Einleitung
Die Gedichte „Auf eine Lampe“ (1846) und „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“1 (1825), deren Interpretation und Vergleich der vorliegenden Arbeit zu Grunde liegen, geben einen Einblick in Mörikes Auffassung von Kunst und dienen der Darstellung seines Begriffes der Schönheit, der deutlich vom subjektiven Erleben sowie von seinem Bewusstsein der Zeitlichkeit geprägt ist. Das zu Mörikes Gegenstandslyrik gehörende Gedicht „Auf eine Lampe“ und das Stimmungsgedicht „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“ zählen zu der literarischen Epoche zwischen Romantik und Realismus, dem sogenannten Biedermeier, wobei das letztere noch Züge der Romantik aufweist und auch als Zeitgedicht bezeichnet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Hauptteil – Interpretation
1. Auf eine Lampe
1.1 Formale Analyse
1.1.1 Aufbau
1.1.2 Bildlichkeit
1.2 Interpretation
2. An einem Wintermorgen,
vor Sonnenaufgang
2.1 Formale Analyse
2.1.1 Aufbau
2.1.2 Bildlichkeit
2.2 Interpretation
III Schlussbewertung
Literaturverzeichnis
Anhang
- Auf eine Lampe (1846)
- An einem Wintermorgen,
vor Sonnenaufgang (1825)
I Einleitung
Die Gedichte „Auf eine Lampe“ (1846) und „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“[1] (1825), deren Interpretation und Vergleich der vorliegenden Arbeit zu Grunde liegen, geben einen Einblick in Mörikes Auffassung von Kunst und dienen der Darstellung seines Begriffes der Schönheit, der deutlich vom subjektiven Erleben sowie von seinem Bewusstsein der Zeitlichkeit geprägt ist.
Das zu Mörikes Gegenstandslyrik gehörende Gedicht „Auf eine Lampe“ und das Stimmungsgedicht „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“ zählen zu der literarischen Epoche zwischen Romantik und Realismus, dem sogenannten Bieder- meier, wobei das letztere noch Züge der Romantik aufweist und auch als Zeitgedicht bezeichnet werden kann.
II Hauptteil – Interpretation
1. Auf eine Lampe
1.1 Formale Analyse
1.1.1 Aufbau
Das Gedicht enthält keine Strophengliederung; es besteht aus dem Titel und einer langen Strophe, die in zehn Verse unterteilt ist.
Diese Verse sind auftaktig, wobei der letzte Vers auch als auftaktlos, d.h. mit Ein- gangshebung und folgender Doppelsenkung, gelesen werden kann. Es handelt sich um zwölfsilbige Verse, die durch einen alternierenden, sechshebigen Jambus gekenn- zeichnet sind und ausschließlich männliche Kadenzen aufweisen. Eine mögliche Variation des Rhythmus’ mit Hilfe eines Wechsel von männlichen und weiblichen Versendungen wird somit nicht erzeugt. Die Verse sind reimlos, also nicht durch ein Reimschema miteinander verbunden; eine Ausnahme bilden die Verse sechs und neun („Ringelreihn“/ „sein“). Es gibt keine festgelegten Zäsurstellen.
Diese Merkmale des Verses, insbesondere des Metrums, charakterisieren die deutsche Nachbildung des jambischen Trimeters, der in der Antike häufig Verwendung fand und dessen lateinische Umbildung der Senar ist. Die antiken Zäsurregeln werden in der deutschen Nachbildung nicht beachtet, was zu einem freieren Rhythmus führt.
Des weiteren wird der Rhythmus des Gedichtes von der Beziehung der Vers- zur Satz- struktur bestimmt. Innerhalb des Verstextes liegt ein Spannungsverhältnis zwischen ihnen vor, da den zehn Versen lediglich sechs Sätze gegenüberstehen. Die ersten bei- den Sätze sind hypotaktisch und füllen jeweils drei Verse. In Vers sieben folgen ein kurzer, parataktischer Ausrufungssatz sowie ein elliptisch konstruierter Satz, der in Vers neun endet und dem sich ein parataktischer Fragesatz bis zum Versende an- schließt. Der letzte Satz ist hypotaktisch und der einzige, der genau einen Vers füllt, und zwar den letzten.
