Eine der hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Hand ist die Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem und wirtschaftlichem Interesse. Durch die Erfüllung dieser öffentlichen Daseinsvorsorge nimmt sie eine bedeutende Stellung im hiesigen Wirtschaftsgeschehen ein. Nach einer aktuellen Schätzungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BWMi) summiert sich die jährliche Beschaffungstätigkeit aller öffentlichen Auftraggeber auf ein Volumen von mindestens 300 Milliarden € und einem entsprechenden Anteil am BIP von 19%.
Damit bei der ausgewiesenen Marktmacht der öffentlichen Hand keine wettbewerbsverzerrenden Situationen entstehen, unterliegen die Vergaben von öffentlichen Aufträgen restriktiven Vorschriften zur Einhaltung europäischer Grundsätze von offenem Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung. Sie dienen dem Zweck, einen unionsweiten Wettbewerb für alle europäischen Mitgliedsstaaten unter gleichen Bedingungen herzustellen und auf Dauer zu gewährleisten. Diese wurden letztmalig im Jahr 2004 durch die europäische Vergabekoordinierungsrichtlinie (VKR) formalisiert und im deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aufgenommen. Jedoch wurde die deutsche Umsetzung der Richtlinie in Fachkommentaren meist als unvollständig und anwenderunfreundlich kritisiert. Insbesondere ist auf die Unübersichtlichkeit des Regelwerks und die starre Struktur des Vergabeverfahrens hingewiesen worden. Insbesondere gibt der gegenwärtige Rechtsrahmen bisher keine Rechtssicherheit bei Vertragsänderungen vor. Öffentliche Auftraggeber und private Auftragnehmer müssen sich daher bei geplanten Vertragsänderungen vornehmlich auf Urteile von Obergerichten stützen. Klare und rechtssichere Gesetzesregelungen wären jedoch für beide Seiten wünschenswert.
Vor diesem Hintergrund, ist es Ziel dieser Arbeit einen Überblick hinsichtlich des gegenwärtigen Vergaberechts darzulegen und einen Reformbedarf im dortigen Vergabeverfahren abzuleiten. Hierbei soll der Schwerpunkt auf Vertragsänderungen nach Auftragserteilung gelegt werden. Die davon abgeleiteten Reformbedarfe werden mit dem am 17. Dezember 2015 erlassenen Vergaberechtsmodernisierungsgesetz, welches am 18. April 2016 das derzeitige GWB ersetzt, verglichen und in ihrer Wirksamkeit hin analysiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Teil Einleitung
- A. Charakterisierung des Themas und Zielsetzung der Arbeit
- B. Gang der Untersuchung
- 2. Teil Das Vergaberecht
- A. Die Bedeutung des Vergaberechts
- B. Die Darstellung des geltenden Vergaberechts
- I. Grundstruktur des Vergaberecht
- II. Einschlägige Vergabeordnungen
- C. Der Anwendungsbereich des geltenden Vergaberechts
- I. Öffentlicher Auftraggeber
- II. Öffentlicher Auftrag
- 3. Teil Das Vergabeverfahren
- A. Das geltende Vergabeverfahren nach VOL/A-EG
- I. Grundsätze des öffentlichen Vergabeverfahrens
- II. Teilnahmekriterien und Bieterqualifikation
- III. Verfahrensarten
- IV. Ablauf des Vergabeverfahrens
- B. Die Konditionen zu Vertragsschlüssen und Vertragsänderungen
- I. Konditionen zu Vertragsschlüssen
- II. Konditionen zu Vertragsänderungen
- III. Konditionen zu Vertragsverlängerungen
- IV. Rahmenvereinbarungen
- C. Die vom Ablauf abgeleiteten Reformbedarfe
- 4. Teil Die Reformvorschläge
- A. Die Struktur des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes
- I. Anwendungsbereich und Vergabegrundsätze
- II. Flexibilisierung des Vergabeverfahrens
- III. Mehr Rechtssicherheit bei Vertragsänderungen
- B. Fachkommentare zu den Reformvorschlägen
- I. Flexibilisierung des Vergabeverfahrens
- II. Vertragsänderungen im Besonderen
- III. Ausblick zur Umsetzung der Reform
- C. Die Auswirkungen der Reformen anhand der Fallbeispiele
- I. Fallart 1: Innovation der technischen Rahmenbedingungen
- II. Fallart 2: Rechtfertigungsgründe für Vertragsverlängerungen
- 5. Teil Das Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit befasst sich mit der Reform des Vergaberechts aus der Perspektive eines Telekommunikationsdienstleisters. Sie analysiert die Herausforderungen, die sich aus der aktuellen Gesetzgebung für die Branche ergeben, insbesondere im Hinblick auf Vertragsänderungen nach Auftragserteilung. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die bestehenden Reformvorschläge zu bewerten und deren Auswirkungen auf die Praxis zu beleuchten.
- Die Bedeutung des Vergaberechts für Telekommunikationsdienstleister
- Die Herausforderungen des aktuellen Vergaberechts in Bezug auf Vertragsänderungen
- Die Reformvorschläge des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes
- Die Auswirkungen der Reformen auf die Praxis
- Die Bedeutung von Flexibilität und Rechtssicherheit im Vergabeprozess
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit führt in das Thema ein und erläutert die Zielsetzung der Arbeit. Der zweite Teil widmet sich dem Vergaberecht im Allgemeinen. Es werden die Bedeutung, die Grundstruktur und die einschlägigen Vergabeordnungen sowie der Anwendungsbereich des Vergaberechts dargestellt.
Der dritte Teil behandelt das Vergabeverfahren im Detail. Es werden die Grundsätze des öffentlichen Vergabeverfahrens, die Teilnahmekriterien und Bieterqualifikation, die Verfahrensarten und der Ablauf des Vergabeverfahrens erläutert. Darüber hinaus werden die Konditionen zu Vertragsschlüssen und Vertragsänderungen sowie die Möglichkeiten der Vertragsverlängerung und Rahmenvereinbarungen beleuchtet.
Im vierten Teil werden die Reformvorschläge des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vorgestellt und analysiert. Es werden die Struktur des Gesetzes, der Anwendungsbereich und die Vergabegrundsätze sowie die Flexibilisierung des Vergabeverfahrens und die Erhöhung der Rechtssicherheit bei Vertragsänderungen diskutiert. Die Fachkommentare zu den Reformvorschlägen und die Auswirkungen der Reformen auf die Praxis anhand von Fallbeispielen werden ebenfalls dargestellt.
Schlüsselwörter
Vergaberecht, Telekommunikationsdienstleister, Vertragsänderungen, Vergaberechtsreform, Flexibilisierung, Rechtssicherheit, Innovation, Rahmenvereinbarungen, Fallbeispiele.
- Quote paper
- Evaristo Demiraj (Author), 2016, Reform des Vergaberechts aus Sicht eines Telekommunikationsdienstleisters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369512