In den Sozialwissenschaften, so wie Erziehungswissenschaft, werden vorzugsweise quantitative Methoden bei der Datenerhebung und Auswertung verwendet. Denken wir z.B. an einen Fall aus dem pädagogischen Bereich, wenn eine neu entwickelte Unterrichtmethode auf die Probe gestellt und mit der traditionellen Lehrmethode verglichen wird. Nach der Implementationsphase der neuen Methode in Schulen will man sich, als Mitentwickler der Methode, Rückmeldung über diese verschaffen. Damit allerdings die Ergebnisse ernster aussähen, entwickelt man ein standardisiertes Instrument, z.B. einen standardisierten Fragebogen, mit dem LehrerInnen, SchülerInnen und andere an dem Schul- und Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen nach ihrer Meinung bezüglich der Neuerung befragt werden. Mit Hilfe der quantitativen Auswertungsmethoden kommt man zu einem Ergebnis, das aussagekräftig ist und das man nun präsentieren kann.
So ein oder ein ähnlicher Fall, selbstverständlich nicht so vereinfacht, wie in dem oben beschriebenen Beispiel, stellt den Forschungsalltag in den Erziehungswissenschaften dar. Dies lässt den einen oder anderen sich die Frage stellen: „Wo bleiben denn die LehrerInnen und SchülerInnen mit dem, was sie diesbezüglich sagen würden, wenn sie nicht nur Kreuzchen in einem Fragebogen machen sollten, sondern auch Möglichkeit bekämen, ihre individuellen, wenn auch nicht standardisierten Meinungen zu äußern? Besteht die Möglichkeit, die Beteiligten zu befragen, ohne dass ihre Meinung durch die Fragen eines Tests manipuliert oder zumindest in eine gewünschte Richtung gelenkt wird? Und wenn ja, kann dann trotzdem von einem gesicherten Ergebnis gesprochen werden?“
Diese kritische Frage wollen wir mit dieser Arbeit ansatzweise beantworten, wobei natürlich eine Schlussfolgerung im Sinne, eine Forschungsmethode ist besser als die andere, nicht angestrebt wird. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Die qualitativen im Vergleich zu den quantitativen Methoden
1.1. Das zentrale Unterscheidungsmerkmal
1.2. Geschichtlicher Hintergrund der Inhaltsanalyse
1.3. Ziel der qualitativen Methoden
2. Interview - Königsweg der qualitativen Datenerhebung
2.1. Das Leitfaden-Interview
2.2. Das erzählgenerierende Interview
3. Qualitative Auswertungsmethoden am Beispiel der Inhaltsanalyse
3.1. Allgemeine Schritte einer Inhaltsanalyse
3.2. Inhaltsanalyse nach Mayring
3.3. Grounded Theory-Ansatz
4. Gütekriterien von qualitativen Methoden
4.1. Gütekriterien qualitativer Datenerhebung
4.2. Gütekriterien qualitativer Datenanalysen
5. Qualitative vs. quantitative Methoden
Literaturverzeichnis
1. Die qualitativen im Vergleich zu den quantitativen Methoden
In den Sozialwissenschaften, so wie Erziehungswissenschaft, werden vorzugsweise quantitative Methoden bei der Datenerhebung und Auswertung verwendet. Denken wir z. B. an einen Fall aus dem pädagogischen Bereich, wenn eine neu entwickelte Unterrichtmethode auf die Probe gestellt und mit der traditionellen Lehrmethode verglichen wird. Nach der Implementationsphase der neuen Methode in Schulen will man sich, als Mitentwickler der Methode, Rückmeldung über diese verschaffen. Damit allerdings die Ergebnisse ernster aussähen, entwickelt man ein standardisiertes Instrument, z. B. einen standardisierten Fragebogen, mit dem LehrerInnen, SchülerInnen und andere an dem Schul- und Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen nach ihrer Meinung bezüglich der Neuerung befragt werden. Mit Hilfe der quantitativen Auswertungsmethoden kommt man zu einem Ergebnis, das aussagekräftig ist und das man nun präsentieren kann.
So ein oder ein ähnlicher Fall, selbstverständlich nicht so vereinfacht, wie in dem oben beschriebenen Beispiel, stellt den Forschungsalltag in den Erziehungswissenschaften dar. Dies lässt den einen oder anderen sich die Frage stellen: „Wo bleiben denn die LehrerInnen und SchülerInnen mit dem, was sie diesbezüglich sagen würden, wenn sie nicht nur Kreuzchen in einem Fragebogen machen sollten, sondern auch Möglichkeit bekämen, ihre individuellen, wenn auch nicht standardisierten Meinungen zu äußern? Besteht die Möglichkeit, die Beteiligten zu befragen, ohne dass ihre Meinung durch die Fragen eines Tests manipuliert oder zumindest in eine gewünschte Richtung gelenkt wird? Und wenn ja, kann dann trotzdem von einem gesicherten Ergebnis gesprochen werden?“
Diese kritische Frage wollen wir mit dieser Arbeit ansatzweise beantworten, wobei natürlich eine Schlussfolgerung im Sinne, eine Forschungsmethode ist besser als die andere, nicht angestrebt wird.
