as ,contextualization cues‘. For the most part they are habitually used and perceived but rarely consciously noted and almost never talked about directly. Therefore they must be studied in process […]. Their signalling value depends on the participants‘ tacit awareness of their meaningfulness. (Gumperz 1982: 131)
Demnach erweisen sich Kontextualisierungshinweise als hinweisende Zeichen, mittels derer der relevante Kontext für die Interpretation der Sprechhandlung angezeigt und diese in eine bestimmte Richtung gelenkt wird, sodass eine angemessene Interpretation von sprachlichen Äußerungen und weiteren interaktiven Handlungen erst unter Einbeziehung solcher Richtungshinweise möglich ist. Auer versteht Kontextualisierungshinweise somit als Indikatoren in der Äußerung und unterscheidet kinetische und proxemische Phänomene, prosodische Mittel, wie Reduzierung bzw. Erhöhung der Lautstärke, Akzent- und Intonationsmuster oder Veränderungen im Sprechrhythmus und in der Sprechgeschwindigkeit sowie Blickverhalten oder auch zeitliche Platzierungen von Äußerungen, die sich auf die Organisation von Redebeiträgen, wie mitunter Pausenstruktur oder Simultansprechen, beziehen. Weitere Kontextualisierungshinweise betreffen die Sprachwahl, die beispielsweise entsprechend einer offiziellen oder eher persönlichen Kommunikationssituation variiert bzw. c ode-switching miteinschließt sowie lexikalische Variationen, zu denen dialektale Lexeme gehören, die beispielsweise bestimmte regionale Objekte[6] bezeichnen (Vgl. Auer 1986: 26). Folglich übermitteln diese Kontextualisierungshinweise bestimmte Interpretationssignale, die, in Anlehnung an Gumperz, Richtungen für die Inferenzziehung[7] vorgeben, ohne jedoch auf direkte Weise verbal kommuniziert zu werden und damit die jeweilige Interpretation explizit zu machen. Vor dem Hintergrund, dass Kontextualisierung durch den Bezug von Kontextualisierungshinweisen auf Schemawissen erfolgt, bedeutet dies, dass z.B. prosodische Mittel, wie die erhöhte Lautstärke im Gespräch das Schema ,Sprecher‘ im Sinne des Turn-Inhabers aufruft, während die Anhebung des Tonhöhenniveaus innerhalb einer Konversation das Schema ‚Interviewer‘ anstelle des bisher relevanten Schemas ,Konversationsteilnehmer‘ aktiviert (Vgl. Auer: 1986: 25). Anhand dieser Beispiele wird somit deutlich, dass die hier verwendeten prosodischen Mittel in unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden und dementsprechend einen jeweils anderen Kontext relevant machen. Die Frage ,wieso’ beispielsweise kann prosodisch vollkommen unterschiedlich gestaltet werden: Während ,wieso’ mit steigender Intonation am Wortende eine Frage kontextualisiert und schließlich die Gestaltung der Antwort offen lässt, kontextualisiert ein ,wieso’ mit fallender Intonation am Wortende einen Widerspruch zu den Annahmen des Fragenden und begrenzt die Antwort insofern, als die Diskrepanz in den folgenden Redebeiträgen der antwortenden Person behoben werden soll. Charakteristisch für einen contextualization cue ist demnach, dass „kein Kontextualisierungshinweis […] eine ,inhärente‘ Bedeutung“ habe, „die ein für allemal“ festliege „und seine Interpretation“ bestimme (ebd. 26), sodass sich die Bedeutung des jeweiligen cues nicht unabhängig von der Situation beschreiben lässt, da ihm je nach dem Ort seiner Verwendung in der Interaktion unterschiedliche Bedeutungen zukommen können. Folglich ist es nicht möglich, Kontextualisierungshinweisen, wie beispielsweise ,Erhöhung der Lautstärke‘, oder ,Anhebung des Tonhöhenniveaus‘ eine einzige, konstante referentielle Bedeutung zuzuordnen, sodass wiederum auch keine eindeutige Zuordnung von Kontextualisierungshinweisen zu Schemata möglich sei (Vgl. ebd.). Vielmehr seien, laut Auer, „die einzelnen Kontextualisierungshinweise flexibel“ und somit „für eine Vielzahl von Funktionen einsetzbar“ (ebd.). Darüber hinaus werde Kontextualisierung meistens nicht nur von einem einzigen cue geleistet, sondern von mehreren synchronisierten Kontextualisierungshinweisen (Vgl. ebd.). Übertragen auf die Frage ,wieso’ bedeutet dies, dass ein besonders akzentuiertes ,wieso’, das eine hohe Tonhöhe und erhöhte Lautstärke im Verhältnis zu den umliegenden Äußerungen aufweist und eventuell zusätzlich von einem mimischen contextualization cue, wie beispielsweise dem Stirnrunzeln, begleitet wird, Erstaunen, Verwunderung oder auch Zweifel kontextualisiert. Dementsprechend kann die Frage ,wieso’ nur unter Berücksichtigung von z.B. der Lautstärke, dem Tonhöhenverlauf oder auch der Platzierung innerhalb der Interaktion angemessen interpretiert werden, sodass insbesondere über das Zusammenwirken von verschiedenen cues die jeweilige Bedeutung der Frage erschließbar wird. In Anbetracht des Kriteriums, dass Kontextualisierungshinweise keine inhärente, referentielle Bedeutung haben, verdeutlicht