Die durch die Hypotaxen bedingten, zahlreichen Satzzeichen führen zu natürlichen Pausen beim Lesen und treten innerhalb des Verses, wie auch am Versschluss auf.
Enjambements lassen sich nur vereinzelt vorfinden; in Vers vier und sieben über- winden die Sätze ohne Interpunktion die Versgrenze und reichen in die nächste Zeile hinein.
1.1.2 Bildlichkeit
Die im Gedicht erzeugte Bildlichkeit wird mit Hilfe verschiedener rhetorischer Stil- mittel hervorgerufen, die der Hervorhebung und der Kennzeichnung einer engeren Beziehung einzelner Teile zueinander dienen.
Schon im ersten Vers tritt eine Reihe dieser Figuren auf, die teilweise an anderen Stellen des Gedichtes wiederholt vorzufinden sind. Dies sind die Assonanz („unver- r ü ckt; sch ö ne; schm ü ckest“; weiter in V.2:„z ier lich; h ier “; V.4:„Auf d ei ner w ei ßen [...]“; V.6:„Schl ing t; K in derschar; R ing elreihn“; V.8:„d o ch erg o ssen [...] F o rm“ u.a.), die Alliteration („ sch öne; sch mückest“; V.3:„ D ie D ecke d es [...]“; V.10:„Was aber sch ön ist, sel ig sch eint es in ihm sel bst“ u.a.), die Apostrophe („[...] o schöne Lampe, schmückest du“; V.4:„Auf deiner weißen Marmorschale [...]“), die Inversion, die in allen Sätzen – mit Ausnahme des Fragesatzes – auftritt, sowie schließlich die Parenthese („[...], o schöne Lampe, [...]“). Eine weitere Amplifikationsfigur ist die Ellipse des in Vers sieben beginnenden Satzes.
Die Tatsache, dass im ersten Vers fast alle Amplifikationsfiguren, die im weiteren Verstext auftauchen, schon enthalten sind, hebt diesen besonders hervor.
Weiterhin wird die Substitutionsfigur der Personifikation eingesetzt, was zu einer Verlebendigung der umschriebenen Lampe führt. Sie wird nicht als Gegenstand, sondern als Lebewesen dargestellt und direkt angesprochen (V.1:„[...] o schöne Lampe, schmückest du“). Auch der Titel enthält die Personifikation, da er eine Art von Widmung bzw. Lobeshymne ausdrückt, die normalerweise nur an Menschen, nicht aber an Gegenstände, gerichtet ist.
Als ein Oxymoron lässt sich der Begriff „An leichten Ketten“ (V.2) beschreiben, da die Ketten, die das Gewicht der marmornen Lampe tragen, massiv und schwer sein müssen. Ebenfalls zur Verdeutlichung des Motivs trägt Vers neun bei, in dem die Lampe nicht direkt genannt, sondern kurz charakterisiert wird („Ein Kunstgebild der echten Art“). Die besondere Wirkung des Gedichtes wird auch durch die bevorzugte Verwendung von Adjektiven bzw. Eigenschaftswörtern („unverrückt; schön; leicht; zierlich“ u.a.) und Substantiven („Lampe; Ketten; Decke; Lustgemach“ u.a.) erzielt.
1.2 Interpretation
Schon der als Widmung formulierte Titel „Auf eine Lampe“ weist darauf hin, dass es sich in dem Gedicht nicht nur um die Lampe als leblosen Gegenstand handelt, sondern dass sie eine tiefere Bedeutung hat und vom Betrachtenden wie ein Lebewesen wert- geschätzt wird.