1.1. Das zentrale Unterscheidungsmerkmal
In den Sozialwissenschaften werden zwei Forschungsrichtungen unterschieden: quantitative und qualitative Methoden. Mit der Unterscheidung dieser Verfahren wird ein interpretatives Paradigma angedeutet. Dort, wo die quantitative Forschung nach Gesetzmäßigkeiten und allgemein-gültigen Prinzipien des menschlichen Handelns sucht, bemüht sich die qualitative Forschung darum, einzelne Ereignisse zu verstehen. Menschen handeln nicht nach vorgesetzten Rollen, Maßstäben oder Normen, deswegen wird bei qualitativen Sozialwissenschaften die individuelle Ebene in den Mittelpunkt gestellt. Das zentrale Instrument der Datenerhebung der qualitativen Methoden ist das Interview (vgl. 2), das der quantitativen ist z. B. der standardisierte Fragebogen.
Die Auswertungsverfahren der quantitativen Methoden verlangen nach standardisierten Daten, bei denen das Messniveau für die Testauswahl entscheidend ist. Es existiert eine Mehrzahl von quantitativen Testsverfahren, welche hier aufzulisten, die Rahmen der Arbeit übersteigen würde. Die Auswertungsverfahren der qualitativen Forschung, wie z. B. Inhaltsanalyse, werden im Weiteren ausführlicher dargestellt (vgl. Kap. 3).
Die qualitativen Verfahren, wie alle anderen Methoden, entstanden nicht in einem leeren Raum. Es gab gewisse Entwicklungen in den verwandten Wissenschaften, die Einfluss auf die Verfahren der Sozialwissenschaften hatten. Diese geschichtlichen Hintergründe sollen im Folgenden erwähnt werden.
1.2. Geschichtlicher Hintergrund der Inhaltsanalyse
Die Inhaltsanalyse, als das zentrale Verfahren der qualitativen Forschung, wurde „im wesentlichen zu Beginn dieses Jahrhunderts (besonders in den 20er Jahren) in den USA entwickelt, vor allem, um das enorme Datenmaterial der sich entfaltenden Massenmedien (Radio, Zeitungen) systematisch auswerten zu können.“ (Mayring 1995, S. 209) Ihre Ansätze stammen aus quantitativen Verfahren. Zu Anfang wurden solche Methoden wie Häufigkeitsanalysen entwickelt, bei denen bestimmte Textbestandteile gezählt wurden, z.B. wie oft wurden in einer Zeitung bestimmte politischen Parteien erwähnt. „Valenz, Intensitätsanalyse, die das Material nach vorgegebenen Skalen einschätzen […]; Kontingenzanalysen, bei denen Zusammenhänge von Textbestandteilen analysiert werden“ sind weitere Beispiele hierzu (ebenda, S. 209). Die Inhaltsanalyse stammt aus den Kommunikationswissenschaften, von denen solche Verfahren wie die Konversationsanalyse zusammen mit ihrer zentralen Idee übernommen wurden. Die Kommunikation, die soziale Interaktion wurde selbst zum interpretativen Prozess. Der Grund dafür ist in der Kritik an der quantitativen Forschung zu finden: Die Versuchspersonen werden durch die standardisierten Instrumente nicht zu Wort kommen gelassen. Sie werden auf das bloße Reagieren auf vorgegebene Kategorien reduziert, und so in die Untersuchung als reaktives Objekt aufgenommen. Die neue Richtung qualitativen Charakters versucht die soziale Realität zu analysieren, wozu sie solche Instrumente wie Beobachtungen und Befragungen in natürlichen, alltäglichen Situationen einsetzt.
1.3. Ziel der qualitativen Methoden
„Das Ziel von Inhaltsanalysen ist die systematische Bearbeitung von Material aus Kommunikationen.“ (Mayring 1995, S. 209) Das Hauptanliegen hier ist das Protokollieren, Festhalten von Kommunikationsmaterial. Die Inhaltsanalyse beansprucht, der systematischen Auswertung in verschiedenen Bereichen dienen zu können. Nicht nur verbales Material sondern auch latente Sinngehalte können zum Gegenstand von Inhaltsanalysen werden. Vor allem dort, wo große Mengen an Material bearbeitet werden, ist die Inhaltsanalyse hilfreich. Ebenfalls anzuwenden sind qualitative Methoden im Rahmen von Pilotstudien.
Im ersten Kapitel wurden zwei Forschungsrichtungen in den Sozialwissenschaften mit ihren zentralen Gedanken vorgestellt. Ebenfalls wurde geschichtlicher Rahmen und Einsatzbereiche von qualitativen Verfahren erwähnt. In den nächsten Kapiteln werden wir näher auf einzelne Schritte der qualitativen Datenerhebung wie der Auswertung eingehen. Dabei wird das Interview als zentrales Instrument der qualitativen Datenerhebung mit zwei Arten, dem Leitfaden- und dem Erzählgenerierenden Interview vorgestellt. Nachdem die allgemeinen Schritte der qualitativen Datenauswertung aufgezeigt werden, soll die Inhaltsanalyse nach Mayring und der Grounded Theory-Ansatz ausführlicher beschrieben werden, wobei die Leistungen und Grenzen der beiden Verfahren aufzuzeigen sind. Zum Schluss dürfen die Gütekriterien der qualitativen Methoden nicht vergessen werden, da sich diese von den der quantitativen Methoden unterscheiden.