dieses Beispiel weiterhin, dass die contextualization cues im Wesentlichen als Richtungshinweise für den situativen Inferenzprozess fungieren. Wenn nun aber ein einzelner Kontextualisierungshinweis situativ über unterschiedliche Bedeutungen verfügt, stellt sich ferner die Frage, inwieweit Kontextualisierungshinweise möglicherweise beliebig frei gewählt werden können. Auer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „Kontextualisierungshinweise […] kulturabhängig“ (ebd. 27) seien, sodass davon auszugehen ist, dass dem Aufbau der entsprechenden situativen Kontexte soziale Konventionen zugrunde liegen, nach denen sich die Wahl der jeweiligen Kontextualisierungshinweise durch die Kommunizierenden richtet. Gumperz konkretisiert, dass Gesprächsteilnehmer schließlich über konventionelle Erwartungen bzgl. dessen verfügen, was entsprechend der jeweiligen Gesprächssituation als normal hinsichtlich Gesprächsrhythmus, Lautstärke, Intonation und Sprechstil gelte (Vgl. Gumperz 1982: 132), sodass die Wahl der Kontextualisierungshinweise nicht etwa willkürlich ist, sondern sich nach den Konventionen des sozialen Gesprächverhaltens innerhalb einer einzelnen Sprachgemeinschaft und den damit verbundenen kognitiven Vorgaben richtet.[8] Zur Illustration ist diesbezüglich die Signalisierung einer ,geheimnisvollen Nachricht’ zu nennen, für deren Kontextualisierung weniger das Erhöhen der Lautstärke als vielmehr die Lautstärkenverminderung bis hin zum Flüsterton typisch bzw. konventionalisiert ist. Darüber hinaus fügt Gumperz ergänzend hinzu: „By signalling a speech activity, a speaker also signals the social presuppositions in terms of which a message is to be interpreted“ (ebd.). Demzufolge ist davon auszugehen, dass entsprechendes Missverstehen von Sprechhandlungen aus dem Missachten eines relevanten cues oder einem mangelnden Bewusstsein über dessen Funktion seitens des Rezipienten resultiert. Mit der Verortung der sprachlichen Äußerung in einem bestimmten Wissensraum bestehe, laut Busse, somit für den Textproduzenten stets die Unsicherheit darin, ob der Textrezipient die Kontextualisierungen auch so, wie sie gemeint waren, verstehe (Busse 2007: 16).
[...]
[1] Linke/Nussbaumer/Portmann definieren den Terminus „frame“ als „Konzept[]“ mit dem versucht werde, „die Verknüpfung von Weltwissen bzw. Handlungswissen mit den [...] sprachlich vermittelten Informationen nachzuvollziehen.“ Linke/Portmann/Nussbaumer 52004: 265.
[2] In dem Zusammenhang begreift Busse „Kontexte [...] als Lieferanten verstehensrelevanter Wissenselemente, ohne die ein sprachlicher Satz [...] nicht richtig verstanden werden könnte“ (Busse 2007: 16). Ergänzend fügt Busse hinzu, dass „Kontexte [...] auch nicht nur oder nicht eigentlich dingweltliche Entitäten“ seien, sondern nur ihre „kognitive Repräsentation, hier als epistemische Größen“ interessiere, „die das verstehensrelevante Wissen bilden.“ Ebd..
[3] Auer versteht unter dem Begriff „Schemata“ komplexe Strukturen des Wissens, mithilfe derer die Verarbeitung und Produktion von Sprechhandlungen erleichtert werden, indem sie Bezüge herstellen bzw. die Rahmen vorgeben, in welche die konkrete sprachliche Äußerung einzuordnen sei (Vgl. Auer 1986: 25). Ein Schema ist somit als Form der Repräsentation von generalisiertem Wissen aufzufassen.
[4] Bußmann definiert den Begriff Index wie folgt: „[Pl. ,Indices‘; lat. ,index‘ ›Anzeiger‹] […]. Indices sind hinweisende (auf Erfahrung basierende) Zeichen […].“ Bußmann 42008: 282.
[5] In den folgenden Erläuterungen beziehe ich mich weiterhin auf die Ausführungen Auers (1986).
[6] Auer nennt als Beispiel die dialektalen Lexeme ,Schrippen ‘ –,Brötchen ‘, welche die begriffliche, regionale Variation des Lexems für ein und dasselbe Objekt aufzeigen. Vgl. ebd..
[7] Laut Bußmann sei die „Inferenzziehung […] grundlegend für die Herstellung von → Kohärenz, also für den Aufbau eines sinnvollen, semantisch zusammenhängenden Textes […]. Neben solchen »intendierten«, zum Verständnis notwendigen Inferenzen“ aktiviere „der Rezipient auch andere, zum Textinhalt passende Wissensbestände“ (Bußmann 42008: 289). Folglich greift der Rezipient für die Interpretation von sprachlichen Äußerungen und weiteren interaktiven Handlungen auf bekannte Konzepte bzw. Relationen aus seinem Weltwissen zurück und wendet diese auf die Situation an. Der ausgedrückte Textinhalt wird somit um das inferentiell hinzugefügte Wissen ergänzt.
[8] Gumperz weist diesbezüglich auf Unterschiede im Kontextualisierungsverhalten hin: „Notions of normality differ within what, on other grounds, counts as a single speech community. When this is the case, and especially when participants think they understand each others’ words, miscommunication resulting in mutual frustration can occur.“ Gumperz 1982: 132.
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