Diese Personifizierung wird gleich am Anfang des Verstextes, der sich inhaltlich in vier Abschnitte gliedert, durch direkte Ansprache wieder aufgenommen. Im ersten Abschnitt, der die ersten drei Verse und somit den ersten Satz umfasst, wird die Funktion der Lampe innerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung beschrieben. Obwohl sie kein Licht mehr ausstrahlt, schmückt sie noch immer das verlassene „Lust- gemach[...]“ (V.3), von dessen Decke aus sie allein durch ihre Schönheit den ganzen Raum erhellt. Sie wird sofort in den Mittelpunkt des Raumes wie auch des Gedichtes gerückt, was durch den stillen Betrachter und die Schilderung seines Erlebens ermög- licht wird. Er ist es auch, der die Lampe sehr schätzt und sie personifiziert (V.1:„[...] o schöne Lampe, schmückest du“). Das einleitende „Noch unverrückt“ verleiht der Schönheit der Lampe eine Unangetastetheit, da sie immer noch, nach langer Zeit, ihre schmückende Funktion beibehalten hat, während ihre Umgebung schon fast vergessen ist. Doch gleichzeitig wird eine mögliche Verletzbarkeit evoziert, da die Lampe „noch unverrückt“ hängt, möglicherweise aber nicht mehr lange.
Die unangetastete Schönheit wird verstärkt durch die Adjektive, die den Eindruck vermitteln, die Lampe würde oben an der Decke über allem schweben (V.2:„leicht; zierlich“). Allerdings wird auch das Motiv der Vergänglichkeit wieder aufgenommen durch das Bild des „fast vergeßnen Lustgemachs“, in dem in vergangenen Zeiten einmal Menschen versammelt waren und feierten.
Die Darstellung der Lampe erinnert an ein gemaltes Stilleben, d.h. an das Festhalten eines Gegenstandes, kurz bevor es zerfällt. Dieses Bild lässt eine wehmütige Stim- mung entstehen.
An die Lebendigkeit der Vergangenheit erinnert „hier“ „nun“ allein „noch“ die Lampe, die den Raum weiterhin feierlich schmückt. Die Zeit- und Ortsbestimmungen weisen erneut auf den im Hintergrund bleibenden Betrachter hin, dessen Empfin- dungen und Urteilskraft der Schönheit der Lampe erst einen Sinn geben.
Der zweite Abschnitt, der die Verse vier bis sechs und damit den zweiten Satz, um- fasst, ist eine detaillierte Beschreibung und Charakterisierung der schönen Lampe. Sie wird erneut angesprochen, der Betrachter offenbart ihr und gleichzeitig dem Leser ihre vollkommene Form. Das Material, aus dem sie besteht, ist weißer Marmorstein, was die Reinheit („weiß“) und zugleich das Edle, Wertvolle („Marmor“) der Lampe zum Ausdruck bringt. Es entsteht das Bild einer sehr alten, schweren, aber doch kunstvoll gestalteten Lampe. Das Motiv der Vollkommenheit wird durch die kreisförmige Ge- stalt der Marmorschale aufgenommen und im Efeukranz, der ihren Rand „umflicht“ (V.5), sowie im „Ringelreihn“ (V.6) der Kinderschar fortgesetzt. Der Efeukranz, der die Schale schmückt, ist aus „goldengrünem Erz“ (V.5) gefertigt, was neben dem Marmor den Wert der Lampe verdeutlicht. Marmor und Erz bilden eine Einheit, da sie die aus der Natur stammenden Bestandteile der Lampe darstellen. Diese natürlichen Rohstoffe müssen allerdings erst kunstvoll bearbeitet werden, um die Gestalt der Lampe annehmen zu können. Es steckt also schon durch die Entstehung viel Energie in ihr. Dies verdeutlicht das Natürliche der Lampe, gleichzeitig aber auch die Not- wendigkeit des Menschen, die ihr erst zu ihrer wirkenden Form verhilft. Der materielle Wert ergibt sich also aus der Natur, den immateriellen Wert kann ihr nur der Mensch geben.
Die zu Marmor und Erz gehörigen Adjektive „weiß“ und „goldengrün“ lassen die Lampe wie ein helles, farbiges Kunstwerk wirken und sind eng verbunden mit einer Licht- und Glanzoptik, die die Lampe scheinen und aus sich heraus erstrahlen lässt.
[...]
[1] Alle Zitate dieser Arbeit nach: Eduard Mörike. Werke in einem Band, hrsg. von Herbert G. Göpfert. 4., durchges. Aufl. München, Wien: Hanser, 1993, S.9f. und S.85.
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