2. Interview - Königsweg der qualitativen Datenerhebung
Das Interview erscheint als einfache Methode, nicht zuletzt wegen seiner Nähe zum Alltagsgespräch. Doch damit das Alltagsgespräch das Niveau eines professionellen Interviews erreicht, sind viele Regeln zu beachten.
Interviews werden in der qualitativen Forschung gerne und häufig eingesetzt, da man auf diesem Weg einen raschen Zugang zu dem Forschungsfeld, zu den interessierenden Personen und reichlich Datenmaterial bekommt. (vgl. Friebertshäuser 1997, S. 371) Durch Interviews sollen Informationen, wie Weltsicht, Erfahrungen und Kontexte der zu interviewten Personen der Forschung zugänglich gemacht werden. So wird den Befragten selbst das Wort gegeben, damit sie Gelegenheit erhalten, über betreffende Sachen zu berichten. Es existiert eine Vielzahl verschiedener Interviewtechniken, die sich in der Art der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung unterscheiden.
Allen Arten und Formen von Interviews ist Eines gemeinsam, sie bezeichnen eine „verabredete Zusammenkunft, die sich in der Regel als direkte Interaktion zwischen zwei Personen gestaltet, die sich auf der Basis vorab getroffener Vereinbarungen und damit festgelegter Rollenvorgaben als Interviewende und Befragter begegnen.“ (ebenda, S. 374) Als Varianten des Interviews werden genannt: das Tandem-Interview, in denen zwei Forschende gemeinsam eine Person befragen; das Paar-Interview, in dem ein Ehepaar oder ein anderes Paar gemeinsam von einem oder mehreren Forschenden befragt wird; Gruppenverfahren, bei dem eine ganze Gruppe von Personen, beispielweise eine Familie, oder eine soziale Gruppe gemeinsam befragt wird. Interviews können je nach Interviewtechnik und Forschungsdesign unterschiedlich lange dauern, von den kurzen Telefonbefragungen von einigen Minuten bis hin zu mehrstündigen Sitzungen und einer Reihe von Terminen, z. B. Technik der „wiederholten Gesprächsinteraktion“. Die Entscheidung für eine bestimmte Interviewtechnik liegt an dem jeweiligen Forschungsdesign, wie Forschungsinteresse, Zielgruppe oder methodische Anlage der Studie usw. Ist man z. B. an den internen Abläufen einer Institution interessiert, bietet sich ein Leitfaden-Interview oder eine ExpertInnen – Befragung an. Man wird sich für das narrative Interview entscheiden, wenn man Daten aus den Biographien von einzelnen Personen ermittelt. Der zu befragende Personenkreis ist entscheidend für die Auswahl der Interviewtechnik. So erfordert die Befragung von Kindern andere Techniken als die von Erwachsenen. Einen anderen Stellenwert nehmen Interviews im Rahmen eines komplexen Forschungsdesigns an, in dem beispielweise auch Methoden wie standardisierte Fragebogenerhebungen und teilnehmende Beobachtungen zum Einsatz kommen (vgl. ebenda, S. 374 ff.). B. Friebertshäuser (1997) gibt im Artikel „Interviewtechniken – ein Überblick“, wie schon der Name lautet, einen Überblick über verschiedene Interviewarten, zahlreiche Verweise auf weiterführende Literatur und Literaturangabe zu einzelnen Themen der Forschung. Die Autorin stellt zwei zentrale Arten der Interviewtechniken dar, das Leitfadeninterview und das erzählgenerierende Interview, wobei sie selber darauf hinweist, dass diese Kategorisierung eine sehr grobe Unterscheidung darstellt. Es wird außerdem auf ein begriffliches Problem hingewiesen: „Verwirren kann, daß es eine Fülle von Bezeichnungen für die diversen Interviewtechniken gibt, dass manchmal ein sehr ähnliches Vorgehen unter einem neuen Begriff gefaßt wird, und daß sich zudem auch für das gleiche Verfahren weitere Bezeichnungen finden können.“ (Friebertshäuser 1997, S. 372) Für das Leitfaden-Interview wird beispielsweise auch der Begriff „halbstandardisiertes Interview“ verwendet. In dem Beitrag werden viele Interviewtechniken vorgestellt, die sich in die zwei oben genannten Kategorien einordnen lassen. (s. Abb.1: Überblick über Interviewtechniken)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Überblick über die Interviewtechniken
Im Folgenden sollen die zwei Oberkategorien, das Leitfaden- und das erzählgenerierende Interview dargestellt werden. Es werden Ziele der Interviews genannt und die zentralen Techniken beschrieben, die diese Kategorien von den anderen unterscheiden.
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- Quote paper
- Natalia Schlichter (Author), 2003, Mayring und Grounded Theory-Ansatz. Qualitative Forschung vs. quantitative Methoden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37385
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